Alfred de Vigny
Cinq-Mars oder eine Verschwörung gegen Richelieu
Alfred de Vigny

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Siebentes Kapitel. Das Kabinett

Lassen wir unseren jungen Reisenden schlafen. Er wird bald in Frieden eine große und schöne Straße einherziehen. Und da wir die Freiheit haben, unsere Augen auf allen Punkten der Karte umherschweifen zu lassen, so wollen wir sie auf die Stadt Narbonne heften.

Unweit von da benetzten die blauen Wellen des Mittelländischen Meeres Frankreichs sandige Ufer. Betretet die Stadt, die so viel Ähnlichkeit mit Athen hat, und schlagt, um den zu finden, der hier herrscht, jene unebene und dunkle Straße ein, steigt die Treppe des alten erzbischöflichen Palastes hinan und laßt uns den ersten und größten der Säle betreten.

Er war sehr lang, aber durch eine Reihe hoher Bogenfenster erhellt, an deren oberem Teil allein sich noch blaue, gelbe und rote Scheiben erhalten hatten, die einen mysteriösen Schein in dem Gemache verbreiteten. Ein ungeheurer runder Tisch zur Seite des Kamins füllte den Saal in seiner ganzen Breite aus; um diesen mit einem buntscheckigen Teppich bedeckten und mit Papieren und Mappen beladenen Tisch saßen gekrümmt unter ihren Federn acht Schreiber, beschäftigt, die Briefe abzuschreiben, die man ihnen von einem kleineren Tische her zugehen ließ. Andere Männer ordneten die Papiere in die Fächer eines Regals, das die schwarz eingebundenen Bücher nicht ganz ausfüllten, und schritten behutsam auf dem Teppich hin, womit der Boden des Saales geschmückt war.

Ungeachtet der vielen hier anwesenden Personen hätte man das Summen einer Fliege hören können. Das einzige, das sich vernehmen ließ, war das Gekritzel der eilig über das Papier gleitenden Federn und der Ton einer gellenden Stimme, die diktierte und sich nur bisweilen durch Husten unterbrach. Sie kam aus einem ungeheuren großarmigen Lehnstuhl, der in der Kaminecke stand, wo trotz der Hitze der Jahreszeit und der südlichen Gegend ein Feuer brannte. Es war einer jener Lehnstühle, wie man sie noch hie und da in alten Schlössern sieht und die eigens dazu gemacht scheinen, beim Lesen auch des interessantesten Buches einzuschlafen, mit so vieler Sorgfalt ist jeder Teil derselben ausgestattet; ein sichelförmiges Federkissen schmiegt sich weich an die Lenden an; neigt sich der Kopf, so lehnen sich seine Wangen auf seidene Ohrkissen, und das Sitzkissen ragt so weit über die Ellbogen hinaus, daß man glauben möchte, die umsichtigen Tapezierer unserer Ahnen hätten dadurch das Geräusch zu vermeiden bezweckt, welches das Buch beim Herunterfallen machen könnte und das Erwachen des Ruhenden zur Folge gehabt hätte.

Doch lassen wir diese Abschweifung, um von dem Manne zu reden, der sich, ohne zu schlafen, in dem Lehnstuhl befand. Er hatte eine hohe Stirn und wenige ganz weiße Haare, große und sanfte Augen, ein blaßes und schmächtiges Gesicht, dem ein kleiner weißer und ausgespitzter Bart jenes feine Wesen verlieh, das man auf allen Bildnissen aus dem Jahrhundert Ludwigs XIII. bemerkt. Ein beinahe lippenloser Mund, und, wir müssen gestehen, daß Lavaler dies für ein untrügliches Zeichen der Bosheit hielt, ein zusammengekniffener Mund, sagen wir, war von zwei kleinen Schnurrbärten und einem königlichen eingefaßt, welch letztere Verzierung damals sehr in der Mode war und durch seine Form ziemlich einem Komma glich. Der in einen weiten Nachtrock gehüllte Greis trug ein rotes Käppchen auf dem Kopfe und purpurrotseidene Strümpfe, und war kein geringerer als Armand Duplessis, Kardinal von Richelieu.

Ganz in seiner Nähe saßen um den erwähnten kleinen Tisch vier junge Leute von fünfzehn bis zwanzig Jahren; sie waren Pagen, oder nach der damaligen Benennung Domestiken, was Vertraute, Freunde des Hauses bedeutete. Dieser Brauch war ein unseren Sitten verbliebenes Überbleibsel des feudalen Patronats. Die jüngeren Edelleute der höchsten Familien empfingen von großen Herren Lohn und waren denselben in allen Stücken ergeben, indem sie sogar beim leisesten Wunsch ihres Herrn den ersten besten zum Duell forderten. Die Pagen, von denen wir soeben sprachen, waren mit Abfassung von Briefen beschäftigt, deren wesentlicher Inhalt ihnen von dem Kardinal angedeutet ward und die sie nach einem flüchtigen Überblick des Gebieters den Sekretären zugehen ließen, welche dieselben ins reine schrieben. Der alte Herzog aber schrieb auf seinem Knie geheime Noten auf kleine Papierchen und schob deren in beinahe alle Pakete, bevor er diese eigenhändig siegelte.

Er war schon einige Augenblicke so beschäftigt, als er in einem ihm gegenüberhängenden Spiegel gewahr ward, daß der jüngste seiner Pagen hastig einige Zeilen auf ein Blatt schrieb, das von viel kleinerer Form als das amtliche Papier war; nach einer kurzen Unterbrechung setzte er schnell noch einige Worte hinzu und schob es dann eilig unter das große Blatt, das er zu seinem Leidwesen auszufüllen beauftragt war; allein hinter dem Kardinal sitzend, hoffte er, daß die Schwierigkeit, sich umzuwenden, diesen verhindern würde, den kleinen Kunstgriff zu bemerken, in dem er ziemliche Fertigkeit zu haben schien. Doch plötzlich redete ihn Richelieu mit den trockenen Worten an:

»Kommen Sie hierher, Herr Olivier.«

Diese paar Worte waren wie ein Donnerschlag für das arme Kind, das noch nicht sechzehn Jahre alt schien. Dennoch stand er schnell auf und stellte sich mit herabhängenden Armen und gesenktem Kopfe vor den Minister hin.

Die anderen Pagen und die Sekretäre machten sich so wenig aus der Sache als die Soldaten, wenn einer von ihnen durch eine Kugel getroffen fällt, so sehr waren sie an dergleichen Vorforderungen gewöhnt. Diese war jedoch von rascherer Art als die anderen.

»Was schreiben Sie da?«

»Gnädiger Herr . . . was Eure Eminenz mir befohlen.«

»Was?«

»Gnädiger Herr . . . den Brief an Don Juan von Braganza.«

»Keine Ausflüchte, mein Herr, Sie tun anderes.«

»Gnädiger Herr«, sagte dann der Page mit Tränen in den Augen, »ich schrieb ein Billett an eine meiner Basen.«

»Lassen Sie's sehen.«

Ein heftiges Zittern überfiel den jungen Mann bei diesem Befehl; er war genötigt, sich auf den Kamin zu stützen, und sagte halblaut:

»Unmöglich!«

»Herr Vicomte Olivier d'Entraigues«, sagte der Minister, ohne die mindeste Bewegung zu zeigen, »Sie sind aus meinem Dienst entlassen.«

Der Page entfernte sich, wohl wissend, daß da keine Einwendungen halfen; er schob sein Billett in die Tasche und schlüpfte durch die Flügeltür, die er gerade nur so weit öffnete, um ihn durchzulassen, wie ein Vogel seinem Käfig entwischt.

Der Minister fuhr fort, auf seinem Knie Notizen zu machen.

Schweigend arbeiteten die Schreiber mit verdoppeltem Eifer fort, als die beiden Flügeltüren rasch geöffnet wurden und man zwischen denselben einen Kapuziner erscheinen sah, der mit über der Brust gekreuzten Armen sich verneigend stehen blieb und ein Almosen oder die Weisung, sich zu entfernen, zu erwarten schien. Er war von brauner Gesichtsfarbe und voll tiefer Blatternarben, hatte ziemlich sanfte, aber etwas schielende Augen, über die sich dichte, in der Mitte der Stirn zusammenlaufende Brauen wölbten; einen Mund, dessen Lächeln schlau, arglistig und unheilverkündend war; einen platten und an den äußersten Spitzen roten Bart und trug das Kostüm des Franziskanerordens in dessen ganzer Abscheulichkeit, mit Sandalen an den nackten Füßen, die sehr unwürdig schienen, einen Teppich zu berühren.

So wie sie war schien diese Person einen großen Eindruck auf alle Anwesenden zu machen; denn ohne den Satz, die Zeile oder nur das angefangene Wort zu beendigen, stand jeder Schreiber auf und entfernte sich durch die Tür, unter welcher der Mönch immer noch stand, die einen, sich im Vorbeigehen verneigend, die anderen den Kopf abwendend, die jungen Pagen, sich die Nase verhaltend, doch dieses hinter seinem Rücken, denn sie schienen ihn heimlich zu fürchten.

Als sich alle der Reihe nach entfernt hatten, trat der Kapuziner mit einer tiefen Verbeugung, weil die Tür noch offen war, endlich ein, schritt aber, sobald sie sich schloß, ohne Umstände vor und setzte sich neben den Kardinal, der ihn an der Bewegung, die durch sein Erscheinen entstanden war, erkannt hatte, ihm eine trockene und schweigsame Verbeugung machte, ihn dann fest anschaute, als erwarte er eine Nachricht von ihm, und sich nicht enthalten konnte, die Stirn zu runzeln, wie wenn er eine Spinne oder irgend ein anderes ihm widerwärtiges Tier vor sich sähe.

Der Kardinal hatte dieser Regung des Mißvergnügens nicht widerstehen können, weil er sich durch die Anwesenheit seines Agenten genötigt sah, sich in wichtige und mühsame Besprechungen einzulassen, vor denen er seit einigen Tagen in einem Landestal, dessen reine Luft ihm zuträglich war, Ruhe gehabt, und wo die Stille die Schmerzen seiner Krankheit, die in ein schleichendes Fieber umschlug, gemildert hatte; in den ziemlich langen Zwischenräumen jedoch, in welchen es ihn verließ, war ihm vergönnt, zu vergessen, daß es wiederkehren werde. Seiner bisher unermüdlichen Denkkraft etwas Ruhe gewährend, harrte er vielleicht zum erstenmal in seinem Leben nicht mit Ungeduld auf die Rückkehr der Kuriere, die er, gleich Sonnenstrahlen, die Frankreich allein Leben und Bewegung verliehen, nach allen Richtungen ausgesandt hatte. Er erwartete den soeben empfangenen Besuch nicht, und der Anblick eines Mannes, den er nach seinem eigenen Ausdrucke im Verbrechen stählte, warf ihn in die gewöhnliche Unruhe seines Lebens zurück, ohne die Wolke der Schwermut, die seine Gedanken soeben verdüstert hatte, gänzlich zu zerstreuen.

Der Beginn seiner Unterredung trug den düsteren Stempel seiner letztlichen Träumereien; doch rascher und kräftiger als je entwand er sich ihnen, als die Kraft seines Geistes gezwungen zur wirklichen Welt zurückkehrte.

Als sein Vertrauter sah, daß er das Schweigen zuerst brechen müsse, tat er es mit folgenden barschen Worten:

»Nun denn, gnädiger Herr, an was denken Sie?«

»Ach, Joseph, an was sollen wir alle, so viel unser sind, denken, wenn nicht an unser zukünftiges Glück in einem besseren Leben? Schon seit mehreren Tagen sinne ich darüber nach, wie die menschlichen Interessen mich von diesem einzigen Gedanken abbringen konnten, und ich bereue, einige Augenblicke der Muße zu profanen Werken, wie meine Trauerspiele Europa und Mirame, angewandt zu haben, ungeachtet des Ruhmes, den ich bei unseren geistreichsten Männern davontrug, eines Ruhmes, der auch auf die Nachwelt kommen wird.«

Pater Joseph, der sich einer Menge Berichte zu entledigen hatte, war anfangs über diesen Beginn erstaunt; er kannte jedoch seinen Gebieter zu gut, um klugerweise keine Überraschung zu bezeugen, und da er wohl wußte, wodurch er ihn auf andere Gedanken leiten konnte, ging er ohne Zaudern auf die des Kardinals ein.

»Und doch ist das Verdienst dieser Arbeiten sehr groß«, sagte er mit einer Miene des Bedauerns, »und Frankreich wird seufzen, daß solche unsterbliche Werke nicht von anderen Produktionen begleitet sind.«

»Ja, mein lieber Joseph: vergeblich haben Männer, wie Boisrobert, Claveret, Colletet, Corneille und besonders der berühmte Mairet diese Trauerspiele für die schönsten erklärt, welche die gegenwärtigen und vergangenen Zeiten je aufführen sahen; ich betrachte sie, das schwör' ich Euch, für eine Todsünde und beschäftige mich in meinen Ruhestunden nur noch mit meiner Methode der Polemik und dem Buche über die Vollkommenheit der Christen. Ich bedenke, daß ich ein Sechsundfünfziger bin und eine Krankheit habe, die selten Gnade gibt.«

»Gerade solche Berechnungen stellen auch die Feinde Eurer Eminenz an«, sagte der Pater, den diese Unterhaltung nachgerade verdrießlich zu machen begann und der ihr so schnell als möglich ein Ende machen wollte.

Eine lebhafte Röte stieg dem Kardinal ins Gesicht.

»Ich weiß, ich weiß es wohl«, entgegnete er, »ich kenne ihre ganze Schwärze und bin auf alles gefaßt. Aber was gibt's denn Neues?«

»Wir waren schon übereingekommen, gnädiger Herr, Fräulein von Hautefort zu ersetzen; wir haben Sie, wie Fräulein von La Fayette, entfernt, ganz wohl; doch ihr Platz ist noch nicht besetzt und der König . . .«

»Nun?«

»Der König hat Ideen, wie er bisher noch keine hatte.«

»Wirklich? Und die nicht von mir kommen? Das geht gut«, sagte der Minister mit Ironie.

»Gnädiger Herr, warum ließen Sie auch sechs volle Tage den Platz des Günstlings vakant? Das ist nicht klug, erlauben Sie mir, Ihnen das zu sagen.«

»Er hat Ideen, Ideen?« wiederholte Richelieu mit einer Art Schlecken; »und welche?«

»Er hat davon gesprochen, die Königin Mutter zurückzuberufen«, sagte der Kapuziner mit leiser Stimme, »sie von Köln zurückzuberufen.«

»Maria von Medicis!« rief der Kardinal, mit beiden Händen auf die Arme seines Lehnstuhls schlagend. »Nein, beim lebendigen Gott! Sie soll Frankreichs Boden, von dem ich sie Schritt für Schritt verjagt habe, nicht wieder betreten! England wagte nicht, der durch mich Verbannten Asyl zu geben; Holland hat gefürchtet, unter ihr einzustürzen, und mein Reich sollte sie aufnehmen! Nein, nein, diese Idee hat nicht von selbst in ihm entstehen können. Meine Feindin zurückberufen, seine Mutter zurückberufen, welche Niederträchtigkeit! Nein, an so etwas hat er nie zu denken gewagt . . .«

Nach einigem Besinnen fügte er dann mit einem durchdringenden und immer noch zornglühenden Blick auf Pater Joseph hinzu:

»Aber . . . in welchen Ausdrücken hat er diesen Wunsch vorgebracht? Wiederholt mir genau seine Worte.«

»Er hat ziemlich öffentlich und in Gegenwart von MonsieurEhemals der Titel des ältesten Bruders des Königs von Frankreich. Der Übersetzer. gesagt: – Ich fühle wohl, daß eine der ersten Christenpflichten ist, ein guter Sohn zu sein, und ich werde den Mahnungen meines Gewissens nicht mehr lange widerstehen.«

»Christ! Gewissen! Das sind nicht seine Ausdrücke; es sind die des Pater Caussin, seines Beichtvaters; der schmiedet Verrat gegen mich!« rief der Kardinal. »Niederträchtiger Jesuit! Deine Intrige mit der La Fayette hab' ich dir verziehen, deine geheimen Ratschläge sollen dir aber so leicht nicht hingehen. Ich werde diesen Beichtvater fortjagen lassen, er ist ein Feind des Staates, das seh' ich wohl. Ich war aber auch seit einigen Tagen saumselig in meinem Handeln; ich habe die Ankunft dieses kleinen d'Effiat, der ohne Zweifel Glück haben wird, nicht hinlänglich beschleunigt; er soll hübsch und geistreich sein, wie man sagt. Ach, welch ein Fehler! Ich selbst würde verdienen, tüchtig in Ungnade zu kommen! Diesen Fuchs von einem Jesuiten bei dem Könige lassen, ohne ihm meine geheimen Instruktionen erteilt, ohne eine Bürgschaft, ein Pfand seiner Treue in meinen Angelegenheiten zu haben! Welche Vergeßlichkeit! Joseph, nehmt eine Feder und schreibt schnell für den anderen Beichtvater, den wir besser wählen wollen, folgendes. Ich denke nämlich an den Pater Sirmond . . .«

Pater Joseph setzte sich an den großen Tisch, machte sich zum Schreiben bereit, und der Kardinal diktierte ihm jene Pflichten neuer Art, die er wenige Zeit nachher wagte dem Könige zustellen zu lassen und die dieser empfing, hochachtete und gleich Geboten der Kirche auswendig lernte. Sie sind uns als ein abschreckendes Beispiel der Macht und Herrschaft geblieben, die ein Mann mittels Zeit, Intrigen und Kühnheit erringen kann.

  1. Ein König muß einen Premierminister haben und dieser Premierminister drei Eigenschaften besitzen: 1. neben seinem König keine andere Leidenschaft zu haben; 2. gewandt und treu zu sein; 3. von geistlichem Stande zu sein.
  2. Ein König soll seinen Premierminister von ganzer Seele lieben.
  3. Nie mit seinem Premierminister wechseln.
  4. Ihm alles sagen.
  5. Ihm freien Zutritt bei seiner Person gestatten.
  6. Ihm eine unbedingte Herrschaft über das Volk einräumen.
  7. Ihm große Güter und Ehrenstellen verleihen.
  8. Ein König hat keinen größeren Schatz als seinen Premierminister.
  9. Ein König soll dem Bösen, das man über seinen Premierminister sagt, keinen Glauben beimessen und sein Wohlgefallen an der Verleumdung desselben finden.
  10. Ein König soll seinem Premierminister nichts verheimlichen, was man über dessen Person gesagt hat, selbst wenn man von dem König Verschwiegenheit gefordert hätte.
  11. Ein König soll nicht allein das Wohl seines Staates, sondern auch seinen Premierminister allen seinen Verwandten vorziehen.

Dies waren die Gebote der Gottheit Frankreichs, deren Inhalt noch weniger in Erstaunen setzt als die schreckliche Offenherzigkeit, mit der er selbst diese Gesetze der Nachwelt vermacht, als sollte auch sie an ihn glauben.

Während des Diktierens seiner Instruktion, die er von einem kleinen, von seiner Hand geschriebenen Papier las, schien sich seiner bei jedem Worte eine tiefe Traurigkeit zu bemächtigen, und als er zu Ende war, sank er mit gekreuzten Armen und auf die Brust gesenktem Kopfe in seinen Lehnstuhl zurück.

Die Feder weglegend, stand Pater Joseph auf, trat zu ihm hin und wollte eben fragen, ob er sich unwohl befinde, als der Kardinal mit dumpfer Stimme in die traurigen und denkwürdigen Worte ausbrach:

»Welche fürchterliche Langweile! Welche endlose Unruhe! Wenn der Ehrgeizige mich sähe, er würde in eine Einöde flüchten. Was ist meine Macht? Ein elender Abglanz der königlichen Macht; und welcher Arbeit bedarf es, um diesen unablässig schwankenden Strahl auf meinen Stern zu heften! Seit zwanzig Jahren versuche ich es vergeblich. Ich verstehe diesen Mann nicht! Er wagt nicht, mich zu fliehen; aber man nimmt mir ihn weg; er entschlüpft mir unter den Fingern . . . Was hätte ich nicht alles mit seinen angestammten Rechten machen können, wenn diese mein gewesen wären! Aber so viele Berechnungen anwenden, um sich im Gleichgewicht zu halten! Was bleibt an Genie für die Unternehmungen? Ich halte Europa in meiner Hand und hänge an einem zitternden Haare. Was soll ich meine Blicke auf die Landkarten werfen, wenn alle meine Interessen in seinem engen Kabinett eingeschlossen sind? Es wird mir schwerer, seinen sechs Fuß breiten Raum zu beherrschen als die ganze Erde. Da seht Ihr nun, was ein Premierminister ist!«

Seine Züge waren so entstellt, daß sich ein schlimmer Zufall befürchten ließ; er ward von einem heftigen, langanhaltenden Husten befallen, der mit leichtem Blutspucken endigte. Als er sah, daß Pater Joseph erschrocken nach einer auf dem Tisch befindlichen goldenen Klingel griff, erhob er sich plötzlich mit der Lebhaftigkeit eines jungen Mannes, hielt ihn auf und sagte:

»Es hat nichts zu bedeuten, Joseph, ich überlasse mich zuweilen der Mutlosigkeit, allein diese Momente sind kurz und ich bin nachher stärker als ich zuvor war. Was meine Gesundheit betrifft, so weiß ich ganz wohl, woran ich mit der bin; doch es handelt sich nicht hierum. Was habt Ihr in Paris getan? Es freut mich, den König, wie ich es wollte, im Béarn angelangt zu sehen; wir können ihn da besser überwachen. Was habt Ihr ihm in Aussicht gestellt, um ihn zur Abreise zu veranlassen?«

»Eine Schlacht bei Perpignan.«

»So, das ist nicht übel. Nun, die können wir ja ihm zuliebe veranstalten; diese oder jene Beschäftigung, das ist dermalen einerlei. Aber die junge Königin, die junge Königin, was sagt die?«

»Sie ist immer noch wütend über Sie. Ihre entdeckte Korrespondenz, das Verhör, das Sie mit ihr vornehmen ließen . . .«

»Pah! Ein Madrigal und ein Augenblick Unterwürfigkeit bringen ihr in Vergessenheit, daß ich sie von ihrem Hause Österreich und dem Lande ihres Buckingham getrennt habe. Doch was tut sie?«

»Sie spinnt neue Intrigen mit Monsieur. Doch da alle ihre Heimlichkeiten in unseren Händen sind, so habe ich Tag für Tag die Berichte hier aufgesetzt.«

»Ich mag mir nicht die Mühe nehmen, sie zu lesen; so lange der Herzog von Bouillon in Italien ist, fürchte ich nichts von dieser Seite; sie soll meinetwegen mit Gaston in der Kaminecke von kleinen Verschwörungen träumen; er bleibt immer bei den liebenswürdigen Absichten, die er zuweilen hat, stehen und führt nichts aus als seine Reisen außerhalb des Königreichs; er ist jetzt auf der dritten begriffen. Ich kann ihm auch zu der vierten verhelfen, wenn er will; er ist nicht einmal den Pistolenschuß wert, den du dem Grafen von Soissons zukommen ließest. Und doch besaß der arme Graf kaum mehr Energie.«

Bei diesen Worten setzte sich der Kardinal wieder in seinen Lehnstuhl und begann für einen Staatsmann ziemlich lustig zu lachen.

»Ich werde mein Leben lang über ihren Feldzug nach Amiens lachen. Da hielten sie mich beide. Jeder hatte an fünfhundert Edelleute um sich, die bis an die Zähne bewaffnet und völlig bereit waren, mich wie Concini aus der Welt zu schaffen, allein der große Vitry war nicht da; sie ließen mich wohl eine Stunde lang ganz ruhig mit ihnen über die Jagd und das Fronleichnamsfest reden, und weder der eine noch der andere wagte, allen diesen Strauchdieben ein Zeichen zu geben. Seither haben wir durch Chavigny erfahren, daß sie schon zwei Monate lang auf diesen günstigen Augenblick geharrt hatten. Ich für mich bemerkte in der Tat nichts, als daß dieser Schlingel, der Abbé von Gondi, um mich herumschlich und etwas in seinem Ärmel zu suchen schien, was mich veranlaßte, meinen Wagen zu besteigen.«

»Apropos, gnädiger Herr, die Königin will ihn durchaus zum Koadjutor machen.«

»Ist sie verrückt? Er wird sie verderben, wenn sie sich an ihn hängt; er ist ein verdorbener Musketier, ein Teufel im Priestergewande; lest nur seine Geschichte Fieskos, Ihr werdet seine eigene Person darin finden. Er wird nichts, so lange ich lebe.«

»Wie! Sie beurteilen so gut und lassen dennoch wieder einen Ehrgeizigen von seinem Alter kommen?«

»Welch ein Unterschied! Dieser junge Cinq-Mars wird eine Puppe sein, eine wahre Puppe; der wird nur an seine Krause und an seine Vorstecknadeln denken; seine hübsche Gestalt steht mir dafür und ich weiß, daß er sanft und schwach ist; deswegen habe ich ihn seinem älteren Bruder vorgezogen; er wird tun, was wir wollen.«

»Ach, gnädiger Herr«, sagte der Pater mit der Miene des Zweifels, »ich habe den Leuten, deren Außenseite so ruhig ist, nie getraut, die innerliche Flamme ist dafür gefährlicher. Erinnern Sie sich nur an den Marschall von Effiat, seinen Vater.«

»Aber noch einmal, er ist ein Kind und ich werde ihn erziehen; statt dessen ist der Gondi jetzt schon ein vollendeter Aufrührer, ein Wagehals, der kein Hindernis kennt; er hat sogar gewagt, mir Frau von La Meilleraie streitig zu machen; habt Ihr schon von einer solchen Kühnheit gehört? Es ist ja fast unglaublich; mir? ein so armseliges Pfäfflein, das kein anderes Verdienst hat als ein ziemlich fertiges Mundstück und ein kavaliermäßiges Wesen. Glücklicherweise hat der Herr Gemahl selbst für seine Entfernung gesorgt.«

Pater Joseph, dem nicht besser gedient war, wenn sein Gebieter von seinem Glück bei den Frauen, als wenn er von seinen Versen sprach, machte ein Gesicht, das freundlich hätte sein sollen und nur häßlich und verzogen war; er meinte, der Ausdruck seines affenmäßig krummen Maules werde sagen: Ach, wer könnte dem gnädigen Herrn widerstehen? Aber der gnädige Herr las darin: Ich bin ein Schulfuchs, der nichts von der großen Welt versteht, und so sagte er plötzlich ohne einen Übergang, indem er eine Depesche vom Tisch nahm:

»Der Herzog von Rohan ist tot, das ist eine gute Neuigkeit; jetzt sind die Hugenotten verloren. Er hat viel Glück gehabt; ich ließ ihn durch das Parlament von Toulouse verurteilen, von vier Pferden zu Tode geschleift zu werden, und nun stirbt er ruhig auf dem Schlachtfeld von Rheinfeld. Doch gleichviel! Das Resultat ist das nämliche. Da liegt wieder ein großes Haupt vernichtet! Wieviel ihrer seit Montmorency gefallen sind! Ich sehe bald keine mehr, die sich nicht vor mir neigen. Wir haben schon beinahe alle unsere Narren von Versailles bestraft; gewiß, man kann mir nichts vorwerfen; ich übe Wiedervergeltungsrecht an ihnen aus und behandle sie, wie sie mich auf den Rat der Königin Mutter behandeln lassen wollten. Der alte Schwätzer Bassompierre sowie der Mörder, der Marschall von Vitry, werden mit lebenslänglichem Gefängnis davonkommen, denn sie hatten für diese Strafe an mir gestimmt. Was den Marillac betrifft, der zum Tode riet, so behalte ich ihm denselben für den ersten Fehltritt vor und empfehle dir, Joseph, mich daran zu erinnern; man muß gegen jedermann gerecht sein. Es bleibt daher nur noch dieser Herzog von Bouillon aufrecht, der so stolz auf sein Sedan ist; er soll es aber schon zurückgeben. Es ist etwas Merkwürdiges um ihre Blindheit! Sie glauben alle, sich ungestört verschwören zu können, und sehen nicht, daß sie nur das Ende von Fäden umflattern, die ich in meiner Hand halte und zuweilen locker werden lasse, um ihnen Luft und Raum zu geben. Und haben die Hugenotten beim Tode ihres lieben Herzogs auch recht wie ein Mann geschrien?«

»Weniger als bei der Geschichte von Loudun, die dennoch ein glückliches Ende genommen hat.«

»Wie! Ein glückliches Ende? Ich hoffe doch, Grandier sei tot.«

»Ja, eben das wollte ich damit sagen. Eure Eminenz darf zufrieden sein; alles war in vierundzwanzig Stunden abgetan; man denkt nicht mehr daran. Laubardemont hat nur die Unbesonnenheit gehabt, die Öffentlichkeit des Kriminalverfahrens zu gestatten, was einen kleinen Tumult veranlaßt hat; wir haben jedoch die Signalements der Ruhestörer, die man verfolgt.«

»Gut, sehr gut. Urbain war ein Mann von zu großer Überlegenheit des Geistes, als daß er leben durfte; er neigte sich zum Protestantismus hin, und ich wette, er hätte sich zuletzt noch von der römischen Kirche losgesagt; sein Werk gegen das Zölibat der Priester brachte mich auf diese Vermutung, und bei Zweifeln, laß dir das gesagt sein, Joseph, ist es besser, den Baum umzuhauen, bevor die Frucht getrieben hat. Diese Hugenotten, siehst du, sind eine wahre Republik im Staate; würde sie in Frankreich einmal zur Majorität heranwachsen, so wäre die Monarchie verloren; sie würden irgend eine volkstümliche Regierung einführen, die von Dauer sein könnte.«

»Und welch tiefen Schmerz sie täglich unserem heiligen Vater, dem Papst verursachen! . . .« sagte Joseph.

»Aha!« unterbrach ihn der Kardinal, »ich sehe dich kommen, du willst mich an die Hartnäckigkeit erinnern, mit der er dir den Kardinalshut vorenthält. Sei ruhig, ich werde heute noch mit dem neuen Gesandten darüber sprechen, den wir hinschicken. Der Marschall von Estrées wird bei seiner Ankunft erhalten, was seit zwei Jahren, wo wir dich zur Kardinalswürde bestimmt, herumgeschleppt wird; ich selbst beginne zu finden, daß der Purpur dir gut stehen würde, denn man sieht die Blutflecken nicht darauf.«

Und beide begannen zu lachen, der eine wie ein Gebieter, der den gedungenen Meuchelmörder mit seiner ganzen Verachtung beladet, der andere wie ein allen Demütigungen, wodurch man zu steigen hofft, sich unterziehender Sklave.

Während dieses Gelächters, das der blutige Scherz des alten Ministers erregt hatte, öffnete sich die Tür und ein Page trat mit der Meldung herein, daß soeben mehrere Kuriere von verschiedenen Punkten angekommen seien; Pater Joseph stand auf, stellte sich an die Wand, an die er sich gleich einer ägyptischen Mumie lehnte, und sein Gesicht drückte nur noch eine stupide Beschaulichkeit aus.

Zwölf verschiedenartig gekleidete Boten traten einer nach dem anderen ein; einer schien ein schweizerischer Soldat, ein anderer ein Marketender, ein dritter ein Maurermeister; man ließ sie durch eine geheime Treppe und einen geheimen Gang in den Palast ein, und durch eine Tür, die derjenigen, durch die sie eingetreten waren, gegenüberlag, verließen sie das Kabinett, ohne sich begegnen und etwas von ihren Depeschen mitteilen zu können. Jeder von ihnen legte ein Paket zusammengerollter oder zusammengefalteter Papiere auf den großen Tisch, redete einen Augenblick mit dem Kardinal in einer Fenstervertiefung und entfernte sich. Schon beim Eintritt des ersten Boten war Richelieu rasch aufgestanden, und beflissen, alles eigenhändig zu tun, empfing er sie alle, hörte sie an und schloß immer in eigener Person die Ausgangstür hinter ihnen. Als der letzte abgegangen war, winkte er den Pater Joseph heran, und ohne zu reden, öffneten oder rissen vielmehr beide die Pakete mit den Depeschen auf und teilten sich dann mit ein paar Worten den Inhalt derselben mit.

»Der Herzog von Weimar verfolgt seinen errungenen Vorteil; Herzog Karl ist geschlagen; unser General ist ziemlich gut gesinnt, er hat da ja treffliche Reden beim Mittagessen gehalten. Ich bin zufrieden.«

»Der Herr Vicomte von Turenne hat die festen Plätze von Lothringen wieder eingenommen; hier folgen seine Privatunterredungen . . .«

»Ach, geh' über die weg, überschlag' die, sie können nicht gefährlich sein. Er wird stets ein guter und rechtschaffener Mann sein, der sich nicht in Politik mischt; wenn man ihm nur eine kleine Armee zur Verfügung stellt, mit der er, wie auf einem Schachbrett, schalten und walten darf, gleichviel gegen wen, so ist er zufrieden; wir werden stets sehr gute Freunde sein.«

»Da dauert in England immer noch das lange Parlament fort. Die Gemeinen verfolgen ihr Projekt; in Irland sind Gemetzel vorgefallen . . . Graf Strafford ist zum Tode verurteilt.«

»Zum Tode! Wie abscheulich!«

Es heißt da: Seine Majestät Karl I. hat nicht den Mut gehabt, das Urteil zu unterzeichnen, er hat jedoch vier Kommissäre ernannt . . .«

»Schwacher König, ich gebe dich auf. Du sollst kein Geld mehr von uns kriegen. Falle, da du undankbar bist! . . . O, unglücklicher Wentworth!«

Und eine Träne glänzte in Richelieus Augen; der nämliche Mann, der soeben mit dem Leben so vieler anderer gespielt, beweinte einen von seinem König aufgegebenen Minister. Die Ähnlichkeit dieser Lage mit der seinigen machte ihn betroffen, und in dem Fremden beweinte er sich selbst. Er hörte auf, die von ihm geöffneten Depeschen laut zu lesen, und sein Vertrauter ahmte ihm nach. Mit gewissenhafter Aufmerksamkeit durchlief er alle, auch die umständlichsten Berichte über die kleinsten und geheimsten Handlungen jeder nur ein wenig wichtigen Person: Berichte, die er seinen Nachrichten durch seine gewandtesten Spione immer beifügen ließ. Man heftete sie an die königlichen Depeschen an, die alle dem Monarchen eingehändigt und sorgfältig wieder zusammengefaltet werden mußten, um gereinigt und so, wie der Kardinal sie ihn lesen lassen wollte, an ihn zu gelangen. Die besonderen Noten wurden alle, sobald der Kardinal Kenntnis davon genommen hatte, von dem Pater verbrannt; jener schien indes nicht befriedigt und schritt schnell und mit Gebärden der Unruhe im Saale auf und nieder, als die Tür sich von neuem öffnete und ein dreizehnter Kurier eintrat. Dieser schien ein Knabe von kaum vierzehn Jahren zu sein; er hielt ein schwarzgesiegeltes Päckchen an den König unter dem Arme und überreichte dem Kardinal nur ein kleines Billett, auf dem ein verstohlener Blick Josephs nur vier Worte bemerken konnte.

Der Herzog fuhr zusammen, zerriß es in tausend Stücke und sprach, sich zu dem Knaben herabbeugend, diesem ziemlich lange ins Ohr, ohne auf Antwort zu warten; alles, was Joseph hören konnte, waren die Worte, die der Kardinal dem Burschen noch zuflüsterte, als er ihm die Saaltür öffnete: »Merke dir's wohl, nicht vor Verlauf von zwölf Stunden!«

Während dieser Zwischenzeit hatte sich Joseph beschäftigt, dem Blicke des Kardinals eine unsägliche Menge Schmähschriften aus Flandern und Deutschland, die dieser sehen wollte, wie bitter sie auch wären, zu entziehen. Der Minister heuchelte in dieser Beziehung eine Philosophie, die zu besitzen er weit entfernt war, und stellte sich zuweilen, um die Leute seiner Umgebung zu täuschen, als fände er, daß seine Feinde so ganz unrecht nicht hätten, und als lachte er über deren Spöttereien: allein die, welche seinen Charakter genauer kannten, entdeckten unter dieser scheinbaren Mäßigung eine tiefe Wut und wußten, daß er nicht zufrieden war, bis er das feindliche Buch oder Machwerk durch das Parlament hatte verurteilen lassen, als eine Injurie gegen den König in der Person seines Ministers, des erlauchten Kardinals, auf dem Greve-Platz verbrannt zu werden, und daß er nur bedauerte, den Verfasser nicht an der Stelle des Werkes zu sehen, welche Befriedigung er sich überdies verschaffte, so oft er konnte, wie es bei Urbain Grandier geschah.

Auf solche Weise rächte er, ohne es sich selbst zu gestehen, seinen kolossalen Stolz, und arbeitete lange, zuweilen ein Jahr, daran, sich zu bereden, daß das Interesse des Staates dabei beteiligt sei. Geschickt, seine Privatangelegenheiten an die Frankreichs zu knüpfen, hatte er sich selbst zu überzeugen gewußt, daß das Land an den Wunden blute, die er empfange. Sorgfältig beflissen, in diesem Augenblick seine üble Laune nicht zu erwecken, schaffte Joseph daher folgende Bücher und Schriften beiseite:

Politische Geheimnisse des Kardinals von La Rochelle; ferner ein Buch, als dessen Verfasser man einen Münchener Mönch vermutete und das den Titel trug: Der Jetztzeit angepaßte Quodlibet-Fragen und blutige Ruchlosigkeit des Gottes Mars.

Der ehrenwerte Advokat Aubery, der uns eine der getreusten Lebensgeschichten des allervortrefflichsten Kardinals geliefert hat, gerät beim bloßen Titel des ersten dieser Werke in Wut und ruft aus, der große Minister habe hinlänglich Grund gehabt, sich zu rühmen, daß seine Feinde, wider Willen von dem gleichen Enthusiasmus beseelt, welcher Bileams Eselin, Kaiphas und andere, die der Gabe der Weissagung noch unwürdiger schienen, zu Prophezeiungen veranlaßt hätte, ihn mit gutem Rechte Kardinal von La Rochelle nannten, da er drei Jahre später diese Stadt unter seine Botmäßigkeit brachte, gleichwie Scipio mit dem Beinamen: der Afrikaner belegt wurde, weil er diese Provinz unterjocht hatte.

Es hätte wenig bedurft, so hätte Pater Joseph, der notwendigerweise die nämlichen Ansichten haben mußte, seine Entrüstung auch in den nämlichen Ausdrücken kundgegeben, denn er erinnerte sich mit Schmerz, welchen lächerlichen Anteil er selbst an der Belagerung von La Rochelle genommen, das, wenn es auch keine Provinz von Afrika war, sich dennoch erlaubt hatte, dem allervortrefflichsten Kardinal zu widerstehen, obwohl Joseph, der sich etwas auf seine Geschicklichkeit in der Belagerungskunst zugute tat, die Truppen durch eine Kloake in die Stadt zu bringen vermeint hatte. Er nahm sich jedoch zusammen und hatte gerade noch Zeit genug, die Schmähschrift in die Tasche seines braunen Rockes zu stecken, bevor der Minister seinen jungen Kurier verabschiedet hatte und von der Tür zum Tische zurückgekehrt war.

»Abgereist, Joseph, abgereist!« sagte er. »Öffne diesem ganzen Hofe, der mich belagert, die Türen, und laß uns zu dem König eilen, der mich in Perpignan erwartet; diesmal halte ich ihn für immer.«

Der Kapuziner entfernte sich, und bald kündeten die Pagen, die vergoldeten Flügeltüren öffnend, nacheinander die vornehmsten Herren jener Zeit an, die von dem König die Erlaubnis erhalten hatten, ihn zu verlassen, um dem Minister ihre Aufwartung zu machen; einige sogar waren unter dem Vorwande von Krankheit oder Dienstangelegenheiten früher abgereist, um nicht die letzten in dessen Vorzimmer zu sein, und so befand sich der traurige Monarch beinahe so vereinsamt, wie andere Könige sich gewöhnlich erst auf ihrem Sterbebette sehen; allein in den Augen des Hofes schien der Thron sein Sterbelager, seine Regierung ein beständiger Todeskampf und sein Minister ein drohender Nachfolger zu sein.

Zwei Pagen aus den besten Häusern Frankreichs hielten sich am Eingange des Saales auf, wo Türsteher einen jeden ankündigten. Alle hatten im Vorzimmer den Pater Joseph angetroffen. Immerfort in seinem Lehnstuhl sitzend, blieb der Kardinal bei der Ankunft der meisten Höflinge unbeweglich, machte gegen die vornehmsten unter ihnen eine leichte Verbeugung mit dem Kopfe und half sich nur bei den Prinzen mit seinen beiden Armen ein wenig auf; jeder Höfling trat mit einer tiefen Verneigung vor ihn hin und erwartete, in der Nähe des Kamins vor ihm stehen bleibend, daß er ihn anreden würde; je nach dem Winke des Kardinals schritt er dann entweder längs des Saales hin, um sich durch eben die Tür, durch die er eingetreten war, zu entfernen, verweilte dann einen Augenblick bei der Begrüßung des Paters Joseph, der seinem Gebieter nachäffte und dem man deswegen den Beinamen der grauen Eminenz gegeben hatte, und verließ endlich den Palast, oder er stellte sich, wenn der Minister ihn dazu aufforderte, was eine der größten Gunstbezeigungen war, hinter den Lehnstuhl desselben.

Dieser ließ anfangs einige unbedeutende Personen und viele unbrauchbare Verdienste an sich vorbeigehen und hielt diese Prozession erst beim Marschall von Estrées an, der vor seiner Abreise auf den Gesandtschaftsposten nach Rom sich bei ihm verabschieden wollte; alle Nachfolgenden wurden dadurch im Vorrücken gehemmt.

Diese Bewegung war für die im Vorzimmer Befindlichen das Zeichen, daß sich eine längere Unterhaltung anknüpfe, worauf Pater Joseph erschien und mit dem Kardinal einen Blick wechselte, der einerseits zu sagen schien: Erinnern Sie sich des soeben gegebenen Versprechens, und andererseits: Seien Sie ruhig!

Der gewandte Kapuziner ließ zugleich seinen Gebieter unter seinem Arme eines seiner Opfer erblicken, das er zu einem lenksamen Werkzeuge heranbildete; es war ein junger Edelmann, der einen sehr kurzen grünen Mantel, eine Weste von derselben Farbe, rote, sehr enge Beinkleider mit glänzenden, goldenen Kniebändern, kurz, die Kleidung der Pagen Monsieurs trug. Pater Joseph unterrichtete ihn gut im geheimen, aber nicht im Sinne des Kardinals; sein Bestreben war, zu dessen Höhe zu gelangen; und so bereitete er sich für den Fall der Abtrünnigkeit des Premierministers andere Einverständnisse vor.

»Sagen Sie Monsieur, daß er dem Schein nicht trauen solle und daß er keinen getreueren Diener als mich habe. Der Kardinal fängt an abzunehmen, und ich halte es für Gewissenspflicht, denjenigen, der während der Minorität die königliche Gewalt erben könnte, von seinen Fehlern zu benachrichtigen. Sagen Sie Ihrem großen Prinzen, um ihm einen Beweis meiner Aufrichtigkeit zu geben, daß man Puy-Laurens, der ihm ergeben ist, verhaften will, und daß er ihn verbergen lassen möge, sonst steckt ihn der Kardinal ebenfalls in die Bastille.«

Während der Diener auf solche Weise den Herrn verriet, blieb auch der Herr nicht zurück und verriet den Diener. Bei seiner Eigenliebe und einer Art Hochachtung für alles mit der Kirche Zusammenhängende war dem Kardinal die Idee, den elenden Agenten mit dem nämlichen Hute, der für ihn eine Krone war, bedeckt zu sehen, äußerst peinlich. Er sagte daher halblaut zum Marschall von Estrées:

»Es ist nicht nötig, Urban VIII. länger zugunsten dieses Kapuziners dort unten zu behelligen; es ist hinreichend, daß Se. Heiligkeit ihn zur Kardinalswürde zu designieren geruhte, wir begreifen den Widerwillen des heiligen Vaters, diesen Bettler mit dem römischen Purpur zu bekleiden.«

Dann von diesem Punkte auf allgemeinere Dinge übergehend, fuhr er fort:

»Ich weiß wahrhaftig nicht, was den heiligen Vater gegen uns erkälten kann; was haben wir getan, das nicht zum Ruhm unserer heiligen Mutter, der katholischen Kirche, geschehen wäre? Ich selbst habe die erste Messe in La Rochelle gelesen, und Sie sehen mit eigenen Augen, Herr Marschall, daß unser Kleid überall, selbst in Ihren Armeen ist, da der Kardinal von La Vallette noch vor kurzem in der Pfalz ruhmvoll befehligt hat.«

»Und noch vor kurzem zu einem hübschen Rückzug gezwungen ward«, sagte der Marschall mit einer leichten Betonung des Wortes Rückzug.

Ohne auf diese kleine, vom Handwerksneid eingegebene Bemerkung zu achten, hob der Minister mit lauter Stimme wieder an:

»Gott hat uns einen deutlichen Fingerzeig gegeben, daß er nicht verschmähe, seinen Priestern den Siegesgeist zu verleihen, denn der Herzog von Weimar hat bei der Eroberung Lothringens nicht kräftiger mitgeholfen als dieser fromme Kardinal, und nie ward eine Kriegsflotte besser befehligt als die bei La Rochelle durch unseren Erzbischof von Bordeaux.«

Man wußte, daß der Minister in diesem Augenblick gegen diesen Prälaten, dessen Hochmut so groß und dessen Unverschämtheit so häufig waren, daß er in Bordeaux in zwei sehr unangenehme Geschichten verwickelt wurde, ziemlich erbittert war. Vor vier Jahren hatte ihn nämlich der Herzog von Epernon, damals Gouverneur der Guyenne, begleitet von all seinen Edelleuten und seinen Truppen, angetroffen, als er bei einer Prozession inmitten seiner Geistlichkeit einherschritt, ihn einen Unverschämten geheißen und ihm zwei tüchtige Stockprügel aufgemessen, infolgedessen der Erzbischof ihn exkommunizierte; und ungeachtet dieser Lektion hatte er erst kürzlich wieder einen Streit mit dem Marschall von Vitry gehabt, von dem er zwanzig Hiebe mit seinem Stocke oder Stockprügel, wie Sie lieber wollen, empfing, schrieb der Kardinal-Herzog dem Kardinal von La Vallette, und ich glaube, er wird noch ganz Frankreich voll Exkommunizierter machen. Wirklich exkommunizierte er dann auch den Stock des Marschalls, indem er sich erinnerte, daß der Papst den Herzog von Epernon damals gezwungen hatte, bei ihm Abbitte zu tun; Vitry aber, der den Marschall von Ancre hatte ermorden lassen, stand sich deshalb viel zu gut am Hofe, und der Erzbischof blieb geprügelt und erhielt noch obendrein einen Verweis von dem Minister.

Herr von Estrées dachte daher ziemlich richtig, daß in der Art und Weise, wie der Kardinal die kriegerischen und seemännischen Talente des Erzbischofs rühmte, ein wenig Ironie liegen möchte, und antwortete ihm mit unverwüstlichem Gleichmute:

»In der Tat, Ew. Gnaden, niemand kann sagen, daß er zur See geschlagen worden sei.«

Se. Eminenz konnte sich eines Lächelns nicht erwehren; als er aber sah, daß der Eindruck dieses Lächelns andere und Geflüster und Vermutungen in dem Saale hatte entstehen lassen, verfiel er augenblicklich wieder in seinen gemessenen Ernst und sagte, den Marschall vertraulich beim Arm fassend:

»Gut, gut, mein Herr Gesandter, Sie haben allezeit schlagfertige Antworten. Mit Ihnen würde ich weder den Kardinal Albornos, noch alle Borgia der Welt, noch selbst die Anstrengungen ihres Spaniens bei dem heiligen Vater fürchten.«

Und indem er ringsumher schaute, als wolle er sich an die schweigsame und von ehrerbietiger Scheu gefesselte Versammlung wenden, fuhr er mit lauter Stimme fort:

»Ich hoffe, man werde uns nicht mehr, wie ehemals geschah, verfolgen, weil wir mit einem der größten Männer unserer Zeit ein billiges Bündnis geschlossen haben; doch Gustav Adolf ist tot, der katholische König wird keinen Vorwand mehr haben, um die Exkommunikation des allerchristlichsten Königs anzuhalten. Sind Sie nicht auch meiner Meinung, mein lieber Herr?« sagte er, an den sich nähernden Kardinal La Vallette gewandt, der zum Glück nichts von dem gehört hatte, was auf seine Rechnung gesprochen worden war. »Herr von Estrées, bleiben Sie bei unserem Lehnstuhl; wir haben Ihnen noch vieles zu sagen und Sie sind bei unserer Unterhaltung keineswegs überflüssig, denn wir haben keine Geheimnisse; unsere Politik ist eine offenherzige und am Tag liegende, das Interesse Seiner Majestät und des Staates, das ist alles.«

Der Marschall machte eine tiefe Verbeugung, stellte sich hinter den Stuhl des Ministers und ließ seinen Platz dem Kardinal von La Vallette, der unter unaufhörlichen Kniebeugungen sich in Schmeicheleien ergoß und, als wolle er die Unbeugsamkeit seines Vaters, des Herzogs von Epernon, sühnen, dem Kardinal Ergebenheit und völligen Gehorsam schwur, doch ihm auch nur einige unbedeutende Worte in einer zerstreuten und teilnahmlosen Unterhaltung abgewinnen konnte, während welcher der Minister unablässig und mit gespannter Erwartung, wer wohl nach ihm eintreten möchte, nach der Tür blickte. Ja, er hatte sogar den Verdruß, sich im schmeichelhaftesten Moment seiner honigreichen Rede barsch von ihm unterbrochen zu sehen, indem Richelieu rief:

»Ach, da sind Sie endlich, mein lieber Fabert! Wie sehnte ich mich, Sie zu sehen, um mit Ihnen die Belagerung zu besprechen!«

Der General verbeugte sich mit barschem und ziemlich linkischem Wesen gegen den Kardinal-Generalissimus und stellte ihm die vom Feldzug mit ihm gekommenen Offiziere vor; er sprach dann einige Zeit von den Operationen bei der Belagerung, und der Kardinal schien ihm einigermaßen den Hof zu machen, um ihn vorzubereiten, später auf dem Schlachtfelde selbst seine Befehle zu empfangen; er redete auch mit den ihn begleitenden Offizieren, indem er sie bei ihren Namen nannte und Fragen über den Feldzug an sie richtete.

Sie traten dann alle zur Seite, um den Herzog von Angoulême herankommen zu lassen; nachdem dieser Valois gegen Heinrich IV. gekämpft hatte, huldigte er Richelieu. Er hielt um eine Kommando an, das er bei der Belagerung von La Rochelle nur in dritter Linie gehabt hatte. Ihm folgte der junge Mazarin, der stets geschmeidig und einnehmend, aber schon voller Vertrauen auf sein Glück war.

Nach diesem erschien der Herzog von Halluin; der Kardinal unterbrach die Komplimente, die er an dessen Vorgänger gerichtet, um ihm zuzurufen:

»Herr Herzog, ich künde Ihnen an, daß der König zu Ihren Gunsten das Amt eines Marschalls von Frankreich geschaffen hat; Sie werden sich ›Schomberg‹ unterzeichnen, nicht wahr? In dem durch Sie befreiten Leucate, so denkt man. Doch um Verzeihung, da ist Herr von Montauron, der mir ohne Zweifel etwas Wichtiges zu sagen hat.«

»Ach, mein Gott, nein, Ew. Gnaden, ich wollte Ihnen nur sagen, daß der arme junge Mensch, den Sie als in Ihrem Dienste zu betrachten geruhen, Hungers sterben muß.«

»Ach, wie, Sie sprechen mir in diesem Moment von solchen Dingen! Ihr kleiner Corneille kann nichts Rechtes machen; wir haben bis jetzt nur den Cid und die Horazier von ihm gesehen; er soll arbeiten, er soll arbeiten, man weiß, daß er in meinen Diensten ist, das ist für mich selbst unangenehm. Doch da Sie sich für ihn interessieren, so will ich ihm eine Pension von fünfhundert Talern auf meine Privatkasse anweisen.«

Entzückt über die Freigebigkeit des Ministers entfernte sich der Schatzmeister der Ersparnisse, nachdem jener noch die Zueignung »Cinas«, worin der große Corneille Richelieus Seele mit der des Augustus vergleicht und ihm dankt, einigen Musen Almosen gespendet zu haben, ziemlich gnädig aufgenommen hatte.

Gestört durch solche Überlästigkeit, stand der Minister auf mit der Äußerung, daß der Vormittag bereits weit vorgeschritten und es Zeit sei, zum Könige abzureisen.

In eben diesem Augenblick, als gerade die vornehmsten Herren sich näherten, um ihm beim Gehen behilflich zu sein, trat ein Mann im Gewande des Maître des Requêtes gegen ihn vor und verneigte sich mit einem prahlerischen und vertraulichen Lächeln, das alle diese an die große Welt gewöhnten Personen in Erstaunen setzte und das zu sagen schien: Wir haben Heimlichkeiten miteinander; ihr werdet sehen, wie er sich gütig gegen mich bezeigen wird; ich bin in seinem Kabinett zu Hause. Sein schwerfälliges und linkisches Wesen verriet überdies eine auf einer sehr niedrigen Stufe der Bildung stehende Person: es war Laubardemont.

Richelieu runzelte die Stirn, als er diesen Mann sich gegenüberstehen sah, und schleuderte Joseph einen flammenden Blick zu; dann wandte er sich an die Umstehenden und sagte mit bitterem Lächeln:

»Sollte sich irgend ein Verbrecher unter uns befinden?«

Mit diesen Worten wandte ihm der Kardinal den Rücken, ließ ihn, röter als sein Purpurmantel, stehen, folgte der Menge, die ihn sowohl zu Wagen als zu Pferde begleiten sollte, und stieg die Treppe des erzbischöflichen Palastes hinab.

Das Volk von Narbonne und seine Behörden sahen diese königliche Abreise mit Erstaunen.

Der Kardinal bestieg allein eine große und geräumige viereckige Sänfte, in der er, da seine Gebrechlichkeit ihm nicht erlaubte zu fahren oder den ganzen Weg zu Pferde zurückzulegen, nach Perpignan reisen sollte.

Diese Art nomadisierenden Zimmers enthielt ein Bett, einen Tisch und einen kleinen Stuhl für einen Pagen, der schreiben oder ihm vorlesen mußte. Diese mit purpurfarbenem Damast überzogene Maschine wurde von achtzehn Männern getragen, die sich von Stunde zu Stunde ablösten; sie waren aus seiner Leibwache gewählt und verrichteten diesen Ehrendienst nur mit entblößtem Haupte, wie stark auch die Hitze oder der Regen sein mochten.

Der Herzog von Angoulême, die Marschälle von Schomberg und von Estrées, Fabert und andere Würdenträger ritten neben der Sänfte her; als die Dienstbeflissensten zeigten sich der Kardinal von La Vallette und Mazarin, sowie Chavigny und der Marschall von Vitry, der, wie es hieß, die Bastille, mit der er bedroht war, zu vermeiden suchte.

Zwei Wagen mit den Sekretären, den Ärzten und dem Beichtvater des Kardinals folgten, dann kamen acht vierspännige Kutschen mit seinen Edelleuten und vierundzwanzig Maultiere mit dem Gepäck; zweihundert Musketiere zu Fuß marschierten zu beiden Seiten; seine Gardereiter und seine Reiterei, lauter Edelleute, ritten auf prächtigen Pferden diesem Zuge voran und hintennach.

In einem solchen Aufzuge erreichte der Premierminister in wenigen Tagen Perpignan; der Umfang der Sänfte nötigte bisweilen, die Wege erweitern und hie und da Mauern von Städten und Dörfern, wo sie nicht Raum genug zum Einzug hatte, niederreißen zu lassen, so daß, sagen voll aufrichtiger Bewunderung dieses Luxus die Verfasser der damaligen Zeitschriften, so daß es schien, als halte ein Eroberer seinen Einzug durch die Bresche. Vergeblich haben wir mit großem Fleiße nach einem Manuskript der Eigentümer oder Bewohner der Häuser, die sich bei seinem Durchzuge öffneten, geforscht, um die nämliche Bewunderung darin ausgedrückt zu finden; wir gestehen, daß wir kein solches aufzufinden imstande waren.



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