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Dreizehntes Kapitel

 

38. Der Streik im Hafen. Wird Ann entlassen?

So war die Bestattung von Ohm Ernest recht friedlich verlaufen. Doch die folgenden Wochen verliefen durchaus nicht friedlich.

Die Bewegung der Dockers am Hafen hatte sich verbreitert. Die kleinen wilden Streiks an den einzelnen Piers der nur »unständig beschäftigten« Schauerleute flossen unter Führung des linken »rank and file«-Komitees, schneller als man annahm, zu einem beachtlichen Strom zusammen, der auch von der Gewerkschaftsleitung der A.F.L. nicht mehr übersehen werden konnte. Sogar die vollbeschäftigten Arbeiter begannen jetzt einmütiger hinter ihren alten Forderungen der Schmutzzulage und der Sicherungsmaßnahmen gegen die sich häufenden Unfälle zu stehen. Man wußte, die 40 000 Kollegen an der Westküste hatten erfolgreich um ihre Rechte gekämpft trotz des Taft-Hartley-Antistreikgesetzes.

Die Regierung aber mit ihren Senatoren und Kongreßmitgliedern konnte bei der allgemeinen politischen Spannung – der immer größeren Fragwürdigkeit des Korea-Abenteuers, den ungeheuren Kriegskrediten und drohenden Steuern – keine entscheidende Kraftprobe mit Zehntausenden Hafenarbeitern riskieren. Natürlich hatte der Gewerkschaftschef King Joe es immer wieder mit den altbewährten Methoden des Hinausschmisses, der Arbeitsverweigerung durch seine Unterchefs (»I got enough!«) und des blutigen Terrors seiner Leibgarde versucht, kleinere Streiktrupps auseinanderzuschlagen und so die Murrenden auf die Knie zu zwingen. Doch diese bisher erfolgreichen Mittel zogen nicht mehr. Überall entstanden kleine Widerstandspunkte wie diese ersten um Honeycut, Mark, Cucumber und den Ammoniakverletzten, und diese Widerstandsnester verbreiterten sich, je mehr man auf sie einschlug, von Pier zu Pier. Sie bildeten schließlich eine geschlossene Front.

Da kursieren auch die verschiedensten Flugblätter am Hafen, vor allem solche vom »rank and file«-Komitee. Darin steht:

Wir fordern Garantie einer regelmäßigen Achtstundenarbeit und die Fünftagewoche! Wir fordern höhere Löhne, die den höheren Preisen entsprechen! Wir fordern bessere Sicherheit am Arbeitsplatz gegen die Antreibermethoden und gegen die Gefahren, denen unser Leben und unsere Gesundheit ausgesetzt sind! Wir haben ebensowenig ein Interesse daran, daß unsere Kollegen Hafenarbeiter wegen des Hetztempos beim Verladen von Kriegsmaterial ums Leben kommen wie unsere Jungens in Korea!

Daneben gehen Flugblätter der Negro Labor Councils, der Liga der Arbeiterjugend und des Friedenskomitees um. Vergebens suchen Gruppen von Cops und F.B.I.-Leuten an dem riesigen Hafen »Ordnung zu schaffen«. Es gelingt ihnen wohl ab und zu, einen der flugblattverteilenden »Staatsfeinde« zu fassen; aber am nächsten Morgen sind für diesen einen zehn andere auf dem Platz. Die Sache wird dadurch nur noch populärer, vor allem, wenn die Verhafteten Mitglieder der Jugendliga oder des Friedenskomitees sind. An vielen Piers sieht man jetzt die Losungen:

Hands off Korea!
Peace! Jobs! Freedom!

Gerade das bereitet den politischen Instanzen ernste Sorge. Bald verschwindet die sichtbare Polizei vom Hafengelände.

*

Ein besonderes Ereignis ist es, als die streikenden Hafenarbeiter plötzlich Unterstützung erhalten durch Geld- und Lebensmittelspenden, die von den Betrieben der Stadt gesammelt wurden.

Eines Abends erscheint die Arbeiterin Ann Lee mit der Delegation von zehn Arbeiterinnen einer großen Keksfabrik und übergibt im Namen der Belegschaft dem Streikkomitee 500 Dollar. Die Freude ist gewaltig; sie steigert sich zu einem förmlichen Jubel, wie der alte Honeycut, der im Komitee sitzt, seinen Kollegen mitteilt, Ann sei die Schwiegertochter des »im gemeinsamen Kampf gefallenen« Ohm Ernest.

Für Ann selbst allerdings hat es im Betrieb in den nächsten Tagen recht unangenehme Folgen. Sie erhält von der Direktion ihre Kündigung, da sie während der Arbeitszeit eine politische Aktion durchgeführt und hierbei aufreizende Reden gehalten habe. Sie sei als »Rote« im Betrieb untragbar. Was in jenen Tagen die Chefs der Contracting Corporation und die Kreaturen von King Joe bei den Hafenarbeitern vergeblich versucht hatten, eine ähnliche Kraftprobe riskiert jetzt im kleinen die Direktion der Keksfabrik. Doch auch hier wird der Bogen überspannt, wenn auch auf andere Weise.

Denn Ann kann mit Recht vom Shopchairman – ihrem Betriebsratsvorsitzenden – den Nachweis verlangen, ob sie, wie die Direktion behauptet, während der Arbeitszeit die Sammlung durchgeführt und somit den Arbeitsprozeß gestört habe? Dieser Nachweis ist nicht zu erbringen. Es bleibt jedoch die Tatsache, daß Ann während ihrer Arbeit am laufenden Band mit ihren Kolleginnen über den Tod ihres Schwiegervaters, über die Versammlung der Friedensfreunde am Hafen und über die Beteiligung des Fabrikanten Clerk am Vertuschen des Todes der kleinen Beß gesprochen habe – was weder den Arbeitsprozeß störte, noch als kommunistische Propaganda einer »Roten« ausgelegt werden konnte. Die Sammlung für die Hafenarbeiter aber fand stets in der Mittagspause statt. In dieser Freizeit sei jeder Mensch sein eigener Herr.

Hierum geht der Meinungsstreit, der bald auf den ganzen Betrieb übergreift. Die überwältigende Mehrheit der Belegschaft, der sich auch die Shopstewards – die Vertrauensleute – anschließen, stellt sich hinter Ann, zumal die Freiheit der Meinungsäußerung in den Staaten in den Grundrechten der Unabhängigkeitserklärung von 1774, die jedes Schulkind kennt, verankert sei.

Der Betriebsratsvorsitzende selbst windet sich lange wie ein Aal, redet von »Erregung von Unruhe im Betrieb« und einer »friedlichen Lösung des Konfliktes«, indem er Ann eine Stelle in einer anderen Fabrik besorgen wolle, vorausgesetzt, daß sie künftig »sich fair verhalte«. Er ist ein älterer, rundlicher Mann mit grauem, sauber zurückgebürstetem Haar und schweren Händen. Väterlich fragt er Ann: »Sind Sie mit dieser Lösung einverstanden?«

Ann antwortet: »Nein.«

»Und warum nicht?«

»Erstens, weil ich im Recht bin. Und zweitens, wenn man bei einem einzelnen ein kleines Unrecht zuläßt, so werden es morgen hunderte kleine Unrechts an hundert anderen und schließlich ein großes Unrecht an uns allen.«

Der Betriebsratsvorsitzende lächelt nachsichtig; er putzt seine Brillengläser und meint zu Ann, die straff und entschlossen vor ihm steht: »Sie sind eine Denkerin, Kollegin Lee, vielleicht eine Philosophin; aber das hilft uns nicht weiter, solange nicht alle Menschen solche Philosophen sind.« Und indem er seine schweren ehemaligen Arbeiterhände auf den Tisch legt, fragt er: »Sagen Sie, Kollegin, glauben Sie, daß ich als Mann mit dreißig Jahren Gewerkschaft auf dem Buckel nicht Ihr Bestes will?«

Ann erwidert: »Ich weiß es nicht.«

»Oho! Wo ich selbst Packer in diesem Betrieb war!«

»Vielleicht haben Sie es vergessen.«

So haben die Frauen damals – vor dreißig Jahren – nicht zu sprechen gewagt. Der Betriebsratsvorsitzende zuckt die Achseln und seufzt wie unter schwerem Leid: »Überlegen Sie sich's noch mal! Ich sehe keinen anderen Weg.«

Die Sache geht zwei Wochen hin und her. Die Vertrauensleute erwirken, daß Ann noch weitere vierzehn Tage Frist erhält, sich eine andere Stelle zu suchen. Ob aus dieser Erregung innerhalb des Betriebes oder aus dem einfachen Grund der wachsenden Teuerung – jedenfalls beginnen auch in dieser Keksfabrik die männlichen Packer der schweren Kisten und die Chauffeure der Fahrbereitschaft die Frage einer Lohnerhöhung aufzuwerfen. Der Betriebsratsvorsitzende fragt sie, ob das nicht ein schreiender Widerspruch sei: Auf der einen Seite fordere man Lohnerhöhung, weil es zum Leben nicht reiche, auf der anderen Seite spende man Geld für die streikenden Dockers am Hafen?

Die Männer erklären: Das sei ihre eigene Sache.

Die Dinge hängen in der Schwebe. Es wetterleuchtet am Horizont. Fraglich, ob das Gewitter heranrückt oder vorüberzieht? Da treten zwei Ereignisse ein, die auch für diesen Arbeitsplatz eine Entscheidung bringen.

 

39. Clerk und die Dianetiker. Ben Burns kontert Clerk.

Clerks Zustand hat sich in den letzten Wochen sichtbar verschlimmert. Er geht nur noch vormittags für ein bis zwei Stunden in sein Büro. Die laufende Produktion der Panzerstahltüren und der Tresors interessiert ihn kaum mehr. Auch die Herstellung der »C.C.C.-Schildkröte« tritt in den Hintergrund gegenüber den Atomautomaten. Nachdem The Lord von der Sache zurückgetreten ist, schlägt bei Clerk eine kurze Depression um in die Phase erregten, paranoischen Wahns: daß auch The Lord ein Feind sei, der Agent einer fremden Macht, daß er – Clerk – mit seiner großangelegten Idee sabotiert werde und die Durchführung nun von ihm selbst in die Hand genommen werden müsse. So beginnt er Verhandlungen mit Banken, die in verschiedenen Großstädten die Spielautomaten kontrollieren, um vorerst hundert bis zweihundert seiner Apparate auf eigenes Risiko und gegen eine nicht geringe Platzmiete aufzustellen.

Es ist höchste Zeit, daß nunmehr Old Josh und die Familie eingreifen. Als ein bekannter Nervenspezialist unbedingt sofortige »geistige Ausspannung« und eventuelle Überführung in ein komfortables Sanatorium vorschlägt, wird dieser berühmte Arzt von Clerk sogleich mit einbezogen in das System der Feinde und Agenten. Er selbst lehnt jede Erholung als Sabotage seiner Pläne ab.

Energischere Mittel anzuwenden, kann sich die Familie noch nicht entschließen, zumal jetzt Schwester Fanny und Mr. Punch, der Dianetiker, den Zeitpunkt für gekommen erachten, mit ihrer Embryonalanalyse einzugreifen, während Old Josh des Neffen Clerk Zustand als »chronische Harnsäurevergiftung mit Avitaminose« anspricht. Gewitzt durch die Erfahrung, daß Clerk jeden Zweifel an der Bedeutung seiner Automaten als feindliche Handlung ansieht, bejaht der Embryonalpsychologe Mr. Punch diesen aus einer rein geschäftlichen Spekulation entstandenen Reklameapparat als ein Instrument, das »auf die Urtiefe der menschlichen Weltangst zu loten befähigt«. So gewinnt er Clerks Vertrauen. Die fanatische Schwester Fanny aber stürzt sich auf das nunmehr sichere Opfer wie ein Geier auf ein niedergebrochenes, noch zuckendes Wild.

Die Séancen finden in Clerks Privatkabinett, gleich neben dem Modell des Automaten, statt, der mit den brennenden Straßen und den in Todesangst rennenden, als lebendige Fackeln verqualmenden Menschen ein geradezu einzigartiger suggestiver Anreizer jener dianetischen Dämmerzustände ist. Hier erhält nun Clerk die volle Nahrung für seinen Verfolgungswahn … zugleich Qual und Befriedigung. Zehn-, zwanzigmal muß er in gesteigertem Tempo den Apparat in Gang setzen, während der spindeldürre Mr. Punch ihn umgeistert und ihm bald in sein rechtes, dann in sein linkes Ohr flüstert, daß er – Clerk selbst – schon einmal genauso im Leibe seiner Mutter gebrannt und sich gewunden habe, und daß er jetzt noch einmal diesen vorembryonalen Verbrennungstod zum Zwecke der »biophysischen Selbstreinigung« erleben müsse. Oft bricht Clerk schweißbedeckt am Sockel des Automaten zusammen. Dann neigt sich Schwester Fanny zu ihrem keuchenden Bruder, und in altjüngferlichem Haß gegen die üppige Dorothy flüstert sie ihm zu, daß »ungereinigte weibliche Phosphorfluida« in ihm schwelen, die er jetzt endgültig und für immer ausstoßen müsse. In diesem nebulösen Erregungszustand treten zu den künstlich erzeugten Wahngebilden noch seine eigenen Wahnvorstellungen hinzu und mischen sich miteinander zu einem wahren Hexentrank. So schreit er plötzlich auf: »Die tote Katze … da ist sie, die tote Katze! Ihr könnt dazu noch 'nen toten Hund haben!«

Mr. Punch blickt triumphierend auf Schwester Fanny. ›Tote Katze – toter Hund‹, das bedeuten vorembryonale Symbole! Männliches und Weibliches! Die Dianetik kommt auf volle Touren. Die »Engramme«, die vorgeburtlichen Traumata, lösen sich und treten zutage. Weiter! Weiter!

Jetzt fährt Clerk hoch, stößt Mr. Punch und Fanny beiseite, rennt zum Schreibtisch und beginnt mit allem Greifbaren die Tür zu bombardieren, wobei er einzelne Namen herausschreit, als drohten diese Personen von dort einzutreten: »Donald! – Beß! – Adda! – Der tote, rote Schuft …«

Punch hat vor dem Rasenden seitlich der Couch in tiefer Kniebeuge Deckung gesucht, Schwester Fanny, die gebieterisch beschwörend auf den Bruder zugeht, erhält den schweren malachitnen Briefbeschwerer an den Kopf, daß sie wortlos und blutüberströmt umsinkt. Ein Kernschuß.

Dieser Séance folgt keine andere mehr.

Old Josh triumphiert im stillen. Mit reiner Kokosnußnahrung könnte man vielleicht die Harnsäureüberlastung des Blutes beseitigen. Aber der Alte verzichtet auf das Experiment. Er muß sich jetzt trotz seiner siebzig Jahre wieder der Leitung des Betriebes zuwenden.

Clerk selbst wirkt nach solcher Entladung ruhiger und geordneter. Er gibt sich den Anschein erneuten Interesses an der Gesamtproduktion des Betriebes. Auch das gehört zu dem nicht einfachen schizophrenen Bild. Er stellt sich normal, um seinen »ärztlichen Verfolgern« zu entgehen. Er dissimuliert – das heißt: er simuliert Gesundheit. Nur in seinem Blick liegt etwas Lauerndes, flimmert für Sekunden sichtbar das Irrlicht gefährlichen Mißtrauens und Verfolgungswahns.

Die Familie beschließt jetzt, mit Hilfe zweier ärztlicher Kapazitäten Maßnahmen zu ergreifen, schon um Mrs. Dorothy für alle Fälle Prokura zu verschaffen in Ergänzung der Geschäftsleitung von Old Josh.

*

Eines Morgens findet Clerk auf seinem Schreibtisch im Büro eine Zeichnung mit Addas Unterschrift. Sofort rapportiert in ihm sein verstecktes paranoisches System. Wer hat ihm diese Unterschrift hingelegt? Soll das eine Anspielung sein – auf den Brief, dem jener Mr. Lee zum Opfer fiel? Vielleicht von The Lord und diesen feindlichen Agenten hierher praktiziert? Oder von Ben Burns, dem Nobody, der ihn auf den Kopierapparat aufmerksam gemacht hat?

Er ruft Burns.

Wie ihn der Zwerg beobachtet!

Was das Papier bedeute?

Eine Zeichnung der neuen Stahlbunker.

Und weshalb mit Miß Montez' Unterschrift?

Miß Adda Montez unterzeichne stets die endgültige Zeichnung.

Was zwinkert der Zwerg ihm zu? Weshalb betont er den Vornamen Adda? Steckt dieser Nobody mit jener Clique unter einer Decke? Denkt er – Clerk – es, oder spricht er es aus; Wieso ist diese Person noch im Betrieb, da ihr Verwandter, dieser rote Schuft, mich in offener Versammlung einen Mörder nannte? »Miß Montez ist sofort zu entlassen!«

»Darf ich nach dem Grund fragen?« kommt es von dem Zwerg.

Also hat er doch gesprochen? Er geht um den mächtigen Diplomatentisch herum auf den Kleinen los. Auch dieser Wurm gehört zu den Feinden.

»Den Grund wollen Sie wissen, Sie existenzlose Null? Den Grund sollen Sie mir sagen, Sie giftiger Molch! Heraus damit!« Es steht ein Stier vor einem winzigen, bissigen Hund. Urfeindschaft brennt in beider Augen. Auch die existenzlose Null ist plötzlich nur von einem erfüllt: dem besinnungslos wilden Gefühl von Haß. Auch dieser Nobody weiß jetzt nicht mehr, ob er die nächsten Worte denkt oder spricht: »Soll ich vielleicht auch Miß Adda einen gewissen Betrag überweisen wie jenem Joe Morris, jenem …«

Clerk hat den Kleinen an der Gurgel gepackt. Der spürt, wie die mächtigen Pratzen beginnen, seine Kehle zu pressen. In Todesangst spielt er – Clerk konternd – seine letzte Karte aus: »Es ist alles bei meinem Anwalt hinterlegt«, stößt er keuchend hervor, »alle Namen, alle Fakten … im versiegelten Testament, nach meinem Tod zu öffnen …«

Clerk starrt ihn an, er begreift. Seine Hände geben die Kehle des Zwergs frei. »Holen Sie von Ihrem Anwalt den Wisch!« befiehlt er. »Überweisen Sie sich von meinem Privatkonto die gleiche Summe wie Joe Morris! Hören Sie!«

Ben Burns geht hinaus.

 

40. Die Stunde ist da. Clerks Ende.

Clerk hat den ganzen Nachmittag in dem Arbeitskabinett seiner Villa verbracht. Die Sache mit Ben Burns bohrt in seinem Gehirn. Der verächtliche Blick des Zwerges sagte ihm, daß er das Geld nicht annehmen und das Testament nicht herausrücken wird. Diese Mißgeburten haben ihre eigene, verkorkste Moral.

Nachdem Clerk im Automaten dutzende Male die Kugel abgeschossen und die Stadt in Brand geworfen hat, legt er sich erschöpft auf die Couch. Also arbeitet der Feind schon in seinem eigenen Betrieb, gleich neben ihm, im Herzen der Verwaltung? Diese existenzlose Null hat ihn, den Chef der C.C.C., mit einem einzigen Satz aus seiner keuchenden Kehle erledigt. Dieser Wurm weiß also um Joe Morris-Apollo. Er klebt mit The Lord und seinem Gang im gleichen Schlamm. Auch er ist gegen ihn. Alle sind gegen ihn. Sie haben sich bereits untereinander verständigt. Sie bereiten etwas vor – diese Agenten und Spione – gegen seine Stahlbunker, gegen seine Automaten. Überall sind sie, die Roten. Wer weiß, ob nicht hier in den Mauern der Villa eine A-Bombe eingebaut ist mit einer lichtempfindlichen Selen-Zelle, eine Bombe, die durch eine schmale Ritze mit einem Lichtstrahl entzündet werden kann?

So in seinem weiterarbeitenden Wahn hindämmernd, muß er eingeschlafen sein. Im Dunkeln fährt er vom heftigen Klopfen an der Tür hoch. Ferne Signale der Feuerwehr.

»Mr. Clerk, die Avenue wird bombardiert!« schreit das Hausmädchen. »Wir sind im Keller!«

Also –

Es geht los.

Clerk ist nicht überrascht. Er hat diesen Angriff der Roten ja die ganzen Monate erwartet. Er wird nicht aus dem Fenster springen wie der Kriegsminister Forrestal im Pentagon. Aber er wird auch nicht im Haus bleiben, auf das seine Feinde in den nächsten Minuten den zündenden Lichtstrahl richten werden. Schnell nimmt er Hut und Mantel. Man müßte Dorothy und die Familie mitnehmen? Doch das Haus scheint wie ausgestorben. Vielleicht sind sie bei den Dienstboten im Keller? Vielleicht mit jenen im Bunde? Vielleicht schon geflohen? So oder so – wer hat sich die letzte Zeit denn um ihn gekümmert? Nur ihn verspotten konnten sie oder versuchen, ihn in eine Anstalt zu sperren! Alle die gleiche Marke! Feinde!

Clerk holt das Kabriolett aus der Garage, läßt von Manuel das Tor öffnen und braust los in Richtung der Unterstadt und der billigen Wohnviertel, wo ein roter Qualm über den Dächern aufsteigt. Endlich, endlich! Man wird ihn nicht mehr verspotten! Die Automaten und die Stahlbunker werden jetzt in Front gehen! Clerk hält den Wagen an. Eine Feuerwehrkolonne braust mit Klingeln und Sirenengeheul vorbei. Dann ein Polizeisanitätswagen.

Clerk geht zu Fuß weiter.

Dort dringt dicker Rauch über die Straße. Aus einem Gebäude zucken Flammen. Der Umkreis ist abgesperrt. Einzelne beherzte Männer stehen da. Wenige Frauen, die überneugierig aus den Kellern wieder hervorgekrochen sind. Eine leidenschaftliche Diskussion ist im Gange, weil einer der Feuerwehrleute erklärte, es handle sich nur um eine Gasexplosion im 5. Stockwerk, wo eine alte Frau den Hahn ihres Gasherdes aufgedreht habe, um sich das Leben zu nehmen. Ein dicker Hausmeister will von dieser Beruhigungspille der Feuerwehr oder »gewisser Hintermänner« nichts wissen. Er habe bestimmt das Rauschen einer niedersausenden Bombe gehört. Er sei 1944 mit in der Normandie gewesen und kenne die Bomben im Schlaf.

Ein Verfechter der Gasexplosion, ein kleiner korrekter Herr in einem dunklen Covercoat, meint, eine Bombe müsse doch mindestens das ganze Haus zertrümmert haben. Worauf eine Frau vom Kaliber einer Strandhaubitze vortritt und den bescheidenen Herrn anfährt: »Wollen Sie meinen Mann etwa Lügen strafen, Sie kluges Pferdchen? Waren Sie im Felde? Was sollen also Ihre Schmalzreden, wo auch ich das Sausen und Pfeifen gehört habe!?«

Plötzlich knallen von der Hitze auch die Glasfenster des Nachbarhauses aus den Rahmen und splittern klirrend auf die Straße. Aus dem noch brennenden Haus werden jetzt zwei Ohnmächtige oder Leichen im Rettungsschlauch herabgelassen und sofort in die Krankenwagen verladen, die losbrausen. Der Kreis der Absperrung wird erweitert.

Die dicke Portiersfrau kann sich immer noch nicht beruhigen. »Da kommen diese Figuren und wollen uns einreden, so 'ne Bombe sei ein geplatzter Kinderballon, wo vor uns die Straße brennt und man die Leichen herunterläßt, während diese Figuren …«

»Die Roten sind's!« ruft jemand.

»Das ist es!« prustet die Frau des Portiers wie erlöst: »Die Roten! Sie haben es getroffen, mein Herr!«

Clerk muß zu ihr nach vorn. Er starrt auf den kleinen korrekten Mann. Ist das nicht sein Nobody Ben Burns? Fein weiß er sich zu tarnen, der kommunistische Agent! »Überall sind sie, diese roten Spione!« legt Clerk los, den Kleinen fixierend. »Überall, in den Häusern, den Büros, den Ämtern, auf der Straße, unter dem Publikum! Sie wollen uns einschläfern, während die ferngelenkten Raketen und Fliegenden Untertassen aus dem Osten nachts über unsern Himmel jagen! Und da faseln jene von Gasexplosion …«

»Wer gibt Ihnen ein Recht, mein Herr, so über mich zu reden?« Der Kleine ist dicht vor Clerk getreten und schaut ihn mit festen Blicken an. »Es ist noch die Frage, wer hier provoziert und Panik verbreitet mit dem Gerede über die Roten!«

»Es gibt wohl keine Roten?« brüllt jetzt Clerk. »Ich kenne Sie, Sie … selbst ein Roter!« Wie er den Kleinen packen will, tritt ein älterer, würdiger Herr, der einem pensionierten Beamten gleicht, mit erhobenem Ebenholzstock, an dem sich eine silberne Krücke befindet, dazwischen und mahnt: »Wollen Sie den Herrn bitte in Frieden lassen und ihn nicht weiter belästigen!«

Clerks Gehirn arbeitet hemmungslos. Die verschiedenen Figuren seines Wahnsystems springen mit rasender Geschwindigkeit durcheinander. Aus dem Pressebericht über die Versammlung der Friedenskämpfer, wo sein Name genannt wurde, taucht die Person eines Pfarrers auf, des »Zornes Gottes«. Also auch die Geistlichkeit ist mit im Komplott! So weit geht es!

Wütend reißt er dem alten Herrn den Stock aus der Hand. »Wagen Sie es, mich zu schlagen, Sie roter Teufel!«

Nun ergreifen einige Partei gegen Clerk; sie wollen ihm den Stock entwinden. Andere wieder schreien: »Polizei! Die Kommunisten! Die Roten machen hier Propaganda!« Zugleich hört man ein scharfes Zischen und gellt die Stimme der Portiersfrau: »Hilfe! Die zweite Bombe!«

Auf diesen hysterischen Ruf und das Geräusch rennen alle auseinander, wobei keiner darauf achtet, daß jenes Zischen von dem Wasserstrahl herrührt, den die Feuerwehr erneut gegen das brennende Stockwerk richtet.

*

Für Clerk besteht kein Zweifel, daß die Stunde X gekommen ist.

Zwei jüngeren Burschen, die sich ihm bei der Flucht von der Brandstätte angeschlossen haben, berichtet er, ohne einen Moment seinen Redestrom zu dämmen, von seinen Schutzmaßnahmen: den grandiosen Stahlbunkern der C.C.C.-Schildkröte, und von den Automaten. Die beiden Individuen gehen auf seine Ideen ein und schlagen vor, daß man vor dem nahen Ende noch einmal »dem Leben ins Auge sieht« und im Zentrum eine Burleske besucht. Immer weiter redend folgt ihnen Clerk. Aber er hat in dem kleinen Theater wenig Interesse an dem obszönen Sketch, da auf der Bühne ein alter Herr und ein junger Mann von zwei üppigen Girls in einem Friseursalon eingeseift und unters Messer genommen werden, wobei die beiden zu rasierenden Männer über große Hitze klagen und die Mädchen in einer Entkleidungsszene erst den weißen Frisiermantel und schließlich die restlichen Hüllen abstreifen. Clerk aber sucht seinen beiden Begleitern ungeachtet der Vorführung klarzumachen, daß die soeben explodierte Russenbombe erst eine harmlose »Orientierungssonde« gewesen sei, auf die in dieser Nacht bestimmt der Hauptangriff mit A-Bomben folgen werde.

Anfangs verbitten sich die Umsitzenden das laute Gerede, in der Annahme, es handle sich um einen Betrunkenen. Doch nach dem exakten Hinweis auf den bevorstehenden Bombenangriff, so wie er in den letzten Tagen in mehreren illustrierten Zeitschriften beschrieben und mit Bildern belegt wurde, bricht eine wachsende Unruhe aus. Zahlreiche Besucher verlassen schleunigst den Theatersaal, Lärm erfüllt den Raum, die nackten, starkbrüstigen Girls und die beiden Männer mit Seifenschaumbärten stehen mit fragenden Märchenaugen an der Rampe. Panikartig drängen die Zuschauer hinaus.

Clerk – von dem Strom mitgerissen – befindet sich wieder auf der Straße. Er hat jede Kontrolle über seine Gedanken und Sinne verloren. Von seinen eigenen Worten betäubt, hört er in seinem Ohr das Zischen der Raketenflugkörper, das Sausen der Bombe, Schellengeläute wie von Schlitten oder Feuerwehrautos. Er rennt durch das Menschengedränge der großen Straße, schon außer Atem. Er betritt eine Bar und stürzt einige mit Eisstückchen gekühlte Gins hinunter. Wie er bezahlen will, bemerkt er, daß seine Brieftasche fehlt, daß seine Taschen leer sind. Ah, die beiden Vögel, die ihn in die Burleske lotsten! Noch nie geschah ihm das in seinem Leben! Nie zuvor!

Die Stunde ist da.

Er fragt laut den Barkeeper, ob dieses Haus einen bombensicheren Unterstand habe? Gegen Atombomben natürlich! Vielleicht die C.C.C.-Schildkröte? Die Stunde X stehe in dieser Nacht bevor!

Die zunächst sitzenden Gäste werden aufmerksam. Die Magazine bringen in letzter Zeit ständig Berichte über Atombomben und vom Osten einfallende Flugkörper. Letzthin war im »American« ein Bildbericht mit dem Titel: Atombombe auf New York. Dort sah man jenen furchtbaren, weißwolkigen Pilz von Bikini, der das Hochhaus der Vereinten Nationen in Schutt und Asche legt. Wenn dies schon in einem seriösen Magazin steht …

Ob man von dem heutigen Bombenangriff auf das Wohnviertel am Hafen gehört habe? Er komme gerade daher … ein Trümmerfeld!

Bitte erzählen!

Die Gäste drängen sich um Clerk. Einer allerdings erklärt, das Radio habe gemeldet, es handle sich bloß um eine Leuchtgasexplosion und den Selbstmord einer alten, alleinstehenden Frau.

»Irreführung durch rote Agenten!« braust Clerk auf.

Der andere will auf ihn los. Man hält ihn.

Welcher der Herren diese Falschmeldung noch gehört habe? Niemand? Also!

Clerk triumphiert. Er berichtet, wie sein Sohn, der Fliegermajor Donald Clerk, vor zwei Monaten bei der Jagd auf von Osten einfallende Fliegende Untertassen ums Leben gekommen sei, und wie man heute in der Nacht die Stunde X erwarte.

Die Nachricht wirkt auf verschiedene Weise. Ein Teil der Gäste zahlt sofort und verläßt scheinbar gleichmütig die Bar. Die anderen lassen die ganze Klaviatur der Schnäpse und Cocktails auffahren, um vor Einbruch der Stunde X noch ihr restliches Lebensquantum an Alkohol zu konsumieren.

Der Geschäftsführer der Bar bittet nun den immer erregter orakelnden Clerk in sein Privatkabinett. Der Kellner flüstert dem Chef zu, der Herr habe nicht bezahlt. Der Chef winkt ab. Er will einen Skandal vermeiden. Vielleicht ist wirklich etwas an den Worten des Unbekannten? In diesem Falle möchte er die Bar unauffällig schließen und die Kasse und sich selbst in Sicherheit bringen. Auch er hat den Artikel im »American« gelesen.

 

In dem kleinen Raum, der mit seinen Kriegserinnerungen wie ein Steinbruch oder wie ein Museum wirkt – der Geschäftsführer war im Stab einer Panzertruppe –, befinden sich an den Wänden befestigt Stahlstücke vernichteter Panzer mit dem Hakenkreuz, zerbrochene Flugzeugpropeller, deutsche Stahlhelme, Panzerfäuste, Granatkartuschen und in einem großen Glasschrank Steinbrocken mit Schildchen, worauf steht: Kathedrale von Rennes, Kölner Dom, Dürerhaus Nürnberg, Reichskanzlei Berlin. Das einzige Fenster aber leuchtet bei auffallendem Licht in seltsamen Farben – es ist ein Kirchenfenster aus Frankreich mit einem Heiligen inmitten der Glasmalerei.

Während der ehemalige Panzermann den ununterbrochen redenden Gast mit einigen Lagen Manhattan Cocktails aus seiner »Spezialapotheke« zu beruhigen sucht, dabei die Wahrscheinlichkeit des erregten Berichtes mit den Darstellungen der Magazine vergleichend, fühlt er sich plötzlich von den beiden Fäusten seines Trinkkumpans an den Schultern gefaßt und geschüttelt: »Oh – Sie werden den Anfang damit machen!« schnaubt Clerk ihn an.

»Womit?«

»Mit meinem Atombombenautomaten! Ein erstklassiger Artikel! Die Stadt brennt, die Stadt stürzt zusammen! Haben Sie gesehen, wie die Leute an Ihrer Bar das Doppelte und Dreifache hinuntergossen, als sie von der Stunde X hörten? Alle wollen doch leben, verstehst du, Freund! Und im Angesicht des Todes wollen sie alles vom Leben mit einemmal haben …«

»Einen Spielautomaten?«

»Vier gehen in deine Bar, Freund! Sechs! Sage ja!«

»Ob das Gewerbeamt ja dazu sagt?«

»Schiet darauf, Freund! Du tust dich mit den anderen Bars deiner Gesellschaft zusammen! Hundert Apparate können wir gleich aufstellen! Ein Riesenwurf für uns beide!« Der Alkohol wirkt. Clerk keucht vor Erregung. Endlich ein Freund! Die große Chance ist da! »Schlag ein – fifty to fifty!«

Doch je stürmischer Clerk drängt, um so kritischer wird der andere. »Ich bin bloß Geschäftsführer. Das aber ist die Sache der Chefs. Zudem ist unsere Bar nicht das Genre eines Amüsierlokals.«

»Amüsierlokals?« schreit Clerk und haut mit seiner Faust auf den Tisch, daß die Gläser rollen. »Denkst du, erbärmliche Filzlaus, ich krieche dir mit meinem Apparat in den Hintern? Krieche dir selbst hinein!« Er springt auf und stampft durch die Bar hinaus.

Filzläuse! Feinde! Eine Clique!

Ohne Hut und Mantel trottet er durch die Menschen, sie anrempelnd, ohne es zu bemerken. Ein Verkehrspolizist pfeift, da er einfach über den Fahrdamm stapft; aber die Menge hat ihn schon geschluckt.

Hallo, ein Automatenlokal! Spielautomaten! Er tritt von Apparat zu Apparat: Pferderennen, Hockey, Baseball, Bobrennen in St. Moritz mit Alpenglühen … endlich Flugzeuge und Raketen. Sie steigen über Wolken in die Stratosphäre, lächerlich groß die Sterne. Ein junger Bursche schießt in zwei Serien gegen die Kontakte; aber die Rakete steigt nicht höher als 12 000 Meter.

Kinderei!

Clerk nimmt den Griff.

»Sie müssen zuerst die Münze einwerfen«, sagt der junge Bursche.

»Kennst du Clerks Atombombenautomat? Also halt 's Maul!« Clerk reißt am Griff. Der ganze Apparat gerät ins Wanken, irgendein Kontakt beginnt zu arbeiten, die Stratosphäre flammt rot auf. So ist's richtig! Eine Fliegende Untertasse muß dort erscheinen und die Bombe fallen lassen! Clerk beginnt mit aller Kraft den Apparat hin und her zu zerren. Die Menschen rennen hinzu. Auch der Mechaniker: »Sind Sie wahnsinnig? Das sind Präzisionsapparate!«

»Ein Dreck ist das! Ein Kinderdreck!«

»Verlassen Sie sofort das Lokal!«

Clerk klammert sich an den Automaten. »Ein Schwindel ist das! Ein Betrug! Wo ist die Atombombe, Sie Nobody? Wissen Sie nicht, daß heute nacht die Stunde X kommen wird, und Sie betrügen die Leute mit solchem Jahrmarktszauber, mit solchem Pimpelkram?!«

Der Mechaniker und noch zwei Burschen suchen den Rasenden von dem Gerät wegzuziehen. Aber Clerk hält sich an dem Griff fest, daß der Automat wieder ins Schaukeln gerät und nunmehr alle Kontakte wie ein Höllenfeuer aufblitzen und verlöschen.

»Clerks Atomautomat gehört hierher!« brüllt er. »Weg mit diesem Kinderdreck!« Er haut jetzt mit beiden Fäusten auf den Apparat, daß klirrend das Glas splittert und Blut von seinen Händen rinnt.

Vergeblich sucht man ihn zu überwältigen. Mit furchtbarer Kraft stößt er alle weg, schlägt sie nieder und trampelt über zwei am Boden Liegende auf die Straße. »Polizei! Polizei!« schreien der Mechaniker und die Burschen.

Doch »Clerk the Bull« scheint diesmal seinen Namen zu verdienen. Wie ein wütender Stier bricht er sich Bahn durch die Menge, mit seinen blutbeschmierten Händen, vor denen alles zurückweicht, um sich fegend. Und wieder stampft er über die Fahrbahn.

Polizeipfiffe.

Hinter ihm her die Jagd. Vor ihm und seitlich von ihm rennen die Menschen entsetzt auseinander … ein Mörder! Mit noch blutigen Händen!

Vor Clerks Augen beginnt die Häuserfront zu wanken. Aha, es ist soweit: die Stunde X! Irgendwo ging die Atombombe nieder! Wie die Menschen davonstürzen!

»Ein Mörder! Haltet ihn!« ruft man. »Mörder …«

Alles Feinde. Sie sind hinter ihm. Dort ist ein großes schwarzes Loch, in das man hineinkann. Menschen steigen herauf. Clerk wirft sich mit der Wucht seiner rasenden Zweizentner auf sie, mit seinen blutbesudelten Händen.

Und wieder: »Mörder! Mörder!« Die Menschen in dem dunklen Loch weichen entsetzt zur Seite.

Treppen, Treppen, Treppen.

Atemlos steht er unten auf dem Perron der U-Bahn.

Doch schon heult es wieder hinter ihm. Was wollen sie? Mörder? Mörder? Vor ihm liegt eine Schlucht. Ein dunkler Strom. Er muß hinüber. Drüben ist das andere Ufer. Dort kennt man ihn nicht. Hinab und hinüber! Es donnert und braust in seinen Ohren. Die Bombe! Hinüber!

Er tut einen mächtigen Sprung …

Er hört nicht mehr die Schreie des Entsetzens von den Perrons hüben und drüben, wie der U-Bahn-Zug über ihn hinwegrollt.


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