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Ihr müßt bezahlen

Volkstümlich

Am letzten Tag im Monat trafen sich vier Studenten, die wollten wohl einen guten Trunk tun. Ihre Geldbörsen waren aber so mager wie die Hamster, wenn sie im Frühjahr vom Winterschlaf aufwachen. Sie überlegten sich also, was zu tun sei, fanden einen guten Rat und wanderten drei Stunden weit nach einem Dorfe, wo sie einen kühlen Elfer frisch vom Faß wußten. Sie fingen an, fröhlich zu sein und aßen und tranken nach ihrer Lust.

Als nun der Wirt in seinen Krautgarten gegangen war, sein Gemüse für den Abend zu holen, und die Wirtin zur Gesellschaft bei den Studenten stand und wohl auch ein Glas mittrank, fing einer nach dem andern an, groß zu tun, und vermaß sich, er wolle die Zeche allein bezahlen und dulde nicht, daß von den drei anderen einer auch nur einen Pfennig dazulege. Darüber gerieten sie, wie es schien, in einen heftigen Streit, man stand auf, schlug mit der Hand auf den Tisch, und es sah aus, als ob Händel kommen sollte. Da schlug einer der vier lustigen Vögel vor, man solle den Streit so schlichten, daß man der Wirtin ein Tuch vor die Augen binde und sie, wie beim Blindekuhspiel, einen der vier zu fangen suche; wer es sei, der dürfe dann bezahlen. Die gute Frau war einverstanden; aber kaum hatte man ihr das Tüchlein vorgebunden, da standen schon alle Studenten auf den Zehen. Bald hatte jeder den Hut auf dem Kopf, den Stock in der Hand, leise zur Tür hinaus, eins, zwei, drei, vier und dann um die Ecke in den Wald nach Haus. Währenddessen sucht die Wirtin weiter und denkt, ihre Gäste hockten hinter Ofen und Bank. Damit kommt der Wirt wieder aus seinem Krautgarten, die Frau springt auf den lauten Schritt zu, faßt ihren Mann beim Rock, ruft: »Ihr müßt die Zeche bezahlen!« und reißt sich das Tüchlein von den Augen. Und weil er Spaß vertragen konnte und seine gelehrten Gäste doch nicht mehr sah, als er nach ihnen ausspähte, lachte er über die Geschichte und über seine kluge Frau. Nebenbei: Nach dem Ersten, als wieder Geld in den Geldbörsen war, fanden sich die viere wieder einmal ein, und wenn sie sich diesmal auch nicht über die Rechnung stritten, so bekam die Wirtin doch richtig ihr Geld.


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