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6. Familie: Kukuksvögel ( Cuculidae)

Eine arten- und gestaltenreiche Familie umfaßt die Kukuksvögel ( Cuculidae), von denen fast zweihundert Arten beschrieben worden sind. Sie kennzeichnen sich durch gestreckten Leib mit ziemlich langen Flügeln und langem, abgestuftem, aus acht, zehn oder zwölf Federn bestehendem Schwanze, zusammengedrückten, sanft gebogenen, mitunter hohen, scharfkantigen, ungefähr kopflangen Schnabel und verhältnismäßig langen und stark gebauten, kurzzehigen Füßen.

Als die edelsten Mitglieder der Familie betrachtet Cabanis, und wohl mit Recht, die Honigkukuke ( Indicatorinae). In der Neuzeit hat sich eine andere Anschauung Geltung zu verschaffen gesucht, indem man, nach Sundevalls Vorgange, den Honigkukuken ihre Stellung zwischen den Wendehälsen und Bartvögeln anweist und damit die Meinung ausdrückt, daß sie genannten Vögeln am nächsten verwandt sein sollen. Meines Erachtens liegt kein Grund vor, die schon von Cabanis anerkannte Verwandtschaft der Honiganzeiger und übrigen Kukuke in Abrede zu stellen, zumal jene auch durch ihr Schmarotzerthum mit anderen Gruppen der Kukuksfamilie übereinstimmen. Die Honigkukuke sind verhältnismäßig gedrungen gebaut, langflügelig, kurzschwänzig, starkschnäbelig und kurzfüßig. Der Schnabel ist kürzer als der Kopf, stark, fast gerade, nach der Spitze zu oben und unten gekrümmt, seitlich zusammengedrückt und hakig übergebogen. Die Füße sind kurz und kräftig, die Läufe kürzer als die Außenzehe, die Zehen lang, aber nicht schwach. Der Fittig ist lang und spitzig, jedoch ziemlich breit, unter den neun Schwingen, welche der Handtheil des Flügels trägt, die dritte die längste, die vierte und fünfte aber nur wenig verkürzt. Der höchstens mittellange Schwanz, welcher aus zwölf Steuerfedern gebildet wird, ist abgerundet und in der Mitte ein wenig ausgeschweift, da die beiden mittleren Steuerfedern etwas kürzer als die nächsten, die beiden Außenfedern aber bedeutend verkürzt sind. Das Gefieder ist dicht, glatt und derb; die einzelnen Federn sitzen fest in der starken Haut.

Die Honigkukuke, von denen man ein Dutzend Arten kennt, gehören hauptsächlich Afrika an; nur zwei Arten der Familie sind bis jetzt außerhalb dieses Erdtheiles, in Sikhim und auf Borneo, beobachtet worden. Sie leben in waldigen Gegenden, meist paarweise, höchst selten in kleinen Trupps, flattern von einem Baume zum anderen und lassen dabei ihre starke, wohlklingende Stimme vernehmen. »Trotz ihrer unscheinbaren Größe und Färbung«, sagt Heuglin, »sind alle an der eigenthümlichen Art der Bewegung im Fluge, sowie an der weißen Farbe der äußeren Steuerfedern leicht und auf weithin zu erkennen.« Sie gehören zu den volksthümlichsten aller Vögel Afrikas; denn da, wo sie leben, haben sie sich jedermann bekannt gemacht. Schon die ältesten Reisenden erwähnen ihrer und namentlich einer sonderbaren Eigenheit, welche sie, wie es scheint, sämmtlich besitzen. Alles auffallende nämlich, welches sie bemerken, versuchen sie anderen Thieren und insbesondere auch dem Menschen mitzutheilen, indem sie in auffallend dreister Weise herbeifliegen und durch Geschrei und sonderbare Geberden einladen, zu folgen. »Daß sie, so rufend, häufig an Bienenschwärme führen, weiß jeder Eingeborene Afrikas vom Kap bis zum Senegal und von der Westküste bis nach Abessinien herüber. Doch führt der Honigkukuk den ihm folgenden Menschen ebenso häufig auf gefallene Thiere, welche voller Kerbthierlarven sind, oder verfolgt mit seinem Geschrei den Löwen oder Leoparden, kurz, alles, was ihm auffällt.« Letztere Angabe stellt Barber nach langjährigen Beobachtungen in Abrede. Er sowohl wie seine neun in Südafrika großgewordenen Brüder haben immer nur erfahren, daß die Honigangeber zu Bienenstöcken leiteten und unterwegs um alles übrige nicht sich kümmerten.

Ueber ihre Fortpflanzungsgeschichte sind wir erst neuerdings unterrichtet worden; die älteren Angaben haben sich als falsch erwiesen. Jetzt wissen wir, daß die Honigkukuke zu den Schmarotzern gehören, welche sich selbst nicht um ihre Brut bekümmern, sondern sie der Obhut und Fürsorge anderer Vögel anvertrauen.

Aus den bisher bekannt gewordenen Beobachtungen der Reisenden geht hervor, daß alle Honigkukuke hinsichtlich ihrer Lebensweise im wesentlichen sich ähneln. Daher dürfte es für uns vollkommen genügen, wenn ich eine Art der Familie und Sippe beschreibe und die Berichte der reisenden Forscher über die Lebensweise auf sie beziehe.

 

Der Honiganzeiger ( Indicator Sparmanni, albirostris, leucotis, archipelagus, flaviscapulatus und pallidirostris, Cuculus indicator und capensis), »Kerkerië« und »Harhariët« der Abessinier, ist auf der Oberseite graubraun, auf der Unterseite weißgraulich, an der Gurgel schwarz, ein Fleck in der Ohrgegend graulichweiß; die Schultern sind durch einen gelben Fleck geziert; einige Schenkelfedern durch schwarze Längsstriche gezeichnet; die Schwingen graubräunlich, die Deckfedern der Flügel breit weiß gesäumt; die mittleren Schwanzfedern braun, die beiden folgenden jeder Seite auf der Außenfahne braun, auf der inneren weiß, die drei äußersten ganz weiß mit brauner Spitze. Die Iris ist braun, der Augenring bleifarben, der Schnabel gelblichweiß, der Fuß bräunlichgrau. Die Länge beträgt 18, die Fittiglänge 11, 5, die Schwanzlänge 7 Centimeter.

siehe Bildunterschrift

Honiganzeiger ( Indicator Sparmanni). ½ natürl. Größe.

Vom Süden an verbreitet sich diese Art über den größten Theil Afrikas bis zum sechzehnten Grade nördlicher Breite; es scheint aber, daß er und seine Verwandten in gewissen Gegenden, so im Ostsudân oder in Habesch nur zeitweilig vorkommen, also Zugvögel sind. Auffallenderweise habe ich nur ein einziges Mal einen Honigkukuk gesehen, und zwar bloß im Vorüberfliegen, so daß ich aus eigener Erfahrung nichts zu sagen weiß, während alle übrigen Reisenden, welche dieselben Gegenden wie ich besuchten, mit diesen Vögeln bekannt wurden. Heuglin bemerkt, daß er die Zeit ihres Aufenthaltes im Sudan oder in Habesch zwischen die Monate September und April setzen müsse, da er in der trockenen Jahreszeit niemals einen von ihnen angetroffen habe. Er fand ihn, wie er neuerdings angibt, im abessinischen Tief- und im Bogoslande im Mai und zu Ende der Regenzeit, im April, September und Oktober dagegen im Quellenlande des Gazellenflusses und noch weiter südlich. Der Vogel scheint also nur stellenweise vorzukommen; ich wenigstens kann versichern, daß ich an dem von mir sorgsam durchforschten mittleren Blauen Nile auch während der Regenzeit nicht das Glück gehabt habe, einen von ihnen zu beobachten. Häufig scheint er nirgends aufzutreten. Auch Antinori, welcher nach Heuglin und mir das Bogosland bereiste, bezeichnet ihn als selten und bemerkt, daß er ihn nicht mehr als vier Mal angetroffen habe, gibt aber, im Gegensätze zu Heuglin, die Monate März, Juli und September als Beobachtungszeit an. Bezüglich des vereinzelten Vorkommens mag jedoch noch eine Bemerkung Heuglins hier Platz finden. Ihre geringe Größe, einfache Färbung und die Gewohnheit in dichtbelaubten Bäumen sich aufzuhalten, sind Ursachen genug, daß sie dem Sammler weniger in die Augen fallen, obgleich sie, namentlich im Fluge, sehr leicht an der eigenthümlichen Schwanzzeichnung sich erkennen lassen und ihre Anwesenheit auch durch ihren bekannten Ruf anzeigen. Abgesehen von diesem Rufe stellen sie sich als stille, einsame Gesellen dar, klettern nach Art des Wendehalses langsam im Gezweige umher und machen sich nur dann vernehmlich, wenn sie durch einen ihnen besonders auffallenden Gegenstand gefesselt werden, insbesondere aber Wespennester oder Bienenstöcke entdeckt haben.

Der Reisende Ludolf, dessen »Geschichte Aethiopiens« im Jahre 1681 erschien, ist der erste, welcher über den Honiganzeiger spricht. Er weiß bereits, wenn auch nicht durch eigene Erfahrung, daß der Vogel alles, was ihm aufgefallen, dem Menschen verräth, nicht bloß die Bienennester, sondern ebenso die wilden Büffel, Elefanten, Tiger und Schlangen, und daß er einen ihm willigen Jäger zu dem von ihm entdeckten Thiere oder Gegenstande förmlich hinführt. Lobo, dessen Reise nach Abessinien im Jahre 1728 herausgegeben wurde, thut unseres Vogels wiederum Erwähnung. »Der Morok oder Honiganzeiger«, sagt er, »besitzt eine besondere Naturgabe, Honig und Bienen, deren es in Aethiopien eine unbeschreibliche Menge und zwar von den verschiedensten Arten gibt, zu entdecken. Einige sind gleichsam zahm und wohnen in Körben, andere halten sich in hohlen Bäumen auf, noch andere in Löchern und Höhlen unter der Erde, die sie mit Sorgfalt rein halten und so künstlich verstecken, daß man Mühe hat, sie zu finden, obgleich sie oft nahe an der Landstraße sind. Der Honig, welchen sie unter der Erde bauen, ist vollständig ebenso gut wie der in Körben gewonnene, nur etwas schwärzer. Ich möchte fast glauben, daß es derselbe Honig gewesen sei, von welchem Johannes in der Wüste gelebt hat. Wenn der Morok ein Bienennest aufgespürt hat, setzt er sich an die Landstraße, schlägt mit den Flügeln, singt, sobald er jemand erblickt und sucht dadurch ihm begreiflich zu machen und ihn aufzumuntern, daß er ihm folgen solle und die Anweisung eines Bienennestes zu erwarten habe. Merkt er, daß man mitgeht, so fliegt er von Baum zu Baum, bis er an diejenige Stelle kommt, wo der Honig gefunden wird. Der Abessinier bemächtigt sich des Honigs, ermangelt aber niemals, dem Vogel einen guten Theil davon zu überlassen.«

Nach den genannten Reisenden gibt Sparmann Ende des vorigen Jahrhunderts eine vollständige Schilderung dieser Eigenheit und des auffallenden Betragens der Honigkukuke, und seine Angaben sind von allen nach ihm folgenden Naturforschern lediglich bestätigt worden. Levaillant meint zwar, daß Sparmann wahrscheinlich nie einen Honiganzeiger gesehen, sondern nur die Erzählungen der Hottentotten wiedergegeben habe; aber Levaillant hat Sparmann nicht berichtigt und noch dazu eine falsche Beschreibung des Fortpflanzungsgeschäftes geliefert: seine Ansicht kann also kaum in Frage kommen.

»Der Bienenverrätherkukuk«, sagt Sparmann, »verdient, daß ich hier seine sonderbare Geschichte ausführlicher bekannt mache. Der Größe und Farbe wegen ist er zwar eben nicht merkwürdig; denn bei flüchtigem Anblicke gleicht er bloß dem gemeinen grauen Sperlinge, obschon er etwas größer und falber ist und einen kleinen gelben Fleck auf jeder Schulter hat, auch seine Steißfedern mit Weiß gemischt sind. Eigentlich ist es wohl weiter nichts als Eigennutz, um dessenwillen er dem Menschen und dem Ratel die Bienennester entdeckt; denn Honig und Bienenmaden sind sein liebster Fraß, und er weiß, daß beim Plündern der Bienennester allezeit etwas verloren geht, welches auf seinen Antheil fällt, oder daß man mit Fleiß etwas als eine Belohnung seines geleisteten Dienstes übrig läßt.« Hier wendet Levaillant mit Recht ein, daß diejenigen Honigkukuke, welche in den von Menschen nicht bewohnten Wildnissen hausen, unmöglich auf eine derartige Belohnung ihrer Dienste rechnen können und doch auch leben, daß also der Vogel dem Menschen nicht absichtlich dient, sondern dieser sich die Eigenheit des Honigangebers einfach zu Nutze macht. »Bei alledem«, fährt Sparmann fort, »setzt die Art, wie dieser Vogel seine Verrätherei bewerkstelligt, viel Ueberlegung voraus und ist bewunderungswürdig. Der Morgen und Abend scheinen vornehmlich die ihm passende Zeit zu sein; wenigstens zeigt er dann den meisten Eifer, mit seinem schnarrenden ›Cherr cherr‹ die Aufmerksamkeit der Ratels und Hottentotten zu erregen. Man nähert sich sodann dem Vogel, welcher unter fortgesetztem Rufen dem Striche des nächsten Bienenschwarmes allmählich nachfliegt. Man folgt und nimmt sich in Acht, durch Geräusch oder zahlreiche Gesellschaft seinen Wegweiser scheu zu machen, sondern antwortet ihm lieber, wie es einer meiner schlauen Buschmänner that, dann und wann mit leisem und ganz gelindem Pfeifen, zum Zeichen, daß man mitgehe. Ich habe bemerkt, daß, wenn das Bienennest noch weit weg war, der Vogel jedesmal nur nach einem langen Fluge Halt machte, um mittlerweile den Bienenjäger zu erwarten und von neuem aufzufordern, in eben dem Verhältnisse aber, als er dem Neste näher kam, zwischendurch immer eine kürzere Strecke flog und sein Geschrei eifriger und öfter erneuerte. Wenn er endlich beim Neste angekommen ist, es mag nun in der Kluft eines Berges oder in einem hohlen Baume oder in einem unterirdischen Gange gebaut sein, so schwebt er einige Augenblicke über demselben, setzt sich hierauf, und zwar gewöhnlich in einem benachbarten Busch, so daß er nicht gesehen werden kann, ganz still nieder und sieht zu, was geschieht und von der Beute für ihn abfällt. Es ist glaublich, daß er auf diese Weise jedesmal längere oder kürzere Zeit über dem Neste herumflattert, ehe er sich versteckt, ob man gleich nicht immer so genau Acht darauf gibt. Dem sei, wie ihm wolle, so kann man alle Zeit versichert sein, daß ein Bienennest sehr nahe ist, wenn der Vogel ganz still schweigt. An einem Orte, wo wir einige Tage verweilten, wurden meine Hottentotten von einem etwas scheuen Bienenkukuk mehrmals nach einer und derselben Gegend hingelockt, ehe sie aufmerksam wurden und, durch ihn geführt, das Nest aufspürten. Wenn man nun nach der Anweisung des Vogels das Bienennest gefunden und ausgeplündert hat, pflegt man ihm aus Erkenntlichkeit einen ansehnlichen Theil der schlechteren Scheiben, worin die junge Brut sitzt, zu überlassen, wie Wohl gerade diese Scheiben die leckersten für ihn sein mögen, sowie auch die Hottentotten sie keineswegs für die schlechtesten halten. Meine Waldhottentotten sowohl als die Ansiedler sagten mir, wenn man absichtlich auf den Bienenfang ausgehe, müsse man das erstemal nicht zu freigebig gegen diesen diensteifrigen Vogel sein, sondern nur so viel übrig lassen, als erforderlich sei, um seinen Appetit zu reizen; denn hierdurch werde er in Erwartung einer reichlicheren Vergeltung noch einen Schwarm verrathen, wenn dergleichen etwa in der Nachbarschaft noch vorhanden sein sollten.

»Obschon um die Kapstadt wilde Bienen gefunden werden, war doch dieser Vogel daselbst ganz unbekannt, und als ich in der Gegend des Großvaterwaldes zuerst davon reden hörte, hielt ich die ganze Sache für eine Fabel, zumal ich eben damals den Versuch eines jungen Menschen, durch Hülfe eines angeblichen Bienenkukuks Honig zu finden, verunglücken sah. Meine Hottentotten vom Büffeljagdflusse und Zwellendam versicherten mir hernach, daß sie auch in diesen ihren Geburtsgegenden mit jenem Vogel Bekanntschaft gemacht hätten, gestanden aber dabei, er sei da selten und scheu und weder so deutlicher noch so dienstfertiger Honigweiser als in hiesiger Gegend und in der Wüste.

»So oft ich auch in der Wüste und selbst einmal jenseit Bruyntjeshöhe diesen Vogel, welchen die Ansiedler seiner sich hierauf beziehenden Eigenschaften wegen den Honigweiser nennen, sah und nicht selten die Früchte seiner Verrätherei erntete, hatte ich doch nur auf der Rückreise Gelegenheit, zwei davon zu schießen. Dies nahmen meine Buschmänner aber sehr übel, und obgleich ich vorher meinen Hottentotten eine große Belohnung an Glaskorallen und Tabak versprochen hatte, wenn sie mir behülflich sein wollten, einen Honigkukuk zu fangen oder zu schießen, so waren sie doch zu große Freunde dieses Vogels, als daß sie es hätten thun sollen, und hatten zu wenig Lust, ihn zu verrathen.«

Cumming erzählt, daß man, um das Bienennest auszunehmen, eine Masse trockenes Gras am Eingänge des Baues anzünde, den Honig heraushole und dem Vogel gäbe, was ihm gebührt, worauf dieser einen, falls man sein Gezwitscher mit Pfeifen erwidere, oft noch zu einem zweiten und dritten Neste führe. Gurney versichert, in dem Magen eines von ihm erlegten Raupen gefunden, aber gesehen zu haben, wie der Vogel gelegentlich sich auf die Bienenstöcke setzt und den aus- oder zufliegenden Bienen auflauert. Er bestätigt, daß die Kaffern ihn stets für seine Dienste belohnen und daß er sofort nach dem Abzuge herbeikommt, um die ihm zurückgelassenen Waben in Besitz zu nehmen. Am ausführlichsten schildert neuerdings Kirk das Betragen eines Honiganzeigers bei Anblick eines Eingeborenen der Sambesigegend. Von Zweig zu Zweig der benachbarten Bäume flatternd und rufend, verlangt der Vogel Aufmerksamkeit und Berücksichtigung. Wird ihm geantwortet, wie die Eingeborenen zu thun pflegen, indem sie pfeifen und auf ihre Füße blicken, so fliegt er in einer bestimmten Richtung ab, setzt sich in einer kleinen Entfernung wieder nieder und hüpft von einem Baume zum anderen. Wenn ihm gefolgt wird, geht er weiter und leitet so den Menschen bis zu dem Bienenneste; wenn dieses erreicht wurde, fliegt er weg, leitet jedoch nicht länger, und es erfordert daher eine gewisse Erfahrung, das Nest aufzufinden, selbst wenn der Führer deutlich einige wenige Bäume bezeichnet haben sollte. Kirk hat auch in Erfahrung gebracht, daß der Vogel, wenn ein ihm folgender Mann, nachdem er eine Zeit lang in der angegebenen Richtung gegangen ist, dann sich abwendet, zurückkehrt, um ein zweites Nest an einer anderen Stelle anzuzeigen. Unangenehm bei der Sache ist, daß er sehr häufig auch zu einem zahmen Bienenstocke führt, aus dem leicht erklärlichen Grunde, als die Biene dieselbe wie die wilde ist und die »Mussinga« oder Bienenkörbe unfern der Bäume angebracht werden in der Absicht, die Bienen zu ihrer Besitznahme einzuladen. Die Absicht des Vogels richtet sich deutlich genug auf die jungen Bienen. Er führt zu Nestern ohne Honig und scheint ebenso erfreut zu sein, wenn anstatt des Honigs mit Larven gefüllte Waben aus dem Neste genommen werden.

Bei den Raubzügen gegen Bienen mag den Honiganzeigern das dichte, harte Gefieder und die dicke Haut wesentlich zu statten kommen, d. h. in erwünschter Weise gegen die Stiche der Immen schützen. Daß diese sich nicht gutwillig ihrer Brut berauben lassen, ist erklärlich; von einem tödtlichen Ausgange der Kämpfe zwischen Honigangeber und Bienen, von dem Levaillant berichtet, weiß aber keiner der neueren Beobachter etwas anzugeben. Außer den Larven der Immen und ihrer Verwandten sowie den bereits erwähnten Raupen stellen die Honigkukuke unzweifelhaft anderweitigen Kerfen ebenfalls mit Eifer nach. Atmore beantwortet einige Fragen Layards sogar dahin, daß die bereits von Kirk erwähnte Art der Gruppe sich sogar an kleinen Vögeln vergreife, dieselben mit gleicher Raubgier wie ein Würger fange und verzehre, und daß er selbst einen erlegt habe, welcher eben beschäftigt gewesen sei, einen vor den Augen des Beobachters im Fluge gefangenen Sperling aufzufressen.

Levaillant versichert, daß der Honiganzeiger drei bis vier weiße Eier in Baumhöhlungen auf den Mulm lege und sie gemeinschaftlich ausbrüte. Diese Angabe ist aber durch die Beobachtung der Gebrüder Verreaux mit aller Bestimmtheit als irrthümlich nachgewiesen worden. Die letztgenannten Naturforscher fanden Eier oder Junge der verschiedenen Honiganzeiger, welche Südafrika bewohnen, in den Nestern von Würgern, Grauvögeln, Spechten, Pirolen und ähnlichen Vögeln. Leider ist mir ihr Bericht nicht zur Hand, und deshalb kann ich nur den von Hartlaub gegebenen Auszug hier anführen. Das Weibchen legt sein glänzend weißes Ei auf die flache Erde und trägt dasselbe mit dem Schnabel in das zuvor erwählte fremde Nest, nachdem es ein Ei herausgeworfen hat. Wenn der junge Honigkukuk etwas herangewachsen ist, nach Verreaux' Beobachtungen etwa nach Monatsfrist, beginnen die Eltern, denselben zu füttern und fordern ihn auf, das Nest der Stiefeltern zu verlassen. Verreaux beobachtete, daß ein und dasselbe Weibchen seine drei Eier in die Nester drei verschiedener kleiner Vögel legte. Auch Atmore bezeichnet den von ihm beobachteten Honigkukuk als einen Schmarotzer, welcher seine Eier unter anderen einem Spechte und einem Bartvogel zur Bebrütung anvertraut.


Die Kukuke im engeren Sinne ( Cuculinae), welche die zweite Unterfamilie bilden, kennzeichnen sich durch kopflangen, sanft gebogenen, gewöhnlich ziemlich dünnen, an der Wurzel verbreiterten Schnabel, kurze oder höchstens mittellange, paarzehige Füße, lange, schmale und spitzige Flügel, in denen die dritte Schwinge die längste zu sein pflegt, langen, abgerundeten oder keilförmig zugespitzten, zehnfederigen Schwanz sowie endlich dichtes, aber nicht besonders umfangreiches Gefieder, welches lose in der Haut sitzt. Die Geschlechter unterscheiden sich hinsichtlich der Färbung in der Regel wenig, die Jungen merklich von den Alten.

Nach den Untersuchungen von Nitzsch zeichnet sich der innere Bau unseres Kukuks durch folgende Hauptmerkmale aus. Die Wirbelsäule besteht aus zwölf Hals-, sieben Rücken- und sieben Schwanzwirbeln. Von den sieben Rippenpaaren haben fünf Rippenknochen. Das Brustbein biegt sich mit seinen hinteren Theilen nach außen, das Gabelbein ist durch ein förmliches Gelenk mit dem Brustbeinkamme verbunden; Nebenschulterblätter fehlen; das Becken ist kurz. Mit Ausnahme der Oberschenkelknochen sind alle übrigen luftführend. Die hornige Zunge ist mittellang, ziemlich gleich breit, am Seitenrande und vorn schneidend, der Schlund weit und kropflos, der Vormagen mit vielen starken Schleimdrüsen besetzt, der häutige Magen bedeutender Auftreibung fähig. Die beiden Leberlappen sind von ungleicher Größe; die Milz ist winzig klein.

Die Mitglieder dieser Familie, etwa neunzig an der Zahl, verbreiten sich über die Alte Welt und Neuholland. Sie sind in Indien und Afrika besonders zahlreich, im Norden aber nur durch eine einzige Art vertreten. Alle, ohne Ausnahme, gehören dem Walde an und entfernen sich bloß zeitweilig aus der Nähe der Bäume. So weit der Baumwuchs reicht, finden sie sich überall, baumleere Strecken hingegen meiden sie gänzlich. Die nordischen Arten wandern, die südlicheren streichen höchstens im Lande auf und nieder. Sie sind unruhige, stürmische, flüchtige und scheue Vögel, welche Geselligkeit mit ihresgleichen meiden, sich überhaupt nicht gern mit anderen Vögeln zu schaffen machen. Rasch durchfliegen sie ein ziemlich großes Gebiet, durchsuchen die Bäume, fliegen von ihnen aus auf das erspähte Thier auch wohl bis zum Boden herab, ohne sich jedoch hier niederzulassen, und streifen so fliegend, fressend und schreiend in ihrem Gebiete auf und nieder. Die Nahrung besteht fast ausschließlich aus Kerbthieren und insbesondere aus deren Larven, vor allem aber aus haarigen Raupen, welche von den übrigen Vögeln verschmäht werden. Die Haare dieser Raupen bohren sich bei der Verdauung so fest in die Magenwände ein, daß letztere wie behaart aussehen und zu falschen Schlüssen verleitet haben. Den größeren Arten der Familie sagt man nach, daß sie kleine Wirbelthiere, Lurche z. B., nicht verschmähen, und alle gelten, vielleicht nicht ganz mit Unrecht, als Nesträuber, welche die Eier nicht bloß wegnehmen, sondern auch verschlingen. Dieses einigermaßen auffallende Raubgelüst erklärt sich durch die Fortpflanzung der Kukuke. Sämmtliche Arten der Familie unterziehen sich nämlich der Bebrütung ihrer Eier nicht selbst, sondern bürden die Pflege ihrer Brut anderen Vögeln auf, indem sie ihre Eier in deren Nester legen. Dabei pflegen sie meistens ein Ei aus dem Neste der erkorenen Pflegeeltern herauszunehmen, und dieses ist es, welches gelegentlich auch mit verschlungen wird. Die Thatsache ist oft geleugnet worden, unterliegt aber, vielfachen Beobachtungen zufolge, keinem Zweifel. Ueber die Ursache des Nichtbrütens hat man sehr verschiedene Annahmen aufgestellt und zu unterstützen gesucht, bis jetzt aber noch keinen schlagenden Grund zu entdecken vermocht.

Manchem scheint es fraglich, ob wir die Kukuke als nützliche oder schädliche Vögel anzusehen haben. Unbestreitbar leisten sie große Dienste durch Aufzehren der gegen die Angriffe anderer Kerbthierräuber gewappneten haarigen Raupen; aber ebenso unzweifelhaft verursachen sie durch das Unterschieben ihrer Eier einigen Schaden, da die Erziehung eines Kukuks regelmäßig, bei denjenigen Arten, welche ihre Eier in die Nester kleinerer Vögel legen, immer die Vernichtung der Stiefgeschwister nach sich zieht. Dagegen läßt sich nun freilich wieder einwenden, daß ein Kukuk in Vertilgung der Kerbthiere mehr leiste als fünf oder sechs kleine Sänger, und so wird es als wohlgethan erscheinen, wenn wir den Kukuken unseren vollsten Schutz gewähren.

siehe Bildunterschrift

Kukuk ( Cuculus canorus). 1/2 natürl. Größe.

Unser Kukuk oder Gauch ( Cuculus canorus, cinereus, vulgaris, hepaticus, leptodetus, rufus, borealis, indicus, telephonus, gularis, lineatus) vertritt die Sippe der Kukuke im engsten Sinne ( Cuculus) und kennzeichnet sich durch schlanken Leib, kleinen, schwachen, sanft gebogenen Schnabel, lange spitzige Flügel, sehr langen, gerundeten Schwanz, kurze, theilweise befiederte Füße und ziemlich weiches, düsterfarbiges Gefieder. Das Männchen ist auf der Oberseite aschgraublau oder dunkelaschgrau, auf der Unterseite grauweiß, schwärzlich in die Quere gewellt; Kehle, Wangen, Gurgel und Halsseiten bis zur Brust herab sind rein aschgrau, die Schwingen bleischwarz, die Steuerfedern schwarz, weiß gefleckt. Das Auge ist hochgelb, der Schnabel schwarz, gilblich an der Wurzel, der Fuß gelb. Das alte Weibchen ähnelt dem Männchen, hat aber am Hinterhalse und an den Seiten des Unterhalses wenig bemerkbare röthliche Binden. Die jungen Vögel sind oben und unten quer gewellt, junge Weibchen auf der Oberseite zuweilen, in südlicheren Gegenden oft, auf rostbraunem Grunde mit stark hervortretenden Querbinden gezeichnet. Die Länge beträgt siebenunddreißig, die Breite vierundsechzig, die Fittiglänge neunzehn, die Schwanzlänge siebzehn Centimeter. Das Weibchen ist um zwei bis drei Centimeter kürzer und schmäler.

In Europa, Asien und Afrika gibt es wenig Länder oder Gegenden, in denen der Kukuk nicht beobachtet worden ist. Als Brutvogel bewohnt er den Norden der Alten Welt, von China und den Amurländern an bis zur Küste von Portugal und vom Nordkap an bis Syrien, Palästina und Algerien oder zu den innerasiatischen Steppen und Gebirgen, ebenso auch Persien. Von hier wandert er nach Süden; von Sibirien aus durch China und ganz Indien bis auf die javanischen, die Sundainseln und nach Ceylon, von Europa aus bis nach Südafrika. In allen Ländern Ostsudâns, welche ich durchreiste, habe ich auch den Kukuk gesehen, aber noch nirgends als zeitweilig angesessenen, in der Winterherberge sich aufhaltenden Vogel. Cabanis unterscheidet allerdings die in Sibirien lebenden und in Mittel- und Südafrika erlegten Kukuke als besondere Arten; ich muß jedoch, auf eigene Beobachtungen des Lebens gestützt, sagen, daß ich in beiden Fällen anderer Meinung bin. Daß der westsibirische Kukuk von dem unserigen nicht abweicht, unterliegt für mich keinem Zweifel; ebenso wenig glaube ich im Süden Nubiens jemals einen anderen Kukuk als den unserigen erlegt zu haben, somit auch die aus dem Süden Afrikas in unsere Sammlungen gebrachten Stücke für den einheimischen Vogel ansehen zu müssen. Verwundern darf es nicht, daß ein so gewandter Flieger wie der Kukuk ebenso große Strecken durchreist wie andere weit minder flugbegabte Zugvögel. Nach meinen und allen übrigen Beobachtungen wandert er schnell, läßt sich wenigstens im Norden Afrikas oder in Syrien wie in Südeuropa nicht erheblich früher vernehmen als in Deutschland, und verzögert aus leicht begreiflichen Gründen erst weiter gegen den Norden hin seine Reise. Bei uns zu Lande erscheint er in der Regel um die Mitte des April: »Am achtzehnten kommt er, am neunzehnten muß er kommen« heißt es im Volksmunde. Ausnahmsweise trifft er auch schon früher, unter Umständen sogar schon im Anfange des Monats ein, gleichviel ob die Witterung günstig ist oder nicht. So vernahm Schacht, ein in jeder Beziehung trefflicher Beobachter, im Jahre 1875 schon am fünften April, »als der Wald noch kahl war und selbst die Birke noch blätterlos dastand«, seinen Ruf. »Oft lag des Morgens wieder eine weiße Schneedecke auf Wald und Flur; doch der Kukuk schlug sich schlecht und recht durch. Wenn aber die Sonne das Gewölk durchbrach, dann rief er laut sein ›Kukuk‹, obschon immer nur einmal: ein Zeichen, daß es ihm doch noch nicht ganz wohl ums Herz war.« Nach Sachse's Beobachtungen kommt er im Westerwalde ebenfalls nicht selten im ersten Drittheil des April an. So hörte ihn dieser Berichterstatter 1863 am zehnten, 1871 am achten April. In Esthland vernahm Huene am dritten Mai seinen Ruf; im nördlichen Norwegen dagegen erscheint er, laut Heltzen, nicht vor dem Ende des Mai, und der dortige Bauer meint, es sei ein schlechtes Zeichen für das Jahr, wenn er sich hören läßt, ehe der Schnee von den Feldern weggethaut ist und die Bäume auszuschlagen beginnen. In Deutschland wie in Skandinavien verweilt er nur bis Anfang September, und schon am elften dieses Monats bin ich ihm in Südnubien begegnet. Ausnahmsweise traf ich ihn bereits am vierzehnten Juli bei Alexandrien als Wandervogel an. Wesentlich anders scheint es sich im südwestlichen Asien zu verhalten. Nach Blanfords und St. Johns Beobachtungen ist er im östlichen Persien ziemlich allgemein verbreitet, hier und da gemein, pflanzt sich auch fort, verläßt das Land wahrscheinlich aber nicht. Blanford vernahm seinen Ruf bereits am achtzehnten Februar, St. John sogar schon am fünfundzwanzigsten Januar, zu derselben Zeit also, in welcher der seiner nordischen Heimat entwanderte Vogel noch im tiefsten Inneren Afrikas weilt.

In Deutschland ist der Kukuk allgemein verbreitet, in Südeuropa weit seltener als bei uns, aber doch noch Brutvogel. Im südlichen Portugal hörte ihn Rey vom dreizehnten April an einige Tage lang, später jedoch nicht mehr rufen und glaubt deshalb, daß er nicht im Lande brüte; ich hingegen beobachtete ihn in Spanien während des Sommers und bezweifle deshalb die Richtigkeit der Annahme Rey's. Nach Norden hin wird er häufiger: in Skandinavien gehört er zu den gemeinsten Vögeln des Landes; wenigstens erinnere ich mich nicht, irgendwo so viele Kukuke gesehen zu haben als in Norwegen und in Lappland. Im Gebirge steigt er bis zur Schneegrenze auf: in unseren Alpen bewohnt er allsommerlich noch Hochthäler von fünfzehnhundert Meter unbedingter Höhe und fliegt, wie Baldamus auf Grund seiner Beobachtungen annimmt, noch um sechs- bis siebenhundert Meter höher empor; im Altai vernahm ich seinen Ruf ebenfalls noch über der Baumgrenze und zweifle nicht, daß er auch hier die höchsten Matten zwischen achtzehnhundert bis zweitausendundzwei- oder dreihundert Meter über dem Meere besucht.

Obwohl Baumvogel, ist er doch nicht an den Wald gebunden, ebenso wenig als sein Aufenthalt nach der Art des Baumbestandes sich richtet. Minder häufig als in baumbestandenen oder mindestens bebuschten Gegenden kommt er auf kahlen Strecken vor, fehlt diesen jedoch keineswegs gänzlich, baumlosen Inseln, wie Sylt und Borkum, zuweilen ebenso wenig als den Steppen in Südsibirien, dem nur hier und da baumbegrünten hohen Tafellande des östlichen Persien oder unseren Hochalpen über der Holzgrenze. Nach meinen in drei Erdtheilen und mit besonderer Vorliebe für den Gauch gesammelten Beobachtungen stellt er als erste Bedingung an seinen Aufenthaltsort, daß derselbe reich an kleinen Vögeln, den Zieheltern seiner Jungen, sei. Sieht er diese Bedingung erfüllt, so begnügt er sich mit äußerst wenigen Bäumen, mit niedrigen Sträuchern, Gestrüpp und Röhricht, und wenn selbst das letztere fehlt, fußt er auf einem Erdklumpen und erhebt von hier aus seine Stimme. Ausnahmsweise läßt er sich auch durch zeitweilig an einer Stelle ihm winkende reichliche Nahrung beeinflussen, in der Regel aber während seiner Fortpflanzungszeit nicht aus einem Gebiete weglocken, welches sein tolles Liebesleben besonders begünstigt. Stets wird man finden, daß die Anzahl der Kukuke in gleichem Verhältnisse mit der Anzahl der Pflegeeltern wächst und um so mehr zunimmt, je häufiger eine und dieselbe Art der letzteren in einem bestimmten Umkreise brütet. Daher liebt der Kukuk gemischte Waldungen mehr als solche, in denen eine Baumart vorherrscht; daher findet er sich häufiger als irgendwo in der Nähe von Brüchen, Sümpfen oder überhaupt in wasserreichen Niederungen. Wer den Kukuk kennt, wird nicht behaupten, daß er ein Charaktervogel des Erlenwaldes sei oder überhaupt zur Erle eine besondere Vorliebe zeige: wer aber den Spreewald besucht, in welchem die Erle fast ausschließlich den Bestand bildet, wird anfänglich erstaunt sein über die außerordentlich bedeutende Anzahl von Kukuken und erst dann die Erklärung für das massenhafte Vorkommen derselben finden, wenn er erfahren hat, daß hier Grasmücken, Pieper, Schaf- und Bachstelzen ohne Zahl ihm die größte Leichtigkeit gewähren, seine Eier unterzubringen.

Jedes Kukuksmännchen wählt sich ein Gebiet von ziemlichem Umfange und vertheidigt dasselbe hartnäckig gegen einen etwaigen Nebenbuhler. Wird ein Kukuk verdrängt, so siedelt er sich dicht neben dem Eroberer an und ficht mit diesem dann fast tagtäglich einen Strauß aus. Daß ein und derselbe Vogel zu demselben Orte zurückkehrt, hat Naumann durch Beobachtungen festgestellt: er kannte einen Kukuk, welcher sich durch seine auffallende Stimme vor den übrigen kennzeichnete, und erfuhr, daß derselbe während zweiunddreißig Jahren in jedem Frühlinge in demselben Gebiete sich seßhaft machte. Genau dasselbe gilt nach Walters Feststellung auch für das Weibchen, wie eigenthümlich gefärbte, von anderen abweichende Eier, welche man jedes Jahr in demselben Gebiete und bei derselben Vogelart wiederfindet, fast außer Zweifel stellen. Das Gebiet, in welchem das Weibchen sein erstes Ei untergebracht hat, wird ihm zur engeren Heimat; doch verweilt es in ihm immer kürzere Zeit als das Männchen. Seinen Standort durchschweift dieses ohne Unterlaß, und deshalb erscheint er mit einer gewissen Regelmäßigkeit auf bestimmten Bäumen tagtäglich mehrere Male. Nicht ebenso verhält es sich mit dem Weibchen, wie ich ebenfalls nach eigener Beobachtung mit aller Bestimmtheit behaupten darf. Meine Neckereien mit den Kukuken, welche ich in jedem Frühjahre und bei jeder Gelegenheit wiederhole, haben mich belehrt, daß die Anzahl der Weibchen bei Weitem geringer ist als der Bestand der Männchen. Mäßig angeschlagen, dürften auf jedes der ersteren mindestens doppelt so viele Männchen kommen. Während nun diese ein immerhin umgrenztes Gebiet behaupten und in der angegebenen Weise sich umhertreiben, achtet das Weibchen derartige Grenzen nicht, sondern schweift im Laufe des ganzen Sommers, beziehentlich so lange seine Legezeit währt, regellos durch verschiedene Gebiete der Männchen, bindet sich an keines von diesen, gibt sich vielmehr allen hin, welche ihm genehm sind, läßt sich nicht suchen, sondern zieht seinerseits auf Liebesabenteuer aus, und kümmert sich, nachdem seine Wünsche Befriedigung fanden, nicht mehr um den Liebhaber, welchen es eben begünstigt hatte. Ein an einer abgeschossenen Schwanzfeder kenntliches Weibchen, welches ich in der Nähe von Berlin beobachtete, besuchte, so weit ich ergründen konnte, die Gebiete von nicht weniger als fünf Männchen, wird seine Streifzüge jedoch wahrscheinlich noch weiter ausgedehnt haben. Jedes andere Weibchen verfährt nun unzweifelhaft ebenso, wie andere Beobachtungen fast bis zur Gewißheit beweisen. »Oft habe ich gesehen«, bemerkt Walter, »wie ein von einem Männchen begleitetes Weibchen bei seinen Streifereien in ein weiteres Gebiet, z. B. über einen großen See, plötzlich vom Männchen verlassen wurde, welches letztere zuerst in weitem Bogen, dann in gerader Richtung in sein eigentliches Revier zurückflog. Hatte das Weibchen in letzterem schon ein Ei untergebracht, dann kehrte es, wenn auch erst am anderen Tage, dorthin zurück. Nur in dem Falle, daß es in der Nähe des zuerst benutzten Nestes kein zweites auffinden konnte, blieb es länger aus und ließ sich mitunter tagelang nicht wieder sehen.« Dagegen durchstreifen nun fortwährend andere Weibchen dasselbe Gebiet, und so erntet dieser wie jener Kukuk, wenn auch nicht von jedem, so doch von irgend einem Weibchen heißbegehrter Minne Lohn. Auch auf gesellige Freuden braucht er nicht gänzlich zu verzichten. Denn Abends spät, wenn das Roth im Westen schon beinahe verglommen, findet im günstigen Falle ein Weibchen in seinem Gebiete sich ein, fliegt verstohlen bis in die Nähe des Baumes, von welchem er seinen Abendgruß herabruft, und läßt ihn, unerwartet laut und verheißend aufschreiend, ein erfreuliches Morgen erhoffen. Diese Ungebundenheit und Unstätigkeit des Weibchens erklärt nach meinem Dafürhalten gewisse bis jetzt noch räthselhafte Vorkommnisse beim Legen der Eier auf das einfachste und befriedigendste.

Unter den mir bekannten Verwandten ist der Kukuk der flüchtigste, unruhigste und lebhafteste. Er ist in Bewegung vom Morgen bis zum Abend, in Skandinavien sogar während des größten Theiles der Nacht. Es übte einen eigenthümlichen Eindruck auf mich, bei meinen nächtlichen Jagden den Kukuksruf noch nach elf Uhr abends und schon vor ein Uhr morgens zu vernehmen. Holtz versichert, ihn auf der Insel Gottland noch um Mitternacht abwechselnd mit der Eule gehört zu haben, und es mag wohl auch möglich sein, daß er selbst um diese Zeit nicht ruht: ich meinestheils habe jedoch während meiner wiederholten Reisen im hohen Norden immer gefunden, daß er in der eigentlichen Mitternachtsstunde, von ein halb zwölf bis ein halb ein Uhr etwa, schweigt, also sich wohl dem Schlafe hingibt. Während seiner Streifereien frißt er beständig; denn er ist ebenso gefräßig als bewegungs- und schreilustig. Mit leichtem und zierlichem Fluge, welcher dem eines Falken ähnelt, ihn an Schnelligkeit jedoch nicht erreicht, nicht einmal mit dem einer Turteltaube zu wetteifern vermag, kommt er angeflogen, läßt sich auf einem Aste nieder und sieht sich nach Nahrung um. Hat er eine Beute erspäht, so eilt er mit ein paar geschickten Schwenkungen zu ihr hin, nimmt sie auf und kehrt auf denselben Ast zurück oder fliegt auf einen anderen Baum und wiederholt hier dasselbe. In Skandinavien sitzt er besonders gern auf den Geländern, welche die Wege von den Feldern abgrenzen, treibt sich überhaupt viel mehr in der Nähe der Ortschaften umher als bei uns. Uebrigens ist der Kukuk nur im Fliegen geschickt, in allem übrigen täppisch. Obwohl dem Namen nach ein Klettervogel, vermag er in dieser Beziehung durchaus nichts zu leisten, ist aber auch im Gehen ein Stümper ohne gleichen, überhaupt nur hüpfend im Stande, auf flachem Boden sich zu bewegen. Gewandter zeigt er sich im Gezweige, obschon er auch hier einen einmal gewählten Sitz nur ungern und dann meist fliegend verläßt. Im Frühlinge versäumt er nie, nach dem Aufbäumen viele Male nacheinander seinen lauten Ruf erschallen zu lassen, und wenn die Liebe in ihm sich regt, treibt er so argen Mißbrauch mit seiner Stimme, daß er zuletzt buchstäblich heiser wird. Fast in allen Sprachen ist sein Name ein Klangbild dieses Rufes, so wenig richtig letzterer in der Regel auch wiedergegeben wird. Wie vielen anderen Vogelstimmen fehlen dem Kukuksrufe Mitlauter gänzlich, und wenn wir solche zu hören vermeinen, fügen wir sie den Selbstlautern zu. Der Ruf lautet nicht »Kukuk«, sondern in Wirklichkeit »u-uh«. Da nun aber das erste »U« schärfer ausgestoßen wird als das zweite, glauben wir »gu« zu vernehmen, ebenso wie wir das zweite gedehntere »U« zu Anfang und zu Ende durch einen G- oder K-Laut vervollständigen, obgleich derselbe nicht vorhanden ist. Wer wie ich jeden schreienden Kukuk durch Nachahmung seiner Stimme herbeiruft, weiß sehr genau, daß auf den Ruf »Kukuk« kein einziger kommt. Naumann sagt, daß man den Kukuksruf auf der Flöte durch die Töne Fis und D der mittleren Oktave täuschend nachahmen kann: ich habe die beiden Töne mir vorspielen lassen und muß zugestehen, daß sie dem Rufe ähneln, finde jedoch, daß die Klangfarbe der Flöte eine ganz andere ist als die des Kukuksrufes und bezweifle sehr, daß ein Kukuk durch letztere herbeigelockt werden würde oder könnte. Mit Bestimmtheit darf ich behaupten, daß der Ruf auf dem Klaviere sich nicht wiedergeben läßt und ebensowenig durch unsere Kukuksuhren richtig ausgedrückt wird, so zweckentsprechend auch erscheint, zwei verschiedene Pfeifen zu verwenden. Im Anfange seines Hierseins ruft der Kukuk selten eifrig; das wahre Feuer lodert erst dann auf, wenn er bereits die Freuden der Liebe gekostet hat. Während seiner Begattungszeit, welche freilich kaum länger währt, als er schreit, ruft er nicht allein nach dem Aufbäumen, sondern auch während des Fluges, in den Morgen- und Abendstunden wie unmittelbar vor oder nach Regen am eifrigsten, aber auch sonst zu allen Stunden des Tages, und bestimmt läßt er sich hören, wenn er durch Nachahmung seiner Stimme hierzu angereizt wird. Während er ruft, senkt er die etwas ausgebreiteten Flügel und hebt dafür den Schwanz ein wenig über die wagerechte Linie empor, bläst die Kehle auf, stößt sein »Gu-guh« aus und wendet sich nun, während er es funfzehn, zwanzig, dreißig, vierzig, selbst sechzig Mal nacheinander hören läßt, auf dem Aste hin und her, dreht sich in der Regel auch mehrmals um und schreit so seinen Ruf und Namen in alle Richtungen der Windrose hinaus. Wird er durch einen Nebenbuhler besonders erregt, so verdoppelt er den ersten, höheren Laut, und der ganze Ruf lautet dann nach gewöhnlicher Schreibweise »Guguguh«. Wird er während des Schreiens durch kleine Vögel geneckt, stößt namentlich einer von diesen auf ihn, während er sich blähend auf einem Aste sitzt, so bricht er im Schreien plötzlich ab und unterdrückt regelmäßig die letzte Silbe. Kommt ein Weibchen in Sicht, so wiederholt er den dreifachen Ruf zweimal oder verdoppelt, also viermal, nacheinander und fügt ihm dann fast unwandelbar heisere Laute bei, welche man durch die Silben »Quawawa« oder »Haghaghaghag« übertragen hat, in Wirklichkeit aber weder wiedergeben noch auch nachahmen kann. Aergert er sich über einen Nebenbuhler, den er zunächst noch nicht sehen kann, so läßt er unmittelbar vor oder nach dem Aufbäumen einen ähnlichen, aber einzeln ausgestoßenen, obschon zwei- bis viermal wiederholten heiser würgenden Laut vernehmen, welcher mit dem Knarren eines Teichfrosches verglichen und durch »Quorr« oder »Quorrg« übertragen werden mag. Wird ihm das Necken des Kleingeflügels zu arg, und hilft das Beißen nach demselben nicht mehr, so vernimmt man endlich noch ein heiseres, ungefähr wie »Särrr« klingendes Zischen, welches er namentlich im Fluge ausstößt. Vorherrschend bleibt immer das »Gu-guh«. Es folgt bei längerem Schreien binnen fünf Sekunden viermal, selten aber öfter als zwanzig- bis dreißigmal unmittelbar nacheinander; denn in jedem längeren Satze treten kurze Stillstände ein, welche eine bis anderthalb Sekunden länger währen, als der gewöhnliche Zeitraum zwischen dem Verklingen des einen und dem Anheben des anderen Rufes beträgt. Nach dem ersten einleitenden Theile des ganzen Satzes tritt solche, dem unachtsamen Hörer vielleicht kaum merkliche Pause ein, wahrscheinlich nur, um einen Augenblick lang zu lauschen, ob ein anderer Gauch dem Rufe antwortet; hierauf folgt oft ein von dem nächsten ebensoweit geschiedener Ruf, manchmal auch noch einer; und nunmehr erst beginnt der zweite Theil des Satzes, welcher in der angegebenen Weise mehrmals unterbrochen werden kann, bis endlich der stattgefundene Aufwand an Kraft längere Ruhe erheischt.

Man hat den Kukuk als einen höchst unfriedfertigen Vogel verschrieen: ich kann dieser Ansicht jedoch nicht beistimmen. In Kampf und Streit liegt er nur mit anderen seiner Art: die ganze übrige Vogelwelt läßt ihn gleichgültig, insofern es sich nicht darum handelt, ihrer Angriffe sich zu erwehren oder einem Ziehvogel sein Ei aufzubürden. Gefangene, welche man unter Kleingeflügel hält, vertragen sich mit allen Genossen vortrefflich und denken nicht daran, mit ihnen zu streiten oder zu hadern. Aber freilich ein männlicher Kukuk ist dem anderen ein Dorn im Auge. So brutfaul der Vogel, so verliebt ist er. Obgleich er Entgegenkommen findet, scheint ihn die Liebe doch geradezu von Sinnen zu bringen. Er ist buchstäblich toll, so lange die Paarungszeit währt, schreit unablässig so, daß die Stimme überschnappt, durchjagt unaufhörlich sein Gebiet und sieht in jedem anderen einen Nebenbuhler, den hassenswerthesten aller Gegner.

Demjenigen, welcher den Gauch wirklich beobachtet hat, wird kein Zweifel aufstoßen, daß zwischen zwei männlichen Kukuken, welche sich gegenseitig hören, die ausgesprochenste Nebenbuhlerschaft besteht und bei jeder Gelegenheit zur Aeußerung gelangt. Jeder Kukuk, welcher bis dahin harmlos seinen wohltönenden Namen in die Welt schrie, geräth in Aufregung, sobald er einen wirklichen oder vermeintlichen Nebenbuhler rufen hört. Lebhafter werden in solchem Augenblicke seine Bewegungen; ununterbrochen folgen sich die einzelnen Rufe eines Satzes; spähenden Auges und lauschenden Ohres beugt der Vogel sich weiter vor als gewöhnlich, und bei jedem einzelnen Rufe wendet er sich zur Rechten und zur Linken, um sich über die Richtung, aus welcher der unwillkommene Laut ihm entgegenschallt, auf das genaueste zu vergewissern. Zunächst verläßt er seinen Platz noch nicht, scheint im Gegentheile abwarten zu wollen, ob jenes Herz von demselben Muthe beseelt sei wie das seinige, ruft noch einigemal in langer Folge und späht und lauscht von neuem. Erscheint der Nebenbuhler nicht, so entschließt er sich, ihn zu suchen. Geradezu bewunderungswürdig ist die Sicherheit, mit welcher er Richtung und Entfernung zu bestimmen vermag. Wenn ich bei meinen Neckereien den Platz verändere, erscheint der Kukuk, dessen Eifersucht ich erregte, mit aller Bestimmtheit auf derselben Stelle, von welcher ihm der erste Ruf entgegentönte, und dennoch kommt er fast niemals in gerader Richtung, sondern regelmäßig in einem weiten Bogen an, welchen er offenbar zu dem Zwecke unternimmt, um des vermeintlichen Nebenbuhlers ansichtig zu werden. Hier nun setzt er sich von neuem nieder und ruft lauter und eifriger als zuvor. Gewahrt er keinen anderen Kukuk, so folgen auf die klangvollen Laute die einzelnen heiseren, ein untrügliches Zeichen seines Aergers. Einmal erregt, folgt er dem vermeintlichen Nebenbuhler ein bis zwei Kilometer weit nach oder verweilt halbe Stunden lang in seiner Nähe. Naht sich, durch dieselbe Täuschung betrogen, ein zweiter Kukuk, so beginnt augenblicklich der Kampf. Mit vollstem Rechte sagt Naumann, daß der Kukuk kein anderes Männchen in seinem Bezirke oder in der Nähe seines Weibchens dulde und mit grimmigen Bissen fortzujagen suche. Letzteres habe ich allerdings nicht gesehen, sondern immer nur bemerkt, daß die beiden Nebenbuhler einander in raschem Fluge verfolgen und dabei ab und zu aufeinander stoßen, hierauf wiederum sich niederlassen, von neuem zu rufen beginnen und nochmals eine ähnliche Verfolgung aufnehmen; wohl aber ist mir die Thatsache durch andere Beobachter bestätigt worden. »Im Jahre 1848, Ende Juli«, so schreibt mir Liebe, »sah ich, wie zwei Kukuksmännchen, nachdem sie in zwei, durch eine kleine Lichtung getrennten Feldhölzern sehr erregt gerufen, aufeinander zuflogen und mitten über der Lichtung sich wüthend bekämpften. Sie fielen erst langsam, dann schnell zur Erde, ohne vom Kampfe abzulassen, und waren so erbost, daß ich mich bis auf funfzehn Schritte nähern konnte, ohne daß sie abließen. Ich sah dabei, daß sie sich mit dem Schnabel am Oberarme gepackt hatten und mit dem freien Flügel aufeinander schlugen, ähnlich, wie es Tauben thun, nur nicht mit so heftig zuckenden Schlägen. Endlich strich der eine ab; der andere versuchte es vergeblich: sein Oberarm war gebrochen, wahrscheinlich beim Sturze auf die Erde.«

Der Ruf des Kukuks hat, wie meine Beobachtungen bestimmt mich annehmen lassen, zunächst den Zweck, das Weibchen anzulocken. Daß dieses sich herbeiziehen läßt, glaube ich unzählige Male ermittelt zu haben. Fliegt es in dringenden Geschäften durch das Gebiet eines Männchens, so achtet es scheinbar nicht im geringsten auf dessen Liebesseufzer, sondern schleicht sich durch das Gezweige, von einem Baume, einem Busche zum anderen sich wendend; hat es dagegen sein Ei glücklich untergebracht, und zieht es auf Liebesabenteuer aus, so antwortet es, in unmittelbare Nähe des rufenden Männchens gelangt, indem es seinen eigentümlichen, volltönenden, kichernden oder lachenden Lockruf zu hören gibt. Dieser besteht aus den äußerst rasch auf einander folgenden Lauten »Jikikickick«, welche auch wohl wie »Ouickwickwick« in unser Ohr klingen, einem harten Triller ähneln und durch ein nur in der Nähe hörbares, sehr leises Knarren eingeleitet werden. Der Ruf ist verlockend, verheißend, im voraus gewährend, seine Wirkung auf das Männchen eine geradezu zauberische. Augenblicklich verläßt es seinen Sitz, ruft »Guguh, guguguh, guguguh«, verdoppelt auch wohl diesen Ausdruck höchster Erregung, fügt ihm das »Quawawawa« hinzu und jagt hinter dem Weibchen her. Dieses wiederholt die Einladung, der verliebte Gauch antwortet wiederum, alle in Hörweite schreienden Männchen fliegen ebenfalls herbei, und eine tolle Jagd beginnt. Nicht allzu selten folgen einem Weibchen zwei, drei, selbst vier Männchen nach. Jenes feuert die Bewerber durch nochmaliges Kichern an und versetzt sie schließlich in Liebesraserei. Unter vielfachen Schwenkungen fliegt es zwischen Baumkronen und Gebüschen dahin, ein oder das andere Männchen unmittelbar hinter ihm drein, das zweite in wechselndem Abstande diesem nach, jedes voll Begierde, der nächste und voraussichtlich glücklichste Bewerber zu werden. Jedes einzelne vergißt des solchen Hochzeitszug neckend begleitenden Kleingeflügels, vergißt selbst des sonst üblichen Zweikampfes oder stößt doch nur ein und das andere Mal, gleichsam gelegentlich, auf den verhaßten Nebenbuhler; jedes bestrebt sich, ja keine Zeit zu verlieren. Das Weibchen ist nicht minder erregt als sein Gefolge, der eifrigste Liebhaber ihm auch sicherlich der willkommenste, sein scheinbares Sprödethun nichts anderes als das Bestreben, noch mehr anzufeuern. Willig und widerstandslos gibt es sich jedem Männchen hin; Schranken der Ehe kennt es eben nicht.

Die Begattung wird in der Regel auf einem dürren Baumwipfel oder einem sonstigen geeigneten freien und erhabenen Platze, in den Steppen Turkestans selbst auf ebenem Boden vollzogen, niemals ohne viel Lärmen, verdoppeltes Rufen und Kichern. Daß ein Männchen das andere hierbei stören sollte, habe ich bisher nicht beobachtet; das Männchen hat hierzu auch keine Veranlassung. »Im Jahre 1870«, schreibt mir Liebe ferner, »hörte ich in einer Thalschlucht unweit Geras ein Kukuksweibchen kichern und ein Männchen rufen. Vollkommen gedeckt durch ein niederes Fichtendickicht, schlich ich mich an den Abhang hinab und sah ein Männchen westwärts fortfliegen und ein Weibchen frei auf einer Schränkstange sitzen. Nach kurzem kam ein zweites Männchen von Osten herüber, rief erst eifrigst in dem benachbarten Stangenholze und beflog dann ohne weitere Umstände das Weibchen. Kaum war dies geschehen, so erschien, ebenfalls von Osten her, ein drittes Männchen und bot sich, indem es das zweite Männchen verjagte, dem Weibchen als Gatten an, worauf letzteres sofort kichernd einging.« Diese, durch einen in jeder Beziehung verläßlichen, erfahrenen Beobachter festgestellte Thatsache, bedarf sicherlich keines Zusatzes!

Erscheint das Weibchen spät abends auf dem Schlafplatze eines Männchens, so versetzt es, da es wohl nie versäumt, sich zu melden, den Gauch auch jetzt noch in Liebesrausch. Für heute aber verbleibt es beiderseitig beim Wünschen und Begehren. Weder der Kukuk noch das Weibchen verlassen nach Beginn der Dämmerung den gewählten Ruhesitz, ebensowenig als sie morgens vor eingetretener Helle umherfliegen. Aus geschehene Meldung der Buhlin antwortet er in üblicher Weise, sie wiederum in der ihrigen, und so währt das Rufen und Kichern fort, bis der Ziegenmelker zu spinnen beginnt, manchmal noch länger. Dann endlich wird es still: beide haben sich wohl verständigt – für morgen.

Wer bezweifelt, daß der Gauch in Vielehigkeit lebt, braucht bloß solche Schlafplätze wiederholt zu besuchen. Heute vernimmt man die Stimme des Weibchens, die heiße Werbung des Männchens, morgen nur noch den Ruf des letzteren: jenes beglückt dann vielleicht den Nachbar, vielleicht einen ganz anderen Werber. Deshalb gerade ist es so schwierig, ein klares Bild des tollen Liebeslebens unseres Kukuks zu gewinnen. Ich habe ihn während eines Menschenalters beobachtet, eine Wahrnehmung an die andere gefügt, ihn viel hundertmal herbeigerufen, mich noch in diesem Frühlinge halbe Wochen lang so gut als ausschließlich mit ihm beschäftigt und doch nur einen Theil seines Lebens zu erforschen vermocht.

Schon den Alten war bekannt, daß der Kukuk seine Eier in fremde Nester legt. »Das Bebrüten des Kukukseies und das Aufziehen des aus ihm hervorkommenden Jungen«, sagt Aristoteles, »wird von demjenigen Vogel besorgt, in dessen Nest das Ei gelegt wurde. Der Pflegevater wirft sogar, wie man sagt, seine eigenen Jungen aus dem Neste und läßt sie verhungern, während der junge Kukuk heranwächst. Andere erzählen, daß er seine Jungen tödte, um den Kukuk damit zu füttern; denn dieser sei in der Jugend so schön, daß seine Stiefmutter ihre eigenen Jungen deshalb verachte. Das meiste von dem hier erwähnten wollen Augenzeugen gesehen haben; nur in der Angabe, wie die Jungen des brütenden Vogels umkommen, stimmen nicht alle überein: denn die einen sagen, der alte Kukuk kehre zurück und fresse die Jungen des gastfreundlichen Vogels, die anderen behaupten, weil der junge Kukuk seine Stiefgeschwister an Größe übertreffe, so schnappe er ihnen alles weg, und sie müßten deshalb Hungers sterben; andere wieder meinen, er, als der stärkere, fresse sie auf. Der Kukuk thut gewiß gut daran, daß er seine Kinder so unterbringt; denn er ist sich bewußt, wie feige er ist, und daß er sie doch nicht vertheidigen kann. So feig ist er, daß alle kleinen Vögel sich ein Vergnügen daraus machen, ihn zu zwicken und zu jagen«. Wir werden sehen, daß an dieser Schilderung sehr viel wahres ist; ich will aber auch sogleich eingestehen, daß wir noch heutigen Tages keineswegs vollkommen unterrichtet sind. Daß ich auf Annahmen, Muthmaßungen, Folgerungen, Zweckmäßigkeitslehren und dergleichen, mit denen jede Naturgeschichte des Kukuks oder jede vogelkundige Zeitschrift überhaupt überfüllt ist, nicht eingehe, werden meine Leser begreiflich finden.

Wenn wir nun auch das Warum des Nichtbrütens noch nicht erkannt haben, so steht doch die Thatsächlichkeit desselben so unwiderleglich fest, daß man nur im höchsten Grade erstaunt sein kann, immer und immer noch die Meinung des Gegentheils aussprechen zu hören. Geradezu unbegreiflich mußte es erscheinen, noch neuerdings und zwar in einem unserer verbreitetsten Blätter von der Hand Adolf Müllers, eines keineswegs unerfahrenen Beobachters, zu lesen, daß ein Kukuk auf seinem Neste brütend gefunden worden sei. Nur eine Verwechselung dieses Vogels mit dem Nachtschatten erklärt einen so gröblichen Irrthum.

Das thatsächliche, d.h. durch Beobachtung festgestellte hinsichtlich des Fortpflanzungsgeschäftes unseres Vogels ist folgendes: Der Kukuk übergibt seine Eier einer großen Anzahl verschiedenartiger Singvögel zum Ausbrüten. Schon gegenwärtig kennen wir ungefähr siebzig verschiedene Pflegeeltern; es unterliegt aber keinem Zweifel, daß sich diese Kunde bei genauerer Durchforschung des gesammten Verbreitungsgebietes dieses merkwürdigen Vogels noch wesentlich erweitern wird. Soweit mir bekannt, hat man bis jetzt, abgesehen von asiatischen Zieheltern, Kukukseier gefunden in den Nestern des Gimpels, Edel- und Bergfinken, Hänflings, Leinzeisigs, Grünlings, Sperlings, Grau-, Gold-, Rohr- und Weidenammers, des Flüevogels, der Hauben-, Heide- und Feldlerche, der Elster, des Hehers, Dorndrehers und Rothkopfwürgers, der Nachtigall, des Blau- und Rothkehlchens, des Haus- und Gartenrothschwanzes, Braunkehlchens, des Wiesen-, gemeinen, Ohren- und Gilbsteinschmätzers sowie des Steinröthels, der Singdrossel und Amsel, der Sperber-, Garten-, Dorn-, Zaun- und Mönchsgrasmücke, des Wald-, Fitis-, Berg- und Weidenlaubvogels, Gartensängers, der Rohrdrossel, des Teich-, Sumpf-, Ufer-, Seggen-, Fluß- und Heuschreckenschilfsängers, Zaunkönigs, des Wasser-, Felsen-, Rothkehl-, Wiesen-, Baum-, Brach- und Sporenpiepers, der Bach-, Gebirgs- und Schafstelze, des feuer- und safranköpfigen Goldhähnchens, des Baumläufers und Fliegenfängers, der Finkmeise, Turtel- und Ringeltaube, ja sogar des Lappentauchers. Unter diesen Vögeln werden die Schilfsänger, Stelzen, Grasmücken und Pieper bevorzugt, vieler Nester aber nur im äußersten Nothfalle, möglicherweise auch aus Versehen benutzt. Bei Aufzählung der Zieheltern des Kukuks möchte ich einem Bedenken Worte geben. Es erscheint mir nicht mit unbedingter Sicherheit festgestellt zu sein, daß alle als die des Kukuks angesprochenen Eier auch wirklich solche sind. Täuschungen selbst kundiger und erfahrener Eiersammler dürften nicht ausgeschlossen sein; möglich, sogar wahrscheinlich, sind sie gewiß. Ja, ich sage schwerlich zu viel, wenn ich behaupte, daß es in einzelnen Fällen unmöglich sein dürfte, ein Kukuksei von einem ungewöhnlich großen oder abweichend gefärbten des Ziehvogels zu unterscheiden.

Die Eier des Kukuks sind im Verhältnisse zur Größe des Vogels außerordentlich klein, kaum größer als die des Haussperlings, in der Form wenig verschieden, ungleichhälftig, so daß ihr größerer Querdurchmesser näher dem sanft zugerundeten dicken Ende liegt, wogegen die hohe Hälfte schnell abfällt, haben eine zarte und zerbrechliche, glänzende Schale, deren Poren von einem unbewaffneten Auge nicht wahrgenommen werden können, in frischem Zustande meist eine mehr oder weniger lebhafte gelbgrüne Grundfärbung, violettgraue oder mattgrünliche Unterflecke und braune, scharf begrenzte Pünktchen, sind aber bald größer, bald kleiner, überhaupt veränderlich gestaltet und so verschiedenartig gefärbt und gezeichnet wie bei keinem anderen Vogel, dessen Brutgeschäft man kennt. Jede, selbst die auffallendste Färbung der Eier ähnelt aber mehr oder weniger der Eifärbung derjenigen Vögel, in deren Nester jene gelegt werden, und deshalb ist je nach den verschiedenen Oertlichkeiten bald diese, bald jene Färbung vorherrschend. Jedes Weibchen legt nur ein Ei in dasselbe Nest und zwar in der Regel bloß dann, wenn sich bereits Eier des Pflegers in ihm befinden. Wahrscheinlich legt es auch bloß in die Nester ein und derselben Art und höchstens im Nothfalle in die anderer Vögel. Diese Thatsache hat zuerst Baldamus aufgeklärt und begründet, und ich habe sie deshalb auch fast mit seinen eigenen Worten gegeben.

Nach neuerlichen Beobachtungen trete ich den vorstehenden Sätzen im wesentlichen bei. Allerdings findet man in vielen Nestern Eier, welche von denen der Pflegeeltern abweichen, unter Umständen ihnen gar nicht ähnlich sind: sie rühren, wie ich annehmen zu dürfen glaube, von solchen Kukuksweibchen her, welche in ihrer Legenoth ein passendes Nest nicht zu finden vermochten und mit einem anderen vorlieb nehmen mußten. Vergleicht man die Eier nicht bloß mit denen sozusagen gezwungen gewählter Pflegeeltern, sondern mit denen aller kleinen Vögel überhaupt, welche in einer bestimmten Gegend zur Aufzucht der Jungen erwählt werden, so findet man sicher die Ähnlichkeit der Eier des Kukuks und irgend eines anderen Ziehvogels heraus. Dies hat schon vor nunmehr zwölf Jahren Päßler ausgesprochen. Auf seine reichen Erfahrungen gestützt, glaubt Päßler, daß das zuerst gelegte Ei eines Kukuks den Eiern der Nestinhaber ähnele, es jedoch, da das Kukuksweibchen in einem Jahre stets nur gleichgefärbte Eier hervorbringt, allerdings geschehen möge, daß es für dieselben nicht immer die passenden Pflegeeltern findet und somit auch in Nester von solchen Vögeln lege, deren Eier mit den seinigen nicht übereinstimmen. Daß ein und dasselbe Kukuksweibchen so viel als immer möglich die Nester einer Ziehvogelart erwählt, unterliegt kaum einem Zweifel, und es erscheint mindestens höchst wahrscheinlich, daß es solche aufsucht, in denen es selbst erwachsen ist. »Die Weibchen«, bemerkt Walter, »haben sich ihre Kinderstube von oben und unten, innen und außen betrachtet, als sie schon flugfähig waren und doch noch acht Tage im wohnlichen Neste blieben, haben auch ihre Pflegeeltern kennen und von anderen Vögeln unterscheiden gelernt. Denn in der letzten Woche ihres Verweilens im Neste hatte sich ihr Geist ebenso kräftig entwickelt wie ihr Körper, und diejenigen, welche beispielsweise glücklich einem Zaunkönigsneste entschlüpften, haben gewiß nicht Ursache, im nächsten Jahre einem anderen Vogel ihr Ei zu übergeben. Denn das wohnliche Häuschen des Zaunkönigs hatte sie sicher geschützt vor Sturm und Hagel, als zu Anfange des Juni das Unwetter losbrach, welches die ganze Umgegend verwüstete. Gegen den anprallenden Hagel zeigte sich das Häuschen bombenfest. Einer Bombe nicht unähnlich stand es am anderen Morgen da, als ich ringsum die Nester anderer Vögel vom Hagel zerschlagen, vom Sturme zerrissen auffand, und mein jüngst entdeckter junger Kukuk schaute äußerst vergnügt aus dem runden Fenster seiner Wohnung heraus.« Anderweitige Beobachtungen des genannten Berichterstatters lassen darauf schließen, daß dasselbe mehr oder weniger für alle übrigen Vögel gilt. So fand Walter unter sich gleichgefärbte Kukukseier nur in den Nestern des Uferschilfsängers, andere wiederum in denen des Sumpfrohrsängers und noch andere ausschließlich in denen der Gartengrasmücke, obgleich Nester von verwandten Arten überall sehr häufig waren. Ein und derselbe Kukuk scheint also genau zwischen verschiedenen Nestern zu unterscheiden, und gerade dies läßt die vorstehend gegebene Annahme glaublich erscheinen. Meine Beobachtungen über das Durchstreifen verschiedener Gebiete seitens eines Kukuksweibchens lassen den Schluß zu, daß dasselbe hauptsächlich aus dem Grunde ein so wesentlich von dem der Männchen verschiedenes, umherschweifendes Leben führt, um in jeder Beziehung passende Nester aufzusuchen. Sind die Bedingungen für die Fortpflanzung des Kukuks besonders günstige, finden auf einer und derselben Oertlichkeit viele Pflegeeltern der gleichen Art Nahrung und Herberge: so wird man bemerken, daß die Kukukseier im großen und ganzen in überraschender Weise sich ähneln. Und dennoch darf man mit aller Bestimmtheit behaupten, jedes Brutgebiet werde von vielen Kukuksweibchen durchstreift. Denn man findet nicht allzu selten mehrere, verschieden wie gleich gefärbte oder doch sehr ähnliche Kukukseier, deren Entwickelungszustand derselbe ist, auf einem engbegrenzten Gebiete, sogar zwei und selbst drei in einem Neste, welche offenbar von verschiedenen Weibchen herrühren. So fand Walter im Jahre 1876 an einem Tage vier durchaus frische Kukukseier auf einem Flächenraume, welcher den vierten Theil eines Hektar nicht übertraf, und schließt daraus ganz richtig, daß mindestens vier Kukuksweibchen hier verkehrt haben müssen. Ein Zusammenhang der Färbung dieser Eier mit der eines bestimmten Pflegevogels läßt sich nun zwar nicht in allen, aber doch in sehr vielen Fällen nachweisen, und es erscheint wenigstens nicht unmöglich, daß jedes Kukuksweibchen in der Regel Eier legt, welche in der Färbung denen seiner eigenen Zieheltern gleichen.

Noch bevor das Ei legereif geworden ist, fliegt das Weibchen aus, um Nester zu suchen. Hierbei wird es vom Männchen nicht begleitet; denn letzteres scheint sich überhaupt um seine Nachkommenschaft nicht zu bekümmern. Das Nestersuchen geschieht auf sehr verschiedene Weise, entweder während das Weibchen fliegt oder indem es in den Büschen umherklettert oder endlich indem es den Vogel, welchem es die Ehre der Pflegeelternschaft zugedacht hat, beim Nestbaue beobachtet. »Zweimal in diesem, einmal im vorigen Jahre«, erzählt Walter, »konnte ich das Kukuksweibchen beim Nestersuchen belauschen. Das erste Mal sah ich, versteckt am Wasser stehend, einen Kukuk vom jenseitigen Ufer vorüberkommen und diesseits in einer nicht hohen Schwarzpappel aufbäumen. Von dort flog er bald darauf in einen nächsten Weidenstrauch, schon im Fluge von einem Schilfsänger heftig verfolgt, so heftig, daß er durch seitliche Schwenkungen dem stoßähnlichen Anfliegen des Schilfsängers auszuweichen suchte. Mit Vergnügen sah ich den kecken Angriffen des kleinen Sängers zu, welcher auch nicht von seiner Verfolgung abließ, als der Kukuk den ersten, dann den zweiten Strauch durchschlüpfte. Fünf Minuten später erhob sich der Kukuk und suchte das weite. Jetzt durchforschte ich sorgfältig den ersten, dann den zweiten Weidenbusch und fand in letzterem ein Nest des Uferschilfsängers mit zwei Eiern. Nachdem ich das Ergebnis an Ort und Stelle niedergeschrieben hatte, setzte ich meinen Weg fort und suchte am folgenden Tage um neun Uhr Vormittags dieselbe Stelle wieder auf. Es lagen nun im Neste zwei Schilfsängereier und ein Kukuksei, auf dem unmittelbar vor dem Neste herabhängenden Grase lag oder hing ein an einer Längsseite eingedrücktes, also offenbar vom Kukuk herausgeworfenes Schilfsängerei. Meine zweite Beobachtung machte ich auf einer Wiese. Ich hatte auf einen Vogel meine Augen gerichtet, welcher im Grase Baustoffe aufnahm und damit tiefer in die Wiese flog. Als ich im Begriffe war, auf die Stelle, wo sich der Vogel niedergelassen hatte, loszuschreiten, kam mir ein Kukuk zuvor, welcher in ähnlichen Geschäften, wie ich, ausgegangen war, nämlich um Wiesenpiepernester zu suchen. Er steuerte aus dem nahen Walde in gerader Richtung der Stelle zu, welche den Wiesenpieper barg, rüttelte hier, wie ich solches bisher noch nicht beim Kukuke wahrgenommen hatte, wenige Meter hoch über der Wiese, ließ sich nieder, erhob sich aber sogleich wieder, um einige Schritte weiter von neuem zu rütteln. Hier flog gleich darauf der Wiesenpieper auf und der Kukuk auf die verlassene Stelle nieder. Er verweilte ein Weilchen im Grase und eilte dann wieder dem Walde zu. Mein Suchen nach einem Neste war zuerst ohne Erfolg. Als aber nach einer halben Stunde der Wiesenpieper noch einmal auf die vom Kukuk besuchte Stelle flog, fand ich durch schnelles Hinlaufen und dadurch, daß der Wiesenpieper dicht vor mir aufstieg, das ziemlich fertige, sehr versteckt stehende Nest. Leider erlaubten meine Geschäfte nicht, mich am nächsten oder dem darauf folgenden Tage wieder dorthin zu begeben, um mich von dem Vorhandensein eines Kukukseies überzeugen zu können. Das Auffinden dieses Nestes gelang dem Kukuk also mehr durch Beobachten als durch eigentliches Suchen.« Im Gegensatze zu seiner sonstigen Scheu kommt dieser bei dieser Gelegenheit sehr oft in unmittelbare Nähe der Wohnungen, ja selbst in das Innere der Gebäude, z. B. in Schuppen und Scheuern. Die Zeit des Legens ist nicht bestimmt. In den meisten Fällen mag sie allerdings in die Vormittagsstunden fallen; doch liegen auch bestimmte Beobachtungen vor, daß Kukuksweibchen erst des Nachmittags und gegen Abend ihre Eier absetzten. Erlaubt es der Standort oder die Bauart des Nestes, so setzt sich das legende Weibchen auf das Nest, ist dies nicht der Fall, so legt es sein Ei auf die Erde, nimmt es in den Schnabel und trägt es in diesem zu Neste. Für die letztere Angabe liegen verschiedene, unter sich im wesentlichen übereinstimmende Beobachtungen vor, unter anderen eine von Liebe. »Im Jahre 1871«, so theilt er mir mit, »sah ich an der bereits geschilderten, zum Beobachten trefflich geeigneten Stelle, wie ein Kukuksweibchen mit gesträubtem Gefieder am Boden saß, dann aufstand, etwas aufnahm und in einen benachbarten, von Schafen verbissenen Fichtenbusch trug. Dort stand, wie ich mich sofort überzeugte, ein Grasmückennest, und darin lag neben drei Sängereiern ein frisches, noch warmes Kukuksei. Offenbar hatte der Vogel am Boden gelegt und das Ei im Schnabel zu Neste getragen, obgleich er, da das Nest in einer Art natürlicher Nische stand, recht gut hätte hineinlegen können. Uebrigens war das Nest verlassen, und fand ich nach vierzehn Tagen die Eier noch unberührt und kalt vor.« Auch Adolf Müller hat mit bewaffnetem Auge deutlich gesehen, wie ein Kukuk in der Nähe eines Bachstelzennestes unter absonderlichem Gebaren, Nicken des Kopfes und Schlagen der Flügel und des Schwanzes auf einer kleinen Stelle umhertrippelte, mit einem Male zu zittern begann, die etwas ausgebreiteten Flügel senkte, eine Weile in niedergedrückter Stellung verharrte, sodann das währenddem gelegte Ei mit weit geöffnetem Schnabel bei etwas schief zu Boden geneigter Lage des Kopfes aufnahm und mit ähnlichen Kopfbewegungen wie zuvor dem Neste der Pflegeeltern zutrug. Daß das Kukuksweibchen sein Ei auf den Boden legt, wird durch eine anderweitige Beobachtung Liebe's bestätigt. »Im Jahre 1873«, bemerkt er ferner, »sah ich früh gegen halb sechs Uhr auf einem Steinhaufen der Straße einen großen Vogel sitzen, welcher die Federn so sträubte, daß ich ihn trotz des Fernglases nicht zu bestimmen vermochte. Als ich bis auf ungefähr hundertundfunfzig Schritte an ihn herangekommen war, strich er ab und erwies sich als ein Kukuksweibchen. Als ich zum Steinhaufen gelangte, lag auf einer Steinplatte ein zerbrochenes Kukuksei, welches eben gelegt sein mußte; denn von dem Ausflusse stieg noch ein leichter Dunst in die kalte Morgenluft empor.« Baldamus, zweifellos der gründlichste Kenner unseres Schmarotzers, hat gleichfalls, und zwar wiederholt, gesehen, daß das Weibchen seine Eier auf den Boden legt. Einmal geschah dies sogar in dem innern Hofe der Wohnung des niederländischen Oberjägermeisters Verster in Noorddijk bei Leiden. Ein Jäger fand den Kukuk in der Hofrinne, seiner Meinung nach, krank und sterbend, hob ihn auf und trug ihn in das Arbeitszimmer seines Herrn, welcher ihn in die Hand nahm. Nach einigen Minuten fühlt Verster etwas warmes in seiner Hand – das Ei des Kukuks, welcher nunmehr frisch und munter, vor Baldamus' und Versters Augen durch das offene Fenster entweicht. Baldamus besitzt das Ei, dessen Schale etwas eingeknickt ist, noch heute. Nicht allzu selten kommt es vor, daß das legebedürftige Kukuksweibchen in Höhlungen schlüpft, durch deren Eingang es sich nur mit genauer Noth zwängen kann: einzelne sind bei dieser Gelegenheit gefangen worden, weil sie sich nicht befreien konnten.

Nachdem die Alte das Ei gelegt hat, behält sie das Nest noch im Auge, kehrt wiederholt zu demselben zurück, und wirft Eier und selbst Junge, niemals aber ihre eigenen, aus dem Neste. Walter stellt diese Angaben in Abrede. »Der Kukuk«, sagt er, »ist als ein Nesträuber verschrieen, welcher nicht nur die Eier aus dem Neste wirft, sondern auch gelegentlich eines oder das andere verschlingt. Geht man der Sache auf den Grund, dann ist er gar nicht der Barbar, welcher er zu sein scheint. Er macht es nicht anders als die übrigen Vögel. Jeder Vogel dreht sich beim Nestbau im Kreise herum, um Unebenheiten niederzudrücken und das Nest zu runden, und thut dies noch kurz vor dem Legen. Ebenso verfährt der Kukuk. Die im Neste liegenden fremden Eier sind für ihn nur Unebenheiten, welche nicht in sein Nest gehören. Er dreht sich also darin im Kreise mit angedrücktem Leibe herum und wirft durch dieses Drehen die Eier heraus oder drückt sie in den Boden des Nestes, vorausgesetzt, daß er sich in letzterem überhaupt drehen kann. Geht dies nicht, so entfernt er die Eier mit dem Schnabel, ebenso wie andere Vögel das nicht ins Nest gehörige mit dem Schnabel herausnehmen würden. Nun zerbrechen die Eier der kleinen Vögel sehr leicht, und wenn dies dem Kukuk schon mit seinen eigenen Eiern beim Hineintragen ins Nest geschieht, so kommt dies noch leichter mit den zerbrechlichen, fremden Eiern vor, welche er ja überdies nicht zu schonen hat. Zerbricht ihm ein Ei, und kommt der Inhalt ihm in den Schnabel, so schluckt er es auch wohl hinunter.« Walter gibt nun eine Reihe von Belegen für seine Ansicht. Wie mehrere andere auch, hat er mehrfach bei Nestern, welche ein Kukuksei enthielten und sich durch losen und tiefen Unterbau auszeichneten, ein Ei des brütenden Vogels in den Boden des Nestes gedrückt gefunden, das Sichumwenden und Drehen des Kukuks wenigstens einmal beobachtet und ebenso gesehen, daß letzterer sein eigenes Ei beim Aufnehmen mit dem Schnabel zerbrach. Päßler und andere dagegen versichern, gesehen zu haben, daß das Kukuksweibchen jeden Tag ein Ei der Pflegeeltern aus dem Neste wirft und später auch noch die dem Eie entschlüpften Nestjungen wegträgt. Hierauf erwidert Walter sehr richtig, daß keine Nestjungen vorhanden sein oder ausgebrütet, also auch nicht weggetragen werden können, nachdem das Kukuksweibchen regelmäßig Tag für Tag das Nest besucht und die Eier entfernt hat, sowie ferner, daß, wenn der Kukuk wiederholt zum Neste zurückkehrt, um Eier zu stehlen, die Anzahl derselben abnehmen muß, was jedoch, wie die Erfahrung lehrt, keineswegs der Fall ist. »Noch nie«, sagt er, »habe ich bei späteren Besuchen des Nestes, welches ein Kukuksei enthielt, eine Abnahme der Nesteier bemerkt, oft aber eine Zunahme. Für gewöhnlich legen die Vögel nicht die volle Zahl der Eier, wenn der Kukuk sein Ei zuerst ins Nest gebracht hat, weil dieses ohnehin das letztere zu sehr ausfüllt. Ich habe aber doch jedes Jahr ein oder zwei volle Gelege gefunden. In der Regel legen sie nach dem Kukuksei, d. h. für den Fall, daß der Kukuk noch keine Nesteier vorfand, drei Eier hinzu und brüten dann.« Auch Baldamus, welchem meine Schilderung des Kukuks zur Prüfung vorgelegen hat, ist der Ansicht Walters, daß das Weibchen unseres Schmarotzers nicht täglich ein Ei des Pflegers aus dem Neste entfernt, dies mindestens nicht absichtlich thut; wohl aber, meint er, mag es infolge der steten Beunruhigung durch die Nesteigenthümer geschehen, daß ein oder einige Eier der letzteren verletzt und dann doch von dem Kukuksweibchen aus dem Neste geworfen werden. Bliebe ein zerbrochenes Ei im Neste zurück, so würde dies jedenfalls verlassen werden.

Bekundet sich nun schon hierein eine gewisse Fürsorge des Kukukweibchens seiner Nachkommenschaft gegenüber, so wird solche durch bestimmte Beobachtungen von Baldamus geradezu bewiesen. Wie dieser Naturforscher bereits in seinen »Vogelmärchen«, einem überaus anmuthenden Büchlein, erzählt hat, sind es namentlich zwei neuerdings gewonnene Beobachtungen, auf welche er dabei sich beruft. Gegen Ende Juni, abends sechs Uhr, befand sich Baldamus in der Nähe von Halle am linken Ufer der Saale, als er, durch eine alte Kopfweide gedeckt, vom rechten Ufer her, dicht über dem Wasser dahinfliegend, einen Kukuk nach dem dort steileren Lehmufer streichen und hier sich niederlassen sah. Baldamus merkte genau die Stelle, schlich sich hinter dem Ufergebüsch heran, beugte sich vorsichtig über und sah nun den Kukuk mit gesträubtem Gefieder und geschlossenen Augen, offenbar in schweren Wehen, dicht vor ihm auf einem Neste sitzen. Nach einigen Minuten glättete sich das Gefieder, der Vogel öffnete seine Augen, erblickte unmittelbar über sich ein Paar andere, erhob sich, strich nach dem jenseitigen Ufer zurück und verschwand im Ufergebüsche. In dem fertiggebauten Bachstelzenneste aber lag das noch ganz warme, durchsichtige, dem der Nesteigenthümer täuschend ähnliche Kukuksei. Nach kurzem Ueberlegen, ob das Ei zu behalten oder die äußerst günstige Gelegenheit zu weiteren Beobachtungen wahrzunehmen sei, siegte die letztere Erwägung. Baldamus legte das schöne Ei ins Nest zurück, verbarg sich so, daß er letzteres im Auge behielt und sah zu seiner Freude schon nach wenigen Minuten den Kukuk zurückkehren, das Ei mit dem Schnabel aus dem Neste nehmen und es auf das rechte Ufer hinübertragen. Nicht minder beweisend für die Sorge der Kukuksmütter zu Gunsten ihrer Nachkommenschaft, ist nachstehende Thatsache. Im Jahre 1867 befand sich Baldamus schon Ende Mai im Oberengadin, um neue Beobachtungen zu sammeln. Am sechsten Juni sagte ihm ein Forstaufseher in Silvaplana, daß er in einem Pieperneste einen eben ausgeschlüpften Kukuk gefunden habe, und daß das Nest, einige Schritte von einer Steinhütte am Fuße des Felskegels des Piz Monteratsch, auf einer kleinen, schneefreien, mit langem, vorjährigem Grase bestandenen Fläche sich befinde. Baldamus begab sich nach der bezeichneten Stelle, suchte vergeblich und ging nunmehr in besagte Hütte. Bald darauf aber flog, von einer tiefer stehenden Wettertanne kommend, ein Kukuk herbei und ließ sich auf der bezeichnten Grasstelle nieder. Mit Hilfe seines scharfen Fernglases sah unser Forscher nunmehr sehr deutlich, wie der Kukuk sich mit dem Kopfe wiederholt niederbeugte und sehr eifrig zu schaffen machte. Dann flog der Vogel wiederum nach der Wettertanne hinab zu dem Männchen, welches dort inzwischen unablässig gerufen hatte. Als Baldamus zu dem nunmehr verrathenen Neste ging, fand er einen höchstens vierundzwanzig Stunden alten Kukuk darin, drei Eier des Alpenpiepers aber unverletzt in der Nähe des Nestes und ein viertes unter demselben im Grase liegen. Alle Eier, aus denen die dem Ausschlüpfen sehr nahen Jungen geschnitten wurden, befinden sich als Belegstücke in Baldamus' Sammlung.

Nach solchen, jeden Zweifel ausschließenden Beobachtungen läßt sich die beregte Fürsorge der Kukuksmütter kaum noch bestreiten. Ob sie von dieser in allen Fällen geübt wird, ist eine andere Frage. So spricht es nicht für unbedingte Fürsorge des Vogels, daß er sein Ei in Nester legt, welche gar nicht zum Brüten bestimmt oder bereits verlassen worden sind. Fast alle mit Aufmerksamkeit beobachtenden Vogelkundigen haben Kukukseier in verlassenen oder unfertigen Nestern gefunden, so außer Liebe unter anderen auch Päßler in einem Neste des Steinschmätzers, welches von den Brutvögeln verlassen worden war, so Walter in den ganz unbrauchbaren, nur zum Schlafen bestimmten Nestern, welche sich der Zaunkönig außer seinen Brutnestern errichtet.

Die Fortpflanzungszeit des Kukuks währt, so lange er schreit, ist also nicht allein nach der in dem Jahre herrschenden Witterung, sondern auch nach Lage des Ortes verschieden, beginnt beispielsweise im Norden oder im Hochgebirge später, dauert dafür aber auch länger als im Süden oder in der Ebene. Auch die Fortpflanzung des Kukuks richtet sich wie das ganze Leben des Vogels nach dem Brutgeschäft der kleinen Vögel. Mit einiger Ueberraschung vernahm ich auf der Höhe des Riesengebirges noch Ende Juli den Kukuksruf, während derselbe sechs- oder achthundert Meter tiefer schon längst verklungen war. Aber oben auf der kahlen, nur mit Knieholz bedeckten Höhe beschäftigten sich die Wasserpieper noch mit ihrer zweiten Brut, und dies war Grund und Ursache genug für den Kukuk, der Höhe sich zuzuwenden, welche er in den Monaten vorher zwar nicht gänzlich gemieden, aber doch weit spärlicher besucht hatte als jetzt. Aus dieser Beobachtung wage ich zu folgern, daß der Kukuk erforderlichenfalls während seiner Legezeit wandert, um neue für ihn noch brauchbare Nester aufzusuchen.

Ueber die Zeitdauer, in welcher die auf einander folgenden Eier des Kukuks reifen, herrschen verschiedene Ansichten. Während die meisten diese Zeit auf sechs bis acht Tage schätzen, versichert Walter, von zwei Kukuken auf das bestimmteste erfahren zu haben, daß sie wenigstens zwei Eier in einer Woche lieferten, und belegt diese Behauptung durch Beobachtungen, welche beweiskräftig zu sein scheinen. Ebenso erfuhr derselbe Berichterstatter aber auch, daß ein Weibchen sechs Tage Zeit brauchte, um ein zweites Ei dem ersten folgen zu lassen, und schließt daraus, daß die Eierkundigen recht beobachtet haben, welche die Zwischenzeit auf sechs bis acht Tage angeben. Doch glaubt er, daß ein so langer Zeitraum von acht Tagen auf Erschöpfung deuten könnte, wie wir solche bei allen legenden Vögeln wahrnehmen. Ließe sich der Beweis führen, daß das Kukuksweibchen wirklich in je drei bis vier Tagen ein Ei lege, so würde sich ergeben, daß der Kukuk im Laufe seiner Fortpflanzungszeit eine außerordentlich erhebliche Anzahl von Eiern, zwanzig bis vierundzwanzig etwa, zur Welt bringe und darin allein eine befriedigende Erklärung für sein Nichtbrüten gefunden sein: denn so viele, vom ersten Tage ihres Lebens an freßgierige Junge könnte kein Vogelpaar aufatzen. Erwiesen aber ist, so viel auch dafür sprechen mag, eine so ungewöhnliche Vermehrungsfähigkeit noch nicht, und es erscheint somit auch die darauf begründete Erklärung des Nichtbrütens einstweilen als fraglich.

»Zu bewundern ist«, sagt Bechstein, »mit welchem großen Vergnügen die Vögel eine Kukuksmutter sich ihrem Neste nahen sehen. Anstatt daß sie dort ihre Eier verlassen, wenn ein Mensch oder sonstiges Geschöpf ihrem Neste zu nahe kommt, oder vor Betrübnis wie todt zur Erde niederfallen, so sind sie hier im Gegentheile ganz außer sich vor Freude. Das kleine Zaunkönigsmütterchen z. B., welches über seinen eigenen Eiern brütet, fliegt sogleich von denselben herab, wenn der Kukuk bei seinem Neste ankommt, und macht ihm Platz, damit er sein Ei um so bequemer einschieben könne. Es hüpft unterdessen um ihn herum und bewirkt durch sein frohes Locken, daß das Männchen auch herbeikommt und Theil an der Ehre und Freiheit nimmt, welche ihm dieser große Vogel macht.« An einer anderen Stelle fügt Bechstein vorstehendem noch folgendes hinzu. »Man könnte das Geschrei der kleinen Vögel, welches sie hören lassen, wenn sie einen Kukuk gewahr werden, nach dem, was ich alles von dem zwischen den eigentlichen Eltern, Pflegeeltern und ihm zur Erhaltung seiner Nachkommenschaft so unentbehrlichen Vögeln obwaltenden guten Einvernehmen gehört habe, vielmehr als ein Freudengeschrei betrachten, welches diese Vögel von sich geben. Vielleicht wollen sie ihn gar herbeilocken, um ihnen auch ein Junges zur Erziehung anzuvertrauen. Wer die Sprache der Vögel versteht, wird vielleicht diese Anmerkung begründeter und richtiger finden, als wenn man diese Töne für ein Angstgeschrei ausgeben wollte, welches die Täuschung hervorbrächte, weil sie den Kukuk wegen seiner Sperberschwingen und seines Sperberfluges beim ersten Anblick für einen Sperber hielten, welcher diesen kleinen Vögeln so fürchterlich ist.« Das klingt wunderschön, ist aber leider nicht wahr. Alle Vögel, denen die zweifelhafte Ehre zugedacht wird, Kukuke groß zu ziehen, bekunden im Gegentheile in nicht mißzudeutender Weise ihre Angst vor dem ihnen drohenden Unheile und bemühen sich nach allen Kräften, den Kukuk abzuwehren. Sie kennen den Gauch sehr wohl und irren sich in der Beurtheilung desselben durchaus nicht. Kein einziger von ihnen verwechselt ihn mit dem Sperber. Dies wird bei einigermaßen eingehender und vorurtheilsfreier Beobachtung auch dem blöderen und ungeübteren Auge ersichtlich. So gerne kleine Vögel Falken necken, mit so deutlichen Angst- und Lärmrufen einzelne von ihnen selbst den Sperber verfolgen, so verschieden benehmen sie sich hierbei im Vergleiche zu ihren Angriffen auf den Kukuk. Wie ich unzählige Male beobachtet habe, verfolgen sie den letzteren keineswegs bloß, wenn er fliegt, sondern auch dann, wenn er ruhig auf seinem Baume sitzt und ruft. Sie erscheinen, unzweifelhaft herbeigezogen durch den ihnen wohlbekannten Ruf, und stoßen fliegend auf den sitzenden herab, halten sich sogar, wie sie wohl Eulen, niemals aber Falken gegenüber thun, mit schwirrenden Flügelschlägen oder rüttelnd neben ihm in der Luft und führen so ihre Angriffe aus. Dies geschieht, im Vollbewußtsein der Sicherheit, mit so viel Keckheit und Ausdauer, daß der Kukuk nicht allein durch sie im Schreien gestört und gezwungen wird, seinen Ruf abzubrechen, sondern förmlich sich vertheidigen muß. Er thut dies, indem er unter Ausstoßung des beschriebenen heiseren, wie »Särr« klingenden Lautes nach ihnen beißt; seine Abwehr wird aber selten durch den erwünschten Erfolg gekrönt. Denn immer von neuem stoßen die kleinen Vögel auf den unwillkommenen Gesellen herab, und zuletzt zwingen sie ihn doch, seinen Standort zu verlassen, worauf dann die Jagd erst recht beginnt. Nähert sich der Kukuk aber einem Neste, so bekunden die Besitzer desselben durch Geschrei und Geberden, welche von niemand mißverstanden werden können, wie sehr besorgt sie sind um ihre gefährdete Brut. Der Kukuk liebt es auch gar nicht, in Gegenwart der Pflegeeltern sein Ei in deren Nest zu legen. Er kommt an »wie ein Dieb in der Nacht«, verrichtet sein Geschäft und fliegt eilig davon, sobald es vollendet. Auffallend bleibt es, daß dieselben Vögel, denen jede Störung ihres Nestes verhaßt ist, und welche infolge einer solchen aufhören zu brüten, das Kukuksei nicht aus dem Neste werfen, sondern im Brüten fortfahren. Sie hassen die Kukuksmutter, entziehen deren Ei oder Brut ihre Pflege aber nicht.

Der junge Kukuk entschlüpft dem Eie in einem äußerst hülflosen Zustande, »macht sich aber«, wie Naumann sagt, »an dem unförmlich dicken Kopfe mit den großen Augäpfeln sehr kenntlich. Er wächst anfangs schnell, und wenn erst Stoppeln aus der schwärzlichen Haut hervorkeimen, sieht er in der That häßlich aus. Mir wurde einige Male erzählt, daß man im zufälligen Vorübergehen und bei flüchtigem Ansehen geglaubt habe, es säße eine große Kröte im Neste.« Ein junger Kukuk, welchen Päßler fand, war drei Tage später noch einmal so groß und mit blauschwarzen Kielen und Stoppeln bedeckt, aber noch blind. Am elften Tage füllte er das ganze Nest aus, ja Kopf und Hals, sowie der Steiß ragten über den Rand des Nestes hinweg. Die Augen waren geöffnet. Er zeigte braune Flügeldeckfedern, blauschwarze Kiele mit dergleichen kurzen Federchen; unter dem Bauche war er ganz kahl. Am sechzehnten war er ausgeflogen. Die Entwickelung verläuft, wie leicht erklärlich, nicht bei allen Kukuken in derselben Weise. Der eine sitzt längere, der andere kürzere Zeit im Neste und der eine sieht auch vielleicht häßlicher aus als der andere; im allgemeinen aber sind die vorstehenden Angaben Naumanns und Päßlers vollkommen richtig. So unbehülflich der eben ausgekrochene Vogel auch ist, so freßlustig zeigt er sich. Er beansprucht mehr Nahrung als die Pflegeeltern beschaffen können, und er schnappt dieselbe, wenn wirklich noch Stiefgeschwister im Neste sind, diesen vor dem Schnabel weg, wirft sie auch, wenn sie nicht verhungern oder nicht durch seine Mutter entfernt oder umgebracht werden, schließlich aus dem Neste heraus. Hieraus erklärt sich, daß man immer nur einen einzigen bereits einigermaßen erwachsenen Kukuk im Neste findet. Von der Thatsache, daß der Gauch seine Stiefgeschwister absichtlich oder doch wirklich aus dem Neste wirft, hat sich Friderich durch zweckentsprechende Versuche überzeugen können. Der erste Fall betraf einen fast nackten jungen Kukuk, welcher höchstens drei Tage alt war. Ihm gesellte der Beobachter, weil jener bereits allein im Neste saß, achttägige Kanarienvögel. Der junge Kobold ruhte fortan nicht eher, als bis er einen durch heftiges Umdrehen und Unterschieben des Kopfes auf seinen Rücken gebracht hatte, richtete sich dann schnell und kräftig hoch auf, bewegte sich rückwärts und warf damit den eingelegten jungen Kanarienvogel hinaus. Genau ebenso verfuhr er mit den anderen. Anstatt junger Vögel nahm Friderich auch zusammengeknitterte Papierballen, legte sie in das Nest und konnte beobachten, wie diese ebenfalls über den Rand desselben geschleudert wurden. Spätere Versuche mit etwas älteren Kukuken ergaben immer dasselbe. Walter wiederholte und vervollständigte Friderichs Versuche. Er legte ein Ei in das Zaunkönigsnest, in welchem ein junger Kukuk saß: es wurde jedoch zu seiner Verwunderung ebenso wenig herausgeworfen wie Papierkugeln, welche er später beifügte. Als der Kukuk sieben Tage alt war, gesellte ihm Walter einen mehrere Tage jüngeren, noch nackten Neuntödter. »Sogleich kehrte sich der Kukuk, welcher bisher den Kopf nach dem Neste gerichtet hatte, um, schob seinen hinteren Theil unter den des Würgers und warf ihn sicher und geschickt zum Loche hinaus.« Wiederholte Versuche ergäben, daß die ins Nest gelegten Eier unbeachtet blieben, junge Vögel dagegen mit derselben Rücksichtslosigkeit hinausgeworfen wurden. Werden wirklich einmal zwei Kukuke in einem Neste ausgebrütet, so erleidet der schwächere dasselbe Schicksal wie sonst die Stiefgeschwister. Man mag dieses Verfahren als vererbte Selbstsucht oder mindestens doch als einen zur Erhaltung des Kukuks nothwendigen Naturtrieb bezeichnen: das Wort thut hierbei nichts zur Sache. Bemerkenswerth ist eine Beobachtung Brucklachers. Einen jungen, bereits gefiederten Kukuk setzte der genannte unmittelbar nach Empfang in die Ecke eines breiten Fenstergesimses, auf welchem schräg gegenüber ein Nest mit vier zwölf Tage alten, zur Zucht bestimmten Gimpeln sich befand. Der Kukuk verhielt sich einen halben Tag lang ganz ruhig in seiner Ecke und wurde dort auch gefüttert; plötzlich aber versuchte er, sich zu bewegen, watschelte vorwärts, wandte sich schnurgerade dem Gimpelneste zu, begann, dort angekommen, an demselben hinaufzuklettern, nahm auf dem Rande eine feste Stellung ein, arbeitete sich mit der Brust vor und bemächtigte sich trotz des Widerstandes der Eigenthümer nach etwa zweistündigem Arbeiten des Nestes wirklich. Hierbei führte er keine andere Bewegung aus, als mit fest an das Nest angelegter Brust und fächelnder Bewegung der Flügel die jungen Gimpel vor sich her auf die Seite zu drücken, bis diese auf dem Rande des Nestes angekommen waren und, obgleich sie sich hier noch eine Zeitlang hielten, nach und nach über Bord glitten. Nachdem der Kukuk das Nest glücklich erobert hatte, behauptete er sich in ihm. »So grob und unverzeihlich diese Handlung von ihm war«, schließt Brucklacher, »muß ich doch sagen, daß er die Eigenthümer in schönster Weise aus ihrer Behausung hinausförderte.«

Die Barmherzigkeit der kleinen Vögel, welche sich auch bei dieser Gelegenheit äußert, zeigt sich bei Auffütterung des Kukuks im hellsten Lichte. Mit rührendem Eifer tragen sie dem gefräßigen Unholde, welcher an Stelle der vernichteten eigenen Brut verblieb, Nahrung in Hülle und Fülle zu, bringen ihm Käferchen, Fliegen, Schnecken, Räupchen, Würmer und plagen sich vom Morgen bis zum Abend, ohne ihm den Mund zu stopfen und sein ewiges heiseres »Zis zisis« verstummen zu machen. Auch nach dem Ausfliegen folgen sie ihm noch tagelang; denn er achtet ihrer Führung nicht, sondern fliegt nach seinem Belieben umher, und die treuen Pfleger gehen ihm nach. Zuweilen kommt es vor, daß er nicht im Stande ist, sich durch die enge Oeffnung einer Baumhöhlung zu drängen; dann verweilen seine Pflegeeltern ihm zu Gefallen selbst bis in den Spätherbst und füttern ihn ununterbrochen. Man hat Bachstelzenweibchen beobachtet, welche noch ihre Pfleglinge fütterten, als schon alle Artgenossen die Wanderung nach dem Süden angetreten hatten. So weit aber, wie Bechstein es ausdehnt, geht es doch nicht. »Wenn er ausgeflogen ist, setzt er sich auf einen nahe stehenden Baum, streckt sich einige Male aus, zieht die Federn durch den Schnabel und läßt seine rauhe, schnarrende Stimme zum ersten Male hören. Sobald das rauhe, kreischende ›Girrke‹ nur einige Male in der Gegend erschollen ist, so kommen alle kleinen Vögel zusammengeflogen, das Rothkelchen, die Grasmücke, der Weidenzeisig, die Bastardnachtigall, die Braunelle, schwärmen um ihn herum, begrüßen ihn, besehen ihn von allen Seiten, freuen sich über ihn und tragen ihm alsbald aus allen Kräften zu. Er kann nicht genug den Schnabel öffnen, so häufig wird ihm Futter gebracht. Es ist ein großes Vergnügen zu sehen, wie jeder Vogel vor dem anderen den Vorzug haben will, gegen diesen unbekannten gefällig zu sein, und sowie er nun von einem Baume zum anderen verzieht, um sich im Fluge zu üben, so ziehen auch diese Vögel nach und ernähren ihn so lange, bis er ihrer Unterstützung entbehren kann.« Leider ist auch diese Behauptung Bechsteins nicht wahr. Mein Vater setzte einen jungen Kukuk, als er recht hungrig war, auf das Hausdach. Es liefen Bachstelzen und Hausrothschwänze auf dem Dache herum: sie besahen ihn, brachten ihm aber nichts zu fressen. Ein anderer junger Kukuk wurde auf demselben Dache ausgesetzt und spärlich gefüttert, so daß er immer schrie. Aber kein Sänger, keine Bachstelze erbarmte sich seiner. »Um meiner Sache gewiß zu werden«, sagt mein Vater, »nahm ich ihn von meinem Dache herab und trug ihn hinaus in ein Thal, wo es in dem Gebüsche viele Sänger giebt. Hier setzte ich ihn auf einen Baumast, ohne ihn anzubinden; denn er konnte nur wenig fliegen. Ich wartete lange, während der Kukuk aus vollem Halse schrie. Endlich kam ein Laubsänger, welcher nicht weit davon Junge hatte, mit einem Kerbthiere im Schnabel, flog auf den Kukuk zu, besah ihn – und brachte das Futter seinen Jungen. Ein anderer Sänger näherte sich ihm nicht.« Schade um die hübschen Geschichten von Bechstein!

Junge, dem Neste entnommene Kukuke lassen sich leicht auffüttern, nehmen auch mit jeder geeigneten Nahrung vorlieb und verlangen nur eine genügende Menge derselben. Angenehme Stubenvögel aber sind sie nicht. Ihre Gefräßigkeit verleidet dem Pfleger alle Freude an ihnen. In frühester Jugend dem Neste entnommene Vögel werden sehr bald zahm, ältere wehren sich aus Angst gegen den ihnen nahenden Menschen, erheben die Flügel wie Raubvögel und beißen auch wohl mit dem Schnabel nach der Nahrung spendenden Hand. Bechstein und nach ihm andere Beobachter bezeichnen deshalb den jungen Kukuk als einen sehr boshaften Vogel, thun ihm hierin jedoch entschiedenes Unrecht an. »Er sperrt freilich den Schnabel auf«, sagt mein Vater sehr richtig, »und schnellt den Kopf vor, dies thut er aber nur, um den Feind zurückzuscheuchen oder auch, wenn er hungrig ist, und das ist er immer.« Ich meinestheils muß behaupten, daß diejenigen Kukuke, welche ich gefangen hielt, nicht im geringsten boshaft waren; ja, ich muß hier ausdrücklich wiederholen, daß ich auch von der Unverträglichkeit anderen Vögeln gegenüber, von welcher Naumann spricht, nichts beobachten konnte. Meine Gefangenen lebten mit Papageien, Kernbeißern, Kardinälen, Alpen- und Kalanderlerchen, Wiedehopfen, verschiedenen Sängern, Helmvögeln, Flaumfußtauben etc. zusammen, waren auch eine Zeitlang in einem und demselben Käfige mit kleinen westafrikanischen Finken, haben aber, so weit wir erfahren konnten, nicht einen einzigen von ihnen behelligt. Selbst alt eingefangene Kukuke werden zuweilen sehr rasch zahm. Ein Weibchen, welches Dehne fing, kam schon am dritten Tage seinem Pfleger entgegen, wenn dieser ihm Nahrung reichte. Bemerkenswerth ist, daß der gefangene Kukuk im Käfige nicht schreit. Von allen, welche ich pflegte, und es waren derer eine keineswegs unbeträchtliche Anzahl, ließ nicht ein einziger einen Laut vernehmen; ich kenne überhaupt nur eine, ebenfalls von Brucklacher herrührende Angabe des Gegentheils. Doch bemerkt auch dieser Beobachter, daß sein zahmer Kukuk immer nur einmal, also nicht wiederholt nach einander, den bezeichnenden Ruf habe erschallen lassen.

Der erwachsene Kukuk hat wenig Feinde. Seine Fluggewandtheit sichert ihn vor der Nachstellung der meisten Falken, und den kletternden Raubthieren entgeht er wahrscheinlich immer. Zu leiden hat er von den Neckereien des Kleingeflügels, und nicht allein von jenen Arten, denen er regelmäßig seine Brut anvertraut, sondern auch von anderen. In erster Reihe machen sich hier, wie zu erwarten, die muthigen Bachstelzen mit ihm zu schaffen. Alle drei bei uns einheimische Arten verfolgen ihn in der angegebenen Weise, sowie er sich sehen läßt. Außer ihnen habe ich den Pirol, unsere Würger, den großen Fliegenfänger, Laubsänger, die Bastardnachtigall und endlich Grasmücken auf ihn stoßen sehen. Nach Walters Beobachtungen behelligt ihn selbst der Grünspecht und jedenfalls viel ernstlicher als die vorher genannten Vögel. Der stürmische Flieger holt den flüchtenden Kukuk bald ein und ängstigt ihn so, daß er zuletzt vor Angst kaum weiß, was er beginnen soll. Ein von dem Grünspechte gejagter Kukuk, welchen Walter beobachtete, benutzte den einzigen auf seinem Wege sich findenden Baum, um in den dünnen Zweigen der Krone sich zu decken. Aber auch der Specht kletterte ihm hier nach und trieb den Kukuk von neuem in die Flucht, dem höchstens noch funfzig Schritte von jenem Baume entfernten Walde zu. Schon nachdem er eine Entfernung von etwa zwanzig Schritten zurückgelegt hatte, wurde er wieder eingeholt und so scharf gedrängt und gestoßen, daß er seiner Gewohnheit zuwider auf das kahle Feld niederflog. Aber auch hierhin folgte der Grünspecht, und Walter, welcher leider durch Dorngebüsch verhindert wurde, genau beobachten zu können, sah jetzt nur noch einen Ballen an der Erde. Als er den Dornbusch umlaufen hatte, waren beide Vögel verschwunden. Abgesehen von solchen Gegnern und verschiedenen ihn plagenden Schmarotzern hat der ausgewachsene Kukuk von den fluggewandten Raubvögeln zu leiden, jedoch weniger, als man von vorn herein annehmen möchte. Dagegen ist er, so lange er sich noch im Neste befindet, vielen Feinden ausgesetzt. Füchse, Katzen, Marder, Wiesel, Mäuse, Raben, Heher und andere Nestplünderer entdecken den großen Gesellen noch leichter als die rechtmäßige Brut eines solchen Nestes und nehmen ihn als gute Beute mit. Auch der Mensch gesellt sich hier und da aus Unkenntnis und Wahn zu den genannten Feinden. Nach der Auffassung des Volkes verwandelt sich der Kukuk im Winter in einen Sperber, und solchen zu vertilgen erscheint eher als Verdienst denn als Vergehen. Erst wenn der Gauch glücklich dem Neste entronnen und selbständig geworden ist, führt er ein ziemlich gesichertes Dasein. Vor dem Menschen nimmt er sich jetzt in der Regel wohl in Acht, und dem, welcher seine Stimme nicht genau nachzuahmen versteht, wird es schwer, einen Kukuk zu berücken. Noch schwieriger ist es, einen erwachsenen Kukuk lebend in seine Gewalt zu bekommen. Mir ist keine einzige Fangart bekannt, welche sicher zum Ziele führt. Gleichwohl muß es solche geben; denn in Griechenland, woselbst man den Kukuk verspeist und als Leckerbissen betrachtet, bringt man gegen Ende des Juli fette Vögel auf den Markt, welche wahrscheinlich doch gefangen wurden.

Ich thue recht, wenn ich den Kukuk der allgemeinsten Schonung empfehle. Er darf dem Walde nicht fehlen, denn er trägt nicht bloß zu dessen Belebung, sondern auch zu dessen Erhaltung bei. Das Gefühl will uns glauben machen, daß der Frühling erst mit dem Kukuksrufe im Walde einzieht; der Verstand sagt uns, daß dieser klangvolle Ruf noch eine ganz andere, wichtigere Bedeutung hat. »Welches Menschenherz, wenn es nicht in schmählichster Selbstsucht verschrumpft ist«, sagt Eugen von Homeyer, »fühlt sich nicht gehoben, wenn der erste Ruf des Kukuks im Frühlinge ertönt? Jung und alt, arm und reich lauschen mit gleichem Wohlbehagen seiner klangvollen Stimme. Könnte man dem Kukuk auch nur nachsagen, der rechte Verkündiger des Frühlings zu sein, so wäre er dadurch allein des menschlichen Schutzes würdig. Er ist aber noch der wesentlichste Vertilger vieler schädlichen Kerbthiere, welche außer ihm keine oder wenige Feinde haben.« Der Kukuksruf bezeichnet den Einzug eines der treuesten unserer Waldhüter. Kerbthiere aller Art und nur ausnahmsweise Beeren bilden die Nahrung des Vogels; er vertilgt auch solche, welche gegen andere Feinde gewappnet sind: haarige Raupen. Glatte und mittelgroße Raupen zieht er, nach Liebe's Beobachtungen, den behaarten und großen allerdings vor; bei seiner unersättlichen Freßlust kommt er eben selten dazu, sehr wählerisch zu sein. »Er verzehrt daher langhaariges Ungeziefer in der Regel ohne Zaudern, verwendet aber auf die jedesmalige Zubereitung des Bissens viele Mühe und Zeit. Wie verschiedene andere Kerbthierfresser läßt er die Raupen unter fortwährendem Beißen sehr geschickt vorwärts und rückwärts quer durch den Schnabel laufen, um den Bissen bequemer schlucken zu können. Größere Raupen schleudert er in so eigentümlicher Art, daß man die Bewegung dabei auf den ersten Blick hin steif und unbeholfen nennen möchte. Diese Art ist aber durchaus zweckmäßig. Er streckt den Kopf wagerecht weit vor, faßt die Raupe am Ende und schlägt sie nicht etwa gegen den Boden oder den Ast, auf welchem er sitzt, sondern führt Lufthiebe mit ihr, indem er mit dem Schnabel eine Linie beschreibt, die genau der entspricht, welche die Hand beim Rechts- und Linksklatschen mit der Peitsche beschreibt. Damit bezweckt er nicht allein vollständige Streckung und Tödtung der Raupe, sondern auch Beseitigung des wässerigen Inhaltes. Bei dem gefangenen Kukuk verleidet einem diese Vornahme das allzunahe Beobachten; denn der Vogel schleudert einem die Blutflüssigkeit auf Gesicht und Kleider. Sich selbst aber beschmutzt er damit nicht im geringsten, da er den Kopf zu geschickt hält und bewegt. Wohl zehn bis funfzehn Mal läßt er die Raupe durch den Schnabel gleiten und schlägt mit ihr solche Lufthiebe, bevor er sie verschlingt.« Trotz dieser sorgfältigen und zeitraubenden Zubereitung frißt er verhältnismäßig viel und wird dadurch sehr nützlich. Daß es gerade unter den behaarten Raupen abscheuliche Waldverderber gibt, ist bekannt genug, daß sie sich oft in entsetzlicher Weise vermehren, ebenfalls. Ihnen gegenüber leistet der verschrieene Gauch großes, unerreichbares. Sein unersättlicher Magen gereicht dem Walde zur Wohlthat, seine Gefräßigkeit ihm selbst zur größten Zierde, mindestens in den Augen des verständigen Forstmannes. Der Kukuk leistet in der Vertilgung des schädlichen Gewürmes mehr, als der Mensch vermag. Eine Beobachtung Eugen von Homeyers mag dies beweisen.

Zu Anfang Juli des Jahres 1848 zeigten sich in einem etwa dreißig Magdeburger Morgen großen Kieferngehölze mehrere Kukuke. Als Homeyer nach einigen Tagen wieder nachsah, hatte sich die Zahl der Vögel so auffallend vermehrt, daß dieses Ereignis seine lebhafteste Theilnahme in Anspruch nahm. Es mochten, einer ungefähren Schätzung nach, etwa hundert Kukuke durch das Gehölz vertheilt sein. Der Grund dieser ungewöhnlichen Anhäufung wurde alsbald klar, da die kleine Kieferraupe ( Liparis monacha) in großer Anzahl das Wäldchen heimsuchte. Die Kukuke fanden Ueberfluß an Nahrung und unterbrachen ihren Zug, welcher eben begonnen hatte, um die versprechende Oertlichkeit auszunutzen. Jeder einzelne war eifrig bemüht, sein Futter zu suchen: ein Vogel mochte oft in der Minute mehr als zehn Raupen verschlingen. »Rechnet man nun«, sagt Homeyer wörtlich, »auf jeden Vogel in der Minute nur zwei Raupen, so macht dies auf einhundert Vögel täglich, den Tag (im Juli) zu sechzehn Stunden gerechnet, einhundertzweiundneunzigtausend Raupen, in funfzehn Tagen – so lange währte der Aufenthalt der Kukuke in Massen – zwei Millionen achthundertachtzigtausend Raupen. Es war aber eine sichtbare Abnahme der Raupen unverkennbar; ja, man war versucht, zu behaupten, die Kukuke hätten dieselben vertilgt, da späterhin wirklich keine Spur von ihnen übrig blieb.«

Diese Beobachtung des trefflichen Forschers steht keineswegs vereinzelt da. Wer im Sommer in einem vom Raupenfraße heimgesuchten Walde verständig beobachtet, wird immer finden, daß die jetzt nicht mit der Fortpflanzung beschäftigten Kukuke von nah und fern herbeieilen, um an so reich gedeckter Tafel ihrer kaum zu stillenden Freßlust Genüge zu leisten. Wenn die Raupenpest einmal ausgebrochen ist, vermögen freilich auch die Kukuke ihr nicht mehr zu steuern; sie aber einzudämmen, zu mindern, vielleicht gar nicht zum Ausbruche gelangen zu lassen, das vermögen sie wohl. Und darum ist es die Pflicht jedes vernünftigen Menschen, dem Walde seinen Hüter, uns den Herold des Frühlings zu lassen, ihn zu schützen und zu pflegen, so viel wir dies im Stande sind, und blindem Wahne, daß dieser Vogel uns jemals Schaden bringen könnte, entgegenzutreten, wo, wann und gegen wen immer es sei.


Anfangs dieses Jahrhunderts wurde der Kaufmann Müller zu Lübben im Spreethale benachrichtigt, daß in der Nähe seines Wohnortes in einem sumpfigen Buschholze zwei ganz absonderliche Vögel umherflögen. Der Mann begab sich mit seinem Gewehre nach der betreffenden Stelle und erkannte, daß die ihm gewordene Mittheilung richtig war. Er fand zwei außerordentlich flüchtige, kukuksartige Vögel, welche beständig von einem Baume zum anderen flogen und dabei stark schrieen. Das Geschrei hatte mit dem unseres Kukuks keine Ähnlichkeit, sondern glich eher dem lachenden Rufe des Spechtes. Mit Mühe gelang es dem Jäger, einen zu erlegen. Der andere wurde nach dem Schusse, welcher seinen Gefährten zu Boden gestreckt hatte, noch viel scheuer und konnte, allen Bemühungen zum Trotze, nicht erbeutet werden. Der erlegte kam später in die Sammlung meines Vaters und wurde von diesem unter dem Namen Langschwanzkukuk beschrieben. Später stellte sich freilich heraus, daß dieser Fremdling den Vogelkundigen schon durch Linné bekannt gemacht und mit dem Namen Cuculus glandarius belegt worden war; jedenfalls aber war mein Vater der erste, welcher über das Vorkommen dieses Vogels in Deutschland Kunde gab, und es ist wenigstens ein merkwürdiges Zusammentreffen, daß mir, dem Sohne, beschieden war, die Forscher zuerst über das Brutgeschäft desselben Vogels aufzuklären.

Die Heherkukuke ( Coccystes) kennzeichnen sich durch gestreckten Leib, fast kopflangen, an der Wurzel dicken und merklich breiten, an den Seiten stark zusammengedrückten, gebogenen Schnabel, starke und verhältnismäßig lange Füße, welche vorn bis unter das Fersengelenk herab befiedert, hinten aber ganz von Federn entblößt sind, mittellange Flügel, in denen die dritte Schwinge die längste ist, mehr als körperlangen, keilförmigen, schmalfederigen Schwanz, dessen äußerste Federn etwa halb so lang als die mittelsten sind, und glatt anliegendes, auf dem Kopfe aber haubiges Gefieder, welches beiden Geschlechtern gemeinsam, nach dem Alter jedoch etwas verschieden ist. Gloger, welcher die Sippe aufstellte, rechnet zu ihr noch viele andere Kukuksvögel, in denen man gegenwärtig nicht mehr die nächsten Verwandten des Heherkukuks erkennt. Demungeachtet gehört die Abtheilung immer noch zu den zahlreicheren der Familie und ist namentlich in Afrika mehrfach vertreten.


Der Straußkukuk, wie wir ihn nennen wollen ( Coccystes glandarius,Cuculus glandarius, macrurus, piranus, phaiopterus, gracilis und Andalusiae, Oxylophus und Edolius glandarius), ist auf dem Kopfe aschgrau, auf dem Rücken graubraun, auf der Unterseite graulichweiß; Kehle, Seitenhals und Vorderbrust sind röthlichfahlgelb; die Flügeldeckfedern und die Armschwingen enden mit großen, breiten, dreieckigen, weißen Flecken. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel purpurhornfarben, unten lichter, der Fuß graugrünlich. Die Länge beträgt ungefähr 40, die Fittiglänge 21, die Schwanzlänge 22,5 Centimeter. Genauere Maße kann ich leider nicht geben, obgleich ich mehrere Paare sorgfältig gemessen habe.

siehe Bildunterschrift

Straußkukuk ( Coccystes glandarius). ⅜ natürl. Größe.

Als das eigentliche Vaterland des Straußkukuks ist Afrika anzusehen. In Egypten und Nubien ist er stellenweise häufig, in dem benachbarten Arabien und Palästina wenigstens nicht selten, in Persien in einzelnen Jahren überaus zahlreich, in anderen auffallend spärlich vertreten, in Algerien findet er sich ebenfalls, und von hier aus streift er mehr oder weniger regelmäßig nach Europa herüber. In Spanien ist er Brutvogel, in Griechenland scheint er seltener und nach den bisherigen Beobachtungen nur zufällig vorzukommen, in Italien hat man ihn ebenfalls öfter beobachtet. Wahrscheinlich wird er in ganz Südeuropa an geeigneten Stellen fast alljährlich bemerkt; wenigstens erschien er nach meinen Erfahrungen während der Zugzeit regelmäßig bei Alexandrien, wo man ihn sonst nicht antrifft. Nach Deutschland verfliegt er sich wohl sehr selten; doch ist, außer dem mitgetheilten, wenigstens noch ein Fall bekannt, daß er hier erlegt wurde. Seine Winterreise dehnt er bis in die Urwälder Mittelafrikas aus: ich habe ihn dort wiederholt erlegt und für einen Zugvogel gehalten. Uebrigens wandern unzweifelhaft nur die in Europa ansässigen so weit nach Süden hinab; denn die in Egypten wohnenden verlassen ihr Vaterland in den unserem Winter entsprechenden Monaten nicht.

In Egypten bevorzugt der Straußkukuk ganz entschieden kleine Mimosenhaine, wie solche hier und da im Nilthale sich finden. Ein Wäldchen, welches man in einer Viertelstunde umgeht, kann unter Umständen acht bis zehn Paare, mindestens Männchen, beherbergen, während man sonst viele Kilometer durchreist und bezüglich durchjagt, ohne einen einzigen zu bemerken. In Palästina, wo der Straußkukuk vielleicht ebenso häufig vorkommt wie in Egypten, bewohnt er, laut Tristram, dünn bestandene Waldungen, besonders solche der Eiche, erscheint in ihnen nicht vor Ausgang Februar und verläßt sie mit Bestimmtheit um die Mitte des Herbst wieder. Aehnliche Oertlichkeiten sind es auch, welche ihm in Spanien Herberge geben, wogegen er im Inneren Afrikas, nach Heuglin namentlich am Gazellenflusse, weite grasreiche Ebenen und Weidelandschaften, welche mit lichtem, niedrigem Gebüsche bestanden sind, zu bewohnen pflegt. Die Wüste und höhere Gebirge meidet der Straußkukuk aus leicht erklärlichen Gründen, und auch in der baumlosen Steppe fühlt er sich nicht heimisch. Im Gegensatze zu unserem Kukuke begegnet man ihm selten einzeln. Ob die Paarungszeit auf sein geselliges Verhalten irgendwelchen Einfluß ausübt, vermag ich nicht zu sagen; ich kann bloß angeben, daß wir gerade während der Brutzeit die Straußkukuke in Gesellschaft, jedoch nicht auch in Frieden zusammen antrafen. Allen, welcher nach mir Egypten bereiste, sagt, daß man den Vogel gewöhnlich paarweise finde, und auch Heuglin gibt an, daß er nur einzeln getroffen werde, während ich behaupten muß, daß das häufigere Zusammensein die Regel, das vereinzelte Vorkommen die Ausnahme ist.

In seinem Wesen und Betragen hat der Straußkukuk mit seinem deutschen Verwandten wenig gemein. Der Flug ähnelt zwar dem des letzteren einigermaßen; im übrigen unterscheidet sich der Vogel wesentlich von ihm. Auch er ist flüchtig, läßt sich jedoch, wie bemerkt, an ein viel kleineres Gebiet fesseln; auch er ist unstät, kehrt aber doch viel öfter zu denselben Plätzen zurück als jener; auch er ist eifersüchtig, allein doch nicht entfernt in demselben Grade wie der blind wüthende Kukuk, welcher sich, wie wir gesehen, von dieser Leidenschaft so vollständig beherrschen läßt, daß er sich wie sinnlos geberdet. Daß die verliebten Männchen sich ebenfalls heftig verfolgen, dabei lebhaft schreien und miteinander kämpfen, ist selbstverständlich; es geschieht dies aber wenigstens in einer viel anständigeren Weise als beim Kukuk.

Der Flug des Straußkukuks ist pfeilgeschwind und ungemein geschickt; denn der Vogel eilt mit der Gewandtheit des Sperbers durch das geschlossenste Dickicht, ohne einen Augenblick anzuhalten. Gewöhnlich fliegt er nicht gerade weit, sondern immer nur von einem Baume zum anderen; nur wenn zwei Männchen sich jagen, durchmessen sie ausgedehntere Strecken. Zum Boden herab kommt er wohl äußerst selten; ich meinestheils habe ihn wenigstens nie hier gesehen, aber beobachtet, daß er fliegend von unten Kerbthiere aufnahm. Er fliegt, wenn er aufgescheucht wurde, einem Baume zu, dringt in das Innere der Krone und wartet hier die Ankunft des Verfolgers ab. Merkt er Gefahr, so stiehlt er sich unbemerkt zwischen den Zweigen hindurch, verläßt den Baum von der entgegengesetzten Seite und wendet sich einem anderen zu. In dieser Weise kann er den Schützen oft lange foppen. Die Stimme, von der unseres Kukuks durchaus verschieden, ist ein lachendes, elsterartiges Geschrei, welches Allen durch »Kiau kiau« wiederzugeben versucht. Der Warnungsruf, welchen ich übrigens nicht vernommen habe, soll wie »Kerk kerk« klingen. Der gewöhnliche Stimmlaut wird regelmäßig so oft nacheinander und so laut ausgestoßen, daß er mit keinem anderen Vogelschrei verwechselt und auf weithin vernommen werden kann.

Im Magen der von uns erlegten fanden wir Kerbthiere aller Art, auch Raupen, Allen und seine Begleiter hingegen vorzugsweise Heuschrecken. Heuglin bezeichnet Schmetterlinge, Raupen, Spinnen, Heuschrecken und Käfer als die gewöhnliche Beute des Vogels und bemerkt, daß ebenso, wie bei unserem Kukuke, sein Magen nicht selten dicht mit Raupenhaaren gespickt ist.

Die Frage, ob der Straußkukuk selbst niste oder seine Eier anderen Vögeln zur Pflege übergebe, war insofern von besonderer Wichtigkeit, als sie entschied, ob der Vogel zu den eigentlichen Kukuken gerechnet werden dürfe oder nicht. Es lag mir deshalb sehr viel daran, hierüber ins klare zu kommen; aber ich konnte trotz meines mehrjährigen Aufenthaltes in Afrika lange nichts sicheres erfahren. Am fünften März 1850 endlich gewannen wir den ersten Anhaltspunkt für fernere Forschungen. Wir erlegten in einem Mimosenwäldchen bei Siut sieben Straußkukuke und unter ihnen ein Weibchen, welches ein reifes Ei im Legschlauche trug. Dasselbe war leider durch den Schuß zertrümmert worden, und so konnten wir bloß Splitter untersuchen; aber auch diese waren hinreichend, um zu erkennen, daß das Ei von dem unseres Kukuks sehr verschieden sein müsse. Das wichtigste war, einstweilen die Brutzeit des Vogels zu wissen, da diese in Afrika nicht an bestimmte Monate gebunden ist. Trotzdem verstrichen noch zwei Jahre, ehe es mir gelang, über das Fortpflanzungsgeschäft ins reine zu kommen.

Am zweiten März 1852 verfolgte ich in einem Garten bei Theben in Oberegypten längere Zeit einen Straußkukuk. Er neckte mich in beliebter Weise und zog mich wohl eine halbe Stunde lang hinter sich her. Zuletzt sah ich ihn in ein großes Nest schlüpfen, welches auf einem nicht besonders hohen Baume stand. Es versteht sich von selbst, daß ich von jetzt an nicht daran dachte, den Vogel zu stören. Nach mehr als einer Viertelstunde flog er wieder aus dem Neste heraus und entfernte sich sofort aus der Umgebung. Ich erstieg den Baum und fand, daß das Nest der Nebelkrähe angehörte, im ganzen sechs Eier enthielt, darunter aber eins, welches vor wenigen Minuten erst zertrümmert worden war. Unter diesen Eiern unterschied ich auf den ersten Blick zwei kleinere, den Kräheneiern an Größe und Farbe zwar nahe stehende, aber doch mit ihnen nie zu verwechselnde Eier eines anderen Vogels. Sie wurden ausgehoben, mit einer gewissen Aengstlichkeit der Barke zugetragen und dort mit den sorgfältig aufbewahrten Trümmern des ersten Kukukseies verglichen. Zu meiner großen Freude fand ich, daß sie mit ihm vollkommen übereinstimmten. In der Größe glichen sie ungefähr den Elstereiern, in der Form aber anderen Kukukseiern. »Ihre Farbe ist«, wie Baedecker beschreibt, »ein lichtes Bläulichgrün, ihre Zeichnung aschgrau und bräunlichgrau in dicht gestellten Flecken, welche am stumpfen Ende sich zu einem mehr oder weniger geschlossenen Kranze vereinigen. Auf dieser Grundzeichnung stehen noch einige dunkelbraune Punkte. Mit Krähen- und Elstereiern sind sie kaum zu vergleichen, viel weniger zu verwechseln; denn ihre Form, die Körnung der Schalenoberfläche, ihre Fleckenzeichnung, selbst die grünliche Grundfärbung fallen aufs erste Ansehen und Berühren ganz anders ins Auge und ins Gefühl.«

Meine Entdeckung wäre nun schon hinreichend gewesen, um die Art und Weise der Fortpflanzung der Kukuke zu bestimmen; ich gewann aber glücklicherweise am zwölften März noch eine zweite Beobachtung, welche der ersteren bedeutendes Gewicht verlieh. In einem Dorfgarten, welcher, wie in Egypten überhaupt gewöhnlich, dicht mit Bäumen bepflanzt war, wurde ich durch das helltönende, mißlautende Geschrei des alten Kukuks, »Kiekkiek, kiek, kiek« zur Jagd aufgefordert. Ich erlegte beide Eltern, bemerkte aber bald darauf noch einen Straußkukuk und zwar einen noch nicht vollständig entwickelten Jungen, welcher – von zwei Nebelkrähen gefüttert und vertheidigt wurde. Von nun an ließ ich alle Krähennester untersuchen und war wirklich so glücklich, in einem derselben am neunzehnten März noch ein Kukuksei zu finden.

Es nahm mich kaum Wunder, daß diese Beobachtungen, welche ich fast mit vorstehenden Worten veröffentlichte, bezweifelt und bemäkelt wurden; wohl aber entrüstete es mich, daß man sich nicht entblödete, die wahrheitsgetreu gegebenen Thatsachen als »Ansichten, welche ich triftig zu unterstützen versucht habe«, hinzustellen, und zwar auf das bedeutungslose Geschwätz eines syrischen Knaben hin. Glücklicherweise hatte ich inzwischen eine weitere Bestätigung jener »Ansichten« erhalten. Bald nach meiner Ankunft in Madrid war ich selbstverständlich mit allen Thierkundigen der Hauptstadt bekannt geworden, und in ihren Kreisen wurde gelegentlich über dieses und jenes Thier gesprochen. Da fragte mich eines Tages ein recht eifriger Sammler, ob ich wohl auch den Straußkukuk kenne. Ich mußte bejahen. »Aber wissen Sie auch etwas über das Brutgeschäft dieses Vogels?« Ich bejahte abermals. »Señor, das ist unmöglich; denn ich bin der erste, welcher hierüber etwas erfahren hat. Was wissen Sie?« Ich war hinlänglich mit der Vogelwelt Spaniens vertraut, als daß ich nicht mit größter Wahrscheinlichkeit die Zieheltern der Straußkukuke hätte angeben können. Die Saatkrähe kommt bloß auf dem Zuge in Mittelspanien vor, und Raben und Nebelkrähe fehlen gänzlich. Es blieb, wenn ich von dem in Egypten beobachteten folgern wollte, nur unsere Elster als wahrscheinliche Erzieherin noch übrig, und ich nahm keinen Anstand, sie mit einer gewissen Bestimmtheit als die Pflegemutter der jungen Straußkukuke zu nennen. »Sie haben recht«, antwortete mein Freund, »aber woher wissen Sie das?« Nun theilte ich ihm meine Beobachtungen mit, und er gab mir dafür einen kurzen Bericht von seiner Entdeckung.

Aufmerksam gemacht durch etwas verschiedene, namentlich kleinere Eier im Neste der Elster, hatte er sich mit guten Jägern in Verbindung gesetzt und von diesen erfahren, daß der Kukuk die betreffenden Eier in das Elsternest lege. Die Sache schien ihm denn doch etwas unglaublich zu sein, zumal auch die bezüglichen Eier von denen des Kukuks wesentlich verschieden waren. Er forschte also selbst nach und fand, daß es der Straußkukuk war, welcher die fremden Eier in die Elsterwirtschaft gelegt hatte.

Aber auch er war nicht der eigentliche Entdecker gewesen. Viel früher als mein Freund hatte ein alter deutscher Naturforscher, Mieg, beobachtet, daß der junge Straußkukuk von Elstern geführt und gefüttert werde; da aber Mieg diese Beobachtung nur im engsten Kreise erzählt hatte, durfte mein Freund das Erstlingsrecht der Entdeckung wohl für sich beanspruchen, und seine kastilianische Eigenliebe war deshalb nicht wenig verletzt, als er von mir erfuhr, daß die ganze Angelegenheit der wissenschaftlichen Welt bereits mitgetheilt worden sei.

Gegenwärtig ist die Frage vollständig entschieden. Wenige Jahre später, als ich Spanien bereiste, durchforschte Tristram, ein englischer Geistlicher, trefflicher Vogelkenner und vorzüglicher Beobachter, Algerien und erhielt dort Eier des Straußkukuks, welche denen der Maurenelster ( Pica mauretanica) ähnelten, gelangte jedoch zu der Ansicht, daß unser Kukuk wohl in die Nester der Elstern lege, aber selbst brüte. Zu dieser unzweifelhaft irrthümlichen Auffassung wurde dieser sonst sehr tüchtige Forscher durch den Umstand verleitet, daß in Elsternestern Eier des besagten Kukuks, nicht aber auch Elstereier gefunden wurden, und daß aus einem anderen Neste, aus welchem ein Straußkukuk flog, zwei bereits stark bebrütete des Schmarotzers lagen. Infolge dessen befragte er die Araber, und diese, welche ihre Antworten aus Höflichkeit nach den Fragen einzurichten pflegen, bestärkten ihn in der nun einmal gefaßten Meinung. Tristram blieb nicht der einzige, welcher nach mir Eier des Straußkukuks fand. Im Winter von 1861 zu l862 bereisten Allen und Cochrane Egypten, und da nun die Pflegeeltern unseres Vogels bereits bekannt waren, wurde es ihnen nicht schwer, in den Nestern der Nebelkrähen viele Eier und Junge des Straußkukuks zu erhalten. Allen fand zwar nur zwei Eier, aber noch drei Junge, und unter ihnen zwei in einem und demselben Neste; der glücklichere Cochrane hingegen erhielt dreizehn Eier und zwölf Junge, sämmtlich aus den Nestern der Nebelkrähe. In drei Nestern lagen je zwei Eier, in einem Neste zwei Junge unseres Vogels.

Aus Allens Beobachtungen geht hervor, daß auch die jungen Straußkukuke immer ihren Stiefgeschwistern in der Entwickelung vorauseilen. Sie waren schon ziemlich befiedert, die jungen Nebelkrähen aber noch gänzlich nackt, und so scheint es, daß die Eier des Straußkukuks früher gezeitigt werden als die Kräheneier; denn Allens Annahme, daß der weibliche Kukuk stets ein Krähennest mit unvollständigem Gelege auswähle, ist meinen Beobachtungen zufolge wenigstens nicht immer richtig. »Es scheint«, schließt Allen, »daß von dem Straußkukuk nur die in Mimosenhainen stehenden Krähennester erwählt werden; denn wir fanden niemals ein Kukuksei in solchen Nestern, welche auf einzelnen Bäumen standen.« Tristram fand, wie er später mittheilt, auch in Palästina dasselbe Verhältnis wie in Egypten. »In diesen Gegenden«, sagt er, »trafen wir die Krähe brütend an und zwar ebensowohl auf vereinzelten Bäumen als auf Felsen und in alten Ruinen, und hier begegneten wir auch dem Straußkukuk, welcher Eier in jener Nester legt. Wir erhielten mehrere von ihnen. Eines dieser untergeschobenen Kinder würde, wie ich fürchten muß, ein trauriges Dasein geführt haben; denn die Kräheneier waren fast zum Ausschlüpfen reif, während das Kukuksei sich erst leicht bebrütet zeigte. Ich war erfreut, hier um die Ruinen von Rabath Ammon eine neue Bestätigung zu den Beobachtungen Brehms, Cochrane's und Allens zu erhalten, welche in Egypten diese Eier ebenfalls ausschließlich in den Nestern der Nebelkrähe fanden, während Lord Lilford in Spanien im Gegentheile sie den Nestern der Elster entnahm, und auch diejenigen, welche wir in Algerien erbeuteten, unabänderlich in den Nestern der dort lebenden Maurenelster gefunden wurden.« Wenn ich vorstehendem nun noch hinzufüge, daß Lilford in Spanien ein Ei des Straußkukuks im Neste eines Kolkraben und Rey in Portugal vier Eier in ebensoviel verschiedenen Nestern der Blauelster fand, St. John endlich nach seinen in Persien gesammelten Beobachtungen die Elster als die natürliche Pflegemutter bezeichnet, habe ich nicht allein alle bis jetzt bekannten Pflegeeltern des Vogels aufgezählt, sondern auch noch weitere Belege für die Thatsache beigebracht, daß dieser Schmarotzer seine Brut nach den bisherigen Beobachtungen ausschließlich verschiedenen Rabenvögeln anvertraut, nicht aber selbst brütet.

Infolge all dieser unter sich übereinstimmenden Beobachtungen hat Tristram, wie zu erwarten, nicht gezögert, seine oben mitgetheilte Meinung fallen zu lassen, und schon im Jahre 1868 erklärt, daß »über das Schmarotzerthum des Straußkukuks kein Zweifel bestehen könne«. Wenn ich in der ersten Auflage dieses Werkes hierauf nicht Bezug nahm, geschah es einfach aus dem Grunde, weil ich die Angelegenheit für vollständig erledigt hielt. Zu nicht geringem Erstaunen sehe ich nun aber, daß Krüper, ein in Südosteuropa und Kleinasien wohl bekannter eifriger Beobachter, noch neun Jahre nach Tristrams Erklärung sich dahin aussprechen kann, daß das Brutgeschäft dieses Kukuks bis heute noch nicht geklärt sei, indem zwei sich widersprechende Beobachtungen vorlägen, die meinige und die einer englischen Reisegesellschaft, nach welcher der Kukuk seine Eier in Elsternester lege und sie selbst ausbrüte. Es bleibt, meint Krüper, den Vogelkundigen noch übrig, die eine oder die andere Beobachtung zu bestätigen. Unter den griechischen Landleuten gehe die ungewisse Erzählung, daß der Straußkukuk in die Elsternester lege und seine Eier ausbrüten solle. »Wir müssen«, führt der genannte fort, »jedoch noch eine Bestätigung abwarten, die gewiß bald erfolgen wird.« Im Anschlusse an diese Sätze veröffentlicht Krüper noch einen Brief Gonzenbachs, aus welchem hervorgeht, daß ein von letzterem ausgesandter Jäger in einem Elsterneste zwei junge Straußkukuke und drei junge Elstern, welche etwa zwanzig Tage alt sein mochten, vom Hagel erschlagen, vorfand. Möglicherweise ist es diese Angabe gewesen, welche Krüpers Zweifel an meiner Beobachtung angeregt hat. Tristrams wenn auch nur mittelbaren Widerruf hat er offenbar übersehen und trotz seiner vielfachen Beobachtungen über das Brutgeschäft der Vögel an das eine nicht gedacht, daß irgendwelcher Rabe, heiße er nun Kolkrabe, Nebelkrähe, gemeine oder maurische Elster, schwerlich einen brütenden Straußkukuk in seinem Neste dulden würde. Ich wiederhole also nochmals: die Frage ist vollständig erledigt und keine Ansicht, möge sie herrühren, von wem sie wolle, kann an dieser Thatsache etwas ändern. Anderweitige Beobachtungen werden unsere Kenntnis über das Brutgeschäft erweitern, sicherlich aber nicht das, was wir gegenwärtig als richtig erkannt haben, umstoßen.

Durch Allen erfahren wir, daß sich junge Straußkukuke ohne Mühe in der Gefangenschaft erhalten lassen. Eines von denjenigen Jungen, welche er aushob, ging ohne Umstände ans Futter, nahm große Mengen von Fleisch zu sich, schrie beständig heißhungrig nach mehr Nahrung und befand sich hierbei so wohl, daß es England lebend erreichte. Wie lange es hier ausgehalten, vermag ich nicht zu sagen; Allen bemerkt bloß noch, vernommen zu haben, daß das dunkle Gefieder des Vogels im Laufe der Zeit bedeutend lichter geworden wäre, und hieraus geht also zur Genüge hervor, daß der Gefangene wenigstens mehrere Monate lang bei guter Gesundheit gewesen ist. In einem unserer europäischen Thiergärten, in welchem, erinnere ich mich nicht mehr, und die bezügliche Niederschrift vermag ich augenblicklich nicht aufzufinden, sah ich selbst einen Straußkukuk, welcher mit einfachem Weichfutter, also einem Gemisch aus Fleisch, Milchsemmel, Möhren, Ameisenpuppen und derartigen Bestandtheilen ernährt wurde und sich anscheinend durchaus wohl befand. Damit ist meines Erachtens der Beweis geliefert, daß der Straußkukuk ebenso leicht wie sein deutscher Verwandter in Gefangenschaft gehalten werden kann.


Die Eilande Oceaniens und Südasien beherbergen eine kleine Gruppe von Kukuken, welche man Guckel ( Eudynamys) genannt hat. Ihre Kennzeichen sind dicker, kräftiger, auf der Firste sehr gebogener, starkhakiger Schnabel, dessen Unterkiefer fast gerade ist, starke Füße, mittellange Flügel, in denen die vierte Schwinge die längste ist, langer, abgerundeter Schwanz und ziemlich weiches, sehr übereinstimmend gefärbtes Gefieder. Das kleinere Männchen ist nämlich gewöhnlich schwarz, das Weibchen mehr oder weniger schwarz und weiß gefleckt.

siehe Bildunterschrift

Koel ( Eudynamys niger). Junges Männchen. 1/2 natürl. Größe.

Die berühmteste Art der Sippe ist der Koel oder »Kuil« der Hindus, »Kokil« der Bengalen, »Koha« der Singalesen, »Kusil« der Malaien, »Tuhu« und »Tschuli« der Javanen ( Eudynamys niger, Cuculus niger, variegatus, panayanus, maculatus, honoratus, scolopaceus, indicus, orientalis und crassirostris, Eudynamis chinensis und ceylonensis). Das Männchen ist glänzend grünlichschwarz, das Weibchen glänzend dunkelgrün, auf der Oberseite weiß gefleckt, auf den Schwingen und dem Schwanze weiß gebändert, unten weiß mit schwarzen Flecken, welche in der Halsgegend länglich, in der Brustgegend herzförmig sind. Das Auge ist scharlachroth, der Schnabel blaßgrünlich, der Fuß schieferblau. Die Länge des Männchens beträgt einundvierzig, die des Weibchens sechsundvierzig, die Breite des ersteren sechzig, des letzteren dreiundsechzig, die Fittiglänge neunzehn und bezüglich einundzwanzig Centimeter, die Schwanzlänge ebensoviel.

»Dieser wohlbekannte Vogel«, bemerkt Jerdon, »findet sich in ganz Indien, von Ceylon bis Burmah, und außerdem auf den malaiischen und philippinischen Inseln. Er bewohnt Gärten, Haine, Alleen und lichte Waldungen, frißt fast ausschließlich Früchte verschiedener Arten, namentlich Feigen, Bananen und dergleichen, und hält sich, obgleich er nicht gesellig ist, doch zuweilen in kleinen Trupps zusammen. Er ist keineswegs scheu, hat aber die uns bekannte, ruhige, zurückhaltende Lebensart des gewöhnlichen Kukuks, so lange er sich im Gezweige aufhält, während er laut aufschreit, sobald er fliegt. Der Flug unterscheidet sich von dem des Kukuks; denn er ist nicht so ruhig und gleitend, sondern erfordert zahlreichere Flügelschläge. Gegen die Brutzeit hin wird der Koel lärmend und läßt sich jederzeit vernehmen, selbst mitten in der Nacht, indem er unablässig seinen wohlbekannten Schrei, ein an Stärke anschwellendes ›Koel koel‹ ausstößt. Uebrigens besitzt das Männchen noch einen anderen Stimmlaut, welcher wie ›Huwihu‹ oder ›Hoäo‹ klingt, und wenn er fliegt, läßt er noch ein drittes, etwas klangreicheres Geschrei vernehmen.«

Eingehender berichtet Blyth. Der Koel, obwohl ein Vogel von den Sitten der Kukuke insgemein, und diesen auch darin ähnelnd, daß er von einem Baume zum anderen zu fliegen pflegt, ist nicht besonders scheu und gestattet in der Regel Annäherung eines Menschen, während er sich still hält, um Beobachtung zu vermeiden oder insbesondere, wenn er frißt. Wenn ein Baum in voller Frucht steht und man unter einem solchen sich aufstellt, kann man ihrer so viele erlegen, daß man kaum Zeit hat, das Gewehr wieder zu laden. Je nachdem diese oder jene Frucht in Reife kommt, hält er sich mehr auf dem einen oder anderen Baume auf. Zu anderen Zeiten ernährt er sich von verschiedenen Beeren, welche unzerstückt verschlungen und deren große Körner dann ausgewürgt werden. Beim Fressen sieht man oft mehrere Koels nahe bei einander; doch halten sie keine Gemeinschaft mit einander, und jeder geht unabhängig seinen Weg, wie es wohl bei allen übrigen Kukuken auch der Fall sein mag. Alle diese Gewohnheiten des Vogels ändern sich, wenn die Paarungszeit herannaht. Nunmehr wird der Koel zu einem fast unerträglichen Schreier, dessen laute Rufe man fast ohne Unterbrechung vernimmt. Die verschiedenen Landesnamen sind, wie zu erwarten, ein Klangbild dieses Rufes, welcher nach Kukuksart ausgestoßen wird und, in einer gewissen Entfernung vernommen, das Ohr anmuthet, infolge seiner unendlichen Wiederholungen zu allen Stunden des Tages und der Nacht zuletzt aber doch wenigstens den einen oder den anderen Europäer ermüdet. Anders denken die Eingeborenen. Sie bewundern den Vogel hauptsächlich seiner Stimme halber, halten ihn deshalb vielfach in Gefangenschaft und erfreuen sich an ihm ebenso wie an den besten Sängern. Eine Folge ihrer Liebhaberei ist, daß auch der gefangene Koel bald alle Scheu verliert, nicht nach Art unseres Kukuks verdrossen schweigt, sondern seine laute Stimme in der Gefangenschaft ebensogut zum besten gibt wie im Freien.

»Das Weibchen dieses in Indien äußerst volksthümlichen Vogels«, fährt Blyth fort, »scheint sein Ei ausschließlich in die Nester der beiden indischen Krähenarten, der Glanz- und Aaskrähe ( Corvus splendens und Corvus culminatus) zu legen. Dies ist etwas so gewöhnliches, daß uns ein und derselbe Mann zu gleicher Zeit fünf oder sechs Kukukseier brachte, deren jedes in einem verschiedenen Neste gelegen hatte. Man findet das Ei unseres Schmarotzers so oft allein in Krähennestern, daß man fast zu der Annahme berechtigt ist, der Koel zerstöre die Eier der Krähe, in deren Nest er das eigene legen will. Aber unerwiesen bleibt es, ob der junge Koel den ›Instinkt‹ besitzt, etwaige Mitbewohner des Nestes herauszuwerfen. Ich bin sehr geneigt, daran zu zweifeln. Frith, auf dessen Erfahrungen ich das größte Gewicht lege, versichert, nie mehr als ein Koelei in einem Neste und auch nie in anderen Nestern als denen der genannten beiden Krähen gefunden zu haben. Er beobachtete öfters, wie das Weibchen der Glanzkrähe den weiblichen Koel aus seiner Nachbarschaft vertrieb, und einmal, wie dieser letztere, indem er der Verfolgung zu entgehen versuchte, mit solcher Gewalt gegen die Glasscheibe eines Gebäudes flog, daß er mit zerschmettertem Schädel sogleich niederstürzte. Major Davidson erzählt: In der Veranda meines Bungalows stehend, hörte ich plötzlich ein lautes Gekreisch auf dem Rasen und eilte hinzu, in der Meinung, eine junge Krähe sei aus dem Neste gefallen. Anstatt einer solchen fand ich zu meinem Erstaunen einen jungen Koel. Ich näherte mich auf einige Schritte und sah, wie der kleine Vogel aus dem Schnabel der Krähe Nahrung empfing und dabei zitterte und die Flügel ausbreitete. Ein Eingeborener, welcher zugegen war, versicherte, daß der Koel allemal von der Stiefmutter aufgefüttert werde, und daß diese Pflege so lange andauere, bis der fremde Vogel selbst für sich zu sorgen im Stande sei.

»Das Ei des Koels ist dreißig Millimeter lang und achtzehn bis zweiundzwanzig Millimeter breit; der Gestalt nach ähnelt es sehr den Eiern des Kotri oder Landstreichers ( Dendrocitta rufa), seine Farbe ist aber gesättigter, ein blasses Olivengrün mit gleichmäßig dichter röthlichbrauner Fleckung, welche um das dicke Ende zu gedrängter steht. Für den Eierkundigen hat das Ei ein bezeichnendes kukukartiges Ansehen.«

Im Widerspruche mit der vom Major Davidson mitgetheilten Thatsache erzählt Philipps, er selbst und ein gebildeter, im Beobachten sehr geübter und durchaus zuverlässiger Eingeborener hätten gesehen, daß das Koelweibchen, nachdem es sein Ei in einem Krähenneste niedergelegt habe, dieses häufig aus einer gewissen Entfernung beobachte, um zu gewahren, ob auch sein Junges aus demselben herausgeworfen werde. Dieses geschehe, sobald dasselbe sein geflecktes Jugendkleid anlege, also flügge sei, und sofort nehme sich die echte Mutter des doch noch hülflosen Kindes an, um es zu füttern. Er habe dies mehr als einmal während seines Aufenthaltes in Gwalior beobachtet. Daß die Koelmutter ihr Junges füttere, habe er selbst gesehen. Das Junge war fast ganz erwachsen und saß ruhig in einem Baume, während die Alte, ab und zu fliegend, ihm Früchte zutrug. »Das wahre an der Sache scheint zu sein«, schließt Blyth, »daß der Koel hinter einander verschiedene Eier legt, in Zwischenräumen von zwei bis drei Tagen etwa, wie der europäische Kukuk, und ferner, daß, nachdem die Jungen von den Pflegeeltern herausgeworfen sind, die echte Mutter sie noch einen oder einige Tage füttert.« Blyth bedauert, in dieser Beziehung Gelegenheit zu eigenen Beobachtungen nicht gehabt zu haben, und damit ist, für mich wenigstens, gesagt, daß die Mittheilungen von Philipps wohl auf sich beruhen dürfen.

Hierzu bemerkt Jerdon noch das nachstehende: »Das Koelweibchen legt, wie in Indien längst bekannt, seine Eier fast ausschließlich in das Nest der Glanzkrähe, viel seltener in das der Aaskrähe. Gewöhnlich legt es nur ein Ei in jedes Nest und meist, aber nicht immer, zerstört es gleichzeitig eines der Kräheneier. Es ist ein Volksglaube in Indien, daß die Krähe den Betrug merke, wenn der junge Koel fast ausgewachsen ist, und ihn dann aus dem Neste stoße. Die Regel kann dies aber in Wahrheit nicht sein, denn ich habe den jungen Vogel oft von Krähen füttern sehen, nachdem er schon das Nest verlassen hatte. Uebrigens scheinen es die Krähen recht wohl zu merken, wenn sie durch den Koel zum Hahnrei gemacht werden.« Durch Swinhoe's neuere Beobachtungen erfahren wir, daß der Koel keineswegs einzig und allein die von dem vorher erwähnten Forscher genannten Vögel zu Pflegeeltern seiner Brut erwählt, sondern seine Eier auch in die Nester anderer, obschon immerhin noch den Raben entfernt verwandter Vögel, insbesondere der Grakeln und Mainas, legt. Ein Koel flog vor Swinhoe's Augen nach einem Baume und wurde dort von seinem Weibchen begrüßt, welches sich in der Nähe des Nestes einer Grakel zu schaffen gemacht hatte. Als der rechtmäßige Besitzer des Nestes von einem Ausfluge zurückkehrte, stürzte er sich auf die Eindringlinge, wurde jedoch von diesen besiegt und in die Flucht geschlagen.

Zu meiner Freude sah ich bei einem meiner Besuche des Londoner Thiergartens einen der Koels, welche Babu Rajendra Mulik, ein indischer Vogelliebhaber, der genannten Anstalt geschenkt hatte. Der Vogel war damals bereits seit zwei Jahren in London und befand sich so wohl, daß man mit Recht hoffen durfte, ihn noch jahrelang am Leben zu erhalten. Seine Gefangenkost besteht aus gekochtem Reis und verschiedenen Früchten und Beeren, frischen und gedörrten. Leider nahm mich der Thierreichthum des Gartens so in Anspruch, daß ich zu einer eingehenden Beobachtung des berühmten Vogels keine Zeit gewinnen konnte. Es schien mir übrigens, als ob sich der Koel in der Gefangenschaft durch große Lebhaftigkeit auszeichne und dadurch von seinen europäischen Verwandten sehr zu seinem Vortheile unterscheide.


Die prachtvollsten aller Kukuke bewohnen die Gleicherländer Afrikas, Asiens und Neuhollands. Der Name Goldkukuke ( Chrysococcyx) ist für ihre Schönheit noch nicht bezeichnend genug; denn ihr Gefieder schimmert in so prachtvollen Farben, wie sie keine Metallverbindung hervorbringen kann. Diese Farbenpracht ist eines ihrer wesentlichsten, vielleicht das wesentlichste aller Kennzeichen. Sie sind sehr klein, gestreckt gebaut, langflügelig und langschwänzig. Der Schnabel ist mittellang, noch ziemlich schwach und im ganzen wie bei unserem Kukuke gebildet, der Fuß kurzläufig und langzehig, der Fittig ziemlich spitzig, in ihm die dritte Schwungfeder die längste, der Schwanz mehr als mittellang, seitlich etwas abgerundet, das Gefieder knapp, aber großfederig.

 

Der Goldkukuk oder Didrik ( Chrysococcyx cupreus oder auratus, Cuculus cupreus, auratus und chalcocephalus, Lampromorpha chalcocephala, Calcites auratus, Lamprococcyx auratus und chrysochlorus) ist auf der ganzen Oberseite, mit Ausnahme einiger lichten Stellen, glänzend goldgrün, kupferig schillernd; doch zeigen viele von den Federn auch einen bläulichen Schiller an ihren Rändern, und einzelne einen oder zwei derartige Flecke. Längs der Scheitelmitte, vor und hinter dem Auge verläuft ein weißer Streifen; ein anderer, goldgrün gesäumter, geht vom Mundwinkel aus. Die ganze Unterseite ist lichtbräunlich oder gilblichweiß, aber die Farbe hier so zart, daß sie sich bloß unmittelbar nach der Mauser in voller Schönheit zeigt, durch das Sonnenlicht jedoch auch beim lebenden Vogel bald in Weiß ausgebleicht wird. Die Seiten-, die Schwanz- und Unterflügeldeckfedern sind grünlich, die ersten Hand- und die Armschwingen sowie die äußeren Steuerfedern auf dunkelgrünem Grunde weiß gebändert. Das Auge ist lebhaft gelbbraun, während der Paarungszeit beim Männchen cochenilleroth, das Augenlid korallroth, der Schnabel dunkelblau, der Fuß licht graublau. Die Länge beträgt 19,5, die Breite 33, die Fittiglänge 11, die Schwanzlänge 8,5 Centimeter. Das Weibchen ist ein wenig kleiner und minder schön, unterscheidet sich auch leicht durch seine gefleckte Unterseite. Das Jugendkleid ist dem der alten Vögel sehr ähnlich, die Unterseite ist aber gelb angeflogen, Brust und Kehle sind metallgrün, dicht geschuppt, die Federn der Oberseite rostgelb gerandet und die Schwingen rostgelb gefleckt.

siehe Bildunterschrift

Goldkukuk ( Chrysococcyx cupreus). 4/5 natürl. Größe.

Ueber das Leben hat zuerst Levaillant einiges berichtet. »Ich fand den Didrik«, sagt er, »im größten Theile Südafrikas, vom Elefantenflusse an bis zum Lande der kleinen Namaken, und zwar so häufig, daß ich tausende von ihnen hätte erlegen können. Aus meinem Tagebuche ersehe ich, daß ich und mein braver Klaas zweihundertundzehn Männchen, einhundertunddreizehn Weibchen und einhundertunddrei Junge erlegt haben.« In Mittelafrika, wo der Vogel von Rüppell, Heuglin, Antinori und mir beobachtet wurde, ist er nicht entfernt so gemein. So viel ich mich erinnere, traf ich ihn immer nur im Urwalde an. In meinen Maßtafeln ist ausdrücklich bemerkt, daß er sich in den höchsten und dichtesten Bäumen der Wälder aufhält. Heuglin beobachtete ihn am Weißen und Blauen Nile und in Abessinien, zuweilen in kleinen Gesellschaften, im Habesch nicht selten auch in unmittelbarer Nähe menschlicher Wohnungen oder in der Nachbarschaft von Viehgehegen. Nach Angabe desselben Beobachters erscheint er in letztgenanntem Lande mit Anfang der Regenzeit und verläßt seine Standorte mit den flüggen Jungen im September oder Oktober wieder; laut Antinori trifft er im Bogoslande um die Mitte des Juni ein und zwar immer in Gesellschaft seines Weibchens. Seinen Standort wählt er im Gebirge auf waldigen und sonnigen Gehängen zwischen dreihundert bis zweitausend Meter über dem Meere. Ihn zu entdecken hält nicht schwer; denn das Männchen macht sich bald bemerklich, sei es durch sein Geschrei oder sei es durch seine Streitlust mit anderen seiner Art. Der Lockton ist ein lautes, flötendes Pfeifen, welches Levaillant durch »Dididididrik«, Heuglin durch »Huidhuidhuidi«, Fischer durch »Tü, tue, tü« ausdrückt. Das Weibchen soll bloß einen leisen Ton, wie »Wikwik« klingend, vernehmen lassen und mit ihm auch dem verliebten Männchen antworten oder es herbeirufen. Während der Zeit der Liebe sind die Männchen, welche an Zahl die Weibchen nicht merklich zu überwiegen scheinen, fast ebenso eifersüchtig und streitlustig wie unser Kukuk. »Läßt ein Männchen irgendwo seine weitschallende Stimme hören«, sagt Heuglin, »so antwortet gleich ein zweites aus der Nachbarschaft, und nicht selten sieht man zwei oder drei derselben unter heftigem Geschrei tüchtig sich balgen.« Die Paarungslust erhöht die Regsamkeit des Vogels überhaupt in jeder Weise. So bemerkt Fischer, daß der Goldkukuk sich erst um Mitte April sehr bemerklich mache, vorher aber einsam und still umhertrieb und deshalb auch nur dann und wann auf Kokospalmen wahrgenommen wurde. Nach der angegebenen Zeit dagegen sah man ihn paarweise fast überall. Nach Art der Kukuke insgemein ein höchst unruhiger Geselle, erschien er bald hier bald dort, zeigte sich jetzt frei auf der Spitze eines Mangobaumes, dann mehr versteckt im Gestrüpp eines Sumpfes und wiederum in den Gärten dicht über dem Boden. Wie alle seine Verwandten ist er ein sehr gewandter Flieger und sein Flug dadurch ausgezeichnet, daß er tiefe Bogenlinien beschreibt: einzelne Beobachter vergleichen den Flug deshalb nicht mit Unrecht mit dem der Bachstelze.

In den Magen der von Fischer untersuchten Stücke fanden sich ziemlich große haarige Raupen vor, woraus also hervorgeht, daß der Kukuk in dieser Beziehung seinen Artverwandten gleicht.

Levaillant fand, wie er angibt, dreiundachtzig Eier des Goldkukuks in den Nestern kerbthierfressender Vögel und versichert, beobachtet zu haben, daß das Weibchen sein Ei ebenfalls mit dem Schnabel in die Nester der von ihnen zum Pflegeelterngeschäft erwählten Vögel trägt. Seiner Angabe nach entdeckte er dies zufällig, als er einem getödteten Weibchen einen Pfropfen in den Rachen schieben wollte, um das Beschmutzen des Gefieders durch auslaufendes Blut zu verhüten, schließt aber ganz richtig, daß auch alle übrigen Kukuke in derselben Weise verfahren dürften. Das Ei ist glänzend weiß. Heuglin fand in den Eierstöcken der von ihm zergliederten Weibchen im Juli und September fast reife Eier und bemerkte, daß eine namhafte Anzahl derselben befruchtet war.

Verschweigen will ich nicht, daß wir auch über die Fortpflanzungsgeschichte dieses Kukuks verschiedene Mittheilungen erhalten haben. Während durch Levaillant berichtet und durch Ayres, wenn auch nur mit wenigen Worten, bestätigt wurde, daß er nicht brütet, sind Heuglin, Antinori und Fischer geneigt, das Gegentheil anzunehmen. Heuglin hat, wie er bemerkt, etwas bestimmtes darüber nicht erfahren können, ob der Goldkukuk und seine nächsten Verwandten selbst brüten oder nicht. »In ersterem Falle«, meint er, »würden nach meinen Beobachtungen die alten Vögel der jungen halb flüggen sich wieder annehmen. Denn ich habe im Oktober 1861 bei Keren mehrere Male gesehen, wie ein schon etwas flugfähiger Goldkukuk, welcher schreiend auf dem Gipfel niedriger Büsche und Hecken saß, von alten, also wohl von seinen wirklichen Eltern, gefüttert wurde. Einmal waren sogar zwei Junge beisammen, beide jedoch offenbar verschiedenen Alters.« Antinori hat derartige Beobachtungen nicht sammeln können, dagegen durch den äthiopischen Diener Munzingers eine Nachricht erhalten, welche für das Selbstbrüten spricht. Ein Goldkukuk wurde in einem Gebäude gefangen, welches Munzinger damals als Stall benutzte, und der äthiopische Diener, dem die Pflege der Thiere oblag, versicherte Antinori, daß in den vorhergehenden Jahren ein Pärchen dieser Kukuke, vielleicht dieselben Vögel, im Inneren des besagten Raumes und zwar im Stroh des Daches ihr Nest gebaut hätten. Mit beiden Angaben stimmt nun auch die Mittheilung Fischers überein. Nachdem der Goldkukuk durch sein Geschrei sich bemerklich gemacht und die Aufmerksamkeit des genannten auf sich gelenkt hatte, erhielt dieser Gelegenheit, ihn genau zu beobachten. Ein Pärchen siedelte sich nämlich in einem mitten in der Stadt gelegenen, sehr kleinen, d. h. nur stubengroßen, ringsum von Mauern umgebenen Garten an, besuchte diese Oertlichkeit zuerst täglich und baute später in dem aus wenigen Melonenbäumen und dichtem Strauchwerk bestehenden Baumbeständen sein Nest. Das Weibchen empfing das Männchen jedesmal mit Geschrei, wenn letzteres zum Neste kam, bei welchem ersteres zurückblieb. »Das Nest«, so schreibt er unter dem vierten Mai dieses Jahres (1877), »ist gegenwärtig vollendet, und so hoffe ich, wenn mir der Besitzer des Gartens die Erlaubnis dazu gibt, Ihnen Nest und Eier dieser Kukuksart einsenden zu können.« Damit wäre dann der Beweis geliefert, daß der Goldkukuk selbst brütet.


In Neuholland lebt das größte Mitglied der Familie, Vertreter der Sippe der Fratzenkukuke ( Scythrops), deren Schnabel eher dem eines Tukans als dem eines Kukuks gleicht. Dieser Schnabel, welcher unserem Vogel die Ehre verschafft hat, als Verbindungsglied der Kukuke und Pfefferfresser angesehen zu werden, ist mehr als kopflang, groß, dick und stark, an der Wurzel ziemlich hoch und breit, seitlich zusammengedrückt, auf der Firste stark und an der Spitze hakig herabgebogen, woran der Unterschnabel theilnimmt. Je nach dem Alter des Vogels zeigen sich im Oberschnabel mehr oder weniger Längsfurchen, welche gegen den Kieferrand hin in schwache, zahnartige Einkerbungen auslaufen. Die Füße sind stark und kurzläufig, ihre Zehen kräftig, jedoch nicht besonders lang. Der Fittig, in welchem die dritte Schwinge die längste ist, erreicht ungefähr die Mitte des verhältnismäßig kurzen, abgerundeten Schwanzes, welcher, wie gewöhnlich, aus zehn Federn gebildet wird. Das Gefieder ist ziemlich reich, in der Färbung dem unseres Kukuks nicht ganz unähnlich. Zügel und Augengegend sind nackt.

siehe Bildunterschrift

Riesenkukuk ( Scythrops Novae-Hollandiae). ⅓ natürl. Größe.

Der Riesen- oder Fratzenkukuk ( Scythrops Novae-Hollandiae, australis, australasiae und Goerang), welcher die einzige Art der Sippe bildet, ist auf Kopf und Hals schön aschgrau, auf der Oberseite, Flügel und Schwanz inbegriffen, graubraun, jede Feder des Mantels, der Schultern, des Bürzels und der oberen Schwanzdecken breit umberbraun gerandet, auf der Unterseite hell aschgrau, auf Bauch, Schenkeln und unteren Schwanzdecken graulichweiß, dunkel in die Quere gebändert. Die Schwingen zeigen am Ende eine breite schwarzbraune Binde, die Schwanzfedern, deren Innenfahnen auf rostfarbenem, gelblichweißem Grunde mit sieben schwarzen Binden gezeichnet sind, ein eben solches Band vor dem breiten, weißen Schwanzende. Das Auge ist braun, die nackte Stelle um dasselbe scharlachroth, der Schnabel gelblich hornfarben, der Fuß olivenbraun. Das Weibchen unterscheidet sich nur durch etwas geringere Größe. Die Länge beträgt fünfundsechzig, die Fittiglänge vierunddreißig, die Schwanzlänge sechsundzwanzig Centimeter.

Laut brieflicher Mittheilung von Rosenbergs bewohnt der Riesenkukuk keineswegs Neuholland allein, sondern findet sich auch auf Neuguinea, Celebes, Ternate, Ceram und den Aruinseln. Gould begegnete ihm in Neusüdwales, wo er ein Zugvogel ist, welcher im Oktober erscheint und im Januar wieder wegzieht. Nach Latham sieht man ihn gewöhnlich früh und abends, zuweilen in kleinen Trupps von sieben bis acht Stücken, öfters aber paarweise. Sein Anstand und seine Sitten, seine Bewegungen, seine Ernährung und die Art und Weise seiner Fortpflanzung kennzeichnen ihn auf das entschiedenste als Kukuk. Im Sitzen nimmt er sich prächtig aus, weil er den langen Schwanz oft fächerartig ausbreitet; im Fluge erinnert er oft täuschend an einen großen Falken. Der erste Riesenkukuk, welchen Bennett im Pflanzengarten zu Sidney schoß, wurde von ihm zuerst als ein Falk angesehen. Gleich einem solchen kreiste er in hoher Luft umher, unterbrach diese Bewegung zuweilen, um zu rütteln, ließ sich dann langsam herab, setzte seinen Flug dicht über den Spitzen der hohen Gummibäume und Kasuarinen fort, schwenkte sich auch rund um diese Bäume, bald volle Kreise beschreibend, bald von einem Zweige zum anderen ziehend und dort anhaltend, um nach Heuschrecken und anderen großen Kerbthieren zu spähen, stieß endlich wiederholt auf diese herab und nahm sie von den Blättern oder selbst von den Stämmen der Bäume weg, gelegentlich laut und kreischend aufschreiend und mit ausgebreiteten Schwingen vor den äußersten Spitzen rüttelnd, alles ganz wie Falken zu thun pflegen. Erst nachdem er die verschiedensten Uebungen dieser Art ausgeführt und sich seine Morgenmahlzeit gesichert hatte, ließ er sich auf einem sehr hohen Zweige nieder, von welchem er herabgeschossen wurde. Das erwähnte durchdringende Geschrei läßt er im Sitzen wie im Fliegen, insbesondere aber dann vernehmen, wenn ein Falk oder ein anderer Raubvogel ihm zu Gesichte kommt. Elsey, welcher den Vogel im Norden beobachtete, sagt, daß er mitunter fünf Minuten lang sein klägliches Geschrei ausstoße. »Zuweilen kümmerte er sich nicht um unsere Gegenwart; gewöhnlich aber war er sehr scheu. Zu dem Boden kam er niemals herunter; ich habe ihn stets nur auf den Wipfeln der höchsten Bäume gesehen.« Der Magen des von Bennett erwähnten Vogels enthielt Goldkäfer und große Heuschrecken in Menge. In den Magen anderer Fratzenkukuke wurden neben Kerbthieren auch Früchte und Samen, insbesondere solche vom rothen Gummi- und Pfeffermünzbaum, gefunden.

Ueber die Fortpflanzung fehlen noch ausführliche Berichte, doch scheint so viel festzustehen, daß auch der Riesenkukuk seine Eier fremden Eltern anvertraut. Gould erhielt einen, welcher angeblich von zwei anderen fremden Vögeln gefüttert worden war. Strange fand in dem Legschlauche eines von ihm erlegten Weibchens ein reifes Ei, welches auf graulichem Grunde überall mit röthlichbraunen Flecken und Punkten gezeichnet war.

Ein junger Riesenkukuk wurde in ein Gebauer, welches bis dahin ein Riesenfischer innegehabt hatte, gebracht und hier von Bennett beobachtet. Sofort nach seiner Ankunft öffnete der Neuling, anscheinend hungrig, den Schnabel, und siehe da, der Riesenfischer erbarmte sich der Waise. Gutmüthig nahm er ein Stückchen Fleisch, bearbeitete dasselbe mit seinem Schnabel so lange, bis es ihm die nöthige Weiche zu haben schien, und steckte es seinem Schützlinge sorgfältig in den Schnabel. Dieses Pflegegeschäft setzte er so lange fort, bis der junge Kukuk fähig war, selbst zu fressen. »Als ich ihn sah«, schreibt Bennett, »saß er auf der höchsten Spitze des Käfigs, erhob sich gelegentlich, schlug mit den Flügeln und bäumte dann wieder, nach Art gewisser Falken, mit denen er überhaupt Aehnlichkeit zeigt. Wenn ihm des Morgens Futter gebracht wurde, kam er herab, kehrte aber augenblicklich wieder zu seinem erhabenen Sitzplatze zurück. Von dem, was ich gesehen habe, möchte ich schließen, daß er in der Gefangenschaft sehr zahm werden muß.«


Unter den übrigen Kukuksvögeln mögen die Buschkukuke (Phoenicophaeinae) auf die bisher beschriebenen folgen, obgleich einige amerikanische Arten vielleicht größere Aehnlichkeit mit diesen haben dürften als die in vieler Beziehung abweichenden Buschkukuke. Auch diese sind noch gestreckt gebaut, langschwänzig und kurzfüßig, aber auch kurzflügelig und besonders durch ihren mittellangen, jedoch sehr kräftigen Schnabel sowie meist durch ein nacktes Augenfeld und prachtvolles, oft zerschlissenes, haarartiges Gefieder unterschieden.

siehe Bildunterschrift

Kokil ( Phoenicophaës tristis). ⅓ natürl. Größe.

Die Unterfamilie, welche auch wohl als besondere Familie angesehen wird, tritt namentlich in Indien und auf den benachbarten Eilanden zahlreich auf, wird aber auch in Afrika durch eine Art vertreten. Ueber die Lebensweise sind wir noch keineswegs genügend unterrichtet; wir wissen bloß, daß die hierher gehörigen Vögel fern von den menschlichen Wohnungen in den dichtesten Wäldern ein einsames Leben führen, vor dem Menschen scheu sich zurückziehen, Früchte und Kerbthiere fressen und wahrscheinlich selbst brüten.

Ueber eine indische Art, den Kokil oder Ban-Kokil der Bengalen ( Phoenicophaës tristis, Melias, Zanclostomus und Rhopodytes tristis, Phoenicophaeus longicaudus, montanus und monticulus) berichtet Jerdon. Ein sehr zusammengedrückter, oben und unten gebogener Schnabel, mittellange, kurzzehige, mit scharfen Klauen bewehrte Füße, kurze, gerundete Flügel, in denen die vierte, fünfte und sechste Schwinge unter sich fast gleich lang und die längsten sind, und ein sehr langer, abgestufter Schwanz sind die Kennzeichen der Sippe, welcher man den Namen Sichelkukuke ( Phoenicophaës) geben kann. Der Kokil ist auf der Oberseite dunkel graugrün, auf dem Kopfe und Hinterhalse mehr graulich, auf Schwingen und Schwanz schimmernd grün, jede Steuerfeder weiß an der Spitze; Kinn und Kehle sind hell aschgrau, schwarz gestrichelt, Vorderhals und Brust blaßgrau, Unterbrust und die Gegend um die nackte Augenstelle weiß; letztere wird oberseits durch eine schmale, schwarz und weiß punktirte Längslinie gesäumt; der Zügelstreifen endlich hat schwarze Färbung. Das Auge ist dunkelbraun, die nackte Stelle um das Auge dunkel scharlachroth, der Schnabel schön apfelgrün, der Fuß grünlich schieferblau. Die Länge beträgt 60, die Fittiglänge 17,5, die Schwanzlänge 42 Centimeter.

»Dieser hübsche Vogel«, sagt Jerdon, »findet sich in Bengalen, Mittelindien, den warmen Thälern des Himalaya, aber auch in Assam, Burmah und auf Malakka, woselbst er sehr häufig ist. Ich habe ihn gewöhnlich vereinzelt gesehen, in den Wäldern umherstreifend und Gespenstschrecken, Grashüpfern, Grillen und ähnlichen Kerbthieren nachjagend. In Sikkim begegnet man ihm nur in den warmen Thälern, in einer ungefähren Höhe von eintausend Meter über dem Meere. Zwei länglichrunde, reinweiße Eier wurden mir einmal gebracht; das Nest aber, welches eine große Masse von Zweigen und Wurzeln sein soll, habe ich nicht gesehen. Ein drittes, ähnliches Ei entnahm ich dem Legschlauche eines Weibchens, welches ich geschossen hatte.« Blyth bemerkt, daß der Vogel seine Gegenwart oft durch seine Stimme, ein eintöniges, vielfach wiederholtes »Tschuk« verrathe. Einige Naturforscher haben behauptet, daß diese Kukuke auch Früchte fräßen; Jerdon aber bemerkt ausdrücklich, daß er dies nie beobachtet habe. Hierauf ungefähr beschränkt sich unsere Kunde über das Leben dieser schönen Vögel, und deshalb erscheint es mir unnöthig, noch andere Arten der Familie hier zu erwähnen.


Die Kukuksvögel, welche die Neue Welt bewohnen, hat man Fersenkukuke ( Coccyginae) genannt und ebenfalls in einer besonderen Unterfamilie vereinigt. Ihre Kennzeichen liegen in dem verhältnismäßig kräftigen Leibe, den mehr oder weniger kurzen Flügeln, dem oft sehr langen, aus zehn, ausnahmsweise aus zwölf Federn gebildeten Schwanze, dem ziemlich kräftigen Schnabel und den verhältnismäßig hochläufigen Füßen, welche bei einzelnen so entwickelt sind, daß sie zum Leben auf dem Boden befähigen. Das Gefieder zeichnet sich durch außerordentliche Weichheit aus. Das Weibchen pflegt größer als das Männchen zu sein, ähnelt diesem jedoch in der Färbung. Auch die Jungen unterscheiden sich kaum von den Alten.

Die Fersenkukuke sind über ganz Amerika verbreitet, besonders aber im Süden des Erdtheiles zu Hause. Sie vertreten im Westen die Kukuke des Ostens, mit denen sie in ihrem Wesen manche Aehnlichkeit haben, halten sich in den Wäldern oder Baumpflanzungen auf, sind scheu, der Einsamkeit zugethan, leben meist in den dichtesten Theilen der Gebüsche, schlüpfen hier geschickt durch das Gezweige und kommen gelegentlich wohl auch auf den Boden herab. Ihre Nahrung besteht in Kerbthieren und Früchten, vorzugsweise aber in den haarigen Raupen gewisser Schmetterlinge. Nebenbei plündern sie die Nester kleinerer Vögel, schlucken wenigstens deren Eier hinab und können hierdurch lästig werden. Dafür vernichten sie wiederum keine Bruten durch das Unterschieben ihrer Eier; denn sie brüten in der Regel selbst und legen, wie es scheint, nur ausnahmsweise, vielleicht im größten Nothfalle bloß, eins ihrer Eier fremden Vögeln unter.

Durch Wilson, Audubon, Nuttall, Newton, Brewer, Coues und andere Forscher ist uns eine Art der Familie, der Regenkukuk ( Coccygus americanus, Bairdii und Julieni, Cuculus americanus, carolinensis, dominicus und cinerosus, Coccyzus, Erythrophrys und Curcus americanus), bekannt geworden. Die Sippe der Fersenkukuke ( Coccygus), welche der Vogel vertritt, kennzeichnet sich durch kopflangen, schwachen, zusammengedrückten, leicht gebogenen, spitzigen Schnabel, kurze Füße, lange Flügel, in denen die dritte Schwinge die längste ist, und langen, abgestuften, aus zehn schmalen, zugerundeten Federn bestehenden Schwanz. Das Gefieder der Oberseite, einschließlich der Flügeldeck- und beiden mittelsten Schwanzfedern, ist licht graubraun mit schwachem Erzschimmer, ein verwaschener Ohrstreifen dunkler, die ganze Unterseite, einschließlich der Halsseiten, milchweiß, zart graulich überflogen; die dritte bis siebente Schwinge sind in der Wurzelhälfte zimmetröthlich, die übrigen außen und an der Spitze braun wie der Rücken, die Schwanzfedern mit Ausnahme der mittelsten schwarz, weiß an der Spitze, die äußersten auch weiß an der Außenfahne. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel oben bräunlichschwarz, der Unterschnabel gelb, der Fuß blaugrau. Die Länge beträgt 33, die Breite 42, die Fittiglänge 15, die Schwanzlänge 17, 5 Centimeter.

siehe Bildunterschrift

Regenkukuk ( Coccygus americanus), ½ natürl. Größe.

»Ein Fremder«, sagt Wilson, »welcher die Vereinigten Staaten besucht und im Mai und Juni durch unsere Wälder geht, vernimmt zuweilen tiefe Kehllaute, welche den Silben ›kau kau‹ ungefähr ähneln, langsam beginnen, aber schneller werden und so rasch endigen, daß die Laute in einander zu laufen scheinen. Diese Töne kann er oft hören, ohne daß er den Vogel bemerkt, von welchem sie herrühren; denn derselbe ist scheu und einsam und sucht sich stets die dichtesten Gebüsche zu seinem Wohnsitze aus. Dies ist der gelbschnäbelige oder Regenkukuk, ein Sommervogel der Vereinigten Staaten, welcher um die Mitte oder, weiter nach Norden hin, zu Ende des April, auch wohl erst Anfang Mai, einzutreffen pflegt und bis Mitte September im Lande verweilt, dann aber, und zwar zu großen Scharen vereinigt, nach Mittelamerika zieht, um dort zu überwintern.« Der Vogel verbreitet sich über sämmtliche Vereinigte Staaten, von Kanada bis Florida, und von der Atlantischen Küste bis zu der des Stillen Meeres, kommt ebenso und zwar zum Theil als Brutvogel im südwestlichen Texas und auf allen Hauptinseln Westindiens vor. Newton fand ihn brütend auf St. Croix, Gosse auf Jamaika, Gundlach wie Lembeye auf Cuba, Salvin in Mittelamerika; sein Brutgebiet dehnt sich also von Kanada und Minnesota bis Florida und von Neu-Braunschweig bis Texas aus. In den südlichen Theilen dieses Wohnkreises dürfte unser Kukuk wohl nur Strichvogel sein; im Norden gehört er unter die regelmäßigen Zugvögel. Die Flüge, welche gelegentlich des Zuges gebildet werden, verbreiten sich auf weithin, ohne eigentlichen Zusammenhang zu haben, obgleich ein Vogel der Gesellschaft dem anderen folgt. Werden die Wanderscharen durch Stürme heimgesucht, so geschieht es wohl auch, daß sie auf kleineren Inseln im Antillenmeere Zuflucht suchen und dann weite Strecken buchstäblich erfüllen. Eine solche Wandergesellschaft sah Hurdis im Oktober auf den Bermudainseln. Der Schwarm, welcher tausende zählte, kam nach einem starken Südwestwinde mit Regen und ließ sich zwischen den Wacholderbüschen der Südküste nieder, setzte aber schon am folgenden Tage seine Reise fort.

Bald nach seiner Ankunft im Frühjahre vernimmt man den Regenkukuk überall in Nordamerika, und wenn man seine Gewohnheiten kennt, hält es auch nicht schwer, ihn zu beobachten, da er nirgends selten, an geeigneten Oertlichkeiten sogar häufig ist. Die meisten Paare siedeln sich allerdings im Walde an, sehr viele aber nehmen ebenso in unmittelbarer Nähe der Wohnungen, z. B. in Baumgärten, Herberge, und das Männchen verräth sich hier bald durch sein aus der Kehle kommendes »Kau kau« oder »Kuk«, schreit auch an warmen Tagen, wie Nuttall bemerkt, stundenlang ununterbrochen und selbst noch während der Nacht. Coues vergleicht das Geschrei mit dem der Höhleneule und versichert, daß man unter Umständen leicht getäuscht werden und in dem einen Schreier den anderen vermuthen kann. Nach Coopers Beobachtungen ähnelt der Ruf auch dem Stimmlaute einer Kröte.

Der Regenkukuk ist ein Schlüpfer, kein Läufer. Im Gezweige der Bäume bewegt er sich mit meisenartiger Gewandtheit, zum Boden kommt er selten herab, und wenn er hier wirklich einmal umherhüpft, geschieht es in einer ungemein täppischen Weise. Der Flug ist schnell und geräuschlos, wird jedoch selten weit ausgedehnt, sondern beim ersten geeigneten Baume unterbrochen, da sich der Vogel im Inneren dichtwipfeliger Baumkronen am sichersten zu fühlen scheint. Wenn er seinen Weg durch die Zweige nimmt, läßt er, laut Audubon, bald die Ober-, bald die Unterseite sehen.

Die Nahrung besteht aus Kerbthieren und Früchten, namentlich Schmetterlingen, Heuschrecken, haarigen Schmetterlingsraupen und dergleichen, und im Herbste aus verschiedenen Beeren. Wohl nicht mit Unrecht steht auch er in dem Verdachte, die Nester kleinerer Vögel auszuplündern.

Coues bezeichnet unseren Kukuk als einen scheuen und unzuthunlichen Vogel, welcher am liebsten hochstämmige Waldungen bewohnt, jedoch auch in große, baumreiche Parks, selbst in solche inmitten der Städte hereinkommt, in der Regel aber immer nur in den Zweigen sich versteckt hält. Nur wenn er einem fliegenden Kerbthiere durch die Luft nachfolgt, macht er sich sehr bemerklich; denn das metallische Olivengrau der Oberseite schimmert dann in der Sonne und sticht lebhaft von der schneeigen Unterseite ab. In der Regel hört man ihn viel öfter, als man ihn zu sehen bekommt, und auch, wenn er sich von einem Baume auf den anderen begibt, geschieht dies in versteckter Weise. Beim Schreien sitzt er bewegungslos wie eine Bildsäule lange Zeit auf einer und derselben Stelle, und ebenso ruhig verhält er sich, wenn er einen verdächtigen Gegenstand entdeckt hat. Seine Neugier scheint nicht gering zu sein; wenigstens beobachtet man ihn häufig, wie er forschenden Auges aus dem dichtesten Gezweige hervorlugt, um sich über irgend einen ihm ungewöhnlichen Gegenstand genau zu vergewissern. Infolge seiner Plünderungen der Vogelnester hat er sich bei der gesammten kleinen gefiederten Welt höchst verhaßt gemacht und wird, sobald er sich zeigt, ebenso eifrig und heftig verfolgt wie unser Kukuk.

Das Fortpflanzungsgeschäft bietet insofern etwas merkwürdiges dar, als der Vogel seine Kukuksnatur doch nicht ganz verleugnet, sondern wenigstens zuweilen seine Eier in anderer Vögel Nester legt. Noch merkwürdiger ist, daß das Weibchen die Eier, welche es legt, sofort bebrütet, und daß demzufolge die Jungen nicht gleichzeitig ausschlüpfen. Das Nest besteht aus wenigen trockenen Zweigen und Gras, ist sehr einfach, flach, dem der gemeinen Taube ähnlich und ebenso auf wagerechten Zweigen befestigt, oft in Manneshöhe. Die vier oder fünf Eier sind länglich und von lebhaft grüner Färbung. »Als ich mich«, sagt Audubon, »im Jahre 1837 im Anfange des Juni zu Charleston befand, wurde ich von einem Herrn Rhett eingeladen, auf sein Grundstück zu kommen, um dort das Nest eines Vogels in Augenschein zu nehmen. Es stand nahezu in der Mitte eines Baumes von mäßiger Höhe und wurde von dem Sohne des genannten Herren leicht erreicht. Einer der alten Kukuke, welcher darauf saß, verließ seinen Platz erst, nachdem ihm der Kletterer mit der Hand bis auf wenige Centimeter nahe gekommen war; dann flog er lautlos einem anderen Baume zu. Zwei junge Kukuke, welche fast schon im Stande waren, zu fliegen, verließen eiligst ihre Wiege und krochen zwischen den Aesten hinaus, wurden hier aber bald gefangen. Das Nest enthielt noch drei Kukuke, jedoch alle von verschiedener Größe. Der kleinste von ihnen war anscheinend eben erst ausgekrochen, der nächstfolgende sicherlich auch nur ein paar Tage alt, während der größte von ihnen, welcher schon ziemlich befiedert war, im Verlaufe einer Woche hätte ausfliegen können. Neben diesen Jungen lagen auch noch zwei Eier im Neste, eins, welches schon ein Junges enthielt, und ein anderes, welches noch frisch war, also erst kürzlich gelegt sein konnte. Als wir alle die jungen Kukuke neben einander betrachteten, entdeckten wir zu unserer größten Verwunderung, daß auch nicht zwei von ihnen dieselbe Größe hatten. Sie mußten zu verschiedenen Zeiten ausgeschlüpft und die größten drei volle Wochen älter sein als die übrigen. Rhett versicherte mich, dasselbe bei einem zweiten Neste beobachtet zu haben, und erzählte, daß in demselben von einem Paare während einer Brutzeit nach und nach elf junge Kukuke ausgebrütet und groß gezogen worden wären.« Audubons Entdeckung wurde später durch Brewers Beobachtungen bestätigt. »Das Weibchen«, schreibt dieser seinem Freunde, »beginnt offenbar zu brüten, sobald es das erste Ei gelegt hat. Ich habe in dem Neste ein Ei noch frisch gefunden, während in einem zweiten das Junge soeben die Schale durchbrechen wollte, und ebenso habe ich Eier ausgehoben, welche zum Ausschlüpfen reif waren, während nicht bloß kleinere, sondern zum Ausfliegen fertige Junge in demselben Neste saßen.«

Nach Nuttalls ziemlich eingehenden Beobachtungen verläßt der Regenkukuk in der Regel seine Eier, wenn sie berührt werden, bevor er mit dem Brüten begonnen hat, legt dagegen die wärmste Zärtlichkeit gegen seine Jungen an den Tag und erscheint in so großer Nähe eines das Nest beunruhigenden Menschen, daß man ihn fast mit der Hand ergreifen kann. Wie viele andere Vögel auch, fällt unter solchen Umständen eines oder das andere der Eltern zum Boden herab, flattert, taumelt, spiegelt Lahmheit vor und gebraucht sonstige Künste der Verstellung, um den Eindringling von dem Neste abzulocken, gibt auch bei solcher Gelegenheit klägliche Kehllaute zu hören, welche man sonst nicht vernimmt. Während das Weibchen brütet, hält sich das Männchen in seiner Nähe, hält treue Wacht und warnt die Gattin vor jedem sich nahenden Feinde. Nach dem Ausschlüpfen der Jungen vereinigen sich beide in aufopfernder Weise, um die gefräßige Brut groß zu ziehen. Newton bestätigt Nuttalls Angaben, beobachtete aber auch einen Fall von Gattentreue, welcher Erwähnung verdient. Als er ein Männchen erlegt hatte und dieses kreischend zu Boden fiel, erschien das Weibchen augenblicklich und begann, sich verstellend, über den Boden weg zu flattern, ebenso als ob seine Jungen in Gefahr gewesen wären. Ein Nest, welches der letztgenannte Beobachter auffand, stand wenig versteckt auf einem niedrigen Zweige und war so klein, daß es eben nur hinreichte, die drei Eier, nicht aber auch das brütende Weibchen aufzunehmen. Dieses flog nicht eher auf, als bis Newton sein Reitthier dicht unter dem Neste angehalten und den brütenden Vogel fast mit der Peitsche berührt hatte. Nuttall glaubt, daß der Regenkukuk mehr als einmal im Jahre brüte, hat wenigstens noch gegen Ende des August Eier gefunden. Auch die auffallende Angabe, daß auch der Regenkukuk zuweilen in die Nester anderer Vögel legt, rührt von Nuttall her. Ein Ei soll im Neste eines Katzenvogels, ein anderes in dem der Wanderdrossel gefunden worden sein. Kein anderer Beobachter hat ähnliches erfahren.

In Amerika wird der Regenkukuk selten verfolgt, und dies erklärt die geringe Scheu, welche er an den Tag legt. Uebrigens merkt er bald, ob man ihm wohl will oder nicht: Erfahrung witzigt auch ihn. Nach Audubon soll er den Edelfalken oft zur Beute werden.


Auf Jamaika tritt zu dem Regenkukuk ein Verwandter, welcher dort Regenvogel, wissenschaftlich aber Eidechsenkukuk ( Saurothera vetula und jamaicensis, Cuculus vetulus) genannt wird und der Erwähnung verdient. Der Schnabel ist länger als der Kopf, fast vollkommen gerade, dünn, seitlich zusammengedrückt, an der Spitze hakig übergebogen; die Läufe sind kurz und schlank, die Zehen lang und schmächtig, in dem mäßig langen Flügel die vierte, fünfte und sechste Schwinge die längsten; der mehr als mittellange, seitlich stark abgestufte Schwanz wird aus zehn gerundeten Federn gebildet. Das Gefieder des Oberkopfes und Nackens ist schön umberbraun, das der übrigen Obertheile bräunlich aschgrau, das der Unterseite, mit Ausnahme der weißen, zart graulich verwaschenen Kehle und der bräunlichen Halsseiten, schön zimmetrostgelb. Die Schwingen sind dunkel kastanienbraun, an der Spitze olivenbraun wie die beiden mittelsten Schwanzfedern, letztere jedoch durch ihren Erzglanz und das sehr breite weiße Ende ausgezeichnet. Das Auge ist nußbraun, der Augenring scharlachroth, der Schnabel schwärzlich, der Fuß bläulichschwarz. Männchen und Weibchen unterscheiden sich nicht durch die Färbung. Die Länge beträgt vierzig, die Breite sechsunddreißig, die Fittiglänge zwölf, die Schwanzlänge siebzehn Centimeter.

»Ein oder zwei Tage nach meiner Ankunft auf Jamaika«, erzählt Gosse, »unternahm ich in Gesellschaft eines kleinen Knaben einen Ausflug nach einem Hügel, welcher theilweise mit fast undurchdringlichem Dickicht bestanden war. Als wir doch eindrangen, bemerkte ich einen sonderbaren Vogel wenige Meter vor uns, welcher uns scheinbar mit der größten Theilnahme beobachtete. Mein kleiner Freund belehrte mich, daß es der Regenvogel sei, welcher jedoch auch, seiner albernen Neugier halber, ›närrischer Thomas‹ genannt werde. Ohne weitere Worte zu verlieren, ergriff der Bube einen Stein und schleuderte denselben mit so großer Sicherheit nach dem wißbegierigen Vogel, daß dieser zu Boden stürzte, und ich somit die erste Frucht meines Sammeleifers erlangte.

»Seitdem habe ich den ›närrischen Thomas‹ oft gesehen, aber immer in derselben Weise von Zweig zu Zweig hüpfend oder mit Leichtigkeit an den dünnen Schößlingen emporklimmend, den ihm sich nahenden Menschen anstarrend und, wenn aufgescheucht, bloß ein paar Schritte weiter fliegend und wiederum vor sich hinglotzend. Man begegnet ihm überall, aber nur im Niederwalde. Im Einklange zu seinen kurzen, hohlen Flügeln, welche an die der Hühner erinnern, sieht man den Eidechsenkukuk selten fliegen, außer von einem Baume zum anderen. Häufiger bewegt er sich schlüpfend und kletternd durch das Gezweige. Wenn er fliegt, gleitet er in einer fast geraden Linie ohne Flügelschlag dahin. Oft sieht man ihn in sonderbarer Stellung auf einem Zweige sitzen, den Kopf tiefer als die Füße niedergesenkt und den Schwanz fast senkrecht herabhängend. Im Sitzen läßt er dann und wann auch ein lautes Gegacker vernehmen, dessen Klang nicht abändert, aber verschieden rasch, mit deutlich geöffnetem Schnabel ausgestoßen wird und den aufs schnellste ausgesprochenen Silben ›Tiki tiki tiki‹ ähnelt. Zuweilen vernimmt man diese Laute auch während eines seiner kurzen Flüge. Nicht selten bemerkt man den Vogel auf dem Boden, wo er sich sprungweise bewegt, den Kopf niedergesenkt, den Schwanz etwas erhoben.«

Die Nahrung besteht nicht bloß aus Kerbthieren verschiedener Art, sondern auch aus mancherlei Wirbelthieren, namentlich aus Mäusen, Eidechsen und dergleichen. Robinson zog aus dem Magen eines von ihm getödteten eine zwanzig Centimeter lange Saumfingereidechse heraus, welche so aufgerollt war, daß der Kopf des Kriechthieres in der Mitte lag. Der Vogel soll zuerst den Kopf der Eidechse zerquetschen und sodann, ihn voran, das ganze Thier verschlingen.

Gosse fand ein aus Wurzeln, Fasern, Moos und Blättern bestehendes Nest in einem Gabelaste mit einem auf lichtem Grunde gefleckten Ei und erfuhr von Hill, daß das Männchen vor der Paarung durch anmuthige Bewegungen und indem es den Schwanz und die Flügel ausbreite und das Gefieder sträube, dem Weibchen seine Liebe erkläre.

Gefangene, welche Hill besaß, lebten mehrere Wochen und fraßen Kerbthiere und Fleischstückchen. Unmittelbar nach dem Fange schrieen sie ärgerlich, waren wüthend und versuchten mit weit geöffnetem Schnabel zu beißen. Ganz außerordentlich soll, nach Gosse, die Lebensfähigkeit dieser Vögel sein: verwundete, welche unser Forscher erhielt, konnten von ihm kaum getödtet werden.


Zu den absonderlichsten aller Kukuke gehören einige auf den Süden Nordamerikas beschränkte Mitglieder dieser Unterfamilie, die Erdkukuke ( Geococcyx). Sie kennzeichnen außer ihrer bedeutenden Größe der mehr als kopflange, kräftige, seitlich zusammengedrückte, an der Spitze hakig gebogene Schnabel, die sehr hochläufigen, aber kurzzehigen, mit großen Nägeln bewehrten, vorn durch Platten getäfelten Füße, die ungewöhnlich kurzen, ausgehöhlten Flügel, unter deren Schwingen die fünfte, sechste und siebente, unter sich fast gleichlangen, die anderen überragen, der lange, aus schmalen, stark abgestuften Federn gebildete Schwanz und das reiche, lockere, auf dem Hinterkopfe zu einer kurzen Haube verlängerte und um den Schnabelrand zu kurzen Borsten umgewandelte Gefieder.

siehe Bildunterschrift

Hahnkukuk ( Geococcyx californianus), ¼ natürl. Größe.

Der Hahnkukuk ( Geococcyx californianus, maximus und variegatus, Cuculus viaticus, Saurothera californiana und Bottae, Leptosoma longicauda), eines der größten Mitglieder der Familie, erreicht eine Länge von funfzig bis sechzig Centimeter, wovon auf den Schwanz einunddreißig bis fünfunddreißig Centimeter kommen, wogegen die Flügel nur siebzehn Centimeter lang sind. Das Gefieder ist bunt, aber düsterfarbig, der Oberkopf schwarz, jede Feder breit rostfarben gekantet, ein aus fahlweißen Federspitzen gebildeter Augenstreifen hell, aber undeutlich, der Mantel schwarz, jede seiner Federn seitlich breit rostfarben gesäumt, die Kopfseiten weißlich, ein undeutlicher Ohrstrich dunkel, der Vordertheil der Unterseite rostfarben, jede Feder schmal gesäumt, die übrige Unterseite weißlich, der Bürzel graubraun. Die schwarzen Schwingen schimmern stahlgrün, und die hintersten Armschwingen zeigen wie die oberen Flügeldecken breite weißliche Seitenränder; ein Mittel- und Spitzenfleck der Außenfahne der Schwingen und die Schwingendecken am Ende sind breit weiß, wodurch drei helle Querbinden über dem Flügel entstehen, die Schwanzfedern endlich stahlviolettblau mit weißem Endtheile, die beiden mittelsten stahlgrün mit weißem Seitenrande. Die Iris ist braun, der nackte Augenkreis gelb, der Schnabel wie der Fuß hellbläulich.

Der Hahnkukuk verbreitet sich vom südlichen Kalifornien und dem mittleren Texas an bis Mejiko, ist seiner auffallenden Gestalt und seines eigenartigen Wesens halber überall wohl bekannt und führt bei den Eingeborenen wie bei den Eingewanderten verschiedene Namen. So heißt er in Mejiko der »Bauersmann« oder der »Wegläufer«, in Texas der »Wegrenner« oder der »Steppenhahn«, in Kalifornien endlich der »Grundkukuk«, abgesehen selbstverständlich noch von den Namen, welche er bei den eingeborenen Stämmen führt. Man begegnet ihm im ganzen nördlichen Mejiko, Texas und Kalifornien, in einzelnen Gegenden, beispielsweise in Arizona und Neu-Mejiko, in besonderer Anzahl. Seine kurzen Flügel gestatten ihm nur höchst beschränkten Flug, die langen Lauffüße dagegen außerordentlich schnelle Bewegung auf dem Boden. Er gehört deshalb zu den Standvögeln im vollsten Sinne des Wortes und wechselt das einmal bewohnte Gebiet bloß im höchsten Nothfalle mit einem anderen. Mit seinesgleichen hält er wenig Gemeinschaft. Jeder einzelne lebt für sich und treibt sich möglichst still und verborgen auf seinem Wohnplatze umher. Ungestört sieht man ihn hier gemächlich auf- und niederwandeln, den langen Schwanz meist gestelzt, den Vordertheil des Körpers etwas niedergebeugt, jedoch in mancherlei Stellungen sich gefallend. Ganz anders bewegt sich derselbe Vogel, wenn er sich bedroht fühlt. Im Laufe nimmt er es fast mit dem Rennpferde auf, wird wenigstens in dieser Beziehung von keinem anderen nordamerikanischen Vogel erreicht, geschweige denn übertroffen. Denn er vermag springend bis zu drei Meter über dem Boden sich zu erheben und demzufolge, obgleich er zur Unterstützung des Sprunges nur einen Augenblick die Flügel breitet, wirklich gewaltige Sätze auszuführen. Er ist nebenbei aber auch im Stande, fliegend dahin zu eilen, obschon er der kurzen Schwingen halber selten mehr als zwei Meter hoch über dem Boden wegstreicht. Seine eigenartige Bewegungsfähigkeit verleitet die Mejikaner nicht selten zu einer Hetzjagd, welche wohl weniger des zu erlangenden Fleisches halber als in der Absicht unternommen wird, die Geschicklichkeit des Reiters gegenüber einem so ungemein behenden Vogel zu zeigen. Oberst Mac Call erzählt, daß er bei einer Gelegenheit einen Wegläufer auf offener Straße bemerkt und zu seinem Vergnügen die Jagd auf ihn begonnen habe. Der Vogel befand sich ungefähr hundert Meter vor dem Pferde und begann zu flüchten als er dieses hinter sich her rennen sah. Volle vierhundert Meter verfolgte der genannte den Kukuk auf dem schmalen und engen Wege, auf welchem dieser mit ausgestrecktem Nacken und leicht entfalteten Flügeln springend dahin eilte; aber einzuholen vermochte der Reiter ihn nicht, und als er endlich in einem Dickichte Zuflucht suchte, hatte er nicht mehr als funfzig Meter verloren. Dresser versichert, ihn in gleicher Weise oft gejagt, niemals aber gesehen zu haben, daß er auch bei der eiligsten Flucht die Flügel zu Hülfe nehmen mußte.

Allerlei Kerb- und Weichthiere, insbesondere Schnecken bilden die gewöhnliche Nahrung des Hahnkukuks. Die Schnecken werden in der Regel erst auf bestimmten Plätzen enthülst, und man findet daher in den von solchen Kukuken bewohnten Waldungen vielfach die Ueberreste seiner Mahlzeiten. Außer besagtem Kleingethier geht unser Vogel aber auch kleinere Wirbelthiere, insbesondere Kriechthiere, an und gilt in den Augen der Mejikaner geradezu als einer der hauptsächlichsten Vertilger der ebenso gefürchteten als verhaßten Klapperschlangen, welche er, wenigstens so lange sie noch jung sind, ohne Schwierigkeit bewältigen soll. Dank der Gewandtheit im Springen erwischt der Kukuk, wie man sagt, nicht selten auch fliegende Beute, steht überhaupt an Gefräßigkeit und Raublust, ebenso an Raubtüchtigkeit anderen Mitgliedern seiner Familie nicht im geringsten nach. Die einzigen Laute, welche man bis jetzt bei den Erdkukuken beobachtet hat, bestehen in einem schwachen, selten ausgestoßenem Geschrei oder in einem Girren, welches dem einer Taube bis zum Verwechseln ähnelt und durch Heben der Haube und Stelzen des Schwanzes begleitet wird.

Ueber die Fortpflanzung des Vogels fehlen eingehende Berichte. Herrmann fand ein leicht aus Zweigen zusammengebautes Nest zwischen dem Blattwerke eines Kaktus, welches zwei große weiße Eier enthielt.

Die Zuneigung, welche die Mejikaner dem Erdkukuke geschenkt haben, begründet sich auch auf die Leichtigkeit, mit welcher er sich zu einem halben Hausthiere gewinnen läßt. Man hält ihn häufig in Gefangenschaft, und er gewöhnt sich binnen kurzer Zeit derartig an die veränderten Verhältnisse, daß man ihm nicht allein gestatten darf, nach Belieben im Hause umherzulaufen, sondern auch in Hof und Garten sich zu bewegen. Einmal eingewöhnt, wird er auch hier bald heimisch und erwirbt sich durch Aufzehrung von Mäusen, kleinen Schlangen und anderen Kriechthieren, Kerfen aller Art und sonstigem Ungeziefer wirkliche Verdienste, eingebildete aber durch sein Fleisch, welches von den Mejikanern als in vielen Krankheiten besonders heilsam angesehen wird und ihm zwar die Ehre, zum Hausgenossen erhoben zu werden, einbringt, aber auch das Loos, gegebenen Falles das Leben lassen zu müssen, bereitet. An mehreren von ihnen hat man beobachtet, daß sie mit der erhaschten Beute eine Zeitlang spielen, wie die Katze mit der Maus, und sie dann mit Haut und Haaren verschlingen.

Ein gefangener Erdkukuk, welchen Dresser pflegte, durfte zuletzt nicht mehr ohne Aufsicht gelassen werden, weil er die verschiedenartigsten Gegenstände stahl oder spielend verdarb. Gegen einen zahmen Papagei bekundete er die größte Abneigung, sträubte die Federn, sobald jener frei gelassen wurde, gerieth in höchsten Zorn und entwich endlich, um sich entweder zu einem der Nachbarn oder auf seinen beliebtesten Ruheplatz, die Firste des Hauses, zu begeben.


Höchst eigenthümliche Kukuksvögel sind ebenso die Madenfresser ( Crotaphagae), eine wenig zahlreiche, auf Süd- und Mittelamerika beschränkte Unterfamilie. Sie kennzeichnen sich durch gestreckten Leib, starken, auf der Firste zu einem scharfen Kamme erhöhten Schnabel, kräftige, paarzehige Füße, deren Außenzehe nach hinten gewendet ist, mittellange Flügel, langen, breiten, stumpf gerundeten Schwanz, welcher nur aus acht Federn gebildet wird, und derbes, aber kleinfederiges, mehr oder weniger glänzendes Gefieder, welches an der Schnabelwurzel borstig ist und die Zügel- und Augengegend kahl läßt. Das Innere des Oberschnabels ist hohl, und die Hornmasse selbst besteht aus sehr dünnwandigen Zellen, fast wie bei den Pfefferfressern und Hornvögeln. An erstere erinnern die Madenfresser auch durch das knapp anliegende Gefieder, welches ihren Leib beständig mager erscheinen läßt, und so hat man sie gewissermaßen als ein Uebergangsglied von anderen Kukuksvögeln zu den Tukans anzusehen.

Die Lebensweise hat etwas sehr auffallendes; denn die Madenfresser leben durchaus nicht nach anderer Kukuke Art, sondern eher in derselben Weise wie unsere Elstern oder Krähen, gleichen aber auch wiederum den Pfefferfressern. Man sieht sie immer in Gesellschaft, und zwar in der Nähe menschlicher Wohnungen ebensowohl wie im Inneren der Steppenwaldungen; am liebsten aber treiben sie sich in der Tiefe der Thäler auf feuchten Wiesenplätzen umher, und regelmäßig gesellen sie sich den Viehherden. Die Nähe des Menschen scheuen sie nicht, bekunden im Gegentheile zuweilen eine Dreistigkeit, welche uns geradezu unbegreiflich erscheint. Ihre Fortpflanzung ist ebenso eigenthümlich wie sie selbst. Die Madenfresser brüten nicht bloß in Gesellschaften, sondern in einem und demselben Neste, in welchem viele Weibchen ihre Eier ablegen, das Brutgeschäft gemeinschaftlich besorgen und die Jungen groß ziehen. Dank ihrer Allgegenwart, ihrer Lebendigkeit und ihrem lauten Rufen machen sie sich jedermann bemerklich, und so sind sie denn auch vielfach beobachtet worden, namentlich von Azara, Humboldt, dem Prinzen von Wied, Schomburgk, d'Orbigny, Gosse, Burmeister, Newton, Euler, Gundlach und anderen. Aus den Berichten dieser Naturforscher geht hervor, daß die Lebensweise der verschiedenen Arten im wesentlichen dieselbe ist, so daß man, wahrscheinlich ohne einen Fehler zu begehen, das von dem einen bemerkte auf die anderen übertragen kann. Dies gilt wenigstens für diejenigen Mitglieder, welche der Familie ihren Namen verliehen haben.

 

Die Madenfresser ( Crotophagae) zeigen in der Gestalt entfernte Ähnlichkeit mit unserer Elster. Sie sind schlank gebaut, kleinköpfig, kurzflügelig, langschwänzig und hochbeinig. Der kopflange Schnabel ist hoch, weil die Firste in der Wurzelnähe scharfkantig, kammartig sich erhebt und noch eine Strecke auf der Stirn sich fortsetzt, die Spitze des Schnabels stark herabgebogen, der Kieferrand glatt, der Fuß hoch und kräftig, seine äußere Vorderzehe ungefähr noch einmal so lang als die innere, und die nach hinten gewendete Außenzehe ungefähr ebenso lang wie die eigentliche Hinterzehe, der Flügel nach Verhältnis lang, wenigstens über die Schwanzwurzel hinab reichend, im Fittige die vierte Schwinge die längste, der Schwanz endlich ungefähr ebenso lang wie der Rumpf, an den beiden äußersten Federn etwas verkürzt.

Die drei Arten, welche Südamerika und Brasilien insbesondere bewohnen, unterscheiden sich hauptsächlich durch Größe und Schnabelbildung.

 

Die bekannteste und verbreitetste Art der Sippe und Unterfamilie ist der Ani der Brasilianer ( Crotophaga Ani, rugirostris, laevirostris und minor). Seine Länge beträgt fünfunddreißig, die Breite vierzig, die Fittiglänge dreizehn, die Schwanzlänge siebzehn Centimeter; der Ani kommt also, trotz seines längeren Schwanzes, unserem Kukuk kaum an Größe gleich. Die tiefschwarzen Federn schimmern auf dem Flügel und dem Schwanze in stahlblauem Scheine, die des Kopfes und Halses enden mit breiten, erzbraunen, die des Mantels und der Schultern, des Kropfes und der Brust mit breiten, schwarzblau scheinenden Säumen. Der Schnabel ist von der Wurzel an mit einem hohen, scharfen Kiele, vor der Spitze mit einer sanften Ausbuchtung versehen, an den Seiten glatt und ohne Längsfurchen, seine Färbung wie die der Beine schwarz, die des Auges graubraun.

Der Ani verbreitet sich über den größten Theil Südamerikas östlich der Kette der Andes. Sein Wohngebiet reicht vom Osten Brasiliens bis Mittelamerika, einschließlich Westindiens und der Antillen. Gelegentlich kommt er auch in den südlichen Vereinigten Staaten vor. In Brasilien findet er sich überall, wo offene Triften mit Gebüschen und Vorwaldungen abwechseln, meidet aber entschieden die großen geschlossenen Wälder; in Guayana tönt sein heiseres Geschrei dem Reisenden entgegen, sobald er die Ansiedelung verlassen hat; auf Jamaika sieht man ihn auf allen Ebenen, insbesondere in den Steppen und auf den Weiden, welche von Roß- und Rinderherden besucht werden, und zwar so häufig, daß Gosse behaupten kann, er sei möglicherweise der gemeinste aller Vögel der Insel. Auch auf St. Croix ist er sehr häufig und wegen seiner auffallenden Erscheinung allgemein bekannt.

siehe Bildunterschrift

Ani ( Crotophaga Ani). ½ natürl. Größe.

Sein Betragen ist nicht unangenehm. »Der Ani«, sagt Hill, »ist einer meiner Lieblinge. Andere Vögel haben ihre Jahreszeit, aber die Madenfresser sind beständige Bewohner des Feldes und während des ganzen Jahres zu sehen. Wo immer es offenes Land und eine Weide gibt, welche mit einigen Bäumen oder Sträuchern bestanden ist, da bemerkt man auch gewiß diese geselligen Vögel. Dreist und anscheinend furchtlos, verabsäumen sie nie, die Ankunft eines Menschen durch lautes Geschrei anzuzeigen. Nach einem vorübergegangenen Gewitter sind sie gewiß die ersten, welche das Dickicht verlassen, um ihre Schwingen zu trocknen und hierauf im freien Felde sich wieder zu zeigen; selbst die stets sangfertige Spottdrossel thut es ihnen nicht zuvor. ›Qui jotsch qui jotsch‹ hört man von einem nicht fernen Gebüsche, und ein kleiner Flug von Madenfressern wird sichtbar, mit lang ausgestrecktem Schwanze einem Platze zugleitend, auf welchem die Frische und Feuchtigkeit der Erde das Kerbthierleben geweckt hat. Die Sonne sendet ihre Strahlen schief auf die Ebene hernieder, die Seebrise verbreitet ihre Frische, und ein schnell und ängstlich wiederholtes ›Qui jotsch qui jotsch‹ wird wieder vernommen. Ein Falk stiehlt sich geräuschlos an der Buschgrenze dahin und schwebt gelegentlich über die Savanne hinaus; die Sturmglocke der schwarzen Vögel aber ist längst der gesammten Bewohnerschaft des Feldes geläutet worden: nicht ein Laut wird mehr gehört und nicht ein einziger Flügel bewegt! In den glühend heißen Tagen, wenn kein Thau mehr fällt und die ganze Pflanzenwelt verschmachtet, sieht man die Madenfresser in früher Nachmittagsstunde den Flüssen sich zuwenden und hier in kleine Gesellschaften zertheilen. Haben sie einen Ort erkundet, wo ein entwurzelter Baum in den Strom gefallen ist, so gewahrt man sie jetzt, in den verschiedensten Stellungen sitzend, den Schwanz nach oben richtend und von dem Gezweige aus trinkend, oder still und in sich gekehrt, das Gefieder säubernd und sich auf dem Sande des Ufers beschäftigend. Hier verweilen sie bis gegen Sonnenuntergang, dann fliegen sie nach einigem Zaudern von dannen, nachdem einer des Haufens das Zeichen gegeben, daß es nun Zeit ist, die nächtliche Ruhe zu suchen.« Andere Beobachter sprechen sich in ähnlicher Weise aus. »Sie sind ein höchst anziehendes Völkchen«, schildert Schomburgk, »deren ewig geschäftigem Treiben man stundenlang zusehen kann. Behend umhüpfen sie die Rinderherden oder schlüpfen sie durch das Gras, um Grillen und andere Kerbthiere zu fangen. Geht es aber zur Flucht, dann hört ihre Schnelligkeit auf, da ihre Flügelmuskeln gerade nicht die stärksten sind und ihnen bald den Dienst versagen. Am häufigsten findet man sie an den Waldungen, Umzäunungen der Savannenflüsse, wo sie unter wildem Lärm von Strauch zu Strauch fliegen, seltener in der offenen Savanne und in dem Inneren des Waldes.« Gosse fügt vorstehendem noch einiges hinzu. »Sie lieben es, morgens auf niederen Bäumen mit ausgebreiteten Schwingen sich zu sonnen und verweilen in dieser Stellung oft lange Zeit vollkommen ruhig. In der Hitze des Tages sieht man viele in den tieferen Ebenen, auf den Umzäunungen oder Hecken sitzend, den Schnabel weit geöffnet, als ob sie nach Luft schnappten. Dann scheinen sie ihre gewöhnliche Geschwätzigkeit und Vorsicht gänzlich vergessen zu haben. Manchmal spielen zwei oder drei inmitten eines dicken, von Schlingpflanzen umwobenen Busches Verstecken und stoßen dann plötzlich ihr sonderbares Geschrei aus, gewissermaßen in der Absicht, andere aufzufordern, sie zu suchen.« Gundlach, welcher den Ani auf Cuba beobachtet hat, hebt ebenfalls die Neigung gesellig zu leben hervor und bemerkt, daß die Anis familienweise von einer Stelle zur anderen ziehen, jedoch stets innerhalb eines kleinen Wohngebietes bleiben. Da sie viel zusammenleben, muß natürlicherweise eines der Glieder der Gesellschaft eine annähernde Gefahr bemerken und das Lärmzeichen geben; dieses ahmen alle nach, bevor sie sich entfernen, und daher rührt zum guten Theile ihr beständiges Schreien her. Letzteres kann zwar sehr ergötzlich sein, einen Jäger aber auch oft in empfindlicher Weise ärgern, weil das Wild auch hier das Geschrei der wachsamen Vögel als Warnung betrachtet und vor dem Jäger sich zurückzieht.

In ihren Bewegungen sind sie keineswegs ungeschickt. Auf dem Boden hüpfen oder springen sie gewöhnlich umher, indem sie die Füße gleichzeitig erheben; gelegentlich aber sieht man sie auch über Hals und Kopf dahinrennen und dann mit einem Fuße um den anderen ausschreiten. Im Gezweige der Bäume klettern sie ziemlich behend umher, und zwar ebenso kopfaufwärts wie umgekehrt. Sie fußen auf dem Ende eines Hauptzweiges, gewinnen die Mitte der Krone, indem sie rasch auf dem Zweige dahinlaufen, durchsuchen den ganzen Baum ordentlich nach Kerbthieren und verlassen ihn von der anderen Seite, entweder einzeln in derselben Ordnung oder plötzlich alle zusammen unter lautem Geschrei. Der Flug ist schwerfällig, langsam und unregelmäßig; der fliegende Ani sieht dabei auch sonderbar aus, weil er den dünnen Leib mit dem langen Schwanze, dem großen Kopfe und dem gewaltigen Schnabel gerade ausstreckt und die Schwingen nur wenig bewegt und so, wie Gosse sagt, eher einem Fische als einem Vogel ähnelt.

Ani und Sperlingsfalk müssen, laut Newton, am meisten unter den Angriffen eines Tyrannen leiden. Es ist schwer zu sagen, ob der Ani oder gedachter Tyrann dem Beobachter das meiste Vergnügen gewährt. Wenn eine frische Brise weht, ist jener wegen seines langen Schwanzes und der kurzen Flügel geradezu hülflos, verliert gänzlich seine Geistesgegenwart und fliegt mit dem Winde, während das Gegentheil das beste wäre. Dann erscheint der Tyrann und versetzt ihm derartige Stöße, daß ihm nichts übrig bleibt, als sich in eine unerquicklich aussehende Dornhecke oder in das Gras herabzustürzen. Eine Folge dieser Abenteuer ist, daß sein Gefieder, namentlich das des Schwanzes, sehr leidet. Man kann wirklich kaum einen einzigen bekommen, dessen Steuer in gutem Zustande ist.

Der sonderbare Ruf, welcher alle Augenblicke vernommen wird, klingt wie der Name des Vogels durch die Nase gesprochen, nach Kittlitz wie »Tru- i tru- i«, nach Azara wie »Oooi« oder »Aani«, nach Prinz von Wied wie »Ani« oder »A i«, nach Gundlach wie das Wort »Ju-dio«, angenehm aber sicher nicht, da die Ansiedler den Vogel deshalb, laut Schomburgk, »alte Hexe« zu nennen pflegen. Zur Zeit der Liebe hört man, nach Gundlach, andere Laute, welche eine Art Gesang bilden, als solcher mindestens dann erscheinen, wenn mehrere zu gleicher Zeit singen. Diese Töne sind Kehllaute und werden nur auf eine kurze Strecke hin vernommen.

Die Nahrung ist gemischter Art. Kriechthiere, Kerfe und Würmer bilden wahrscheinlich das Hauptfutter; zeitweilig aber halten sich die Madenfresser fast ausschließlich an Früchte. Die Forscher fanden in dem Magen der von ihnen getödteten die Reste verschiedener Kerbthiere, namentlich der Heuschrecken, Schmetterlinge, Fliegen und dergleichen, aber auch Beeren verschiedener Art und andere Früchte. Den Kühen lesen sie die Schmarotzer ab, und deshalb eben halten sie sich gern auf Weiden auf. Man sieht sie auf dem Viehe umherlaufen, ohne daß dieses Unwillen bekundet; zuweilen hängen mehrere Vögel zu gleicher Zeit auf ein und demselben Rinde, gleichviel ob es liegt oder sich bewegt. Der Prinz von Wied sah sie in Gesellschaft der Schwarzvögel und des weißen Caracara auf dem Rücken des Rindviehes sitzen; Gosse beobachtete, wie sie eifrig beschäftigt waren, eine Kuh von ihren Quälgeistern zu befreien; auch andere Reisende erwähnen der Freundschaft zwischen ihnen und den Rindern. Uebrigens bedrohen sie nicht bloß laufende Kerbthiere, sondern jagen auch fliegenden nach. »Im December«, sagt Gosse, »habe ich kleine Gesellschaften von ihnen abends beschäftigt gesehen, von einem Zweige aus in die Luft zu fliegen, unzweifelhaft, um schwirrende Kerbthiere zu fangen. Eines Tages im März und Mai wurde meine Aufmerksamkeit auf einige Madenfresser gelenkt, welche einen großen Schmetterling verfolgten, und ein drittes Mal sah ich einen mit einer Wasserjungfer im Schnabel. Ich habe auch gesehen, daß sie gelegentlich kleine Eidechsen bedrohen.«

Ueber die Fortpflanzung liegen ausführliche, aber nicht ganz übereinstimmende Berichte vor. Azara bemerkt, daß der Ani, nicht aber eine andere Art der Gruppe, gesellschaftlich niste; Richard Schomburgk behauptet das Gegentheil, und d'Orbigny bestätigt Schomburgks Angaben. Das Nest des Ani ist, laut Burmeister, im Waldgebiet Brasiliens überall, auch nahe bei den menschlichen Ansiedelungen, in niedrigen Gebüschen zu finden. »Die Vögel, welche sich paarweise zusammenhalten, verrathen seine Stelle durch ihr beständiges Ab- und Zufliegen meist sehr bald. Vielleicht infolge der häufigen Störung, welcher sie hier ausgesetzt sind, bauen die verschiedenen Paare kein großes gemeinschaftliches Nest; vielmehr sind ihre Baue daselbst nur von sehr mäßigem Umfange: sie enthalten in den meisten Fällen nicht mehr als fünf oder sechs Eier. Das von Azara geschilderte Zusammenleben des Vogels in Ansiedelungen mag dagegen an solchen Orten, wo er von Menschen nicht viel beunruhigt wird, zwar ebenfalls noch vorkommen; in Brasilien jedoch ist diese Erscheinung nicht bekannt: ich habe ihrer auch von keinem Brasilianer erwähnen hören, obgleich die Leute gerade solche Einzelheiten der einheimischen Thiere sehr gut zu kennen pflegen und sogleich davon erzählen, wenn man sich bei ihnen nach der Lebensweise der Geschöpfe erkundigt.« Hiermit stimmt die Angabe von Schomburgk überein. »Die Indianer«, sagt er, »behaupten, daß nur eine Art ein gemeinsames Nest baue, während die beiden anderen Arten diese Eigentümlichkeit nicht theilen, indem bei ihnen jedes Pärchen sein eigenes Nest besitzt.« Dagegen theilt uns Gosse folgendes mit. »Die Thatsache, daß der Ani in Gesellschaft baut und ein ungewöhnlich großes Nest aus Zweigen gemeinschaftlich herstellt, wird von allen Ansiedlern bestätigt. Gewöhnlich soll ein hoher Baum zur Anlage gewählt werden.« Hill, dessen Angaben durchaus glaubwürdig sind, bemerkt: »Etwa ein halbes Dutzend von ihnen baut nur ein einziges Nest. Dasselbe ist groß und geräumig genug, um alle aufzunehmen und die gesammte Kinderschar zu beherbergen. Sie betreiben die Bebrütung mit größter Hingebung und verlassen es, so lange sie brüten, niemals, ohne die Eier mit Blättern zu bedecken. Im Juli fand ich ein Nest dieser Vögel. Es bestand aus einer großen Masse von verflochtenen Zweigen, welche mit Blättern ausgekleidet waren. In ihm lagen acht Eier, aber gleichzeitig die Schalenstücke von vielen anderen und noch ein gutes Theil derselben unter dem Baume.« Auch Gundlach bezweifelt das gemeinschaftliche Brüten mehrerer Weibchen nicht; denn er sagt, daß er Nester mit sehr vielen Eiern, unter ihnen auch solche gefunden hat, in denen eine oder einige Lagen Eier mit neuem Stoffe bedeckt waren, weil noch sich hinzudrängende Weibchen fort und fort Niststoffe herbeitrugen. Der Nestbau oder wenigstens die Brutzeit dauert nach den Beobachtungen desselben Forschers auf Cuba vom April bis zum Oktober. Das Nest wird an dicht verzweigte Stellen von Bäumen oder auf Bambusrohr und zwischen dicht verwobene Schlingpflanzen gestellt und besteht aus kleinen Zweigen und trockenen Pflanzen. »Meine sechs Eier des Ani«, fährt Burmeister fort, »sind etwa so groß, wie gewöhnliche Taubeneier. Sie hatten, frisch gelegt, eine völlig weiße Farbe und ein kreidiges Ansehen, wobei jedoch ein grünlicher Ton hindurchschimmerte. Hier und da waren Streifen und Striche in die Oberfläche eingerissen, durch welche ein schönes Seladongrün zum Vorscheine kam. Jede Berührung mit harten Gegenständen zerstörte den weißen Ueberzug und ließ die grüne untere Lage hervortreten; ja, als ich das Ei mit dem Messer schabte, ging der weiße Kreideüberzug vollends herunter. Ich halte denselben hiernach für eine besondere Stoffausscheidung, welche das Ei, während es vor oder in der Kloake verweilt, von dieser erhält, und zwar möchte ich den Stoff mit dem kreidigen Inhalte der Urinmasse vergleichen, womit der Koth der Vögel bekleidet zu sein pflegt. Entfernt man den Ueberzug, so erhält das vorher ganz matte, kreidige Ei einen leichten Glanzüberzug, eine sehr feinporige Oberfläche. Diese Farbe ist bald etwas mehr blaugrün, bald reiner meergrün.« Gundlach nahm auf fast allen Eiern die von Burmeister erwähnten Streifen und Striche wahr und bezweifelt nicht, daß dieselben von den Klauen des Vogels herrühren, welche sie im Laufe der Brutzeit einkratzen. Denn erst nach einigen Tagen bemerkt man besagte Risse in der Kalkschicht, welche das eigentlich blaulichgrüne Ei weiß erscheinen läßt. Newton fand im Juni ein Nest dieser Art. »Ich sah zwei Vögel dicht nebeneinander sitzen und zwar, wie sich später herausstellte, auf dem Neste, welches sich an den Stamm lehnte und von einigen jungen Schößlingen gehalten wurde, in einer Höhe von ungefähr anderthalb Meter über dem Boden. Es war ein roher Bau von Stöcken und Zweigen, groß und tief, theilweise mit trockenen Blättern ausgefüllt, zwischen denen ich vierzehn Eier entdeckte. Das Nest war augenscheinlich gemeinsames Eigenthum. Gewöhnlich saßen zwei oder drei Vögel dicht nebeneinander in ihm und manchmal vier oder fünf und darüber in der Baumkrone; sie schrieen so lange, als ich in der Nähe war.« Die Jungen verlassen, laut Schomburgk, das Nest, ehe sie noch flugfähig sind, und hüpfen in Gesellschaft der Alten mit gleicher Gewandtheit von Zweig zu Zweig. Sobald sich Gefahr naht, erheben sich die Alten mit wildem Geschrei, und in raschen Sprüngen eilen die Jungen vom Gebüsch oder von den Bäumen herab, um, auf dem Boden angekommen, im Grase zu verschwinden.

Dem Menschen gegenüber benehmen sich die Madenkukuke verschieden. Vor Reitern entfliehen sie entweder gar nicht oder doch nur bei großer Annäherung, beziehentlich wenn der Reiter anhält; Fußgängern trauen sie weniger. Da, wo sie wenig mit dem Herren der Erde verkehren, grenzt ihre Dreistigkeit an das unglaubliche. »Gleich mehreren Vögeln dieser Einöden«, berichtet Humboldt, »scheuen sie sich so wenig vor dem Menschen, daß Kinder sie oft mit der Hand fangen. In den Thälern von Aragua, wo sie sehr häufig sind, setzten sie sich am hellen Tage auf unsere Hängematte, wahrend wir darin lagen.« Nur das Pfeifen können sie, wie Schomburgk versichert, nicht vertragen; wenigstens fliegen sie augenblicklich davon, sobald man einen pfeifenden Ton ausstößt. Abgesehen von einzelnen Kubanern, welche ihr Fleisch, trotz seines absonderlichen Geruches, verzehren, es sogar Genesenden als heilsam oder eßlusterregend anpreisen, oder einem über ihr verrätherisches Geschrei entrüsteten Jäger, welcher an ihnen sich rächen will, jagt man die Madenkukuke nicht. Diejenigen, welche man vom Baume herabschießt, fallen nicht immer in die Gewalt des Schützen, weil ihre Lebenszähigkeit erstaunlich groß ist. »Wird der Madenfresser«, berichtet Schomburgk noch, »nicht in den Kopf oder in das Herz geschossen, so kann der Jäger versichert sein, daß er ihn nicht in seine Gewalt bekommt. Mit fabelhafter Schnelligkeit läuft der angeschossene durch das Gebüsch oder Gras dahin, und von zehn bis zwölf, die ich oft auf einen Schuß verwundete, fand ich meist kaum einen oder zwei, wenn ich an die Stelle kam, wo sie herabgefallen waren. Gleich am anderen Tage nach unserer Ankunft in Zuruma schoß ich einen mit der Kugel vom Baume herab. Die Kugel hatte ihm den ganzen Bauch aufgerissen, so daß die Eingeweide heraushingen, und dennoch gelang es mir nicht, den fliehenden und seine eigenen Gedärme hinter sich herschleppenden Vogel einzuholen, bis ihn endlich einer der Indianer weiter als zweihundert Schritte von der Stelle, wo er zur Erde gefallen war, die Eingeweide um das Gestrüpp gewickelt und so an der Flucht verhindert, auffand und mir brachte.«


Afrika, Ostindien, die malaiischen Eilande und Neuholland werden von einer Familie sonderbarer Vögel bewohnt, welche man Kukals oder Sporenkukuke ( Centropodinae) genannt hat. Ihre Gestalt erinnert noch an die anderer Kukuke; der Schnabel ist aber sehr kräftig, kurz, stark gebogen und seitlich zusammengedrückt, der Fuß hochläufig und verhältnismäßig kurzzehig, die Hinterzehe in der Regel mit einem mehr oder weniger langen, fast geraden, spitzigen Sporn bewehrt, der Flügel sehr kurz und abgerundet, der zehnfederige Schwanz mittel- oder sehr lang und ebenfalls abgestuft, das Gefieder merkwürdig harsch, weil alle Federn mehr oder weniger hartschäftig und hartfahnig sind. Die Geschlechter unterscheiden sich nicht durch die Färbung, die Jungen aber auffällig von den Alten, deren Kleid sie, wie es scheint, erst im dritten Lebensjahre anlegen.

Man darf die Kukals als die altweltlichen Vertreter der Fersenkukuke ansehen, da sie in ihren Sitten und Gewohnheiten mannigfach an diese erinnern. Niedere, dicht verschlungene Gebüsche, Rohrdickichte und selbst Graswälder bilden ihren Aufenthalt. Hier rennen sie viel auf dem Boden umher, drängen sich mit mäuseartiger Gewandtheit durch die dichtesten Verfilzungen der Pflanzenwelt, klettern an den Rohrstengeln oder im Gezweige der Büsche empor, durchschlüpfen und durchsuchen auch das Innerste der anderen Vögeln fast unzugänglichen Gebüsche und jagen großen Kerbthieren, Tausendfüßlern, Skorpionen oder selbst Eidechsen und Schlangen nach, plündern Vogelnester aus und verschmähen überhaupt keinerlei thierische Beute, scheinen dagegen Pflanzenstoffe nicht zu berühren. Ihr Flug ist sehr schlecht, und die Schwingen werden deshalb auch nur im äußersten Nothfalle gebraucht. Die Stimme besteht aus eigenthümlichen dumpfen und theilweise bauchrednerischen Lauten. Ihre Nester erbauen sie im dichtesten Gestrüpp, Röhricht oder im Grase, ohne besondere Mühe auf den Bau zu verwenden; doch stellen einige ein Nest her, welches insofern sich auszeichnet, als es überwölbt und mit zwei Oeffnungen versehen wird, von denen die eine zum Ein-, die andere zum Ausschlüpfen dient. Das Gelege besteht aus drei bis fünf weißen Eiern, welche von beiden Eltern bebrütet werden. Die Jungen haben ein wunderliches oder seltsames Aussehen, weil ihre schwarze Haut mit borstenartigen Federn bekleidet und die rothe Zunge an der Spitze schwarz ist. Bernstein war nicht wenig verwundert, als er das erste Nest einer indischen Art mit Jungen fand, und diese schwarzen Thiere bei weit geöffnetem Schnabel ihm die feurigen Zungen entgegenstreckten.


Während meines Aufenthaltes in Afrika habe ich eine dort häufige Art, den Sporenkukuk ( Centropus senegalensis, Cuculus senegalensis, aegyptius, Houhou und pyrrholeucus, Corydonix, Centropus und Polophilus aegyptius), kennen gelernt. Er gehört zu den Arten mit verhältnismäßig kurzem Schwanze und vorherrschend röthlichbraunem Gefieder, welche gegenwärtig in der Sippe der Sporenfüße ( Centropus) vereinigt werden. Oberkopf, Nacken, Hinterhals und Kopfseiten sind schwarz, Mantel, Schultern und Flügel schön rostrothbraun, die Schwingen an der Spitze dunkelbraun verwaschen, die Unterteile rostgelb, auf Bauch und Seiten etwas dunkler, die oberen Schwanzdecken und Steuerfedern schwarz mit grünlichem Metallscheine, die unteren Schwanzdecken dunkelbraun. Ueberall treten die Federschäfte, deren Färbung der Umgebung entspricht, glänzend hervor. Das Auge ist prächtig purpurroth, der Schnabel schwarz, der Fuß dunkel braungrau. Die Länge beträgt 37, die Breite 43, die Fittiglänge 14, die Schwanzlänge 19,5 Centimeter; doch ändert die Größe vielfach ab.

siehe Bildunterschrift

Sporenkukuk ( Centropus senegalensis). ½ natürl. Größe.

Der Sporenkukuk ist in Nordostafrika an geeigneten Oertlichkeiten nicht selten und namentlich in Egypten stellenweise eine sehr gewöhnliche Erscheinung. Hier lebt er fast ausschließlich da, wo es größere Rohrwaldungen gibt; im Sudân bewohnt er, beziehentlich ein ihm sehr nahe stehender Verwandter, die unzugänglichsten Dickichte, da er wie eine Ratte durch die Lücken in den scheinbar undurchdringlichen Gebüschen zu kriechen versteht, gleichviel, ob die Gebüsche dornig sind oder nicht. Er klettert und schlüpft, drängt und zwängt sich wie ein Mäusevogel durch das ärgste Dickicht, kommt nach geraumer Zeit hier und da zum Vorscheine, haspelt sich bis zu einer gewissen Höhe empor, hält sitzend und fast bewegungslos eine Zeitlang Umschau und verschwindet dann wieder im Inneren seiner Buschfestungen oder fliegt langsam, mehr schwebend und gleitend als flatternd, einem zweiten Busche zu, falls er es nicht vorzieht, den Weg laufend zu durchmessen. Mit den eigentlichen Kukuken hat er in seinem Wesen keine Aehnlichkeit; denn er ist ein ruhiger, stiller, langweiliger Geselle, welcher sich wenig bemerklich macht und seine Geschäfte möglichst heimlich betreibt. Seine Nahrung besteht aus Kerbthieren mancherlei Art, wahrscheinlich vorzugsweise aus Ameisen, nach denen er zuweilen in widerwärtiger Weise stinkt. Ein nicht unbeträchtlicher Theil seiner Beute mag auch in Schnecken und anderen Weichthieren bestehen, da alle Sporenkukuke derartige Nahrung mit Vorliebe genießen. Heuglin versichert zwar, in dem Magen des bereits erwähnten Verwandten niemals Weichthiere gefunden zu haben, obgleich letztere gerade dort im Ueberflusse vorkommen, wo besagter Sporenkukuk sehr häufig ist; Schweinfurth aber bemerkt von demselben Vogel ausdrücklich, daß ihm zwei große Arten von Landschnecken, deren Länge elf beziehentlich acht Centimeter beträgt, zur Nahrung dienen, und er mit Vorliebe die leckere Kost verzehrt.

Wie alle Arten seiner Familie hält sich auch der Sporenkukuk streng paarweise. Wenn man den einen Gatten aufgefunden hat, darf man darauf rechnen, auch den zweiten gewahr zu werden. Nur die Jungen schweifen längere Zeit, vielleicht jahrelang, einsam umher. Das Nest habe ich ein einziges Mal gefunden, und zwar im Delta in der dichten Krone eines Oelbaumes. Es bestand fast ausschließlich aus den Hüllen der Samenkolben des Mais und enthielt Ende Juli vier halberwachsene Junge, von denen wir das eine längere Zeit bei einfacher Kost am Leben erhielten. Die Eier sind mir unbekannt.

In Nordostafrika denkt niemand daran, den Sporenkukuk zu verfolgen: man betrachtet auch ihn mit der Gleichgültigkeit, welche man gegen die meisten Vögel an den Tag legt. Im Osten Afrikas soll er oder ein Verwandter von ihm mit mißgünstigen Augen angesehen werden, unzweifelhaft deshalb, weil sein stinkendes Fleisch sich in keiner Weise zur Benutzung eignet. Welche Feinde den Vogel bedrohen, vermag ich nicht zu sagen. Ich habe nie gesehen, daß einer der Falken auf ihn Jagd gemacht hätte. Die dornigen Gebüsche, in denen er lebt, sind sein bester Schutz.

So viel ich mich erinnere, habe ich den Sporenkukuk nur einmal und bloß kurze Zeit im Käfige gehalten. Daß er sich ohne sonderliche Umstände eingewöhnen läßt, beweisen gefangene, welche in verschiedenen Thiergärten gelebt haben und mit rohem Fleische ernährt wurden. Seine Eigenheiten kann der Vogel im Käfige allerdings nicht zur Geltung bringen; demungeachtet fesselt er jeden kundigen Beobachter durch seine Haltung und die Gewandtheit, mit welcher er läuft, hüpft, klettert und turnt. Ihm gegenüber erscheint unser Kukuk als ein höchst langweiliger Gesell.


Die australischen Arten der Unterfamilie hat man Fasankukuke( Polophilus) genannt, weil sie sich von den übrigen durch bedeutende Größe und kurzen, dicken, stark gekrümmten Schnabel einigermaßen unterscheiden. Der Fasankukuk ( Centropus phasianus, Cuculus phasianus, phasianinus und giganteus, Polophilus phasianus, variegatus, gigas, leucogaster, melanurus und macrurus, Corydonix phasianus) ist vorwiegend schwarz gefärbt und in gewissem Sinne durch die glänzend hervortretenden Federschäfte gezeichnet. Die Flügel zeigen auf rostbraunem Grunde rostweißliche, schmal schwarz gesäumte Querflecke, welche sich zu verworrenen Querbinden gestalten, die auf der Innenfahne zimmetrostrothen Schwingen in der Endhälfte schwarze, die oberen Schwanzdecken und die beiden mittelsten Steuerfedern auf schwarzem Grunde rostbraune und rostweißliche, dunkel gemarmelte, die äußeren Steuerfedern verwaschen rostbraune, fahlweiß gefleckte Querbinden. Das Auge ist roth, der Schnabel schwarz, der Fuß bleifarbig. Das größere Weibchen unterscheidet sich in der Färbung nicht vom Männchen. Im Jugendkleide ist die Oberseite röthlichbraun, die Unterseite fahlgrau. Die Länge beträgt dreiundsechzig, die Fittiglänge sechsundzwanzig, die Schwanzlänge siebenunddreißig Centimeter.

Ueber die Lebensweise hat Gould berichtet. Der Fasankukuk findet sich in sumpfigen, mit Buschholz, Gras und Röhricht üppig bewachsenen Gegenden und hält sich hier fast ausschließlich auf dem Boden auf, über welchen er mit Leichtigkeit dahinrennt. Nur im Nothfalle fliegt er auf höhere Bäume, zunächst auf die unteren Zweige und nach und nach hüpfend weiter nach oben, bis zu den höheren Aesten empor. Erst vom Gipfel aus streicht er trägen Fluges nach anderen Bäumen hinüber.

siehe Bildunterschrift

Fasankukuk ( Centropus phasianus). ⅓ natürl. Größe.

Das sehr große Nest steht mitten in einem Graspolster, zuweilen unter den Blättern eines Pandanus, ist aus trockenen Gräsern gebaut und oben zugewölbt, aber mit zwei Oeffnungen versehen, durch welche das Weibchen beim Brüten den Kopf und den Schwanz steckt. Die drei bis fünf Eier sind rundlich, rauhschalig und schmutzigweiß von Farbe. Auch der Fasankukuk läßt sich ohne sonderliche Umstände an die Gefangenschaft und passende, leicht zu verschaffende, gemischte Kost gewöhnen, erträgt weite Seereisen ohne Beschwerde und ist demgemäß schon wiederholt lebend nach Europa, insbesondere nach England, gelangt.


Wahrscheinlich gebührt hier dem Kurol, einem der auffallendsten Vögel des an absonderlichen Thiergestalten so reichen Madagaskar, die passende Stelle. Besagter Vogel ist von den ordnenden Forschern viel hin und her geworfen und bald als Bartvogel, bald als Kukuk, endlich auch als Rake angesehen, schließlich aber zum Urbilde einer besonderen gleichnamigen Familie ( Leptosomidae) erhoben worden. Mit allen den genannten Vögeln und ebenso mit den Pisangfressern zeigt er Verwandtschaft. Sein Schnabel ist, so kurz er auch erscheinen mag, in Wirklichkeit lang und stark, nach hinten verbreitert und deshalb weit gespalten, nach vorne zusammengedrückt, auf der Firste leicht nach abwärts gebogen, deutlich gekielt und durch zwei schiefe Furchen unregelmäßig eingetieft, unterseits vor der Spitze tief gezahnt, besonders ausgezeichnet aber dadurch, daß die vor der Wurzel gelegenen, schief von oben und hinten nach unten und vorne gerichteten, engen, mit schmiegsamer Haut überdeckten Nasenlöcher gänzlich von weichen, buschigen, zu beiden Seiten der Oberkinnlade entspringenden, nach aufwärts und gegen einander sich wölbenden Federn eingehüllt sind. Mittelgroße Füße mit kurzen, unregelmäßig geschuppten Fußwurzeln, nach rückwärts gewandter äußerer Zehe, sehr kurzen Daumen und kleinen, mäßig gewölbten Nägeln, ziemlich lange, die Hälfte des Schwanzes überragende, ihrer zahlreichen und großen Deckfedern halber bemerkenswerthe Flügel, unter deren Schwingen die dritte, vierte und fünfte unter sich gleichen, die anderen an Länge übertreffen, und ein mäßig langer, aus zwölf an der Spitze abgestutzt zugerundeten, unter sich fast gleich langen Steuerfedern zusammengesetzter Schwanz bilden die übrigen Merkmale des Kurol sowie der von ihm vertretenen Sippe und Familie.


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