Chevalier von Roquesant
Bruchstücke aus den Memoiren des Chevalier von Roquesant
Chevalier von Roquesant

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6

Es ergab sich nach diesem Erlebnisse, daß ich eine Reihe von Betrachtungen über Vorherbestimmung zur Sünde und Verdammnis anstellte, die Helvetius auf den Gedanken brachten, ich wolle Calvinist werden. »Seht dieses Kind an,« sagte ich zu ihm, »wie es unbeirrt seiner schönen Natur folgt, die es zum Lebensgenuß und zur Freude führt. Seinem lauteren Wesen droht keine Gefahr, und, klein wie es ist, scheint es dies zu fühlen, denn es gibt sich ruhig seinen holden Neigungen hin. Die Drohungen der Mutter, die auf Sünde und Verderben hinweisen, erschrecken es nicht, wenn sie ihm schon zu denken geben. Wahrhaft gesund, genießt es jede Frucht, die der Lebensbaum ihm bietet, ohne nur den leisesten Schaden zu nehmen, weil sein natürlich vornehmer Sinn ihm selbst das Maß des Genusses vorschreibt. Seht dagegen seine Mutter an! Ihr Leben lang hat sie um Tugend gekämpft und gerungen, sich und andre damit gequält, und auf ihrem Totenbette wird sie sich als eine Verdammte fühlen und mit Angst und Grauen hinübergehen. Sie ahnt das dunkle Verhängnis in sich, sie sucht ihm durch Gebet und Bußübungen zu entrinnen, und sie weiß, daß es ihr nicht gelingen wird; sie lebt schon in der Hölle, die sie nach ihrem Tode finden wird. So glaube ich sie zu verstehen, sie und alle, die wie sie der Natur entgegenstreben – den kaltherzigen Lehrer ihrer Sekte nicht zum mindesten.«

Helvetius antwortete lächelnd: »Ihr habt eine reiche Phantasie. Aber es ist etwas an dem, was Ihr sagt, und es beweist Euch, daß unser kaltherziger Lehrer, wie Ihr ihn nennt, zum mindesten ein guter Seelenkenner war. Er nennt das Ding Prädestination. Wirklich ist Frömmigkeit oft nichts weiter als das verzweifelte Seelenringen derer, die wissen, daß die Freude an ihnen zum Laster wird. Auch ich glaube, daß Benedikte nie fromm sein wird, weil sie ihrer Bestimmung zum Guten ahnungslos sicher ist. Aber wir wollen nicht prophezeien, sondern abwarten, denn es liegen noch mancherlei Wandlungen vor uns.« –

Unterdessen wandelte ich täglich mit meinem kleinen Maidlein bekannte Straßen entlang, ergötzte mich an ihrem Geplauder und freute mich mehr und mehr der sorglosen Bestimmtheit ihrer Art. Als Benedikte bemerkte, daß sie mir vertrauen konnte, machte sie mich mit ihren Neigungen bekannt und verleitete mich selbst durch schmeichelnde Bitten zu kleinen Abwegen. Sie wußte, wo es was zu schauen gab, sie verlangte danach und führte mich hin. Da war ein Mann, der ein paar Ziegen hielt, dort einer, der einen Igel, ein Eichhorn oder ein paar weiße Mäuse zu zeigen hatte; in jener Gasse wohnte der beneidete Besitzer eines schönen Uhrwerks, an jener Straßenecke lockte eine Tierschaubude, Tanzbärentreiber waren zu gewissen Stunden in gewissen Höfen sicher, Wandermusikanten lockten unvermutet dazwischen. Ueberall war Benedikte bekannt, überall drang sie ein, blitzschnell, stürmisch, selbstverständlich, und überall enteilte sie wieder mit der Erklärung: »Ich muß laufen, sonst schilt mich die Mutter.« Der ganze Stadtteil schien zu wissen, daß Benedikte auf verbotenen Pfaden wandle, und der ganze Stadtteil war ihr verbündet. Vorübergehende riefen ihr zu, wo es was Neues zu sehen gäbe; sie dankte lächelnd, folgte der Lockung und geriet nicht einmal in Ungelegenheiten; es war, als ob eine besondere Gnade Gottes diesem Kinde nur gute und harmlose Menschen in den Weg führe. Verließ sie nach gesättigter Neugier die Bude, den Hof, den Keller, so suchte sie auf der Straße durch doppelte Eile die verlorene Zeit wieder einzubringen. Sie flog wie der Wind, sie raffte ihr schweres Kittelchen, sie ließ ihre Füßchen spielen wie die eines Wiesels. Wer ihr begegnete, sah ihr nach und lachte; mancher rief wohl scherzend hinter ihr her, sie solle sich sputen, die Mutter suche bereits nach ihr, um ihre zierliche Eile noch mehr zu beflügeln; aber keiner verriet sie. Wochenlang trieben wir es so, und täglich war das erste Wort, das auf ihren stets heiteren Gruß erfolgte, ein tiefatmiges: »Gottlob! sie hat nichts gemerkt!«

Vielleicht indes war Germaine wirklich nicht so blind, als sie sich stellte. Vielleicht wußte sie mit Zeit und Entfernungen besser zu rechnen, als wir glaubten. Vielleicht erfuhr sie auch wohl unversehens manches von Benediktens Abenteuerfahrten. Aber sie mochte fühlen, daß sie dem Kinde gegenüber eine schwierige und höchst undankbare Aufgabe erfülle, daß ein einziges Wort, das zuviel gesagt wäre, sie Benediktens Liebe und Vertrauen kosten müsse, daß sie an Schwester Monika eine gefährliche Rivalin besaß, die nur durch Geduld und Sanftmut aus dem Felde zu schlagen sei. Klüger und zielbewußter, als sie dies einst ihrem Gatten gegenüber gewesen war, wo Leidenschaft und Eifersucht sie gestachelt hatten, mochte sie vor allem darauf bedacht sein, das Kind nicht durch vorzeitige Strenge abzuschrecken, ihm eine ernstere Lebensauffassung nicht durch gewaltsames Aufdringen zu verleiden – und schalt daher nur dann, wenn Benedikte wirklich kostbare Zeit vertrödelte oder sich in tatsächliche Gefahr begab. So hatte sie nach des Kindes eigner Aussage körperliche Züchtigung nur einmal angewandt; und das war geschehen, als die unternehmende Kleine einmal zwei Stunden lang verschwunden geblieben war, weil sie bei einem Hausbrande in der Cité ins Gedränge geraten war, aus welchem sie sich mit ihren schwachen Kräften nicht mehr herauszuarbeiten vermocht hatte, so daß sie, eingepfercht, gestoßen und getreten, hatte an einer Stelle verharren müssen, bis der Schwall sich zu verlaufen begann. Benedikte hatte das selbst sehr unangenehm gefunden, um so mehr, als sie lange nicht so viel gesehen hatte, als sie sich versprochen; da sie ihre Torheit einsah, nahm sie die Strafe der Mutter ohne Bitterkeit hin und empfand sogar mit wirklicher Reue, wieviel Angst und Sorge ihr langes Ausbleiben verursacht. Dies war überhaupt, da sie ein weiches Herzchen besaß, der einzige Punkt, an welchem Germaine sie mit Sicherheit fassen konnte; wenn sie dem Kinde die Gedankenlosigkeit, ja Herzlosigkeit vorhielt, mit welcher es immer und immer wieder das ganze Quartier in Aufregung brächte und auf seine Suche hetzte, so rebellierte Benedikte auch nicht ein bißchen. Anders, wenn es sich um die Versäumnis irgendeiner Arbeit handelte: die holte das Mamsellchen mit ihren flinken Fingerchen in unglaublich kurzer Zeit nach, und zwar auf das allerbeste, hielt sie der Mutter unter die Nase und fragte schnippisch: »Wozu war nun das Geschrei?« Und Germaine mußte dann oft genug froh sein, wenn sie durch solche Unart Gelegenheit erhielt, Benedikten Gassenjungenallüren vorzuwerfen und so das letzte Wort zu behalten. Gassenjungenallüren hatte die kleine Herumtreiberin übrigens keineswegs, vielmehr behielt sie unter allen Umständen eine preziöse Reinlichkeit des Gebarens und tat Aeußerungen, wie die eben erzählte, nur höchst selten und – sonderbarerweise – nur zu ihrer Mutter. Sie schien dieselben, wie Helvetius sagte, dann auch allemal tief zu bereuen und zeigte sich immer lange Zeit nachher sehr fromm und gefügig.

Solange ich Benediktens Sündengenosse war, geschah es nie, daß sie über Gebühr von Hause wegblieb. Ein einzigmal, als ein dressierter Pudel sein allzu reichhaltiges Programm ewig nicht zu Ende führen wollte, wäre es ihr fast passiert, die Zeit zu vergessen. Aber da war ich da, um zu warnen, und sie dankte es mir durch ein freundliches Nicken. Im allgemeinen war es mir eine herzinnige Freude zu sehen, wie wachsam das kleine Persönchen inmitten all seiner Vergnügungssucht blieb, wie eingedenk ihrer Zeit und Pflichten, und wie leicht und willig es sich selbst von den verlockendsten Wunderdingen losriß, wenn die erste Neugier befriedigt war. Helvetius' schönes Wort: »Sie trägt das Maß des Genießens in sich«, fiel mir öfters ein, wenn ich diese kleine Lebedame betrachtete, die nie mürrisch erschien, wenn der Spaß zu Ende war. Und ich habe es mir seitdem zur Regel gemacht, die Menschen auf das hin zu studieren, was sie unter einem ähnlichen Zwang der Selbstbeschränkung äußern. Ei, da habe ich manchen Philosophen gesehen, der sich an meinem Benediktlein ein Beispiel nehmen konnte!

Nicht nur weltlichen Vergnügungen indes ging das Goldschmiedskind gerne nach, auch an Kirchen ging es selten vorbei, wenn von drinnen Musik herausschallte. Dann liebte ich es, den Ausdruck entzückten Lauschens in seinem Gesichtlein zu beobachten – und keinen andern! Das Knickslein vor dem Marienbilde hatte mit der demütigen Kniebeugung andrer Beterinnen nur eine sehr entfernte Aehnlichkeit; ihr Gebet murmelte die kleine Klosterschülerin mechanisch herunter und gab sich gar nicht einmal den Anschein besonderer Frömmigkeit dabei; aber zielbewußt steuerte sie alsobald auf eine Pfeilerecke zu, von welcher aus sie den Chor im Auge behalten konnte – und jetzt trat ihre ganze Seele in ihr ausdrucksvolles Antlitz. Stieg die Melodie zu besonders hinreißender Schönheit auf, so lehnte sich Benedikte leise an mich, als mache die Ergriffenheit ihre Füßlein matt und schwankend. Ich selbst empfand von Musik nicht eben mehr, als ein tüchtiges Kriegsroß empfinden mochte, wenn ich auch das reine Spiel gedämpfter Klänge nicht gerade ungern vernahm, aber die Rührung des Kindes steckte mich an, das Zittern des lieben, an mich geschmiegten Körperchens ging auf mich über, und ich glaubte allen Ernstes, die Weihe eines Engelchores über mir zu fühlen. Aber auch hier wußte Benedikte zur rechten Zeit zu erwachen. War eine Arie, ein Absatz zu Ende, so nahm sie des Augenblicks wahr und entschlüpfte, ehe ein neuer begann. Kaum in der Gasse angelangt, erhob sie ihr silbernes Stimmlein und sang weltvergessen und inbrünstig die eben gehörte Melodie in das Getöse der brausenden Menschenflut hinein.

Einmal aber geschah es doch, daß wir beide der Zeit vergaßen – und das war unser erstes und letztes Mal.

Wir hatten im Vorbeigehen einen Blick in die Rue des Ecrivains geworfen und zu unserm Erstaunen diese sonst so stille kleine Gasse von einer ziemlich bewegten Menschenmenge gefüllt gesehen. Aus St. Jaques de la Boucherie drang Chorgesang; aber aus der Gasse dahinter drang über die Köpfe der Leute weg die sanfte und monotone Weise einer Sackpfeife. Benedikte und ich blickten einander fragend ins Gesicht. »Laß uns die Orgel hören,« baten meine Gedanken. »Die Orgel ist morgen auch noch da, aber der Dudelsack wird weit sein,« replizierten deutlich die lebhaften Augen des Kindes. Die kleine Hand zog mit Macht an der meinen. Wir gingen um die Kirche herum und bogen in die Rue des Ecrivains ein.

Der Anlaß des Volksauflaufes war eben kein besonderer: ein Savoyarde führte die armseligen Künste seines Affen vor. Dennoch war dies ein Schauspiel, das zu allen Zeiten anzog, und der Zuschauer stand ein dichter Kreis um den abenteuernden Gesellen. Benedikte versuchte ihren Kopf unter den Ellbogen zweier Bürger durchzubohren. Als sie einsah, daß sie damit nichts erreichte als den Anblick zweier andrer Rücken, zog sie ihn mit etwas derangierter Haube wieder zurück und blickte ein wenig unwillig und ratlos um sich.

Unterdessen hatte auch ich nach einem Standpunkte Umschau gehalten, von wo aus man etwa über die Köpfe der Leute weg den Affentreiber und seinen Schützling sehen konnte. Die Bügeltritte vor den Haustüren waren bereits alle von Gassenjungen besetzt; aber das kleine Portal von St. Jaques de la Boucherie, jene zierliche Hintertüre, welche der gelehrte Nicolas Flamel zur Buße für seine alchimistische Teufelsgemeinschaft hatte bauen lassen, bot auf der etwas erhöhten Plattform noch Raum genug. Benedikte und ich sprangen die wenigen Stufen hinan. Noch aber standen wir nicht so hoch, daß die Kleine hätte in den Zuschauerkreis hineinblicken können. Leicht, wie eine Schwalbe sich an einem Dachsims anheftet, setzte Benedikte den Fuß auf einen der Pfeilersockel, schwang sich hinauf und suchte gleichsam flatternd Halt an dem Säulenbündel, von dessen glatter Bildung indes ihre Händchen schnell wieder abglitten. Ich trat neben sie, da konnte sie sich an mich lehnen, ihren Arm um meinen Hals legen oder fest auf meine Schulter stützen. Dies tat sie auch ohne weiteres und legte obendrein, da ihr Kopf sich jetzt etwas über dem meinen befand, in unbewußter Zärtlichkeit ihre Wange auf meinen Scheitel. So standen wir beide in dichter Umarmung und schauten nach dem Savoyarden hinüber.

Es war ein wetterbrauner Geselle, lang wallte sein grauer Mantel, kühn wehten die Federn vom breiten Hute. Den Dudelsack absetzend, sprach er von Zeit zu Zeit dem Affen zu; dann bewegten sich gefällig die stark geschweiften bartlosen Lippen, weiße Zähne blitzten und ein weiches italienisches Lachen klang zu uns herüber. Seine funkelnden Augen grüßten uns von ferne; er mochte Benediktens goldenes Köpfchen an der Portalsäule nicht ohne Bewunderung erblickt haben, denn er langte einmal in seine Lade, die er etwas seitwärts am Achselbande trug, und hob ein Muschelkettchen von sanftem Farbenspiel gegen uns empor. Ich wehrte mit einer Handbewegung ab; da wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Affen zu.

Mir aber ging es wie Flammen durch Hirn und Seele, als ich dem Gesellen zusah. Ich brauche nicht zu sagen, woran das scharfe und schöne Gesicht mich gemahnte, das freie und ausdrucksvolle Gestenspiel, die wallenden Hutfedern, der windbewegte Mantel! Ich preßte Benediktens kleine Gestalt an mich, mein Gesicht in die Falten ihres braunen Kleides, und meine Erregung war so heftig, daß die Kleine sie trotz all ihrer auf das Spiel gerichteten Neugier empfand und mich fragte, ob ihr Gewicht mich ermüde, daß ich so zittere. Ich suchte mich zu fassen, ich blickte wieder nach dem Affen. Dieser hatte jetzt von seinem Meister, wohl zur Aufmunterung zu weiteren Tänzen, eine Flasche erhalten, aus welcher er den Zuschauern mit ritterlicher Gebärde zutrank. Aber das Getränk schien ihm nicht zu munden. Kopfschüttelnd setzte er sich auf die Hinterbeine und begann den Inhalt der Flasche zu prüfen, indem er bald an dem engen Halse roch, bald hineinzuschielen sich bemühte. Die Zuschauer lachten, denn das Tier sah so unbeschreiblich komisch aus. Mir jedoch nahm es den Verstand: denn das war genau die Pose, die Regnard seinem Affen gegeben hatte, dem goldenen mit dem Perlenleibe, der zu Füßen des kleinen Savoyardenbildes kauerte. »Benedikte,« flüsterte ich bewußtlos, »Benedikte, hast du etwas Aehnliches schon einmal irgendwo gesehen? Suche dich zu erinnern, Kind! Sieh jenen Mann an! Er hat Scheren in seiner Lade, die nicht schneiden, Brillen, durch die man nicht sehen kann. Er verkauft sie mir und kräht und lacht dazu: ›O, die dumme Kerl!‹ Ich werde den Affen streicheln, und er wird mich kratzen; und der Mann schreit wieder: ›O, die dumme Kerl! schau, die dumme Kerl!‹ Benedikte, fällt dir nichts ein? Denke nach! Kommt dir nichts zurück, Benedikte?«

Das Kind hatte mich mit einiger Verwunderung betrachtet, aber ohne die Spur eines Erschreckens in den klaren Augen. Jetzt sagte es ganz ruhig: »Er hatte auch vier Papageien, an jeder Ecke einen. Aber wer hat dir das erzählt?«

»Niemand hat es mir erzählt, Benedikte! Ich kannte dein schönes Spielzeug, ich habe damit gespielt wie du und mit dir, als du noch kaum auf den Beinchen stehen konntest. Ich weiß auch, wo es ist, und ich will es dir wieder verschaffen!«

»Wirklich?« rief die Kleine erfreut. »Kannst du das? Ich habe Mutter so oft darum gebeten! Aber sie sagte mir immer, es sei zerbrochen und verdorben.«

»Nein, Gottlob!« antwortete ich beglückt. »Gottlob, ist es nicht verdorben. Ich werde es erlangen und dir bringen, und du mußt es heilighalten, denn es ist nicht nur ein Spielzeug: Es ist ein feines Kunstwerk, Benedikte, und weißt du, wer es gemacht hat? Dein Vater, dein armer Vater, Kind, der ein Künstler war vor tausend andern –«

Das Erschrecken, das sich jetzt auf Benediktens Antlitz malte, konnte nicht nur eine Wirkung dieser Mitteilung sein, die das kleine Seelchen sicherlich noch kaum gefaßt hatte. Ich wandte den Kopf. Vor uns stand mit dem Antlitz einer Gorgo, sprachlos vor Zorn, aber von beredtesten Blicken und Gesten: Germaine! Sie riß mir das Kind aus den Armen, sie stieß mir die Faust vor die Brust, daß ich die Stufen des Kirchenportales hinabtaumelte. Wie eine schwarze Sturmwolke sauste sie durch die Gasse davon, das schreiende Kind nach sich reißend. Ich stürzte ihr nach, ich suchte sie aufzuhalten, zu ihr zu sprechen. Ein Faustschlag vor die Augen blendete mich, und als das Geflirre des Blutes, das mir vor den Blicken kreiste, sich erhellte, waren Kind und Mutter mir entschwunden. Hinter mir gellte in hohen Tönen die Sackpfeife und die fröhliche Menge lachte.


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