Achim von Arnim
Gedichte
Achim von Arnim

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Trinklied im Vollmondschein

Was ist's, das wir in Ahnung fühlen
Und was erhöhet jede Stirn?
Im Herzen dunkle Wurzeln wühlen,
Die Knospen brechen auf im Hirn;
Was ist in dieser Nacht geschehen,
Das uns so freudig will umwehen?

Ob wir in süßer Liebe wachten
Vor manchem Jahr um diese Zeit?
War heut ein Jahrestag der Schlachten,
Die unser Vaterland befreit?
Doch der Kalender in dem Herzen
Weiß nichts von Sieg und süßen Scherzen.

Ihr Sterne, nennet mir dies Zeichen,
Das heute über uns regiert!
Ich sah: ihr alle müsset weichen,
Nun es den Himmelsrand berührt;
Des Vollmonds blühend rote Wangen
Sind uns zum Vorbild aufgegangen.

Weil heut der Vollmond uns bescheinet,
So schenken wir die Gläser voll,
Wir wissen, was der Himmel meinet,
Warum er heut uns scheinen soll:
Wir sollen sehn, wie er sich füllte,
Seit er den Durst im Taue stillte.

Aus vollen Flaschen werden Neigen,
Und leere Menschen werden voll,
Es hängt der Himmel voller Geigen,
Weil heut ein jeder tanzen soll;
Die Erde dreht sich schon im Kreise,
Die Pfropfen springen nach der Weise.

Auf Pfropfen steigen wir zum Monde,
Der allen Wein der Erde reift,
Und machen gern mit ihm die Ronde,
Wenn quer er durch den Himmel schweift.
Heut ist im Mond die große Faßnacht,
Und alles Wein da, was hier naß macht.

Die große Not in den Finanzen
Und der Verfassung Schwierigkeit
Löst sich, nun wir die Welt im ganzen
Beschaun, als eine Kleinigkeit;
Kommt Zeit, kommt Rat! im Wein ist Wahrheit,
Und wer gespart, der zahlet bar heut.

Ein Glück, daß ich kein Gott geworden,
Denn ich vertränk' mein bißchen Welt,
Den diamantnen Sternenorden
Und auch das blaue Himmelszelt,
Dies Zelt, das mir so Wohlgefallen,
Seit unsre Summen drin erschallen.

Ja, morgen würd' ich's recht bereuen,
Wenn über uns der Himmel leer;
Ich würd' ein neues Zelt mir leihen,
Und wenn es bei dem Teufel wär';
Ja Freunde, laßt uns das bedenken,
Eh wir vom Glauben was verschenken.

Um Himmel ist nichts überflüssig,
Und auf der Erde nichts zu viel,
Und wenn wir ihrer überdrüssig
Und wenn der Himmel uns zu kühl,
Steigt süßer Schlaf aus edlem Weine
Und hüllt in Träume die Gemeine.


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