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XX.

Leonidas! An ihn hat die Geschichte ihre Ironie nicht vergeuden können. Er ist stets von der Ironie verschont geblieben und war in der größten Schönheit der jungen, schlichten Welt des aufblühenden Hellas der Held, das Vorbild eines Helden, der Heros, Halbgott beinah unter den Menschen. Die Geschichte verklärte sich um Leonidas fast zum Mythos. Leonidas! Er war in Wirklichkeit nicht anders, als die Geschichte ihn uns überliefert hat. Er war jung, edel und blond und war König von Sparta. Er stammte von Herakles ab und von dessen Sohn Hyllos. In seiner blonden Athletenschönheit glich dieser König, der ein Held und ein Heros war, dem Herakles, als er jung war, mehr noch dessen Sohne Hyllos. Vor allem aber glich Leonidas den blonden Heroen aller Mythen, dem Meleagros, dem Jäger des kalydonischen Ebers, dem Bellerophontes, dem Bezwinger des Pegasus, dem Perseus, der der Medusa das Schlangenhaupt abschlug, dem Theseus, der den Minotauros tötete, dem Jason, der das goldene Vlies gewann. Er stammte nur von Herakles ab, aber an Schönheit kam der blonde König von Sparta allen größten Heroen des Mythos gleich. Zwischen ihm und ihnen gibt es keinen Unterschied. Der Mythos in ihm ist Geschichte geblieben, und die Geschichte ist in ihm zum Mythos geworden. Was göttlich war in schlichter Menschlichkeit, das wandelte sich in Leonidas von geträumter Gedanklichkeit zur Wirklichkeit, und was menschlich war in allerhöchster Göttlichkeit, ist in Leonidas zu einem greifbaren historischen Ideal emporgewachsen mit der Schönheit einer antiken Statue. Kein Dichter hat sich jemals einen schöneren Helden vorstellen können als Leonidas, den König von Sparta. Er blieb in der ihm gegenüber ironielosen Geschichte das Vorbild aller Helden. In der Morgenglorie seines Ruhmes strahlte er wie ein Bildnis aus Marmor. Über Xerxes lächelte die Geschichte, über Xerxes buchte die Geschichte ihre ironievollen Annalen. Über Leonidas lächelte die Geschichte niemals, über Leonidas erhob sie stolz ihr mütterliches Antlitz, das Antlitz mit den Zügen einer nie weich zu stimmenden Gottheit, stolz und dankbar, und aus ihren Götteraugen flossen zwei lange, perlengleiche Tränen. Leonidas! Wer von uns hätte ihn nicht in Schönheit geschaut in den jungen Knabenjahren, als zum ersten Male sein melodischer Name in unsere Ohren klang, als zum ersten Male sein Ehrenbildnis aus Marmor verherrlicht vor uns aufstieg? Er war die Glorie unserer Jünglingsjahre. Zu ihm stieg unsere jugendliche Schülerbewunderung auf wie zu keinem anderen. Vielleicht deshalb, weil er so götterschön war, so fabelblond, so athletisch schön und zugleich so sonnenblond, so leuchtend wie ein Sonnengott zwischen den dunklen, drohenden, schwarze Schatten werfenden Felswänden der Thermopylen, und weil er in diesen nämlichen Schatten verschwand, wie ein Sonnengott stets in Nacht verschwindet, nachdem er seine heroische Aufgabe vollbracht. Leonidas, er, der blonde König von Sparta aus den bereits greifbar geschichtlichen Zeiten, ist in meiner Liebe zur Antike eins geworden mit den homerischen Helden aus den halb mythischen, halb geschichtlichen Zeiten des alten Ilion. Leonidas! Ich habe ihn geliebt mehr als Achilles, den ich doch auch liebte, aber nicht weniger als Hektor, den ich mehr liebte. Leonidas! Ich liebe ihn noch immer, und jetzt, da ich über ihn schreibe an Hand der oft ironischen Annalen der Geschichte, werde ich niemals über ihn lächeln wie über Xerxes, werde ich seinen Namen nur mit Bewunderung und Liebe aussprechen und einen letzten Lorbeerzweig ihm entgegenstrecken. Leonidas ...


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