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Zweite Ordnung.
Die Leichtschnäbler ( Levirostres).


[Allgemeines]

Höchst verschiedenartige Gestalten sind es, welche wir in dieser Ordnung vereinigen, und die Endglieder unterscheiden sich so wesentlich von einander, daß man sie kaum als Verwandte zu erkennen vermag. Gegenüber den streng abgeschlossenen Gruppen der Papageien, Kolibris und Spechte, welche ich mit mehreren Vogelkundigen der Neuzeit als Ordnungen ansehe, erscheinen die Leichtschnäbler als eine willkürlich zusammengewürfelte Gesellschaft. Diese Mannigfaltigkeit der Gesammtheit hat verschiedene Ansichten der Forscher begründet, und noch heutigen Tages ist der Streit der Meinungen keineswegs abgeschlossen. Nicht einmal über den Namen der Ordnung hat man sich geeinigt. Die Leichtschnäbler sind dieselben Vögel, welche Huxley unter dem Namen Kukuksvögel ( Coccygomorphae) zusammenfaßt. Ich habe den zuerst von Reichenbach gewählten Namen vorgezogen, weil er mir passender erscheint.

Die Verschiedenartigkeit der in dieser Ordnung zusammengestellten Vögel erschwert eine allgemeine Kennzeichnung. Wenige Merkmale lassen sich auffinden, welche in allen Fällen Gültigkeit haben. Jeder einzelne Theil des Leibes erleidet Abänderungen. Der Rumpf ist bald gedrungen, bald gestreckt gebaut, der Hals kurz oder ziemlich lang, der Schnabel verhältnismäßig größer als bei irgend einem anderen Vogel und wiederum bis zu einem kleinen hornigen Häkchen verkümmert, der Oberschnabel zuweilen beweglich mit dem Scheitel verbunden, wie bei den Papageien der Fall, bald wiederum fest mit demselben vereinigt und durch absonderliche Hornwucherungen ausgezeichnet, um nicht zu sagen geziert, bald dünn, pfriemenförmig und gerade, bald dick und gebogen, bald rundlich, bald seitlich zusammengedrückt, der Fuß in der Regel kurz, der Lauf genetzt oder getäfelt, die äußere Zehe entweder eine Wendezehe oder nach vorn oder nach hinten gerichtet, die zweite mit der inneren nach hinten gewendet oder die innere zu einer Wendezehe geworden, der Flügel meist breit und zugerundet, ausnahmsweise aber auch spitzig, die Anzahl der Schwingen sehr veränderlich, der Schwanz bald kurz, bald lang, aus sehr großen breiten oder kleinen Federn zusammengesetzt, und nur die Anzahl derselben einigermaßen beständig, indem meist zehn oder zwölf, ausnahmsweise aber auch acht Steuerfedern gefunden werden, das Gefieder endlich hinsichtlich seiner Bildung, Lagerung und Färbung ebensowenig übereinstimmend wie der ganze übrige Bau.

So wenig nun auch die Leichtschnäbler im großen und ganzen einander sich gleichen, so bestimmt gehören sie in eine Gruppe, möge man derselben nun den Rang einer Ordnung zusprechen oder nicht. Niemand vermag zu verkennen, daß die verschiedenartigsten Gestalten durch zwischen ihnen stehende verbunden werden, so daß kaum ein Leichtschnäbler eine so vereinzelte Stellung einnimmt, wie z. B. der Kranichgeier innerhalb der Ordnung der Raubvögel. Sie sind innig und vielfach mit einander verkettet. Mehrere Familien stehen sich so nah, daß es scheinen will, als ob die eine nur eine Umprägung oder Wiederholung der anderen sei; gleichwohl bewahrt sich jede einzelne ihre Selbständigkeit und kann an gewissen Merkmalen bestimmt unterschieden werden, wogegen bei den Familiengliedern selbst oft die genaueste Untersuchung erforderlich ist, um die Verschiedenheit zweier Arten zu erkennen.

Mehr als im äußeren stimmen die Leichtschnäbler im innerlichen Baue ihres Leibes, insbesondere des Schädels, überein. Sie gehören nach Huxley, dem ich mich hinsichtlich der Zusammenfassung und Begrenzung der Ordnung im großen und ganzen anschließe, zu denjenigen Vögeln, bei denen die Gaumenfortsätze der Oberkiefer sich in der Mittellinie entweder unmittelbar oder durch Vermittelung einer Verknöcherung der Nasenscheidewand verbinden, und stellen sich hierdurch als nahe Verwandte der Papageien dar. Bei allen sonstigen Verschiedenheiten des Schädels gleichen sie sich darin, daß das Pflugscharbein verkümmert oder sehr klein ist, und daß die Gaumenfortsätze der Oberkiefer mehr oder weniger zellig sind. Die Körper der Oberkiefer bilden oft mehr als die Hälfte des Mundtheiles, die Gaumenbeine haben keine senkrechte Hinterplatte, sondern sind gewöhnlich wagerecht ausgebreitet; ihr hinterer äußerer Winkel ist häufig in einen mehr oder weniger deutlichen Fortsatz ausgezogen. Zehn bis dreizehn Wirbel bilden den Hals-, sieben bis acht den Rücken-, neun bis dreizehn den Kreuzbein- und fünf bis acht den Schwanztheil. Das Brustbein hat meist auf jeder Seite zwei Einschnitte; das Becken ist kurz und breit, das Vorderende der Schambeine bei einzelnen in einen stumpfen oder spitzigen, nach vorn gerichteten Fortsatz ausgezogen. Die Zunge kann schmal und verlängert sein und den Raum zwischen den Unterkieferästen mehr oder weniger ausfüllen oder ebenso wie ein faseriges dürres Blatt im Schnabel liegen und durch ihre außerordentliche Kürze sich auszeichnen. Die Speiseröhre weitet sich nur ausnahmsweise zu einem Kropfe aus; der Magen ist zuweilen dünnhäutig und muskelig, zuweilen derb fleischig. Gallenblase und Blinddärme fehlen den einen und sind bei den nächsten Verwandten vorhanden. Der untere Kehlkopf hat nur ein einziges, höchstens zwei Paare seitlicher Muskeln.

Die Leichtschnäbler sind Weltbürger, eigentlich jedoch Bewohner des warmen Gürtels der Erde; denn nur wenige von ihnen finden sich innerhalb gemäßigter Landstriche und bloß einzelne im kalten Gürtel unseres Wandelsternes. Auch das eigentliche Hochgebirge lieben sie nicht, wohl aber die Vorberge desselben. Der Wald, in seiner verschiedenartigsten Entwickelung, bildet ihre Heimstätte; in baumleeren Gegenden sieht man sie selten. Viele sind Stand-, manche Strich-, einige Wander- und Zugvögel; letztere durcheilen alljährlich bedeutende Strecken. Die Verbreitung der Arten ist sehr verschieden, im allgemeinen jedoch eine beschränkte.

Eigenschaften, Lebensweise und Betragen der Mitglieder dieser Ordnung stimmen keineswegs überein; es läßt sich daher auch in dieser Beziehung kaum ein allgemeines Bild der Gesammtheit entwerfen. Was man sagen kann, ist ungefähr folgendes: Die Leichtschnäbler gehören nicht zu den besonders begabten Vögeln. Sie sind bewegungsfähig, viele aber doch in sehr einseitiger Weise. Auf dem Boden zeigen sich die meisten gänzlich fremd; im Gezweige der Baumkronen wissen sich nur wenige ohne Zuhülfenahme ihrer Flügel fortzubewegen; ihre Füße sind geeignet zum Umklammern eines Zweiges, welchen sie fliegend erreichten, und zum Stillsitzen, nicht immer aber zum Gehen oder Hüpfen. Im Fliegen hingegen erweisen sich alle wohlgeübt, viele so gewandt, daß sie mit Falken oder Schwalben wetteifern, letztere sogar noch überbieten können. Eine Familie beherrscht in gewissem Grade auch das Wasser: ihre Mitglieder tauchen, aus der Höhe herabstürzend, in die Tiefe und arbeiten sich mit Hülfe der Flügel wieder empor. Sänger werden unter ihnen nicht gefunden. Wenige sind schweigsame, viele im Gegentheile sehr schreilustige Geschöpfe, alle ohne Ausnahme aber nur zum Hervorbringen weniger und eintöniger Laute befähigt. Unter den Sinnen scheinen Gesicht und Gehör wohl entwickelt, Geruch und Geschmack dagegen schwach, vielleicht sogar verkümmert zu sein. Ueber das geistige Wesen ist wenig rühmenswerthes zu sagen. Einzelne Leichtschnäbler zeichnen sich allerdings durch Verstand aus; die große Mehrzahl aber scheint schwachgeistig zu sein, und einige sind wegen ihrer Dummheit geradezu berüchtigt. Verständiges Abwägen der Verhältnisse wird selten beobachtet: die einen sind unter allen Umständen scheu, die anderen so dummdreist, daß auch ersichtliche Gefahr keinen Eindruck auf sie übt.

Die Lebensweise unserer Vögel ist in mancher Hinsicht anziehend, weil eigenthümlich. Nur die begabten Leichtschnäbler lieben Geselligkeit, d. h. eine engere Vereinigung mit ihresgleichen oder mit fremdartigen Vögeln. In der Regel treibt jeder einzelne seine Geschäfte für sich, und wenn nicht gerade die Liebe zu Weib und Kind bestimmend wirkt, bekümmert er sich wenig um andere seiner Art, ist vielmehr eher geneigt, jede Annäherung derselben von sich abzuweisen. Nicht einmal die heilige Elternliebe wird von allen anerkannt. Als Regel darf gelten, daß der einzelne Leichtschnäbler oder das Paar ein gewisses Gebiet eifersüchtig oder neidisch abgrenzt und gegen Eindringlinge hartnäckig vertheidigt. Still und ruhig auf einem Baumzweige sitzen, von hier aus nach Beute spähen, die ins Auge gefaßte verfolgen und nach glücklichem Fange zu demselben oder einem ähnlichen Sitze zurückkehren und so im Laufe des Tages das Gebiet ein oder mehrere Male durchstreifen: das ist Sitte und Gebrauch bei den meisten, und nur einzelne weichen hiervon ab, sei es, indem sie sich gesellig längere Zeit in der Luft umhertreiben, oder sei es, indem sie im Vereine mit gleichartigen Baumkronen durchschlüpfen und bezüglich den flachen Boden absuchen. Diese sind es auch, welche sich, weit mehr als alle übrigen um die Außenwelt kümmern, an Ereignissen theilnehmen, z. B. entdeckte Raubthiere verfolgen und der gefiederten Waldbewohnerschaft anzeigen oder sonstwie Theilnahme an dem, was um sie vorgeht, bekunden, während die meisten eben nur für die unabweislichen Bedürfnisse Sinn zu haben scheinen, und sich höchstens durch geschlechtliche Erregung zu außergewöhnlichem Thun bestimmen lassen.

Kleine Wirbelthiere, deren Junge und Eier, Kerfe, Weichthiere, Maden und Würmer bilden die Nahrung der meisten, Früchte das hauptsächlichste Futter einiger Leichtschnäbler. Diejenigen, welche thierische Nahrung zu sich nehmen, sind höchst gefräßig; denn sie verdauen rasch und lassen eine sich darbietende Beute ungefährdet kaum vorüberziehen, während diejenigen, welche vorzugsweise oder ausschließlich Fruchtfresser sind, eher befriedigt zu sein scheinen. Die Jagd oder der Nahrungserwerb wird in derselben Weise betrieben wie von den Schwalben, Fliegenfängern, Raben und Seeschwalben, d. h. entweder durch Auf- und Niederstreichen in der Luft oder durch Nachfliegen von dem Sitzplatze aus oder je nach den Umständen, zuweilen durch Ablesen vom Boden und endlich durch Stoßtauchen, indem sich der betreffende Fischer von seinem Sitzplatze und bezüglich von einer gewissen Höhe aus, in welcher er sich rüttelnd erhält, auf das Wasser herabwirft und das in ihm erspähte Thier mit dem Schnabel zu fassen sucht. Einzelne Leichtschnäbler verfolgen und verzehren ohne Schaden Thierlarven, welche von allen anderen Wirbelthieren verschmäht werden, weil deren Genuß ihnen geradezu verderblich sein würde.

Die große Mehrheit unserer Vögel nistet in Erd- und Baumhöhlungen; einige wenige aber bauen sich freistehende, kunstlose Nester, und eine zu ihnen zählende Familie vertraut ihre Nachkommenschaft fremder Pflege an, ohne sie jedoch, wie aus neueren Beobachtungen hervorzugehen scheint, gänzlich aus dem Auge zu verlieren. Bei den Höhlenbrütern oder Selbstnistern überhaupt besteht das Gelege in der Regel aus weißen Eiern; bei denen, welche Nichtbrüter sind, ähneln die Eier hinsichtlich ihrer Größe und Färbung, wenn auch nicht in allen Fällen, denen der betreffenden Pflegeeltern. Alle Leichtschnäbler ohne Ausnahme brüten oder legen nur einmal im Jahre.

Für den menschlichen Haushalt erscheinen die Mitglieder dieser Ordnung ziemlich bedeutungslos. Mehrere von ihnen erweisen sich allerdings als nützlich und können unter Umständen höchst ersprießliche Dienste leisten; andere schaden aber auch wieder, obgleich mehr mittel- als unmittelbar. Streng genommen dürfte sich, von unserem Gesichtspunkte betrachtet, der von den Leichtschnäblern geleistete Nutzen und verursachte Schaden aufheben. Für die Gefangenschaft eignen sie sich in geringem Grade. Manche lassen sich ohne sonderliche Mühe an ein leicht zu beschaffendes Futter gewöhnen, andere nur mit Schwierigkeit dahin bringen, im engen Gebauer Nahrung zu sich zu nehmen. Jene sind als Gefangene mehr oder weniger unterhaltend, diese ebenso langweilig als während ihres Freilebens anziehend.


»In Brasilien«, sagt Burmeister, »findet sich keine eigenthümlichere, schon durch ihr ganzes Ansehen kenntlicher gemachte Gruppe als die der Tukans oder Pfefferfresser ( Ramphastidae). Wenn man die Papageien nicht ohne Grund als Parallelform der Affen betrachtet, so muß man die Tukane den Faulthieren gegenüberstellen und hat dazu die bestimmteste Veranlassung in der übereinstimmenden geographischen Verbreitung beider Thiergestalten. Tukane bewohnen nur die Wendekreisländer Amerikas, gehen aber als Vögel leichter und weiter in die benachbarten Gegenden über; Tukane streifen bis Mejiko und Buenos-Ayres, woselbst Faulthiere nicht mehr gefunden werden, Tukane bewohnen auch die westlichen Abhänge der Kordilleren, wohin die Faulthiere nicht gehen. Schon Berglehnen von über sechzehnhundert Meter Höhe betreten sie nicht mehr; auch ist das Naturell der Vögel kein so langsames wie das der Faulthiere. Ein Vogel muß behender sein, sonst ist er kein Vogel mehr. Aber stumpfsinnig sind auch die Tukane, wenn schon nicht in dem Grade wie die Faulthiere.«

Ich muß gestehen, daß mir diese Auseinandersetzung des geistreichen Burmeister unverständlich ist; denn weder Gestalt noch das Leben der Tukane bietet die geringste Veranlassung zu einem derartigen Vergleiche. Keiner der anderen Beobachter spricht von Stumpfsinnigkeit der Pfefferfresser, keiner hat in ihrem Wesen etwas entdeckt, was an das der Faulthiere erinnert. Man rühmt unsere Vögel im Gegentheile als muntere und kluge Gesellen, deren Betragen Vergnügen gewährt, weil es eine gewisse Vielseitigkeit des Geistes bekundet.

»Der ausgezeichnetste Theil des Tukans«, fährt Burmeister fort, »ist sein Schnabel, ein großer, gebogener, seitlich mehr oder weniger zusammengedrückter Hornkegel, welcher an der Wurzel die Breite des ganzen Kopfes besitzt und in der Länge dem eigentlichen Rumpfe nicht nachsteht. Er ist überall mit einer dünnen Hornschicht bekleidet, welche bis an den Grund reicht. Daher fehlen ihm die Nasengruben und die Wachshaut. Selbst die Nasenlöcher sind versteckt und bis an die äußerste Grenze gegen das Kopfgefieder zurückgebogen, woselbst sie nach oben, dicht vor der Stirne, zu beiden Seiten des Schnabelrückens liegen. Eine starkhakige Spitze oder Zähne hat der Schnabel nicht. Ist er am Rande zackig, so sind das nur später entstandene Kerben (?). Die Gegend des Kopfes um das Auge und am Oberschnabel vom Mundwinkel bis zur Stirne ist in der Regel nackt, ohne alle Federn, selbst ohne die Bürstenfedern, welche häufig diesen Ort bekleiden. Auch die Augenlider sind wimperlos; eine Eigenheit, welche die Tukane mit den Papageien gemein haben.

»Das Federkleid der Tukane ist voll, aber nicht reichlich; es besteht vielmehr aus wenigen großen, weichen, laxen Federn, welche breit, rund und ziemlich kurz sind. Das erstreckt sich auch auf die Flügel, welche einen runden Schnitt haben und nie weiter als bis auf den Anfang des Schwanzes reichen, auch so breite, große, selbst lange Armschwingen besitzen, daß sie die bezüglich viel kleineren, besonders kürzeren Handschwingen darunter in der Ruhe fast vollständig bedecken. Die erste Schwinge ist beträchtlich, die zweite mäßig verkürzt, die vierte in der Regel die längste, doch wenig länger als die dritte und fünfte, welchen auch die sechste kaum nachsteht. Der Schwanz dagegen ist groß, öfters breit, in den meisten Fällen lang, keilförmig zugespitzt und stufig. Er besteht aus zehn Federn. Die Beine sind groß und stark, aber nicht fleischig; der Lauf ist ziemlich lang, dünn und vorn wie hinten mit tafelförmigen Gürtelschildern, deren Zahl sieben zu sein pflegt, bekleidet. Die Zehen haben über den Gelenkungen zwei kurze, dazwischen auf den Gliedern einen langen Tafelschild, sind aber sonst mit einer warzigen Sohle mit mächtigen Ballen bekleidet und enden mit langen, stark gebogenen, aber nicht sehr kräftigen Krallen, von denen die beiden vorderen nur wenig größer sind als die entsprechenden hinteren, übrigens aber am Innenrande einen erweiterten vorspringenden Saum besitzen.

»Von dem inneren Baue der Tukane ist das wichtigste ebenfalls bekannt. Man weiß, daß der so große und scheinbar plumpe Schnabel hohl ist, mit einem schmalen großmaschigen Knochennetz erfüllt, welches Luft von der Nase her in sich aufnimmt und dadurch den Schnabel ganz leicht macht. Man weiß ferner, daß die Nasengänge Sförmig gebogene Röhren sind, welche von der Stirne im Schnabelgrunde zur Rachenhöhle hinabsteigen, und daß die Zunge ein schmales, horniges, am Rande gefasertes Band, einem Grasblatte vergleichbar, darstellt, ohne alle fleischigen Bestandtheile. Der Schlund hat keinen Kropf und der Magen keine dicken Muskelkörper, sondern nur eine fleischige Wand. Die Leber besteht aus zwei Lappen, die Gallenblase und die Blinddärme fehlen. Am Gerippe ist die Ausdehnung der luftführenden Knochen besonders hervorzuheben. Sie beschränkt sich auf Schädel, Hals, Rumpf, Becken und Oberarm. Der Oberschenkel und alle abwärts gelegenen Knochen, nebst denen am Arm unter dem Ellenbogen, führen Mark. Der Hals besteht aus zwölf, der Rücken aus sieben bis acht, der Schwanz aus acht Wirbeln. Das Brustbein ist nicht groß, nach hinten erweitert und an jeder Seite mit zwei ungleichen Busen versehen. Der Kamm ragt wenig vor, ist nach vorn nicht verlängert und auf eigenthümliche Weise mit den beiden getrennten Schenkeln des Gabelbeins verbunden.«

Die Lebensweise der Tukane, von denen man ungefähr funfzig Arten unterschieden hat, ist, nach Burmeisters Versicherung, am besten von dem Prinzen von Wied geschildert worden, und deshalb erscheint es billig, die Worte dieses ausgezeichneten Forschers hier folgen zu lassen. » Sonnini und Azara haben uns getreue Schilderungen von den sonderbaren Vögeln gegeben, welche in den südamerikanischen Urwäldern unter der Benennung ›Tukana‹ bekannt sind. Im allgemeinen stimmen die Nachrichten der beiden genannten Schriftsteller über die Lebensart dieser merkwürdigen Geschöpfe überein. Ein jeder von ihnen hat indessen einige kleine Abweichungen, welche sich aber, wie mir scheint, ziemlich leicht ausgleichen lassen, ohne dem Werthe der einen oder der anderen Beobachtung zu nahe zu treten.

»In den brasilianischen Urwäldern sind Tukane nächst den Papageien die gemeinsten Vögel. Ueberall erlegt man ihrer in der kalten Jahreszeit eine Menge, um sie zu essen. Für den fremden Reisenden haben sie indessen noch mehr Interesse als für den Inländer, welcher sowohl an die höchst sonderbare Gestalt, als an die glänzenden Farben dieser Vögel gewöhnt ist; denn die Tukane zeigen auf einem meist kohlschwarzen Grunde des Gefieders mancherlei sehr lebhafte, blendende Farben. Selbst die Iris des Auges, die Beine und der riesige Schnabel sind von dieser lebhaften Färbung nicht ausgenommen. Daß diese schönen Vögel in den brasilianischen Wäldern sehr zahlreich sind, ist gewiß; ebenso sicher ist es aber, wie auch Sonnini richtig bemerkt, daß es schwer hält, über ihre Lebensart und Sitten, besonders über ihre Fortpflanzung genaue Nachrichten zu sammeln. Nie habe ich das Nest eines Tukans gefunden. Die Brasilianer haben mir indessen versichert, sie legten zwei Eier in hohle Bäume oder Baumäste, und dies ist mir auch wahrscheinlich, da die meisten dortigen Vögel nur zwei Eier legen. Die Nahrung der Tukane war ebenfalls ein lange unentschiedener Punkt in ihrer Naturgeschichte. Azara will sie die Nester der Vögel plündern lassen, wogegen ich zwar nichts einwenden kann, jedoch bemerken muß, daß ich in dem Magen nur Früchte, Fruchtkerne und ähnliche weiche Massen gefunden habe. Waterton bestätigt das gesagte ebenfalls und daß die Tukane nicht fleischfressend seien. Sie sind den Pflanzungen von Bananen und Guavabäumen sehr gefährlich, da sie den Früchten derselben nachstellen. Im gezähmten Zustande sind sie immer Allesfresser, wie ich mich davon selbst zu überzeugen Gelegenheit gehabt habe; denn ich sah einen solchen Vogel Fleisch, Piron (einen Brei von Mandiokamehl und Fleischbrühe) und Früchte verschiedener Art gierig verschlingen. Hierhin ist auch unbezweifelt die Bemerkung von Humboldt zu zählen, daß der Tukan Fische fresse, wodurch dieser Vogel in gezähmtem Zustande den Krähen sehr ähnlich, nur noch weit heißhungriger erscheint. Daß er sein Futter beim Fressen in die Höhe werfe, habe ich nicht beobachtet. Nach der Versicherung der Wilden leben die Tukane in der Freiheit bloß von Früchten. Sie scheinen im allgemeinen viel Aehnlichkeit mit den Krähen zu haben; vielleicht sind sie aber in der Freiheit Allesfresser, mindestens für das, was weich genug ist, um von ihrem schwachen Schnabel ganz verschlungen zu werden. Sie sind neugierig wie die Krähen, verfolgen die Raubvögel gemeinschaftlich und versammeln sich zahlreich, um den Feind zu necken. Ihren Flug möchte ich nicht schwer nennen; doch bezieht sich Sonnini's Aussage vielleicht auf den großschnäbeligsten aller Tukane, den Toko, welchen ich nie fliegen sah. Die Tukana fliegt hoch, weit und in sanften Bogen sich fortschwingend. Dabei bemerkt man keine besondere Anstrengung, noch eine Stellung, die von der anderer Vögel abwiche. Sie tragen Hals und Schnabel wagerecht ausgestreckt und fliegen nicht, wie Levaillant sagt, schwer mit eingezogenem Halse. Waterton irrt, wenn er behauptet, der große Schnabel scheine dem Vogel lästig zu sein, und er trage ihn nach der Erde hinabgeneigt; denn mir ist es sehr oft aufgefallen, wie leicht und schnell diese Vögel mit ihrem großen Schnabel über den höchsten Waldbäumen ihre Schwenkungen machten und dann wieder in ihren dunkeln Schatten hinabeilten. Sollte der Toko hiervon eine Ausnahme machen? Ich bezweifle es, da der Schnabel so leicht ist, daß er ihnen durchaus nicht beschwerlicher zu sein scheint als der kleinere Schnabel dem Specht. Die Stimme der verschiedenen Tukane ist bei jeder Art etwas abweichend. Azara sagt, sie klinge bei den von ihm beobachteten Arten ›Rack‹. Dies mag für den Toko gelten; bei den von mir beobachteten Arten ist sie hiervon sehr abweichend.

»Die Urvölker von Amerika benutzen häufig die schönen, bunten Federn dieser Vögel zum Putze, besonders die orangefarbene Brust, welche sie ganz abziehen und anheften.«

Das nachfolgende wird auch die neueren Beobachtungen enthalten, so weit sie mir bekannt sind.


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