Achim von Arnim
Gedichte
Achim von Arnim

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Kaufherr und Bauer

Parabel

Ein Kaufherr verirrte sich beim Spazieren
Und mochte wohl großen Hunger verspüren;
Er tritt in den nächsten Bauernhof ein
Und fragt nach Braten und fragt nach Wein;
Doch das alles hat der Bauer heut nicht,
Drum setzt er ihm vor von seinem Gericht:
Ein trockenes Brot, einen dürren Käs',
Daß er davon nach Gefallen äß'.
Der Kaufherr läßt sich ein Schnittchen schmecken,
Der Hunger mußte den Tisch ihm decken;
Er bietet zum Scherz dem Bauer viel Geld,
Der Bauer nimmt's ohne Gottvergelt;
Er bittet den Bauer, als er nun satt,
Daß er den Weg ihm zeige zur Stadt,
Da wolle er ihn auch wieder traktieren.
Der Bauer mag sich nicht lange zieren,
Er zeigt ihm den Weg; sie kommen zum Haus,
Als aufgetragen der Mittagsschmaus.
Der Kaufherr nötigt ihn zu dem Tisch,
Eh noch die andern gekommen, und frisch,
Während der Kaufherr in die Briefe guckt,
Hat der Bauer das ganze Essen verschluckt;
Und als er aufblickt, steht noch allein
Ein Limburger Käs' auf dem Tische fein,
Der in der Gegend gar selten ist.
Doch unser Bauer ihn nicht vergißt
Und spricht: »Das Essen ist leicht gewesen,
Da hab ich vor allem den Käse erlesen,
Um meinen Magen dran satt zu weiden.«
Er tut ihn in drei Stücke zerschneiden,
Das eine nimmt er sogleich aufs Brot;
Der Kaufherr sieht starr, jetzt bleich, dann rot,
In des Bauers gewaltigen Rachen hinein:
»Es ist Limburger Käse!« sagt er ganz fein.
Der Bauer spricht trocken: »Das hab ich geschmeckt!«
Und nach dem zweiten Stücke sich streckt.
»Er kostet zwei Taler!« im Vorwurf spricht
Der Kaufherr, doch mit frechem Gesicht
Der Bauer entgegnet: »Das ist er wert!«
Und ruhig sein zweites Stück auch verzehrt.
Doch als er nun nach dem dritten auslangt,
Dem Kaufherrn in tiefer Seele bangt
Und traurig ruft er: »Es ist der letzte!« –
»Das ist's, was ich an dem Käse recht schätzte!«
Der Bauer spricht, als er's verschlucket hat,
»Seid ruhig, mein Guter, ich bin nun satt!«
Wischt sich den Mund und geht aus dem Haus.
Der Kaufherr rechnet, was es gekostet, aus
Und kriegt so viel zusammen zu addieren,
Daß er nicht mehr wollt' aufs Land spazieren.
Und als die Frau nach Haus gekommen,
Da hat er erst gute Lehren vernommen:
»Daß es verschiedene Stände gebe,
Und daß kein Kaufherr mit Bauern lebe,
Daß alles müsse seine Ordnung haben;
Der eine soll schreiben, der andre soll graben;
Wer Bauern mit Fasanen wollt' füttern,
Der müsse sich begnügen mit armen Rittern,
Die wolle sie eilig in der Küche braten.« –
So geht es im kleinen, so geht's in den Staaten!


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