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Der Handschuhhändler

J. P. Hebel

Ein Kaufmann wollte zwei Kisten voll guter Pariser Handschuhe über die Grenze bringen und verabredete etwas zuvor mit seinem Freunde. Alsdann legte er in die erste Kiste lauter rechte Handschuhe, je zwei und zwei, in die andere lauter linke. Die zweite Kiste schmuggelte er bei Nacht und Nebel hinüber. Siehst du nichts, merkst du nichts. Mit der ersten kam er an der Zollstätte an.

»Was habt Ihr in Eurer Kiste?« – »Pariser Handschuhe.« – »Wie hoch schlagt Ihr sie an?« – »Zweihundert Franken.« – Der Zollgardist betastete die Handschuhe; zart war das Leder, fest war es auch, fein die Naht, kurz sie waren vierhundert Franken wert zwischen Brüdern. »Ich gebe Euch 220 Franken dafür,« sagte der Zollgardist, »sie sind mein.« Der Krämer sagte: »Sind sie Euer, so sind sie mein gewesen. Zehn Prozent sind auch ein Profit.« Also nahm er 220 Franken und ließ die Kiste im Stich. Freitag darauf in Speier im Kaufhaus – es war noch in der alten Zeit – kamen die Handschuhe zur Versteigerung.

»Wer gibt mehr als zweihundert und zwanzig?«

Die Liebhaber besichtigten die Ware. »Es scheint mir,« sagte der Freund des Krämers, »die linken sind etwas rar.« – »Parbleu!« sagte ein andrer, »es sind lauter rechte.« Kein Mensch tat ein Gebot. »Wer gibt zweihundert? – einhundert und fünfzig? – hundert? – Wer gibt achtzig?« Kein Gebot. »Wißt Ihr was,« sagte endlich der Freund des Krämers. »Es kommen vielleicht viel Leute nur mit dem rechten Arm aus dem Krieg zurück.« Es war Anno 13. »Ich gebe sechzig Franken,« sagte er. Wem zugeschlagen wurde, war er. Der Zollgardist aber hätte vor Zorn des Henkers werden mögen. Im Waldangelloch aber haben der Krämer und sein Freund die Handschuhe wieder zusammengelegt, je einen linken und einen rechten, und haben sie in Frankfurt auf der Messe für ein teures Geld verkauft.


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