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Makis ( Lemur).

Der Name Maki soll ein Klangbild des Geschreies der arten- und zahlreichsten Sippe unserer Familie sein, welcher die wissenschaftliche Bezeichnung Lemur geblieben ist. Vor fast allen Verwandten zeichnen sich die Makis aus durch gestreckten Fuchskopf mit mäßig großen Augen und mittellangen, stets reichlich, oft buschig behaarten Ohren, wohlgebildete, unter sich fast gleich lange Gliedmaßen, deren Hände und Füße auf der Oberseite eine schwache, nicht pelzige Behaarung zeigen, mehr als körperlangen Schwanz und sehr weichen, feinen, ausnahmsweise auch wohl wolligen Pelz. Die beiden oberen, stumpskronigen Schneidezähne sind in der Regel klein, die drei unteren schmalen und zugespitzten dagegen lang und fast wagerecht gestellt, die scharfspitzigen kantigen Eckzähne seitlich zusammengedrückt, die Kronen der drei oberen Lückzähne dreiseitig, die drei unteren Mahlzähne undeutlich vierhöckerig und von vorn nach hinten an Größe abnehmend. In dem gestreckten, hinten gewölbten Schädel fällt der Schnauzentheil durch seine Länge auf. Das Gerippe zählt außer den Halswirbeln 10 Rücken-, 9 oder 10 Lenden-, 2 bis 4 Kreuz- und 22 bis 29 Schwanzwirbel und enthält 8 Paare wahrer und 4 Paare falscher, schmaler, kantiger Rippen. Unter den Weichtheilen verdient Erwähnung, daß der Magen einen großen Blindsack besitzt und der Blinddarm eine ansehnliche Größe erlangt.

Man hat viele Arten der Gruppe unterschieden, die neuzeitliche Forschung aber gelehrt, daß mehrere von diesen nur geschlechtliche Verschiedenheiten oder Spielarten anderer darstellen.

Erst durch Pollens treffliche Beobachtungen haben wir ein einigermaßen ausführliches Bild der freilebenden Maki's erhalten. Alle Arten der Sippe bewohnen die Waldungen Madagaskars und der Nachbareilande, bei Tage im tiefsten Dickicht der Waldungen sich aufhaltend, nachts unter lebhaften Bewegungen und lautem Geschrei ihrer Nahrung nachgehend. Ein von dem erwähnten Naturforscher beobachteter Maki, welcher Mayotte bewohnt ( Lemur mayottensis), mag uns im allgemeinen mit dem Leben und Treiben seiner Verwandtschaft bekannt machen. Die Thiere leben in ansehnlichen Banden von sechs bis zwölf Stücken in den Urwaldungen der Insel, hauptsächlich von den Früchten wilder Dattelbäume sich nährend und ihnen zu Liebe von einem Theile des Waldes zum anderen wandernd. Man beobachtet sie ebenso wohl bei Tage als während der Nacht, in der Regel auf Bäumen, von denen sie jedoch von Zeit zu Zeit herabsteigen, um zu Boden gefallene Früchte aufzulesen. Kaum ist die Sonne niedergegangen, so vernimmt man ihr klägliches Geschrei, welches gewöhnlich von der ganzen Bande gleichzeitig ausgestoßen wird. Ihre Bewegungen sind wie die der Verwandten außerordentlich leicht, behend und gewandt: einmal munter geworden, durchfliegen sie förmlich die Baumkronen und führen dabei von einem Zweige zum anderen Sätze von überraschender Weite aus. Von Hunden verfolgt, flüchten sie sich in die höchsten Wipfel der Bäume, heften ihre Augen auf den Feind, wiegen ihren Schwanz hin und her und knurren und grunzen dabei; sobald sie aber des Jägers ansichtig werden, flüchten sie eiligst dem Walde zu und machen es jetzt außerordentlich schwer, ihnen zu folgen oder sie zu erlegen. Verwundete vertheidigen sich wüthend gegen die Hunde, springen ihnen, wie Pollen selbst beobachtete, auf den Rücken und beißen sich in den Ohren oder in dem Halse fest. Auf Mayotte verwendet man zur Jagd gewöhnlich Bauernspitze, welche durch Bellen anzeigen, daß sie einen Maki gefunden haben, und gleichzeitig mit den Vorderbeinen an dem Baume, auf welchem der Halbaffe sitzt, emporspringen. Letzterer wendet dann seine Aufmerksamkeit mehr den Hunden als dem Jäger zu, und ermöglicht es diesem dadurch, sich zu nähern. Die Jagd selbst gewährt Vergnügen, ist aber in hohem Grade anstrengend, wahrscheinlich der Beschaffenheit der Waldungen wegen. Das Fleisch, welches im Geschmacke an das der Kaninchen erinnert, gilt als sehr wohlschmeckend und wird Anlaß zu lebhafter Verfolgung der sonst harmlosen Thiere, deren Verwandte auf anderen Inseln als unverletzbar angesehen werden.

Hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten erheben sich die Makis nicht über ihre Verwandten; dennoch ist ihr Wesen angenehm. Gewöhnlich zeigen sie sich sanft und friedlich; einzelne sind aber auch störrisch, wild und bissig. Sie lassen sich sehr gern schmeicheln, geben aber keine bdsondere Zuneigung gegen ihren Wärter kund, sondern sind entweder gegen Alle gleich gut oder gegen Alle gleich ungezogen.

Manche Arten kommen öfters nach Europa, dauern auch lange in Gefangenschaft aus. Dies bewies z. B. ein Vari, welcher neunzehn Jahre in Paris lebte. In den meisten Fällen werden sie bald zahm und gemächlich. Auch lassen sie sich sehr leicht erhalten, denn sie gewöhnen sich rasch an allerlei Speisen. Ihre Nahrung nehmen sie gewöhnlich mit den Vorderhänden auf und führen sie dann zum Maule, heben das Futter aber auch gleich mit diesem auf. Wenn sie sich wohl befinden, knurren sie behaglich; gewöhnlich singen sie sich selbst in dieser Weise in den Schlaf.

Buffon besaß einen männlichen Maki, welcher durch seine raschen, gewandten und zierlichen Bewegungen erfreute, durch seine Unreinlichkeit und seinen Muthwillen aber oft ebenso lästig wurde. Er lief nicht selten in die Nachbarhäuser, stahl dort Obst, Zucker und dergleichen, öffnete auch, als echter Spitzbube, unter Umständen Thüren und Deckel von Schränken und Kisten. Man mußte ihn anbinden, und wenn er entwischt war, hatte man seine große Noth, ihn wieder zu fangen; denn er biß dann selbst diejenigen, welche er genau kannte und sonst zu lieben schien. Sehr gern leckte er die Hand seines Pflegers; wenn aber seine Zunge, rauh, wie die einer Katze, die Oberhaut der Hand geröthet hatte, biß er plötzlich, anstatt weiter zu lecken. Er murmelte beständig, ließ man ihn jedoch allein, dann schien er Langeweile zu haben und drückte dies durch froschartiges Quaken aus. Vor Kälte und Nässe fürchtete er sich ungemein und blieb deshalb während des Winters immer in der Nähe des Feuers, stellte sich auch öfters aufrecht, um sich besser zu erwärmen.

Der Maki, welcher so lange in Paris lebte, liebte das Feuer in demselben Grade und setzte sich regelmäßig in unmittelbare Nähe des Kamins; ja der arme frostige Südländer hielt nicht bloß die Hände, sondern auch sein Gesicht so nahe an die Flamme, daß er sich mehr als einmal den Schnurrbart verbrannte. Im Gegensatze zu dem oben erwähnten, war er reinlich, glänzte am ganzen Leibe und hütete sich sorgfältig, seinen Pelz zu beschmutzen. Außerdem war er ebenso lebendig und beweglich wie neugierig. Er untersuchte alles und jedes, warf es aber dabei entweder um oder zerriß und zerstreute es. Seine Freundlichkeit erzeigte er allen Personen, welche ihm schmeichelten, und auch ganz Fremden sprang er ohne alle Umstände in den Schoß. Gegen Abend hüpfte oder tanzte er wohl ein halbe Stunde lang ziemlich taktmäßig auf und nieder; dann legte er sich auf ein Bret über der Thüre und spann sich in Schlaf. In seiner Jugend fraß er alles Genießbare und trank auch Wein; in seinem Alter wurde er wählerischer und damit verständiger und stiller.

Von den weißstirnigen Makis besaß man zu Paris ein Paar, welches sich sehr lieb gewann und schließlich begattete. Nach viermonatlicher Trächtigkeit warf das Weibchen ein Junges von Rattengröße, welches mit offenen Augen zur Welt kam. Das Thierchen klammerte sich sogleich an die Mutter und zwar quer über den Unterleib. Die Mutter zog die Schenkel so in die Höhe, daß sie es fast ganz bedeckte und vor den Blicken verbarg. Wenn sich Menschen näherten, drehte sie denselben immer den Rücken zu, damit ihr Kind nicht gesehen werden solle. Sie war außerordentlich zahm gewesen; nachdem sie aber das Junge erhalten hatte, drohte sie Jedermann, der sich ihr nähern wollte, mit den Zähnen. Sechs Wochen nach seiner Geburt hatte das Thierchen schon ganz den Pelz und die Färbung wie seine Mutter. Um diese Zeit fing es auch an, die ihm hingestellte Nahrung zu versuchen: aber erst im sechsten Monat seines Alters entwöhnte es sich.

Ein Bari des Pflanzengartens lebte mit einem seiner Gattungsverwandten lange Zeit ganz friedlich in einem Käfige, bis man beide zufällig an einen anderen Ort brachte. Hier änderte sich die Sache: der starke Bari tödtete seinen Gefährten in der ersten Nacht.

Das Nachfolgende wird vorstehende Mittheilungen noch hier und da ergänzen.

Bari ( Lemir varius).

Zu denjenigen Arten, welche einfarbigen Schwanz und im dichten Wollhaar versteckte und mit diesem besetzte Ohren haben, gehört der Bari ( Lemur varius), eine der größeren Arten der Sippe. Seine Länge beträgt ungefähr 90 Centim., wovon etwas mehr noch als die Hälfte, 48 bis 50 Centim. nämlich, auf den Schwanz kommen. Der reichliche, an Kopf und an den Halsseiten besonders verlängerte Pelz ist großfleckig schwarz und weiß, aber ebenso ungleichartig als unregelmäßig gezeichnet, so daß eben nur das allgemeine Gepräge hervortritt, während bei diesem Stücke das Schwarz, bei jenem das Weiß uberwiegt. Einzelne sind fast ganz schwarz, andere fast ganz weiß; bei manchen ist der halbe Rücken oder mehr weiß und der Bauch schwarz; bei anderen verhält es sich umgekehrt. Gesicht, Schwanz und Vorderglieder haben gewöhnliche schwarze, die Wangen und Ohrgegend meist weiße Färbung. Etwas Genaueres läßt sich über die Farbenvertheilung nicht sagen. Pollen ist der Ansicht, daß auch der Fuchsmaki ( Lemur ruber), welcher mit dem Bari dieselben Oertlichkeiten bewohnt und in denselben Trupps umherschweift, nichts anderes als eine Spielart des letzteren ist.

»Bis jetzt«, bemerkt Pollen, »hat man den Bari nur in den Waldungen des Innern der Insel Madagaskar beobachtet, d. h. also in den Landstrecken, welche sich zwischen Tintinge, Tamatawe und Antananariwo ausdehnen. Auch ihn findet man in großen Gesellschaften, welche sich von Früchten ernähren. Ein wildes, scheues Wesen zeichnet ihn aus. Seine Stimme ist außerordentlich stark und auf weithin hörbar; das Grunzen des Thieres, welches stets gemeinschaftlich ausgeführt wird, erinnert an das Löwengebrüll und klingt so schauerlich, daß man unwillkürlich zittert, wenn man es zum ersten Male vernimmt. Im übrigen unterscheidet sich die Lebensweise, so viel bis jetzt bekannt, nicht von der verwandter Arten.«

 

Unter diesen mag zunächst der Akumba der Antanuaren und Sakalaven, unser Mohrenmaki ( Lemur macaco, L. niger, L. leucomystax), erwähnt sein, weil gerade er uns neuerdings belehrt hat, wie außerordentlich verschieden die beiden Geschlechter einer und derselben Makiart sein können. Das Männchen, welchem der Name Mohrenmaki ( Lemur niger) zuertheilt wurde, ist mehr oder weniger reinschwarz, nur bei einzelnen Stücken und zwar vorzugsweise auf den Rumpfseiten und an den Gliedern rothbraun überflogen oder aber am Schwanze mit einigen weißlichen Haaren zwischen schwarzen gezeichnet; das Weibchen dagegen, welches von Bartlett unter dem Namen Weißbartmaki ( Lemur leucomystax) als besondere Art aufgestellt wurde, ändert mehr oder weniger ab, obwohl auf der Oberseite ein bald helleres, bald dunkleres, auf der Rückenmitte zuweilen in Purpurrothbraun übergehendes Rostfarb vorherrscht, und Wangen, Füße und Schwanz in der Regel weißlich und nur ausnahmsweise rostfarben aussehen. Auch zeigt der Oberkopf, welcher bei den meisten Stücken weiß gefärbt ist, nicht selten einen grauen oder schwärzlichen Anflug, welcher unter Umständen sehr lebhaft werden kann, und lichtet ein großer, schwarzer Fleck am Hinterkopfe manchmal sich bis zu Rostgelb. Der Augenstern ist bei beiden Geschlechtern bräunlich orangefarben. Die Größe des Thieres kommt der der Verwandten ungefähr gleich.

Lange bevor Pollen uns über das Freileben des Akumba Bericht erstattete, kannten wir das Thier durch die Gefangenschaft, und zwar beide Geschlechter; ich meinestheils hatte auch bereits erkundet, daß Mohren- und Weißbartmaki einer und derselben Art angehörten. Pollens Beobachtungen stellten die Sache außer allen Zweifel, da er genau dasselbe wie ich erfuhr.

Der Akumba bewohnt die Waldungen, welche sich zwischen der Bai Diego-Juarez und der Bai von Bombedok ausdehnen, ebenso auch den Wald von Lukube auf der Insel Nossi-Bé, aber fast ausschließlich nur die höchsten Bäume der undurchdringlichsten Dickichte. Nach Art seiner Verwandten zu Banden vereinigt, durchstreift er sein Gebiet während der Nacht, läßt aber bereits in den Abendstunden sein wirklich furchtbares, gemeinschaftlich hervorgebrachtes Geschrei vernehmen. Zuweilen, namentlich beim Anblicke Bedenken erregender Gegenstände, wird das Geschrei durch ein Grunzen unterbrochen. Die Beweglichkeit, welche diese Makis beim Springen von einem Stamme zum anderen zeigen, grenzt ans Unglaubliche. Mann kann ihnen buchstäblich kaum mit den Augen folgen, und es ist viel leichter, einen Vogel im Fluge als sie im Sprunge zu erlegen. Dabei haben sie die Gewohnheit, verfolgt, sich plötzlich aus der Höhe der Wipfel herab in das Unterholz fallen zu lassen; der Jäger aber, welcher glaubt, daß sie todt sind, wird sehr bald enttäuscht, wenn er sie in beträchtlicher Entfernung an anderen Bäumen wieder emporklimmen sieht. Aus diesem Grunde wird ihre Jagd in hohem Grade erschwert. Jung aufgezogen zeigen sie sich sanft und zutraulich, setzen sich auf die Schulter ihres Gebieters und gewöhnen sich an alle Nahrung, welche man ihnen bietet. Vom Hause aus Fruchtfresser, und während ihres Freilebens hauptsächlich mit Bananen sich ernährend, verschmähen sie doch das Gehirn eines Vogels nicht und saugen dasselbe regelmäßig aus dem von ihnen zerbissenen Schädel.

In gewissen Gegenden Madagaskars ist es verboten, Makis zu tödten oder sie lebend oder todt zu bewahren. Jedesmal, wenn Pollen die Insel Nossi-Falie besuchte, versicherte man sich seitens der Eingeborenen, ob er nicht etwa Makis bei sich führe, weil diese nach jener Meinung das Eiland entheiligen. Einmal geschah es unserem Gewährsmanne, daß er, von der Jagd heimkehrend, gezwungen wurde, seine Beute nach einer Ortschaft der Insel Madagaskar selbst zu bringen, bevor er seinen Fuß auf Nossi-Falie setzen durfte, und zwar verlangte man dies einzig und allein deshalb, um die Bewohner der »heiligen Insel« vor Unglück zu bewahren. Im zoologischen Garten der Akklimatisationsgesellschaft auf Réunion sah Pollen ein Männchen und zwei Weibchen des Mohrenmaki und mehrere kleine männliche Junge, welche bereits vollständig das Kleid des alten Männchens trugen. Auch kennen die Bewohner Madagaskars den Unterschied der Geschlechter sehr gut.

Ich vermag vorstehende Angaben nach eigener Erfahrung zu vervollständigen. Unter einer Thiersendung, welche ich erhielt, befanden sich zwei lebende Mohrenmakis, ein Männchen und ein Weibchen, welche in warmer Freundschaft zu leben schienen und deshalb von mir nicht getrennt wurden. Es waren die ersten Makis, welche ich selbst pflegte und ausführlich beobachten konnte. Zunächst erfuhr ich, daß die Thiere keineswegs in dem Grade Fleisch- und Kerbthierfresser sind, als man bis jetzt angenommen hatte. Ich bot meinen Gefangenen rohes und gekochtes Fleisch, Mäuse, Sperlinge und Eier. Sie fraßen von allem, ohne jedoch irgend welche Gier an den Tag zu legen. Auch von dem Inhalte roher Eier leckten sie eben nur. Ueber Sperlinge fielen sie mit einer gewissen Eilfertigkeit her; eigentlich gierig aber zeigten sie sich auch nicht. Nur Fliegen jagten sie mit einer gewissen Leidenschaft und fingen solche außerordentlich geschickt. Dagegen waren Früchte aller Art ersichtlich die ihnen am besten zusagende Speise: sie fraßen alle Obstsorten, gekochten Reis, gekochte Kartoffeln, nebenbei auch Milchbrod.

Mohrenmaki ( Lemur macaco).

Ende März wurde von dem Weibchen, mir unerwartet, ein Junges geboren. Von der Trächtigkeit der Alten war nichts bemerkt worden; daß sie sich einige Tage vor der Geburt die Brüste drückte, hatte ich nicht beachtet. Das Junge kam mit offenen Augen zur Welt und zeigte vom ersten Tage an eine verhältnismäßig große Selbständigkeit. Die Mutter legte es, sobald sie es rein geleckt hatte, mit großer Zärtlichkeit an die Brust, unterstützte es anfänglich auch beim Saugen; schon wenige Tage später aber behalf es sich selbst. Doch bekundete die Alte noch immer die größte Fürsorge für das Kleine, deckte es mit dem Schwanze zu, kauerte sich zusammen und verbarg es so meist dem Auge des Beschauers. Dabei bethätigte sie jedoch fortwährend Sehnsucht nach ihrem Gatten, welchen ich aus Vorsorge von ihr getrennt und in einem Nachbarkäfige untergebracht hatte, unterhielt sich mit ihm durch einen Spalt, knurrte behaglich, sobald er sich regte, und achtete überhaupt auf jede Bewegung desselben.

Mongoz ( Lemur Mongoz).

Im Verlaufe des ersten Monats entwickelte sich das Junge sehr schnell. Anfänglich klammerte es sich nicht, wie die meisten jungen Affen, an der Brust und dem Bauche, sondern mehr an der Seite seiner Mutter an; später kletterte es oft an den Schenkeln auf und nieder, längs der Seite hin oder auf den Rücken, verbarg sich halb und halb zwischen dem Felle und lugte mit seinen klugen Augen traulich von da ins Weite. Nach etwa Monatsfrist war es so weit gediehen, daß es seinen ersten Ausflug unternehmen, d. h. seine Mutter verlassen und auf dem Gezweige des Käfigs umherklettern konnte. Gleich nach seiner Geburt fiel mir auf, daß es dem Vater vollständig glich, d. h. nicht das geringste Zeichen einer Mittelfärbung, wie sie Blendlingen eigen ist, wahrnehmen ließ. Erst hierdurch wurde ich veranlaßt, meine Makis zu untersuchen und fand, daß alle Mohrenmakis, welche ich pflegte, Männchen, alle Weißbartmakis dagegen Weibchen waren. Anfragen in den verschiedenen Thiergärten, namentlich in London, Köln, Rotterdam und bei einem Bekannten in Sansibar bestätigten das von mir gewonnene Ergebnis, und so wurde die Vermuthung, daß beide Thiere nur verschiedene Geschlechter einer und derselben Art seien, für mich zur Gewißheit.

Zur Vervollständigung des Gesagten will ich noch zweier Arten gedenken, welche ebenfalls dann und wann lebend in unsere Käfige gelangen. Der erste ist der Mongoz ( Lemur Mongoz, L. nigrifrons), eine der gewöhnlichsten Erscheinungen in unseren Thiergärten. In der Größe gibt er dem Verwandten wenig nach; seine Länge beträgt etwa 95 Centim., wovon ungefähr die Hälfte auf den Schwanz kommt. Die Färbung des Pelzes, welche oben dunkelaschgrau aussieht, da die Haare schwarz und weiß geringelt sind, geht auf dem Kopfe in Grauschwarz, auf dem Unterrücken und den Außenschenkeln in Lichtbräunlich über. Ein Streifen am Unterhalse bis zu den Ohren hinauf wie die Innenseite der Gliedmaßen ist weiß, der Bauch lichtröthlichgelb, das Gesicht wie gewöhnlich schwarz, das Auge bräunlich. Auch bei dieser Art hat man Abweichungen in der Färbung beobachtet; doch schwankt die letztere nicht in dem Grade wie bei den vorher genannten.

Katta ( Lemur Catta).

Ueber das Freileben kenne ich keinen eingehenden Bericht; gefangene Mongoz betragen sich im wesentlichen genau wie die verwandten Arten.

Unter diesen fällt noch eine Art, der Katta ( Lemur Catta), durch die Zierlichkeit seiner Gestalt, die Schönheit seiner Färbung und den geringelten, mehr als leibeslangen Schwanz sowie die verhältnismäßig großen Augen besonders auf. In der Größe steht er hinter den Verwandten etwas zurück; seine Gesammtlänge beträgt ungefähr 85, höchstens 90 Centim., wovon 35 bis 40 auf den Leib, das Uebrige auf den Schwanz kommt. Der dichte, feine, weiche und etwas wollige Pelz ist grau, bald mehr ins Aschfarbene, bald mehr ins Rostrothe ziehend; Gesicht, Ohren und Unterseite haben weißliche, ein großer runder Augenfleck und die Schnauze schwarze Färbung. Beide Geschlechter scheinen sich nicht zu unterscheiden.

Der Katta, welcher mit keinem anderen Maki verwechselt werden kann, bewohnt nach Pollen die Waldungen im Südwesten Madagaskars und ist, so viel bis jetzt bekannt, in keinem anderen Theile der Insel beobachtet worden. Wie seine Verwandten in beträchtlichen Banden lebend und in seinem Auftreten diesen gleichend, thut er sich höchstens durch Zierlichkeit und unglaubliche Beweglichkeit hervor. Laut Pollen springt er mit ebenso viel Anmuth von Baum zu Baume und läßt in gewissen Pausen einen Schrei vernehmen, welcher nicht entfernt die Stärke von dem anderer Maki's hat und mehr an das Miauen unserer Hauskatze erinnert. Gefangene befreunden sich in sehr kurzer Zeit mit ihrem Gebieter; so wenigstens erfuhr Pollen von einem jungen Katta, welcher im Besitze des Quartiermeisters einer französischen Korvette sich befand und seinem Herrn in so hohem Grade zugethan war, daß er ihn unter allem Schiffsvolk und den Reisenden sofort erkannte. Das Thierchen spielte gern mit den Schiffsjungen, mit einem Hunde, welcher sich an Bord befand, hätschelte in einer ganz eigenthümlichen Weise den kleinen Affen eines Matrosen, als ob dieser sein Kind gewesen wäre, vergnügte sich zuweilen aber auch, die Hühner, welche in die Nähe seines Käfigs kamen, am Schwanze zu zerren, bis sie schrieen, und saß manchmal mit ausgestreckten Armen regungslos auf einer und derselben Stelle, die Augen auf die aufgehende Sonne geheftet. Ich habe nur ein einziges Mal gefangene Katzenmakis gesehen, nicht aber Gelegenheit gehabt, sie zu beobachten, und bin daher nicht im Stande, Pollens Angaben irgend etwas hinzuzufügen.

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