Achim von Arnim
Gedichte
Achim von Arnim

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Winternacht

Durch die Fenster, blumig befroren,
Schimmern die Lichter matt und fern,
Trommeln und Pfeifen dumpf vor den Ohren
Hören wir draußen im Schnee so gern;
Bei den Feuerbecken wir wachen,
Weil wir nicht gebeten hier,
Meinen die Hochzeit mitzumachen
Bei den Lampen an der Tür.

Drinnen sind alle im Tanz verloren,
Einer flieht vom Tanze fern,
Mädchen, seid doch keine Toren,
Sprecht nicht an den blanken Herrn.
Seht, er flieht zum Platz mit Bäumen,
Die geordnet schwarz im Schnee
Wie ein Leichenzug da säumen,
Vor dem Haus im stummen Weh.

»Was ich suche, was mich treibet,
Ist mir Zauber angetan?
Ich bin selber mir entleibet,
Leichter Schnee auf glatter Bahn:
O ihr Augen, lieben Sterne,
Wie ihr blinket, wie ihr lachet,
Bläulich scheint die tiefe Ferne,
Flammen habt ihr angefachet.«

Eine öffnet da das Fenster,
Glühend, atmet kalte Luft.
Hüt dich, Braut! viel Luftgespenster
Dringen aus dem heißen Duft.
Der verschmähte Gott ergrimmend
Kalte Pfeile auf dich wirft,
Doch den Todessang anstimmend
Sie den kalten Becher schlürft.

»Kühlung«, ruft sie, »Melodien
Meinem heißen Fackeltanz,
Kühler Wind, du kannst entfliehen,
Wirf ihm zu der Jungfrau Kranz!«
Wie der Schmiede starker Hammer
Schlägt ihr Herz den Takt zum Tanz;
Strahlte doch zu ihm der Jammer,
Dieses Feuers letzter Glanz.

Denn sie sinket tot zurücke,
Wie ein Schrei den Saal gestillt,
Aus Musik im Augenblicke,
Wie ein Schiff, das Wasser füllt,
Eben scheinet da die Fläche,
Wellen wirbeln obenhin,
Und es spielt mit ihrer Schwäche
Starker Winde hoher Sinn.

Drunten schlagen sich mit Fackeln
Die Bedienten um den Kranz,
Ha er wird nicht lange fackeln,
Denn er eilt zum Totentanz.
Mit dem blanken Degen trennend
Dieses Haufens rohen Schmerz,
Hebt er ihren Kranz schon brennend
Auf den Degen, auf sein Herz:

»Heil'ger Schimmer, dich bewahren
Kann ich nur am Herzen mein,
Es erlischt mit Flammenhaaren
Schon der Hochzeit Fackelschein;
Wenn die Augen sind geschlossen,
Mild ein Bild darinnen schafft,
Ich ihm nach auf hellen Sprossen
Steige in des Himmels Kraft.«

Mit dem Degen, der's durchdrungen,
Drückt er auf das Herz den Kranz,
Scheinet von Rubin umschlungen
In des Schnees Demantglanz;
Jeder war bei ihr bemühet,
Bis man ihn beim Kranze fand,
Der auf dem Erstarrten glühet,
So war beider Lieb' erkannt.

Wie ein Mühlrad sich beweget,
Wo die Mühle abgebrannt,
Lange noch sein Herz sich reget,
Als sein Augenlicht verbrannt;
Aus dem neidenswerten Glücke,
Das da oben uns erschien,
Machten wir die Trauerbrücke,
Ins Gewölb sie beid' zu ziehn.


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