Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Die Ergebnisse des Arbeitskampfes.

Als »eines Arbeitgebers Ansicht über die Arbeiterfrage« geschrieben wurde, befanden sich Arbeit und Kapital im Frieden; jedes erfüllte seine eigenen Aufgaben, das Kapital sorgte für die Bedürfnisse der Arbeit und die Arbeit entledigte sich regelmäßig ihres Tagewerkes. Aber noch ehe jener Aufsatz in die Öffentlichkeit gelangte, war der bedenklichste Arbeiteraufruhr hereingebrochen, der in unserm Lande je vorgekommen ist. Das fast in panischen Schrecken gejagte Kapital begann sich in seine Bollwerke zurückzuziehen, und viele Führer der öffentlichen Meinung schienen die Selbstbeherrschung zu verlieren. Unter ihnen befanden sich nicht wenige unserer hervorragendsten Nationalökonomen. Diese Stubengelehrten, eine kleine aber wichtige Klasse in unserem Lande, fern von persönlicher Berührung mit Alltagsgeschäften und ohne Kenntnis der Gediegenheit und Tüchtigkeit innerhalb der lohnempfangenden Klasse, auf der die amerikanische Gesellschaft beruht, betrachteten jene Erscheinungen notwendigerweise von einem rein theoretischen Standpunkt. Einige von ihnen meinten offenbar, die Grundpfeiler friedlicher Entwicklung wären, wenn nicht gänzlich gestürzt, so doch mindestens ernstlich gefährdet worden und die Zivilisation hätte von der Störung einen heftigen Stoß erhalten. Mehr als einer verkündete, an der Wurzel des Aufruhrs liege die Schwäche demokratischer Einrichtungen. Anregungen tauchten auf, das Wahlrecht wäre auf die Gebildeten zu beschränken, damit die Masse in strengeren Fesseln gehalten werden könnte. Hört man diesen Schrei jener Bangemacher, so ist man versucht, den Vorwurf des geheiligten Lehrers umzukehren: Sie sehen immer viel eher den Splitter in ihres eigenen Landes Auge als den Balken im Auge anderer Länder. Sie vergessen, daß kaum sechzig Tage vorher das monarchische Belgien von Arbeiteraufständen erschüttert wurde, im Vergleich zu denen die unsrigen unbedeutend und tatsächlich harmlos waren. Jenes Land mit seinen 5½ Millionen Einwohnern hatte mehr Aufrührer als die Vereinigten Staaten mit ihren 56 Millionen, und statt den Frieden wieder herzustellen, wie es unser Land mittels der vorhandenen Streitmacht der Obrigkeit tat, mußte die belgische Regierung eine Zeit lang alle Gesetze preisgeben und jeden Bürger öffentlich ermächtigen, mit den Aufrührern auf eigene Faust einen privaten Krieg zu führen.

Unsere Zeitschriften, Revuen und Zeitungen haben eine Fülle gründlicher Veränderungen vorgeschlagen, die von diesen Halbwissern zur Wiederherstellung und Erhaltung geeigneter Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit für nötig gehalten wurden. Gleich erfinderisch ist die Geistlichkeit gewesen. Noch nicht dreißig Tage sind verflossen, seit die Erregung auf ihrem Höhepunkte war und schon wirken Kapital und Arbeit heute wieder wie im Zeitpunkt meines ersten Aufsatzes zusammen, und wir sind nun in der Lage, den Umfang der Störungen zu beurteilen und das Gespenst auf seine wirkliche Größe zurückzuführen. Es wird sich bald zeigen, daß das, was sich ereignete, zu dem hervorgerufenen Lärm in gar keinem Verhältnis stand. Der Ausbruch war an sich weder in seinem Umfange noch in seinen Folgen sehr besorglich. Seine Lehre lag in den Anzeichen, die er von den tiefer unter ihm wühlenden Kräften gab. Es gibt heute in den Vereinigten Staaten mehr als 20 Millionen Arbeiter, die im Schweiße ihres Angesichts ihr Brot verdienen; im Gewerbe und Verkehrswesen allein sind es mehr als 7 Millionen. Im Höhepunkt des Aufruhrs hatten nicht mehr als 250 000 von ihnen vorübergehend die Arbeit eingestellt. Dies war die von »Bradstreet's« am 14. Mai gegebene Schätzung. Drei Tage später waren es 80 000 und vier Tage nachher nur 47 000. Die übrigen Millionen fuhren fort, ihrem gewöhnlichen Beruf friedlich nachzugehen. Man kann annehmen, daß die am 14. Mai berichtete Zahl alle diejenigen umfaßte, die unzufrieden waren und um Lohnerhöhung oder um die Abstellung von Beschwerden ersucht hatten, in Wirklichkeit aber nicht sämtlich ausständig waren. Eine Kundgebung, die vom 14. bis 17. Mai auf ein Viertel ihrer Größe und dann in den nächsten drei Tagen wieder auf die Hälfte ihres Restes zusammenschrumpft, kann kaum ein Kampf genannt werden. Die Zahl der in ein ernstliches Ringen mit dem Kapital verwickelten überschritt demnach zu keiner Zeit 50 000 – noch nicht 1 v. H. der gesamten lohnbeziehenden Klasse der Geschäftszweige, in denen allein Arbeitsstörungen vorkamen.

Wie konnte dann, ist man versucht zu fragen, eine so kleine Störung so groß erscheinen? Warum hielt man es für ausgemacht, daß ein allgemeiner Arbeiteraufruhr Platz gegriffen hatte, wenn noch nicht ein Arbeiter auf Hundert wirklich in den Kampf getreten war? Der Grund für die Täuschung ist einleuchtend. Die allgegenwärtige Presse mit dem ihr dienstbaren elektrischen Telegraphen verbreitet die Meldung einer lokalen Störung in Ost-St. Louis über die gesamten 3 Millionen Quadratmeilen des Landes. Man fühlt sie fast ebenso deutlich in New Orleans, Boston und San Francisco wie in der Stadt St. Louis selbst am andern Ufer des Flusses. Die Gedanken der Leute im ganzen Lande richten sich auf diesen einen Punkt des Ausbruches. Erregbare Naturen stellen sich die Verwickelung als eine allgemeine vor und bilden sich sogar ein, daß unter ihren eigenen Füßen der Boden zittert. Auf diese Weise wurden die geringfügige, lokale Schwierigkeit auf dem Wabash-Bahnnetze, die nur 3700 Kämpen der Arbeit berührte und ein Ausstand von ein paar Hundert Leuten auf der Dritten-Avenue-Eisenbahn in Newyork zusammen mit ein paar unbedeutenden und vorübergehenden Streitereien an andern Punkten zu einem allgemeinen Kampfe zwischen Kapital und Arbeit aufgebauscht. Es erfolgten nur ein paar lokale Scharmützel; schon herrscht wieder der Friede; und unsre Professoren und Nationalökonomen und die ganze Schule von Pessimisten, die um die Sicherheit der menschlichen Gesellschaft im allgemeinen und der Republik im besondern zittern, sowie die Pastoren, die die bestehenden Verhältnisse gewaltsam umzuwälzen versucht waren, haben nun Zeit, sich für ihre ängstlichen Befürchtungen und bangen Ahnungen einen anderen Gegenstand zu suchen. Die Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit, die sich langsam mit der allmähligen Entwickelung der Menschheit ausgebildet haben, werden sich nicht so bald ändern. Die starken Schutzwälle, mit denen sich die Menschheit in jeder vorgerückten Stellung, die sie in ihrem mühsamen Vormarsch gewonnen hat, befestigt, werden nicht beim ersten Trompetenstoß zusammenstürzen. Die gegenwärtigen Bedingungen sind langsam entstanden und können nur langsam durch kleine, einander folgende Schritte zum Besseren verändert werden. Gleichwohl mag eine kurze Erzählung der Störungen manche nützlichen und nötigen Lehren bieten.

Das Übel erwuchs wie viele bedenkliche Übel aus einer Geringfügigkeit. Ein Führer der Kämpen der Arbeit wurde entlassen. Ob der Umstand, daß er ein Arbeiterführer war, seinen Vorgesetzten zu seiner Entlassung bestimmt hat, wird man wohl nie erfahren, doch steht so viel fest, daß es sehr wahrscheinlich der Fall war. Besoldete Angestellte im Dienste großer Gesellschaften sind natürlich geneigt, nur solche Leute unter sich zu behalten, die ihnen keinen Verdruß bereiten.

Andrerseits ist die Sicherheit ihrer Führer der Schlüssel der Stellung der Arbeit. Ihn übergeben heißt alles übergeben. Selbst wenn der fragliche Führer nicht so regelmäßig bei der Arbeit wie andre gewesen wäre und dann und wann Zeit beansprucht hätte, um offiziellen Pflichten für seine Genossen obzuliegen, hätte der Vorgesetzte des Mannes sehr milde mit ihm verfahren sollen. Die Leute können nicht wissen, ob ihr Führer mit gutem Grunde zu Boden gedrückt wird; sie können daher auch nicht umhin, Argwohn zu hegen. Und hier lenke ich die Aufmerksamkeit unparteiischer Gemüter auf die Mannhaftigkeit und den hohen Sinn für Ehre und Treue, welche auf Seiten der Arbeiter entfaltet werden, die so viel opfern und sich um der Sicherheit ihrer Bannerträger willen dem Kampfe in die Arme werfen. Alles Vernünftige kann mit Leuten dieses Geistes getan werden. Die Treue, die sie ihren Führern zeigen, kann auf ihre Arbeitgeber übergeleitet werden, wenn sie so behandelt werden, wie es solche Leute verdienen. Die Gesellschaft hat nichts von Leuten zu befürchten, die so treu und standhaft zu einander halten. Auch ist die in diesem Beispiel gezeigte Treue nicht außergewöhnlich, sie ziert die Arbeiter als Klasse. Mr. Irons hat gesagt, daß »eine Stunde vornehmer Höflichkeit auf Seiten des Geschäftsleiters das ganze Unglück abgewendet haben würde«. Mag dies wahr sein oder nicht, so ist diese Erklärung doch nicht zu übersehen, denn es ist wahr, daß eine Stunde Höflichkeit auf Seiten der Arbeitgeber manchen Ausstand verhindern würde. Ob die Leute in der richtigen Weise Unterredungen nachsuchen oder alle Regeln der Etikette beobachten, ist unwesentlich. Von der wahrscheinlich besser unterrichteten, das Kapital vertretenden Partei darf man in dieser Beziehung viel mehr erwarten, als von der Arbeit; und es ist von Leuten, die mit der Verwaltung großer Anlagen betraut sind, nicht zu viel verlangt, daß sie den Gründen des Mißvergnügens unter ihren Leuten nachforschen und den Leuten in dem Bestreben, vorhandene Mißstände zu mildern, mehr als halben Weges entgegen kommen sollten. Es kann für beide Teile nur Gutes daraus entstehen, wenn die Arbeit dem Vertreter des Kapitals die Würde des Mannes als solchen lehrt. Der immer einsichtsvoller werdende Arbeiter wird die Behandlung verlangen, die einem Gleichstehenden gebührt.

Die Ausständigen waren anfangs, selbst wenn sie sich im Irrtum befanden, insofern entschuldbar, als sie glaubten, ihr Führer sei unterdrückt worden; in der Erregung des Kampfes wurde aber zu Gewalttätigkeiten geschritten und weiter ein Versuch gemacht, Eisenbahnlinien in den Streit zu ziehen, die nichts damit zu tun hatten. Die Leute nahmen falsche Stellungen ein und wurden verdientermaßen daraus vertrieben. Und hier empfing die Arbeit eine heilsame Lehre, nämlich die, daß nichts durch Gewalt und Gesetzlosigkeit oder dadurch zu erreichen ist, daß man die Unschuldigen ungerechterweise für die Sünden der Schuldigen zu strafen sucht. Die öffentliche Meinung, die sich immer gern auf die Seite der Arbeiter stellt, war zuerst auf Seiten dieser, sah sich aber bald außerstande, ihr Beginnen gutzuheißen und wandte sich daher nach der andern Seite. Als die Ausständigen diesen unerläßlichen Verbündeten verloren, verloren sie alles.

Der andere Teil des Arbeitsaufstandes erfolgte in der Stadt Newyork, wo die Angestellten der Dritten-Avenue-Eisenbahn um weniger Stunden und bessere Bezahlung streikten. Wenn je ein Ausstand gerechtfertigt war, so war es dieser. Es ist einfach schmachvoll für eine Gesellschaft, ihre Leute zu zwingen, fünfzehn oder sechzehn Stunden täglich zu arbeiten. So lautete der Wahrspruch des Publikums, und die Leute gewannen einen verdienten Sieg. Hier wiederum wie in St. Louis gingen sie aber mangels geeigneter Führung zu weit, und infolge ihrer Forderung der Anstellung gewisser Leute und der Entlassung andrer verloren sie ihre einzige Stütze – die öffentliche Meinung. Diese mußte sich gegen ihre letzte Forderung aussprechen und demzufolge blieben sie ohne Erfolg, und verdientermaßen ohne Erfolg. Welchen gebieterischen Einfluß sich die einmal geweckte öffentliche Meinung erzwingt – wie wir es sowohl in St. Louis als auch in der Stadt Newyork gesehen haben – zeigt ferner das Ergebnis des am 6. Juni ausgegebenen Befehles, wonach die Arbeiter aller Stadtbahnen in Brooklyn und Newyork die Arbeit einstellen sollten, bis die streikenden Angestellten der Dritten-Avenue-Linie wieder eingestellt wären. Dieser Befehl wurde von den Leuten selbst mißachtet, da sie fanden, daß Unterwerfung von der Allgemeinheit nicht gebilligt werden und der Versuch daher fehlschlagen würde. Der schlimmste Feind der Arbeit hätte zu keinem andern Versuch anreizen können.

Dies waren die beiden hauptsächlichsten Ausstände, aus denen die Epidemie von Forderungen und Ausständen im ganzen Lande entstand.

Keine dieser Aufwallungen erwies sich von großer Kraft. Es war auf dem Körper der Gesellschaft ein Ausschlag ausgebrochen, er war aber nur oberflächlich und verschwand so schnell, wie er gekommen war. In einem etwas späteren Zeitpunkte nahm der Aufruhr eine andere Form an. Es wurde das Verlangen gestellt, daß die Arbeitszeit von zehn auf acht Stunden täglich herabgesetzt werden sollte. Diese Forderung aussprechen heißt ihr Schicksal verkünden. Die bestehenden Verhältnisse lassen sich nicht mit fünfundzwanzigprozentigen Sprüngen und Sätzen verändern, zumal in Zeiten wie den jetzigen, wo das Geschäft nicht einmal in bescheidenem Maße Gewinn bringt. Ein solcher Versuch bedeutet einfach, daß viele Arbeitgeber nicht imstande sein würden, ihre Leute überhaupt beschäftigt zu halten. Die Geschichte beweist indessen, daß die Arbeitszeit eine Verminderung allmählich erfährt. Der Prozentsatz derjenigen, die in unserm Lande zehn bis elf Stunden täglich arbeiteten, war im Jahre 1830 29,7. Diese Zehn-Stunden-Arbeiter stiegen im Jahre 1880 auf 59,6 % der Gesamtheit, während die Klasse derjenigen, die länger – zwölf bis dreizehn Stunden – arbeiteten, im Jahre 1830 32,5 %, im Jahre 1880 aber nur noch 14,6 % ausmachte. Die Zahl der Leute, die zwischen dreizehn und vierzehn Stunden arbeiten mußten, betrug im Jahre 1830 13,5 % und war 1880 auf 2,3 % gefallen. Die zwölf Stunden arbeitenden sind gewöhnlich in zwei Schichten, in Tag- und Nachtschichten beschäftigt. Ich glaube nicht, daß wir die Grenze der Stundenverminderung erreicht haben, dagegen glaube ich, daß eine dauernde Herabsetzung immer nur halbstundenweise erlangt werden wird. Wenn die Arbeit von weisen Ratgebern geführt wird, wird sie halbstündige Herabsetzungen fordern und dann warten, bis eine Herabsetzung in diesem Umfange fest begründet ist und die Verhältnisse ringsumher sich dem angepaßt haben.

Erwägt man die Billigkeit des Verlangens kürzerer Arbeitszeit, so darf man nicht die Tatsache aus den Augen verlieren, daß der Amerikaner durchschnittlich mehr Stunden als sein Kollege in Großbritannien arbeitet. Von dreiundzwanzig Gewerben in Massachusetts wird berichtet, daß sie sechzig Stunden und siebzehn Minuten wöchentlich arbeiten, während dieselben Gewerbe in Großbritannien nur dreiundfünfzig Stunden und fünfzig Minuten arbeiten, sodaß der Amerikaner täglich eine Stunde länger beschäftigt ist, als sein Bruder in England. In britischen Textilfabriken schwankt die Zahl der Arbeitsstunden in der Woche zwischen vierundfünfzig und sechsundfünfzig. In Bergwerken, Gießereien und Maschinenwerkstätten bilden vierundfünfzig Stunden die Arbeitszeit einer Woche, was neun Stunden täglich und sechs Tagen wöchentlich gleichkommt, aber in allen Fällen arbeiten die Leute jeden Tag so viel über die Zeit hinaus, daß sie einen halben Feiertag am Sonnabend haben. In manchen Bezirken, namentlich in Glasgow, arbeiten sie lieber zwei Wochen voll, um jeden zweiten Sonnabend einen ganzen freien Tag zu haben. Dies gibt ihnen die Möglichkeit, mit frühen Morgenzügen Ausflüge zu unternehmen und den Sonnabend und Sonntag mit Freunden zu verbringen. Die Alleghenytalbahn führte vor einiger Zeit unter der Leitung meines Freundes Mr. Mc. Cargo den halben freien Sonnabend in ihren Werkstätten mit bestem Erfolge ein. Mr. Mc. Cargo hatte aus jahrelanger Beobachtung erfahren, daß die Arbeiter ungefähr einen halben Tag in der Woche vergeuden. Seit der Einführung des halben Feiertages ist nicht mehr Zeit verloren worden als vorher. Die Leute arbeiten fünf und einen halben Tag der Woche ordentlich ab. Solange sie natürlich für den halben Feiertag nicht bezahlt werden, könnten sie nicht bestimmt werden, ihn aufzugeben. Dies Beispiel sollte nicht allein von allen Eisenbahnen des Landes, sondern von jedem Arbeitgeber befolgt und von jedem, der die Lage der lohnarbeitenden Klassen zu verbessern sucht, befürwortet werden.

Gleichwohl möchte ich den Vertretern der Arbeit raten, ihre Bemühungen, bevor sie irgend eine weitere Verkürzung des Zehnstundentages verlangen, einheitlich darauf zu richten, die zehn Stunden allgemein zur Einführung zu bringen und zu sichern. Gegenwärtig wird jede Tonne Roheisen der Weltproduktion, zwei Betriebe ausgenommen, von Leuten hergestellt, die in Doppelschichten von zwölf Stunden arbeiten und das ganze Jahr weder Sonn- noch Feiertag haben. Alle zwei Wochen übernehmen die Tagarbeiter die Nachtschicht, indem sie vierundzwanzig Stunden hintereinander arbeiten. Die Gasanstalten, Papierfabriken, Mühlen und viele andere industrielle Betriebe arbeiten mit zwölfstündigen Schichten und die Brauereien nutzen ihre Leute durchschnittlich fünfzehn Stunden täglich aus. Ich meine, daß es Leuten, die zehn Stunden täglich arbeiten, bei einer Forderung weiterer Verkürzung ihrer Arbeitszeit nicht möglich sein wird, die öffentliche Meinung für sich zu gewinnen, so lange viele ihrer Kollegen zwölf Stunden und länger täglich arbeiten müssen.

Die Achtstunden-Bewegung entbehrt indessen nicht innerer Begründung. Betriebe, die Tag und Nacht laufen, sollten drei Schichten von Leuten beschäftigen, von denen jede acht Stunden zu arbeiten hätte. Die Stahlschienen-Fabriken unseres Landes werden im allgemeinen so betrieben. Die Mehrkosten der drei Schichten von Leuten sind zwischen die Arbeiter und Arbeitgeber geteilt worden, wobei die letzteren scheinbar eine Lohnerhöhung im Betrage von 16? % zu tragen haben, der aber die zu erzielende Mehrerzeugung gegenüber zu stellen ist. Diese ist nicht unbeträchtlich, besonders während der heißen Monate, denn es hat sich gezeigt, daß Leute, die täglich zwölf Stunden hintereinander arbeiten, nicht so viel in der Stunde herstellen können wie solche, die acht Stunden täglich arbeiten. Der Arbeitgeber kann daher, wenn in dem Geschäft überhaupt etwas zu verdienen ist, aus der größeren Produktionsfähigkeit seiner Anlagen und Kapitalien einen gewissen Vorteil ziehn, während die allgemeinen Unkosten des Betriebs praktisch dieselben bleiben wie zuvor. Seit das elektrische Licht vervollkommnet worden ist, können viele Fabriken erfolgreich bei Nacht betrieben werden, bei denen dies früher nicht möglich war. Ich hoffe daher auf eine große Vermehrung der Zahl solcher Betriebe, die ihre Leute nur acht Stunden beschäftigen, ihre jetzt nur zehn Stunden laufenden Maschinen aber volle vierundzwanzig Stunden ausnutzen werden. Jede Schicht hat dabei natürlich mit jeder der drei andern Abteilungen in der Verteilung der vierundzwanzig Stunden abzuwechseln, und auf diese Weise erlangen die Leute dann ein weniger einförmiges Leben und eine Anzahl Stunden zur Erholung und Selbstvervollkommnung.

Die durch die letzte Bewegung hervorgerufene Literatur begünstigt vorwiegend das genossenschaftliche System mit Gewinnbeteiligung als einziges wahres Heilmittel gegen alle Streitigkeiten zwischen Kapital und Arbeit. Mein April-Artikel ist bekrittelt worden, weil er die Verwirklichung solcher Gedanken in eine ferne Zukunft verweist. Ihre Verteidiger sollten aber wohl erwägen, daß die meisten Unternehmungen nicht gewinnbringend sind, daß die meisten Leute, die ein Geschäft anfangen, Mißerfolge haben; denn man kann tatsächlich rechnen, daß auf jedes Hundert nur fünf vorwärtskommen und daß die im Geschäftsleben stehenden, von wenigen reichen, sich zum Teil bereits zurückziehenden Fabrikanten und einigen wenigen kapitalkräftigen Gesellschaften abgesehn, ohne Rast und Ruhe zu kämpfen haben, um sich über Wasser zu halten. Wie den fälligen Verpflichtungen nachkommen? wie bares Geld für die Bezahlung seiner Leute beschaffen? wie Aufträge erlangen oder wie die Ware verkaufen und, nicht selten, wie die Gläubiger zu Langmut bestimmen? dies sind die Fragen, die in den dunklen Stunden der Nacht auf der Seele des Geschäftsherrn lasten, wenn seine Angestellten schlafen. Ich messe der Weisheit solcher Gelehrten, die warm und trocken in ihrer Studierstube sitzen und Theorien über das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit ausspinnen und uns verschiedne hohe Ideale vorführen, immer weniger Wert bei. Das Festmahl, zu dem sie den Arbeiter einladen, wenn sie ihm die industrielle Genossenschaft vorschlagen, ist noch nicht ganz bereit und dürfte sich den meisten derer, die die Einladung annehmen, als ein Barmecidenmahl erweisen. Im ganzen genommen würde heute die Lage der Arbeit durch Genossenschaften nicht verbessert, sondern tatsächlich beeinträchtigt.

Die Verteidiger der Gewinnbeteiligung möchte ich indessen näher darauf hinweisen, daß für die Arbeiter in fast allen Zweigen der Industrie schon ohne Umkehrung der jetzigen Verhältnisse reichlich Gelegenheit vorhanden ist, Anteileigner zu werden. Sämtliche großen Eisenbahngesellschaften wie im allgemeinen auch die großen industriellen Gesellschaften sind Kapitalunternehmungen mit Anteilen zu fünfzig oder hundert Dollar, die täglich am Markte gekauft und verkauft werden. Kein Angestellter irgend einer dieser Gesellschaften, der sich nicht eine beliebige Zahl Anteile kaufen und so an den Dividenden und der Verwaltung beteiligen könnte. Daß das Kapital eine Einheit sei, ist ein landläufiger Irrtum. Es setzt sich im Gegenteil aus Hunderten und Tausenden kleiner Teile zusammen, die meist Leuten mit beschränkten Mitteln gehören. Die eigentliche Pennsylvanische Eisenbahn z. B., die nur die 350 Meilen der Strecke Pittsburg-Philadelphia umfaßt, ist heute im Besitz von 19 340 Aktionären, in Anteilen von einem Fünfzigdollarstück an aufwärts. Die Newyorker Zentral-Eisenbahn von 450 Meilen zwischen Newyork und Buffalo gehört nicht einem oder zwei oder einigen Kapitalisten, sondern 15 418 Anteileignern, von denen etwa ein Drittel Frauen und Vermögensverwalter sind. Das ganze Eisenbahnsystem Amerikas wird eine ähnlich weitgehende Besitzverteilung unter das Volk aufweisen. Es gibt nur drei Eisenbahngesellschaften, an denen die großen Kapitalisten beträchtlich beteiligt sind, und bei zwei davon erstreckt sich die Beteiligung wieder auf zahlreiche Mitglieder einer Familie, während sie in keinem Falle bis zur Beherrschung des Ganzen steigt. Gerade in einem dieser Fälle, dem der Newyorker Zentral-Eisenbahn, sind, wie wir sahn, mehr als zehntausend Eigentümer vorhanden.

Die Stahlschienenfabriken gewähren mit einer Ausnahme ein ähnliches Bild. Eine von ihnen gehört 215 Anteileignern, von denen 7 Angestellte, 32 Vermögensmassen und 57 Frauen sind. Eine andere ist im Besitz von 302 Aktionären, darunter 101 Frauen, 29 Vermögensmassen, die eine unbekannte Zahl von Personen darstellen, und 20 Angestellte der Gesellschaft. Ein großer Teil der übrigen Teilhaber sind kleine Aktionäre von verhältnismäßig beschränkten Mitteln, die von Zeit zu Zeit ihre Ersparnisse da angelegt haben, wo sie sowohl auf die Sicherheit der Einkünfte wie des Kapitals vertrauten. Die Merrimac-Fabrikaktiengesellschaft (Baumwolle) in Lowell gehört 2500 Aktionären, von denen 42% eine Aktie, 21% zwei und 10% drei besitzen; 27% sind Inhaber von mehr als drei Aktien, und nicht weniger als 38% des Gesamtkapitals ist im Besitz von Kuratoren, Vormündern und Verwaltern von Wohltätigkeits-, Religions-, Erziehungs- und Finanzanstalten.

Von anderen Gesellschaften habe ich ähnliche Angaben bekommen, die hier nicht alle wiedergegeben zu werden brauchen. Sie beweisen ohne Ausnahme, daß von der Zahl der Anteileigner der Gesellschaften ein Viertel bis ein Drittel Frauen und Vermögens-Verwalter sind. Die Zahlen von Aktionären, die ich mitgeteilt habe, sind die registrierten, die der Inhaber je eines besonderen Scheines. Im Falle der Kuratoren ist es aber offensichtlich, daß dieser eine Schein ein Dutzend Eigentümer darstellen kann. Viele auf eine Firma lautende Scheine stellen mehrere Personen dar, während Anteile im Besitz einer Körperschaft Hunderte darstellen mögen; nehmen wir aber an, jeder von der Pennsylvanischen Eisenbahngesellschaft ausgegebene Kapitalschein bedeute nur zwei Eigentümer, was hinter der Wirklichkeit zweifellos zurückbleibt, so folgt daraus, daß die Angestellten dieser großen Gesellschaft im Falle eines Streites mit ihr nicht gegen wenige Personen, sondern gegen eine viel größere Körperschaft ankämpfen würden, als sie selber bilden. Man kann sagen, daß jeder streikende Angestellte sein persönliches Interesse demjenigen drei oder vier anderer Mitbürger entgegenstellen würde. Die Gesamtzahl der von der Pennsylvanischen Eisenbahngesellschaft beschäftigten Leute ist 18 911 – nicht so viele, wie es registrierte Anteileigner gibt, und was von der Pennsylvanischen Eisenbahngesellschaft gilt, gilt von dem Eisenbahnsystem im Ganzen und in höherem oder geringerem Grade von Bergwerks- und Industrie-Gesellschaften im allgemeinen. Wenn daher jemand große Gesellschaften unbilliger Behandlung ihrer Leute bezichtigt, so trifft seine Klage nicht die Handlung eines Ungeheuers von Kapitalisten, sondern diejenige Hunderter und Tausender kleiner Inhaber, von denen kaum einer an einer unbilligen oder kargen Behandlung des Arbeiters teilhaben möchte; die Mehrzahl von ihnen würde man vielmehr auf der Seite des Arbeiters finden, und viele würden, wie wir gesehen haben, selbst Arbeiter sein. Die Arbeit braucht ihre gerechten Beschwerden nur vor den Eigentümern darzulegen, um sich billige und großmütige Behandlung zu sichern. Der »große Kapitalist« gehört fast in den Bereich der Fabel und ist in irgendwie beträchtlichem Umfange oder Grade nur in der gehässigen Einbildung der Unwissenden vorhanden. Das in Eisenbahngesellschaften angesammelte Kapital gehört viel mehr Einzelnen, als es beschäftigt.

Den Arbeitsstörungen folgte das wahnsinnige Werk einer Handvoll Anarchisten in Chicago und Milwaukee, die in der herrschenden Erregung eine passende Gelegenheit zur Ausführung ihrer revolutionären Pläne zu sehen glaubten. Obgleich die Arbeit billigerweise für solche Taten nicht verantwortlich zu machen ist, wurde die Sache der Arbeit in der öffentlichen Meinung durch diese Ausbrüche doch herabgesetzt. Die Schnelligkeit, mit der eine Arbeiterorganisation nach der andern nicht nur jeden Anteil an dem Aufruhr und Tumult in Abrede stellte, sondern freiwillig anbot, sich zwecks Aufrechterhaltung der Ordnung zur bewaffneten Macht ausheben zu lassen, sollte von dem, der Arbeitsprobleme untersucht und auch vom Standpunkte des Arbeiters aus richtig erfassen will, nicht übersehen werden. Es liegt darin ein weiterer überzeugender Beweis, wenn ein solcher überhaupt nötig ist, daß bei jeder ernstlichen Bedrohung des Friedens unsres Landes die Masse der Männer nicht nur der oberen Stände und gebildeten Klassen, sondern herab bis zu den alleruntersten Schichten der industriellen Arbeiter und innerhalb dieser entschlossen ist, den Frieden zu erhalten. Überblickt man das Feld jetzt, wo der Friede wieder hergestellt ist, so bieten sich die folgenden Ergebnisse:

Erstens. Die Grenzlinie zwischen den Kräften der Unordnung und der Gesetzlosigkeit und denjenigen der Ordnung ist genau bestimmt worden. Bombenwerfen bedeutet für den Werfenden schnellen Tod. Aufrührer, die sich in Haufen versammeln und zum Plündern schreiten, werden erbarmungslos niedergeschossen werden, nicht auf Befehl einer Regierung über dem Volke, nicht von überwältigenden stehenden Heeren, nicht von aus der Ferne herangebrachten Truppen, sondern von den Massen friedlicher und ruhiger Bürger aller Klassen ihres eigenen Gemeinwesens von dem Kapitalisten herab bis einschließlich des ständigen Arbeiters, deren vereinigter Einfluß unter demokratischen Einrichtungen jene unwiderstehliche, als öffentliche Meinung bekannte Macht darstellt. Dieses Gefühl hat die Staatsdiener, die die Friedensstörer niederschossen, nicht nur gerechtfertigt, sondern ihnen einen Ruhm gesichert, der zur Schnelligkeit ihres Handelns im Verhältnis steht.

Zweitens. Ein weiterer Beweis der Unzerstörbarkeit der menschlichen Gesellschaft und ihrer Bestimmung und Kraft, sich vor jeder auftauchenden Gefahr zu schützen und beständig zu höheren Stufen der Entwickelung aufzusteigen, ist in den folgenden Worten des Richters Mallory gegeben: »Jeder, der andere zur Begehung irgend einer gesetzwidrigen oder verbrecherischen Tat beeinflußt, dingt, veranlaßt oder anspornt, ist gleich schuldig wie diejenigen, die die Tat wirklich verüben, gleichviel ob der Betreffende zur Zeit der Begehung der Tat anwesend war.« Der Unterschied zwischen Redefreiheit und Zügellosigkeit ist jetzt klar bestimmt – ein großer Gewinn.

Drittens. Es hat sich ferner klar gezeigt, daß die öffentliche Meinung das Streben der Arbeit, vom Kapital eine vollere Anerkennung ihrer Stellung und Ansprüche als die bisher gewährte zu erlangen, begünstigt. Unter diesem Ausdruck »eine vollere Anerkennung« verstehe ich nicht nur Geldvergütung, sondern, was ich heute als noch wichtiger erachte, eine größere Achtung des Arbeiters als Mensch und Bruder. Ich hoffe, die Zeit ist vorüber, wo Unternehmungen damit rechnen können, ihre Leute fünfzehn oder sechzehn Stunden täglich arbeiten zu lassen, und die Zeit naht hoffentlich, wo es in unserm Lande unmöglich sein wird, die Arbeiter ununterbrochen zwölf Stunden täglich zu beschäftigen.

Viertens. Während die öffentliche Meinung die Gewalt selbst in der Form, in der sie noch am entschuldbarsten ist, in gerechter und nicht mißzuverstehender Weise verurteilt hat, sollte das Publikum gebührend die schreckliche Versuchung berücksichtigen, der der im Ausstand befindliche Arbeiter zuweilen ausgesetzt ist. Erwarten daß einer, der für seine Lebensbedürfnisse auf seinen Tagelohn angewiesen ist, friedlich dabeistehn und zusehn soll, wie ein neuer Mann an seiner Statt beschäftigt wird, heißt viel erwarten. Dieser Arme hat vielleicht Frau und Kinder, die von seiner Arbeit abhängen. Ob Arznei für ein krankes Kind oder auch nur nahrhafte Kost für die schwächliche Frau zu beschaffen ist, hängt von seiner ständigen Beschäftigung ab. Auf allen Gebieten der Arbeit mit Ausnahme sehr weniger ist es unnötig und meines Dafürhaltens unangebracht, die Leute einer solchen Probe zu unterwerfen. Im Falle der Eisenbahnen und bei einigen andern Berufszweigen ist es natürlich für das öffentliche Bedürfnis wesentlich, daß keine Unterbrechung eintritt, und in solchen Fällen müssen dann Ersatzleute eingestellt werden; im Interesse des Arbeitgebers wird es aber viel eher liegen, daß er seine Werke wenn irgend möglich ruhen läßt und das Ergebnis eines Streikes abwartet, als daß er jene Klasse von Leuten beschäftigt, die dazu bestimmt werden kann, den Platz andrer einzunehmen, die die Arbeit niedergelegt haben. Auf diese Weise bekommt man weder die besten Leute als Menschen, noch die besten Leute als Arbeiter. Es gibt ein ungeschriebenes Gebot unter den besten Arbeitern: »Du sollst nicht begehren deines Nächsten Arbeit.« Kein weiser Arbeitgeber will seine alten Angestellten leichthin verlieren. Die Länge der Dienstzeit zählt in manchen Beziehungen sehr viel. Fremde Leute heranzurufen sollte das letzte Auskunftsmittel sein.

Fünftens. Die Ergebnisse der jüngsten Unruhen haben den unzweifelhaften Beweis erbracht, daß die Gewerkschaften ihrer ganzen Natur nach vorsichtiger werden müssen als die Masse der Leute, die sie vertreten. Wenn sie verfehlen, vorsichtig zu sein, gehen sie durch ihr eigenes Übermaß an Leidenschaft in Stücke. Ich kenne drei Beispiele, wo vor kurzem drohende Ausstände durch die Entscheidung des Arbeitervorstehers der Kämpen der Arbeit, mit der Unterstützung der besten Arbeiter gegen die Wünsche der weniger einsichtsvollen Mitglieder jener Organisation, abgewendet wurden. Vertretungs-Einrichtungen bringen schließlich die fähigsten und klügsten Leute an die Spitze und werden sich im gewerblichen Leben als ebenso nützlich erweisen wie sie sich im politischen Leben gezeigt haben. Führer vom Schlage des Mr. Powderly, des Mr. Arthur von der Brüderschaft der Lokomotivenführer und der Herren Wihle und Martin von der Vereinigten Eisen- und Stahlgenossenschaft werden die Macht erlangen und behalten, während solche wie der radikale und leidenschaftliche Mr. Irons sich anfangs vielleicht mit Macht umkleiden, diese aber bald verlieren werden.

Als Ergebnis des jüngsten Aufruhrs sehen wir demnach sowohl vom Kapital als auch von der Arbeit errungene Vorteile. Das Kapital ist infolge der zu Tage getretenen Umstände sicherer, und die Arbeit wird darnach mit mehr Achtung behandelt werden und ihre Ansprüche, angesichts der zu gunsten des Arbeiters erwachten öffentlichen Meinung, sorgfältiger erwogen sehn. Die Arbeit gewann, während sie in ihren Forderungen verständig war und Frieden hielt; sie verlor, als sie verlangte, was die öffentliche Meinung als unverständig bezeichnete, und besonders als sie den Frieden brach.

Die Störung ist vorüber und wieder herrscht Friede; niemand möge sich aber ohne Not über die häufigen Streitigkeiten zwischen Kapital und Arbeit beunruhigen. Innerhalb gesetzlicher Grenzen gehalten, sind sie erfreuliche Anzeichen, denn sie verraten den Wunsch des Arbeiters, seine Lage zu verbessern, und von diesem Wunsche hängt alle Hoffnung auf den Fortschritt der Massen ab. Der stockende Pfuhl der Befriedigung, nicht der bewegte Strom des Ehrgeizes, erzeugt im gesellschaftlichen und politischen Körper Krankheiten. Die Arbeiter unseres Landes sind nicht leichter als irgend eine andere Klasse der Gesellschaft zu bestimmen, Aufruhr und Unordnung gutzuheißen. Vereinzelte Fälle von Gewalt mögen bei starker Herausforderung auf der Oberfläche erscheinen, der Körper darunter ist aber bis aufs Mark gesund und zur Erhaltung organischer Ordnung entschlossen.

Zum ersten Male meines Wissens haben die führenden Organe der öffentlichen Meinung in England eine richtigere Würdigung der in der Republik waltenden Kräfte gezeigt als einige unsrer eignen mutlosen Schriftsteller. Die Londoner »Daily News« sagten zutreffend, man dürfe zu der territorialen Demokratie Amerikas das Zutrauen haben, daß sie mit solchen Ausbrüchen fertig werde, und der »Daily Telegraph« schrieb folgendes:

Es liegt kein Grund vor, irgend welche Befürchtungen zu hegen, daß die Gesetzesverletzer Chicagos über die Polizei und die Bürger dieser erstaunlich jungen Stadt, wenn deren Hilfe angerufen werden müßte, Herr werden. Offen gesagt würden solche Aufrührer mehr Aussicht haben, Birmingham in Furcht zu jagen als Chicago, St. Louis oder Newyork einzuschüchtern. Im Kampfe mit Aufständigen dieser Klasse geht die große Republik allen andern mit deutlichem Beispiel voran.

Nicht allein die Demokratie, sondern die fleißigen Arbeiter, aus denen sich die Demokratie in so hohem Maße zusammensetzt, sie haben die schmeichelhaften Erwartungen unsrer englischen Freunde reichlich erfüllt, und man kann von ihnen mit Sicherheit erwarten, daß sie auch künftig stets für die Erhaltung des Friedens einstehn werden.

*


 << zurück weiter >>