Alfred de Vigny
Cinq-Mars oder eine Verschwörung gegen Richelieu
Alfred de Vigny

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Erstes Buch.

Erstes Kapitel. Der Abschied

Kennt ihr jene Gegend, die man den Garten Frankreichs nennt, jenes Land, auf dessen grünen, durch einen großen Fluß bespülten Ebenen die reinsten Lüfte euch erquicken? Habt ihr in den Sommermonaten schon einmal die schöne Touraine durchwandert, so seid ihr wohl geraume Zeit mit Entzücken dem Laufe der friedlichen Loire gefolgt, und müßt unschlüssig geblieben sein, auf welchem der beiden Ufer ihr euch einen Wohnsitz wählen würdet, um daselbst an der Seite eines geliebten Wesens die Menschen zu vergessen.

Gesellt man sich der gelblichen und langsam einherrollenden Welle des Stromes als Begleiter zu, so verlieren sich die Blicke unablässig in den lachenden Partien des rechten Ufers. Kleine Täler, besät mit hübschen weißen, hinter Laubwerk halb versteckten Häusern, Abhänge, bedeckt mit dem Hellgrün des Weinstocks oder dem weißen Blütenschnee der Kirschbäume, alte, mit jungem Geißblatt überwucherte Mauern, Rosengärten, denen plötzlich ein schlanker Turm entsteigt, alles zeugt von der Fruchtbarkeit der Erde oder dem hohen Alter ihrer Monumente, und alles erregt ein Interesse an den Arbeiten ihrer gewerbsamen Bewohner. Sie haben nichts unbenutzt gelassen; es scheint, als hätten sie bei der Liebe zu einem so schönen Vaterlande, der einzigen Provinz Frankreichs, die der Fremde nie innehatte, nicht die kleinste Spanne seines Bodens, sein leichtestes Sandkorn verlieren wollen.

Ihr meint wohl, jener alte, verfallene Turm dort sei nur von unheimlichen Nachtvögeln bewohnt? – Mit nichten. Beim Getrappel eurer Pferde steckt ein junges Mädchen sein freundliches Köpfchen aus dem vom Straßenstaub weiß gepuderten Efeu hervor; klimmt ihr einen Rebhügel hinan, so macht euch ein leichter Rauch zu euren Füßen plötzlich einen Kamin bemerklich, denn sogar der Felsen ist bewohnt, und in der Tiefe seiner unterirdischen Räume leben Winzerfamilien, zur Nachtzeit geschützt durch den ernährenden Boden, den sie den Tag über so fleißig bearbeiten.

Die gutmütigen Bewohner der Touraine sind einfach wie ihr Leben, mild wie die Luft, die sie atmen, und stark wie der kräftige Boden, den sie befruchten. Ihre gebräunten Züge zeigen weder die kalte Unbeweglichkeit des Nordens noch die fratzenhafte Lebendigkeit des Südens; ihr Gesicht hat, wie ihr Charakter, etwas von der Redlichkeit des echten Volkes des heiligen Ludwig; noch immer tragen sie ihre kastanienbraunen Haare lang und um die Ohren rund zugestutzt, wie man es an den steinernen Bildsäulen unserer alten Könige sieht; ihre Sprache ist das reinste Französisch, weder langsam noch schnell, ohne irgendwelchen Akzent; hier finden wir die Wiege der Sprache neben der Wiege der Monarchie.

Das linke Ufer der Loire zeigt indes einen etwas ernsthafteren Charakter; hier erblickt man von ferne Chambord, das mit seinen blauen Domen und seinen kleinen Kuppeln einer großen Stadt des Orients gleicht; dort ist Chanteloup, dessen elegante Pagode so kühn in die Lüfte strebt.

Nach ihnen zieht jedoch ein einfacheres Bauwerk durch seine prachtvolle Lage und seine imposante Masse die Augen des Reisenden auf sich: es ist das Schloß Chaumont. Auf dem höchsten der den Fluß überragenden Hügel erbaut, nimmt es mit seinen hohen Mauern und seinen ungeheuren Türmen den weiten Raum des Gipfels ein, und die schieferbedeckten Glockentürme verleihen dem ganzen Gebäude jenes klosterartige Aussehen, jene den Bauwerken mit religiöser Bestimmung eigene Form, die den Landschaften der meisten unserer Provinzen einen ernsteren Stempel aufdrückt. Schwarze, buschige Bäume umgeben das alte Gebäude von allen Seiten und gleichen von weitem jenen Federn, die König Heinrichs Hut schmückten; am Fuße des Hügels breitet sich längs dem Flusse ein hübsches Dorf aus, dessen weiße Häuser gleichsam aus Goldsand emporzusteigen scheinen und das mit dem Schlosse durch einen schmalen, am Fels sich hinaufwindenden Fußsteig in Verbindung steht; in der Mitte des Hügels erhebt sich eine Kapelle, zu deren Altar die Herren hernieder- und die Dorfbewohner heraufstiegen; es war dies ein Boden der Gleichheit, der wie eine neutrale Stadt zwischen dem Elend und der Größe stand, die sich nur zu oft schon bekriegt haben.

Hier nun, in dieser alten Behausung, gingen an einem Vormittage des Juni 1639 ungewöhnliche Dinge vor. Die Schloßglocke hatte, dem Brauch gemäß, um zwölf Uhr die Familie zur Mittagstafel geladen. Die zahlreichen Bedienten bemerkten, daß die Marschallin von Effiat, als sie in Anwesenheit der sämtlichen Hausbewohner das Morgengebet verrichtet, mit Tränen in den Augen und unsicherer Stimme gesprochen hatte und auch in tiefere Trauer als gewöhnlich gekleidet erschienen sei. Das Hausgesinde und die Italiener der Herzogin von Mantua, die sich gerade damals für einige Zeit nach Chaumont zurückgezogen hatte, sahen mit Erstaunen plötzliche Zurüstungen zur Abreise treffen.

Der alte Diener des vor sechs Monaten verstorbenen Marschalls von Effiat hatte seine Stiefel, die er nie mehr anzuziehen noch kurz zuvor sich verschworen hatte, wieder hervorgeholt. Dieser wackere Mann, namens Grandchamp, war dem Haupt der Familie sowohl in den Kriegen als bei dessen Finanzarbeiten stets zur Seite geblieben; in den einen war er sein Stallknecht, bei den anderen sein Sekretär gewesen; vor kurzem war er aus Deutschland zurückgekehrt, um die Mutter und Kinder mit den näheren Umständen bei dem Tode des Marschalls, dessen letzte Seufzer er bei Lützelstein empfangen hatte, bekanntzumachen; er war einer jener treuen Diener, deren Muster in Frankreich nur zu selten geworden sind, die bei den Unglücksfällen der Familie mit leiden und sich bei ihrer Freude mitfreuen, die wünschen, daß Heiraten zustande kommen möchten, um junge Gebieter erziehen zu können, welche die Kinder, ja zuweilen die Väter ausschelten, für sie Todesgefahr ausstehen, in Revolutionen ihnen ohne Lohn dienen, arbeiten, um sie zu ernähren, in günstigen Zeiten ihnen überallhin folgen und bei der Rückkehr ins Schloß sagen: »Da sind wir wieder in unserem Eigentum.«

Grandchamps Gesicht besaß etwas auffallend Strenges, seine Hautfarbe war kupferrot, die Haare silbergrau, mit Ausnahme einiger Büschel, die noch schwarz wie seine dichten Augenbrauen waren und ihm auf den ersten Anblick ein hartes Aussehen verliehen, indes milderte ein wohltuender Blick diesen ersten Eindruck. Dennoch war der Ton seiner Stimme rauh. Am heutigen Tage war er besonders beflissen, das Mittagessen zu beschleunigen und ließ es daher an Befehlen gegen die Diener des Schlosses, die, wie er, schwarz gekleidet waren, nicht fehlen.

»Marsch«, sagt er, »sputet euch aufzutragen, während Germain, Louis und Etienne ihre Pferde satteln; Herr Henri und wir müssen um acht Uhr abends schon weit von hier sein. Und ihr, ihr Herren Italiener, habt ihr eure junge Prinzeß benachrichtigt? Ich wette, sie liest wieder mit ihren Damen an irgend einem Ende des Parks oder am Ufer des Flusses. Immer kommt sie nach dem ersten Gang, damit auch jedermann vom Tisch aufstehen muß.«

»Ach, mein lieber Grandchamp«, sagte leise eins junge Kammerfrau, die eben vorbeiging und nun stillstand, »erinnert uns nicht an die Herzogin; sie ist sehr traurig, und ich glaube, sie wird in ihrem Zimmer bleiben. St. Maria! Ich bedaure Euch, heute abreisen zu müssen! An einem Freitag, am 13. des Monats, am Tage Sankt Gervais und Sankt Protais, am Tage beider Märtyrer! Hab' ich doch den ganzen Morgen für Herrn von Cinq-Mars meinen Rosenkranz abgebetet; aber ich konnte wahrhaftig nicht umhin, dabei stets an alles, was ich Euch sage, zu denken; und so eine große Dame auch meine Gebieterin ist, so denkt sie doch ebensosehr daran als ich; deshalb laßt Euch nicht einfallen, darob zu lachen.«

Mit diesen Worten schlüpfte die Italienerin gleich einem Vogel durch den großen Speisesaal und verschwand in einem Korridor, erschrocken, die großen Flügeltüren des Salons öffnen zu sehen.

Grandchamp hatte ihr Gerede kaum beachtet und schien nur mit den Zurüstungen zum Mittagessen beschäftigt; er versah das wichtige Amt des Haushofmeisters und warf den strengsten Blick auf die Bediensteten, um nachzusehen, ob alle an ihren Posten wären, indem er sich selbst hinter den Stuhl des ältesten Sohnes des Hauses stellte, als die Schloßbewohner allmählich den Saal betraten; elf Personen beiderlei Geschlechtes setzten sich zur Tafel. Die Marschallin war zuletzt gekommen und hatte sich von einem schönen, prachtvoll gekleideten Greis einführen lassen, dem sie einen Platz zu ihrer Linken anwies. Sie selbst setzte sich in die Mitte der Tafel, deren Form ein längliches Viereck bildete, in einen großen, vergoldeten Lehnstuhl. Ein noch etwas mehr verzierter Sitz befand sich zu ihrer Rechten, blieb aber leer.

Der junge Marquis von Effiat, der seiner Mutter gegenübersaß, mußte dieser helfen, die Honneurs zu machen; er war erst zwanzig Jahre alt, sein Gesicht war ziemlich unbedeutend, dennoch ließen ein gemessener Ernst und ausnehmende Manieren auf eine gefällige Gemütsart, allein auf nichts weiter, schließen.

Seine junge vierzehnjährige Schwester, zwei Edelleute der Provinz, drei junge italienische Herren aus dem Gefolge Maries von Gonzaga (Herzogin von Mantua), eine Gesellschaftsdame, die Gouvernante der jungen Tochter des Marschalls, und ein alter, beinahe gehörloser Abbé aus der Nachbarschaft, waren die Personen, aus welchen die Tischgesellschaft bestand. Zur Linken des ältesten Sohnes blieb ebenfalls noch ein Stuhl unbesetzt.

Bevor die Marschallin sich setzte, machte sie das Zeichen des Kreuzes und sprach mit lauter Stimme das Benedicite; jedermann beantwortete es, sich ganz oder nur auf der Brust bekreuzigend. Dieser Brauch hat sich in Frankreich in vielen Familien bis zur Revolution von 1789 erhalten; bei einigen herrscht er noch, mehr jedoch in der Provinz als in Paris, und findet sich ein Fremder ein, so entledigt man sich seiner nicht ohne einige Verlegenheit und irgend eine, von einem entschuldigenden Lächeln begleitete Vorrede über die gute alte Zeit; denn es ist nur zu wahr, daß auch das Gute zuweilen ein Erröten abnötigt.

Die Marschallin war eine Frau von ehrfurchtgebietender Gestalt, deren große, blaue Augen in bewunderungswürdiger Schönheit glänzten. Sie schien noch nicht fünfundvierzig Jahre alt; allein von Kummer gebeugt, schritt sie langsam einher und sprach nur mit Mühe, indem sie, sobald sie genötigt war, etwas laut zu reden, einen Augenblick die Augen schloß und den Kopf auf die Brust sinken ließ. Dann deutete ihre an das Herz gedrückte Hand an, daß sie einen heftigen Schmerz darin empfinde. Sie sah daher mit Befriedigung, daß die ihr zur Linken sitzende Person sich, ohne von jemand darum gebeten zu werden, des Schlüssels der Unterhaltung bemächtigte und diese während der ganzen Mahlzeit mit einem unverwüstlichen Gleichmut leitete.

Es war der alte Marschall von Bassompierre. Unter seinen weißen Haaren hatte er sich eine Lebendigkeit und ein jugendliches Wesen erhalten, die wahrhaft merkwürdig genannt werden durften, seine edlen und höflichen Manieren hatten etwas von einer Galanterie an sich, die verjährt war wie sein Kostüm, denn er trug eine Krause à la Henri IV. und aufgeschlitzte Ärmel nach Art des vorigen Jahrhunderts, was in den Augen der Modehelden des Hofes als unverzeihliche Lächerlichkeit galt. Uns würde es jetzt nicht auffallender als etwas anderes erscheinen, allein es ist nun einmal so, daß man in jedem Jahrhundert über den Anzug seines Vaters lachen wird, und nur die Orientalen mögen nicht von dieser Sucht befallen sein.

Noch hatte kaum einer der italienischen Edlen ihm die Frage vorgelegt, was er von der Behandlungsweise der Tochter des Herzogs von Mantua durch den Kardinal halte, als der Marschall in seinem vertraulichen Tone rief:

»Corbleu! mein Herr, mit wem reden Sie? Kann ich etwas von dem neuen Regiment verstehen, unter dem Frankreich steht? Wir alten Waffengefährten des hochseligen Königs verstehen die Sprache, die der neue Hof redet, schlecht und dieser versteht auch die unsere nicht mehr. Was sag' ich? Man redet ja in diesem traurigen Land gar keine Sprache mehr, denn jedermann schweigt vor dem Kardinal; dieser hochmütige, kleine Vasall betrachtet uns wie alte Ahnenbilder und von Zeit zu Zeit schneidet er einem den Kopf weg, doch glücklicherweise bleibt die Devise. Nicht so, mein lieber Puy-Laurens?«

Dieser Gast stand ungefähr im Alter des Marschalls, war aber ernster und bedächtiger als er und antwortete seinem Altersgenossen nur mit einigen oberflächlichen Worten, indem er ihn durch einen Wink auf die unangenehme Gemütsbewegung aufmerksam zu machen suchte, in welche die Gebieterin des Hauses durch die Berührung des vor kurzem erfolgten Todes ihres Gatten und dergleichen Ausfälle auf den Minister, ihren Freund, versetzt wurde; allein vergeblich, denn auch mit einem nur halb beipflichtenden Zeichen zufrieden, leerte Bassompierre ein großes Glas voll Wein, das er in seinen Memoiren als das sicherste Mittel gegen Pest und Zurückhaltung bezeichnet, auf einen Zug und dehnte sich dann, rückwärts gelehnt, um ein anderes Glas von seinem Diener in Empfang zu nehmen, breiter und weiter als je in seinem Stuhle und in seinen Lieblingsideen aus.

»Ja, wir sind hier alle zu viel; ich sagte es jüngst zu meinem lieben Herzog von Guise, den sie zugrunde gerichtet haben. Man zählt die Minuten, die uns noch zu leben bleiben, und rüttelt an unserer Sanduhr, damit ihre Körner schneller rieseln. Sieht der Herr Kardinal-Herzog in einer Ecke drei oder vier unserer großen Figuren, die nicht von der Seite unseres hochseligen Königs wichen, so fühlt er wohl, daß er diese eisernen Bildsäulen nicht von der Stelle rücken kann und daß dazu die Hand des großen Mannes erforderlich wäre; er geht dann schnell an uns vorüber und wagt nicht, sich zu uns, die wir ihn nicht fürchten, zu gesellen. Er glaubt immer, wir zetteln Verschwörungen an, und gerade jetzt soll man ja damit umgehen, mich in die Bastille zu stecken.«

»Ei, Herr Marschall, und Sie zögern noch, abzureisen?« fragte einer der Italiener; »meiner Ansicht nach kann nur Flandern Ihnen einen sicheren Zufluchtsort bieten."

»Ach, mein Herr, da kennen Sie mich schlecht; statt zu flüchten, stattete ich dem König vor seiner Abreise einen Besuch ab und sagte ihm, es geschehe nur, damit man der Mühe überhoben wäre, mich zu suchen, und wüßte ich, wohin er mich zu senden gedächte, so ginge ich von selbst hin, ohne daß man mich hinzuführen brauchte. Er benahm sich dann auch so gütig, als ich erwartete, und sagte: ›Wie, alter Freund, du solltest wirklich glauben, ich beabsichtige so was? Du weißt wohl, daß ich dich liebe.‹«

»Ach, mein lieber Marschall, da mach' ich Ihnen mein Kompliment«, sagte Frau von Effiat mit sanfter Stimme; »an diesem Worte erkenne ich des Königs Güte; er erinnert sich des innigen Verhältnisses seines königlichen Vaters zu Ihnen; ja, mir scheint, er habe Ihnen alles, was Sie für die Ihrigen wünschten, gewährt«, fügte sie mit Nachdruck hinzu, um seinem Lobe aufs neue den Weg zu bahnen und ihn die Unzufriedenheit, die er so laut ausgesprochen, vergessen zu lassen.

»Gewiß, Madame«, entgegnete er, »niemand weiß seine Tugenden besser anzuerkennen als Francis von Bassompierre; ich werde ihm bis ans Ende getreu bleiben, weil ich mich seinem Vater ein für allemal mit Leib und Gut hingegeben habe, und ich schwöre, daß wenigstens mit meiner Einwilligung niemand von meiner Familie in seiner Pflicht gegen den König von Frankreich lässig gefunden werden soll. Obwohl die Bestein Fremde und Lothringer sind, Mordieu! so hat ein Handschlag Heinrichs IV. uns für immer erworben; mein größter Schmerz war auch, meinen Bruder in spanischen Diensten sterben zu sehen, und soeben habe ich meinem Neffen geschrieben, daß ich ihn enterben würde, wenn er, wie die Rede ginge, zum Kaiser übergehen sollte.«

Einer der Edelleute, der bisher geschwiegen, sich aber durch den Aufwand von Schleifen, Bändern und Vorstecknadeln, die sein Kleid bedeckten, sowie durch den St. Michaelsorden, dessen schwarze Schnur seinen Hals schmückte, bemerklich machte, verneigte sich mit der Bemerkung, daß jeder getreue Untertan so sprechen sollte.

»Pardieu, Herr von Launay, da irren Sie sich sehr«, sagte der Marschall, bei dem die Erinnerung an seine Ahnen wieder aufwachte; »Leute von unserem Blut sind aus Herzenstrieb untertan, denn durch die Gnade Gottes sind wir so gut als Herren unserer Güter geboren, wie der König als Herr der seinigen. Nach Frankreich kam ich zu meinem Vergnügen, und begleitet von meinen Edelleuten und Pagen. Nun bemerke ich, daß, je weiter man geht, man desto mehr diesen Gedanken verliert, besonders bei Hofe. Doch da kommt ein junger Mann ganz gelegen, um mich darüber zu hören. . . .«

Wirklich öffnete sich auch die Tür und man sah einen jungen, ziemlich gut gewachsenen Mann von blasser Gesichtsfarbe, braunen Haaren, schwarzen Augen und düsterem, gleichgültigem Wesen eintreten; es war Henri von Effiat, Marquis von Cinq-Mars, welch letzterer Titel sich von einem Familiengute herschrieb; sein Anzug und sein kurzer Mantel waren schwarz, ein Spitzenkragen fiel von seinem Hals bis zur Mitte der Brust nieder; kleine, starke, sehr weite Stiefel und seine Sporen machten ein Geräusch auf den Steinplatten des Salons, daß man ihn von weitem kommen hörte. Er schritt gerade auf die Marschallin von Effiat zu und küßte ihr mit einer tiefen Verbeugung die Hand.

»Wohlan, Henri!« redete sie ihn an, »sind Ihre Pferde bereit? Um wie viel Uhr reisen Sie ab?«

»Mit Ihrer Erlaubnis unmittelbar nach dem Mittagessen, Madame«, antwortete er seiner Mutter mit der zeremoniellen Ehrerbietung jener Zeit und wandte sich dann, bevor er seinen Sitz zur Linken seines Bruders einnahm, noch mit einer Begrüßung an Herrn von Bassompierre.

»Nun!« sagte der Marschall, gleichwohl mit großem Appetit fortessend, »Sie wollen abreisen, mein Kind; Sie gehen an den Hof, das ist heutzutage ein schlüpfriger Boden. Ich bedaure um Ihretwillen, daß er nicht geblieben ist, was er war. Ehemals war der Hof nichts anderes als der Salon des Königs, wo er seine natürlichen Freunde empfing. Die Edlen großer Häuser, seine Pairs, die ihn besuchten, um ihm ihre Ergebenheit und Freundschaft zu beweisen, verspielten ihr Geld mit ihm und begleiteten ihn auf seinen Lustpartien, erhielten aber nichts von ihm als die Erlaubnis, für seinen Dienst ihre und ihrer Vasallen Köpfe in die Schanze zu schlagen. Die Ehrenstellen, die ein Mann von Stande erhielt, bereicherten ihn nicht, denn er bezahlte sie aus seinem Beutel; bei jedem Grad, den ich empfing, verkaufte ich eines meiner Güter; der Titel eines kommandierenden Generals der Schweizergarde hat mich viermalhunderttausend Taler gekostet, und die Taufe des jetzigen Königs verursachte mir eine Ausgabe von hunderttausend Franken nur für einen Anzug.«

»Ach! da werden Sie aber zugeben«, sagte lachend die Gebieterin des Hauses, »daß Sie nicht dazu gezwungen wurden; wir hörten von der Pracht Ihres Perlenkleides; allein es täte mir sehr leid, wenn es jetzt noch Mode wäre, solche zu tragen.«

»Ach, Frau Marquise, seien Sie ruhig, diese Zeit der Pracht wird nie mehr zurückkehren. Wir begingen ohne Zweifel Torheiten, sie bewiesen aber unsere Unabhängigkeit; so viel ist klar, daß man damals dem König keine Diener entzogen hätte, die allein die Liebe an ihn fesselte und deren Herzogs- oder Marquiskronen so viel Diamanten zählten wie seine Königskrone. Ebenso ist leicht einzusehen, daß der Ehrgeiz sich nicht aller Klassen bemächtigen konnte, weil nur reiche Hände dergleichen Ausgaben machen konnten und das Gold nur den Minen entstammt. Die großen Häuser, die man jetzt mit solcher Erbitterung zerstört, waren nicht ehrgeizig, hielten sich oft, da sie keine Stelle von der Regierung wollten, durch ihr eigenes Gewicht an ihrer Stelle bei Hofe, bestanden durch sich selbst und äußerten sich, wie eines unter ihnen: Prinz nicht mag sein, Rohan bin. So verhielt es sich mit jeder edlen Familie, der ihr Adel genügte und die der König selbst in eine Reihe mit sich stellte, indem er einem meiner Freunde schrieb: Das Geld hat auf Edelleute, wie Ihr und ich, keine Beziehung

»Aber, Herr Marschall«, unterbrach ihn Herr von Launay kalt, aber sehr höflich und wahrscheinlich in der Absicht, ihn etwas in Harnisch zu bringen, »diese Unabhängigkeit hat auch viel Bürgerkriege und Empörungen, wie die des Herrn von Montmorency, zur Folge gehabt.«

»Corbleu! mein Herr, so kann ich nicht reden hören«, entgegnete aufbrausend der Marschall, indem er sich in seinem Lehnstuhl herumwarf. »Diese Empörungen und diese Kriege waren für die Grundgesetze des Staates von keiner Bedeutung und konnten den Thron so wenig umstürzen als ein Duell es vermöchte. Von allen diesen großen Parteihäuptern ist nicht einer, der, wenn es ihm gelungen wäre, seinen Sieg nicht zu den Füßen des Königs gelegt hätte, wohl wissend, daß alle die anderen ebenso großen Herren als er sich von ihm als dem Feinde des legitimen Souveräns abgewendet hätten. Keiner hat sich anders als gegen eine Faktion, nicht aber gegen die souveräne Gewalt bewaffnet, und war einmal jene zerstört, so kehrte alles wieder zur Ordnung zurück. Was habt ihr aber getan, indem ihr uns erdrücktet? Ihr habt die Arme des Thrones zerbrochen und werdet sie durch nichts ersetzen. Ja ich zweifle jetzt nicht mehr daran, der Kardinal-Herzog wird seine Absicht vollends erfüllen, der große Adel wird seine Güter verlassen oder verlieren und wird, indem er aufhört, das große Eigentum zu sein, auch aufhören, eine Macht zu sein; ist doch der Hof jetzt schon weiter nichts mehr als ein Palast, wo man Anliegen und Gesuche vorbringt; später, wenn er nur noch aus den Leuten vom Gefolge des Königs besteht, wird er zum Vorzimmer werden, die großen Namen fangen dann an, niedrige Ämter zu adeln; allein vermöge einer furchtbaren Reaktion werden diese Ämter zuletzt die großen Namen herabwürdigen. Seinem Herde fremd, wird der Adel nur noch durch die empfangenen Stellen etwas sein, und wollen die Völker, auf die er keinen Einfluß mehr haben wird, sich empören . . .«

»Welch unheilweissagende Gedanken, die Sie heute haben, Marschall!« unterbrach ihn die Marquise. »Hoffentlich werden weder ich noch meine Kinder diese Zeiten sehen. In all dieser Politik erkenne ich Ihren heiteren Charakter nicht mehr; ich erwartete, Sie würden meinem Sohne Ratschläge erteilen. Nun, Henri, was haben Sie denn? Sie sind sehr zerstreut.«

Die Augen auf die großen Fenster des Speisesaals geheftet, betrachtete Cinq-Mars traurig die prachtvolle Landschaft, die sich vor seinen Blicken ausbreitete. Die Sonne schien in ihrer vollen Pracht und ließ den Ufersand der Loire, die Bäume und Wiesen in Gold und Smaragd prangen; der Himmel hatte sein azurblaues Kleid angetan und aus dem durchsichtigen Gelb der Wolken tauchte der Inseln herrlich glänzendes Grün, hinter deren buschigen Häuptern sich die großen dreieckigen Segel der Kauffahrteischiffe gleich einer im Hinterhalt liegenden Flotte erhoben.

»O Natur, Natur!« sprach er bei sich, »lebe wohl, du schöne Natur. Bald wird mein Herz nicht einfach genug mehr sein, um dich zu fühlen, und wirst du meinen Augen nicht mehr gefallen; schon lodert eine heftige Leidenschaft in diesem Herzen, und was ich von den Interessen der Menschen höre, erfüllt es mit einer unbekannten Bangigkeit; ich soll also dieses Labyrinth betreten; ich verliere mich vielleicht darin, doch für Marie . . .«

Dann bei der Anrede seiner Mutter aus seinen Träumen erwachend, antwortete er, in der Befürchtung, ein allzu kindisches Bedauern über den Abschied von seinem schönen Lande und seiner Familie zu zeigen: »Ich dachte eben an den Weg, Madame, den ich einschlagen will, um nach Perpignan zu kommen, sowie an den, der mich zu Ihnen zurückführen wird.«

»Vergessen Sie nicht, den von Poitiers einzuschlagen und nach Loudun zu gehen, um dort Ihren alten Lehrmeister, unseren guten Abbé Quillet zu besuchen; dieser wird Ihnen nützliche Ratschläge hinsichtlich des Hoflebens erteilen, er steht sehr gut mit dem Herzog von Bouillon, und wäre er Ihnen auch nicht von besonderem Nutzen, so ist es immerhin ein Beweis von Achtung, den Sie ihm schuldig sind.«

»Sie gehen also zur Belagerung von Perpignan, mein Freund?« hob der alte Marschall wieder an, der eben einzusehen begann, daß er schon sehr lange geschwiegen habe. »Ach, wie glücklich sind Sie! Pest, eine Belagerung! ein hübsches Debüt; ich hätte viel darum gegeben, bei meiner Ankunft am Hofe des hochseligen Königs einen solchen Anfang machen zu können; lieber hätte ich mir dabei die Eingeweide aus dem Leibe reißen lassen als bei einem Turnier mich hervorgetan, wie es damals geschah. Allein man lebte in Friedenszeiten und ich war genötigt, mit dem Rosworm der Ungarn die Türken auf Pistolen herauszufordern, um meine Familie nicht durch meine Untätigkeit zu betrüben. Übrigens wünsche ich, daß Se. Majestät Sie auf ebenso liebenswürdige Weise empfange, als sein Vater mich empfing. Gewiß, der König ist tapfer und gut; allein man hat ihn unglücklicherweise an diese kalte spanische Etikette gewöhnt, die alle Bewegungen des Herzens lähmt; durch diese unbewegliche Außenseite und dieses eisige Benehmen hält er sich und die anderen stets von jeder freundlichen Annäherung zurück; was mich betrifft, so gestehe ich, daß ich stets den Augenblick des Auftauens erwarte, jedoch vergeblich. Wir wurden durch den geistreichen und einfachen Heinrich an ganz andere Sitten gewöhnt und hatten wenigstens die Freiheit, ihm zu sagen, daß wir ihn liebten.«

Die Augen auf Bassompierre geheftet, als müsse er sich zwingen, dessen Reden einige Aufmerksamkeit zu schenken, fragte Cinq-Mars, wie des verstorbenen Königs Art zu sprechen gewesen sei.

»Lebhaft und freimütig«, antwortete er. »Einige Zeit nach meiner Ankunft in Frankreich spielte ich in Fontainebleau mit ihm und der Herzogin von Beaufort, denn er wollte, wie er sagte, mir meine Goldstücke und meine schönen Portugaleser abgewinnen. Er fragte mich, was mich in dieses Land geführt habe. ›Meiner Treue, Sire‹, sagte ich offenherzig, ›ich bin nicht in der Absicht gekommen, mich in Ihren Dienst einzustallieren, sondern um einige Zeit an Ihrem und von da an dem spanischen Hofe zuzubringen; Sie haben mich aber so bezaubert, daß, wenn Sie meine Dienste wollen, ich, ohne weiterzugehen, mich denselben auf Lebenszeit widme.‹ Dann umarmte er mich mit der Versicherung, daß ich keinen besseren Herrn, der mich mehr liebte, hätte finden können. Ach! . . . das hab' ich wohl empfunden . . . und ich, ich habe ihm alles geopfert, selbst meine Liebe, ja, ich hätte noch mehr getan, wenn man mehr hätte tun können, als auf Fräulein von Montmorency verzichten.«

Aus des Marschalls Augen sprach eine tiefe Rührung; allein der junge Marquis von Effiat und die Italiener schauten sich gegenseitig an und konnten sich bei dem Gedanken, daß die Prinzessin von Condé damals nichts weniger als jung und schön gewesen sei, eines Lächelns nicht enthalten. Cinq-Mars bemerkte diese Zeichen des Einverständnisses und lachte auch, aber sein Lächeln war ein bitteres.

»So ist es denn wahr«, sagte er bei sich selbst, »daß die Leidenschaften das Schicksal der Moden haben und wenige Jahre ein Kleid und eine Liebe mit derselben Lächerlichkeit strafen können? Glücklich der, welcher seine Jugend, seine Täuschungen nicht überlebt und seinen ganzen Schatz mit sich ins Grab nimmt!«

Doch abermals riß er sich mit Anstrengung aus dem melancholischen Gang seiner Gedanken heraus und nahm, damit der gute Marschall nichts Mißbeliebiges auf dem Gesichte seiner Wirte bemerkte, den Faden der Unterhaltung auf, indem er sagte:

»Man sprach also sehr freimütig mit König Heinrich? Vielleicht mußte er auch im Anfang seiner Regierung diesen Ton einführen; als er aber seiner Herrschaft sicher war, änderte er ihn da nicht?«

»Nie, nein, nie, selbst bis zu seinem letzten Tage hörte unser großer König nicht auf, derselbe zu sein; er schämte sich nicht, ein Mensch zu sein, und sprach zu Menschen mit Kraft und Gefühl. Ach, mein Gott, ich sehe ihn noch, wie er am Tage seines Todes den Herzog von Guise im Wagen umarmte; er hatte mich eben mit einem seiner geistreichen Scherze entzückt und der Herzog sagte zu ihm: ›Für mich sind Sie einer der angenehmsten Menschen der Welt, und unser Schicksal bestimmte uns füreinander; denn wären Sie nur ein gewöhnlicher Mensch gewesen, so hätte ich Sie um jeden Preis in meine Dienste genommen: da Gott Sie aber zu einem großen König schuf, so muß ich wohl Ihr Untergebener sein.‹ Ach, großer Mann! Du hattest es vorausgesagt«, rief Bassompierre mit Tränen in den Augen und vielleicht durch die Gläser voll Wein, die er zu sich nahm, etwas aufgeregt: »Habt Ihr mich einst verloren, so werdet Ihr meinen Wert erst erkennen

Während dieser Herzensergießung hatten die übrigen Tischgenossen, je nach der Rolle, die sie in öffentlichen Angelegenheiten spielten, verschiedenartige Haltungen angenommen. Einer der Italiener tat, als schenke er seine ganze Aufmerksamkeit der jungen Tochter der Marschallin, mit der er geflissentlich schäkerte, der andere machte sich mit dem alten, tauben Abbé zu schaffen, welcher letztere, die eine Hand hinter sein Ohr haltend, um besser zu hören, der einzige Aufmerksame schien; Cinq-Mars war, nachdem er den Marschall in Redefluß gebracht, in seine melancholische Zerstreuung zurückgefallen, wie man, wenn einmal die Kugel geschoben ist, bis zu ihrer Rückkehr anderswohin schaut; sein älterer Bruder machte die Honneurs der Tafel immer mit derselben Ruhe; Puy-Laurens schaute besorgt die Gebieterin des Hauses an, er war ganz für den Herzog von Orleans und fürchtete den Kardinal; die Marschallin dagegen schien betrübt und unruhig, die wenig abgewogenen Worte hatten sie oft an den Tod ihres Mannes oder die Abreise ihres Sohnes erinnert und noch öfter hatte sie für Bassompierre selbst gefürchtet, er möchte sich kompromittieren, und ihn mit einem Blick auf Herrn von Launay, den sie nicht genau kannte und mit einigem Grund für einen Anhänger des Premierministers hielt, angestoßen; allein bei einem Manne von solchem Charakter waren dergleichen Winke vergeblich, er schien sie nicht zu beachten und tat im Gegenteil, als wende er sich mit seiner ganzen Rede einzig an diesen Edelmann, den er nebenbei mit seinen kühnen Blicken und dem Ton seiner Stimme vernichten zu wollen schien. Dieser aber gab sich die Miene der Gleichgültigkeit und beipflichtender Höflichkeit, die er auch bis zu dem Augenblick, wo die beiden Flügeltüren geöffnet und die Herzogin von Mantua angekündigt wurde, nicht ablegte.

Das Gespräch, zu dessen Mitteilung wir soeben längere Zeit gebraucht, war dennoch so rasch geführt worden, daß, als bei der Ankunft Maries von Gonzaga jedermann sich erhob, das Mittagessen noch nicht zur Hälfte beendet war. Die Jungfrau war klein, aber hübsch gewachsen, und obwohl sie ungemein schwarze Haare und Augen hatte, besaß ihre Haut dennoch eine blendende Frische. In Berücksichtigung ihres Ranges erhob sich auch die Marschallin ein wenig und küßte sie dann ihrer Gutherzigkeit und Jugend wegen auf die Stirn.

»Sie ließen heute lange auf sich warten, liebe Marie«, sagte sie zu ihr, indem sie der Jungfrau den Platz neben sich anwies; »glücklicherweise bleiben Sie mir, um mir eines meiner Kinder bei dessen Abreise zu ersetzen.«

Die junge Herzogin errötete, senkte den Kopf und die Augen, um ihr Erröten zu verbergen, und entgegnete mit schüchterner Stimme: »Das ist nicht mehr als billig, Madame, da Sie auch mir die Mutter ersetzen.«

Am anderen Ende der Tafel aber erblaßte Cinq-Mars bei ihrem auf ihn gehefteten Blick.

Diese Ankunft gab der Unterhaltung eine Wendung, sie wurde nicht länger im allgemeinen geführt, sondern jeder ließ sich mit seinem Nachbar in ein Gespräch ein. Der Marschall allein fuhr fort, einige Worte über die Pracht des vormaligen Hofes, dann über die Kriege, die er in der Türkei mitgemacht, über Turniere und endlich über das filzige Wesen des jetzigen Hofes fallen zu lassen, allein zu seinem großen Leidwesen nahm niemand besondere Notiz davon, und als man mit dem Glockenschlag Zwei die Tafel aufhob, erschienen fünf Pferde im Hofe, von denen vier wohlbewaffnete, mit Reisemänteln versehene Diener trugen, das fünfte aber, ein schwarzes, feuriges Pferd, von dem alten Grandchamp am Zügel gehalten wurde; es war das seines Gebieters.

»Aha!« rief Bassompierre, »da ist ja unser Schlachtroß gesattelt und gezäumt; jetzt marsch, junger Mann, jetzt heißt's wie bei unserem alten Marot:

Adieu la cour, adieu les dames!
Adieu les filles et les femmes!
Adieu vous dis pour quelque temps;
Adieu vos plaisants passetemps;
Adieu le bal, adieu la dance,
Adieu mesure, adieu cadence,
Tambourins, hautbois, violons,
Puisqu'à la guerre nous allons.
Lebwohl o Hof, lebt wohl ihr Damen!
Lebt wohl ihr Mädchen und ihr Frauen!
Lebwohl sag ich für ein'ge Zeit,
Lebwohl du schöner Zeitvertreib;
Lebwohl o Ball, lebwohl o Tanz,
Lebwohl du Takt, lebwohl Kadenz,
Tamburin, Hoboe, Violin,
Weil in den Krieg wir ziehen hin.

Dieses alte Liedchen und die Miene, mit der es der Marschall hersagte, verursachten ein allgemeines heiteres Gelächter, wobei nur drei Personen eine Ausnahme machten.

»Herr Jesus«, fuhr er fort, »mir ist, als wär' ich erst siebzehnjährig, wie er; der wird uns recht mit Gold verbrämt zurückkommen, Madame; man muß jedenfalls seinen Stuhl unbesetzt lassen.«

Bei diesen Worten erblaßte die Marschallin plötzlich und stand, in Tränen zerfließend, vom Tische auf, was ein allgemeines Aufstehen zur Folge hatte; sie vermochte jedoch nur zwei Schritte zu tun und sank dann in einen anderen Lehnstuhl hin. Ihre Söhne, die Tochter und die Herzogin umringten sie alsbald voll lebhafter Besorgnis und wußten ihr endlich unter erstickten Seufzern und Tränen, die sie vergeblich zurückhalten wollte, die Worte abzugewinnen:

»Verzeihung! . . . meine Freunde . . . es ist eine Torheit . . . eine Kinderei . . . allein ich bin dermalen so schwach, daß ich ihrer nicht Herr werden konnte. Wir waren unser dreizehn bei Tisch und daran waren Sie schuld, meine liebe Herzogin. Es ist jedoch sehr unrecht von mir, in seiner Gegenwart so viel Schwäche zu zeigen. Leb wohl, mein Kind, reiche mir deine Stirn, damit ich sie küsse, und Gott geleite dich. Sei deines Namens und deines Vaters würdig.«

Unter Tränen lachend, wie Homer gesagt, stand sie dann auf und schob ihn vorwärts mit den Worten: »Jetzt fort und zeigt Euch mir auf dem Pferde, schöner Knappe!«

Der schweigsame Reisende küßte die Hand seiner Mutter und machte ihr eine tiefe Verbeugung; auch vor der Herzogin verneigte er sich, doch ohne die Augen aufzuschlagen; dann umarmte er seinen älteren Bruder, drückte dem Marschall die Hand und küßte die Stirn seiner Schwester, alles fast in einem Atemzuge, verließ den Saal und befand sich in einem Augenblick zu Pferde. Mit Ausnahme der Frau von Effiat, die noch immer schmerzlich bewegt in einem Lehnstuhle saß, drängte sich alles an die Fenster, die auf den Hof gingen.

»Er reist im Galopp ab. Das ist ein gutes Zeichen«, sagte lachend der Marschall.

»Ach Gott!« schrie die junge Prinzessin, vom Fenster zurücktretend.

»Was gibt es denn?« fragte die Mutter.

»Nichts, nichts«, antwortete Herr von Launay, »das Pferd Ihres Herrn Sohnes ist unter dem Torweg gestürzt; es hat sich unter seiner Hand jedoch schnell wieder aufgerichtet; schauen Sie, da jagt er schon auf der Landstraße dahin.«

»Wieder eine böse Vorbedeutung!« sagte die Marquise, sich in ihre Gemächer zurückziehend.

Schweigend oder sich nur leise äußernd folgte ein jeder ihrem Beispiel.

Der Tag schlich traurig hin, und bei der Abendtafel im Schloß Chaumont ging es äußerst schweigsam zu.

Um zehn Uhr begab sich der alte Marschall, von seinem Kammerdiener geführt, in den nördlichen Turm, der hart am Einfahrtstor und dem Flusse gegenüber lag. Es herrschte eine drückende Hitze; er öffnete das Fenster, hüllte sich in einen weiten seidenen Rock, stellte einen schweren Armleuchter auf einen der Tische und befahl seinem Diener, ihn allein zu lassen.

Sein Fenster ging ins freie Feld hinaus, über das der Mond nur ein ungewisses Licht ergoß; der Himmel überzog sich mit dicken Wolken und alles stimmte zur Melancholie. Obwohl in Bassompierres Charakter nichts Träumerisches lag, fiel ihm doch ein, welch sonderbare Wendung die Unterhaltung beim Mittagessen genommen hatte, und so begann er, sein ganzes Leben und die traurigen Veränderungen vor seiner Seele vorüberziehen zu lassen, welche die neue Regierung, eine Regierung, seit deren Bestehen ein Unglückswind für ihn zu wehen schien, in demselben hervorgerufen hatte; der Tod einer geliebten Schwester, der liederliche Lebenswandel seines Namenserben, der Verlust seiner Güter und seiner Gunst, der jüngsterfolgte Tod seines Freundes, des Marschalls von Effiat, dessen Zimmer er jetzt innehatte, alle diese Gedanken entrissen ihm unwillkürlich einen Seufzer und er legte sich ins Fenster, um freier zu atmen.

In diesem Augenblick glaubte er von der Waldseite her das Getrappel vieler Pferde zu hören, allein der zunehmende Wind brachte ihn bald von diesem Gedanken ab, und als plötzlich das ganze Geräusch verstummte, vergaß er es. Er schaute noch eine Weile lang nach den Lichtern im Schlosse hin, die, nachdem sie sich an den Bogenfenstern der Treppe hingewunden und durch Höfe und Ställe geschlichen, allmählich erloschen. In seinem großen, weichgepolsterten Lehnstuhl sitzend, stützte er dann den Ellbogen auf den Tisch und versank noch tiefer in seine Betrachtungen, bis er plötzlich ein Medaillon, das er an einem schwarzen Bande auf der Brust verborgen trug, hervorzog und in die Worte ausbrach:

»Komm', mein guter, alter Gebieter, komm' und plaudere mit mir, wie du so oft tatest! komm', großer König, vergiß deinen Hof beim Lächeln eines wahren Freundes; komm', großer Mann, und pflege Rats mit mir hinsichtlich des ehrgeizigen Österreichs; komm', unbeständiger Kavalier, und rede mir von der innigen Gemütlichkeit deiner Liebe und der redlichen Absicht deiner Untreue; komm', heldenmütiger Soldat, und rufe mir wieder zu, daß ich dich im Kampfe verdunkle; ach, warum habe ich es in Paris nicht getan! Warum habe nicht ich deine Wunden empfangen! Mit deinem Blute hat die Welt die Wohltaten deiner unterbrochenen Regierung verloren . . .«

Die Tränen des Marschalls trübten das Glas des großen Medaillons; er wischte sie mit ehrfurchtsvollen Küssen ab, als ein barsches Öffnen seiner Tür ihn zum Degen greifen ließ.

»Wer da?« rief er in einer Überraschung, die noch größer wurde, als er Herr von Launay erkannte, der mit dem Hut in der Hand gegen ihn vortrat und verlegen stammelte:

»Herr Marschall, mit schwerem Herzen sehe ich mich genötigt, Ihnen zu sagen, daß ich Sie im Auftrag des Königs verhaften soll. Eine Kutsche mit dreißig Musketieren des Kardinal-Herzogs erwartet Sie am Gittertor.«

Bassompierre war nicht aufgestanden und hielt das Medaillon immer noch in der linken, das Schwert in der rechten Hand; verächtlich reichte er letzteres dem Edelmanne mit den Worten:

»Mein Herr, ich weiß, daß ich zu lange gelebt habe, und daran dachte ich soeben; im Namen dieses großen Heinrich übergebe ich meinen Degen gelassen seinem Sohne. Folgen Sie mir.«

Er begleitete diese Worte mit einem so festen Blicke, daß de Launay ihm wie niedergedonnert und mit gesenktem Kopfe folgte, gleichsam als ob er von dem edlen Greis verhaftet worden wäre, der, eine Fackel ergreifend, in den Hof trat, woselbst er alle Türen offen und von berittener Wache, welche die Bewohner des Schlosses aufgeschreckt und im Namen des Königs Stille geboten hatte, besetzt fand. Der Wagen stand in Bereitschaft und fuhr, von vielen Reitern begleitet, eilig ab. Eingewiegt durch die Bewegung desselben, begann der Marschall an Herr von Launays Seite einzuschlafen, als plötzlich eine starke Stimme dem Kutscher Halt! zurief und, als dieser unbekümmert weiterfuhr, ein Pistolenschuß krachte . . . Jetzt hielten die Pferde an.

»Ich erkläre, mein Herr, daß dies ohne meine Beteiligung geschieht«, sagte Bassompierre.

Als er dann den Kopf über den Wagenschlag vorbog, bemerkte er, daß er sich in einem kleinen Gehölz und auf einem zu schmalen Wege befand, als daß die Pferde rechts oder links hätten auslenken können, was ein besonderer Vorteil für die Angreifenden war, da die Musketiere nicht vorrücken konnten, er suchte sich den Vorgang klarzumachen, als ein Ritter mit einem langen Degen in der Hand, womit er die Hiebe einer der Wachen parierte, sich dem Schlage näherte und rief: »Kommen Sie, kommen Sie, Herr Marschall

»Ei was! Sie sind's? Sie unbesonnener Henri, solche Streiche zu machen! Meine Herren, meine Herren, lassen Sie ab von ihm, er ist noch ein Kind.«

Und als de Launay den Musketieren zugerufen, von ihm abzustehen, hatte man Zeit, sich zu erkennen.

»Und wie zum Teufel kommen Sie hierher?« hob Bassompierre wieder an, »ich glaubte Sie in Tours und sogar weiter, wenn Sie Ihrer Pflicht nachgekommen wären, und jetzt sind Sie zurückgekommen, um eine Tollheit zu begehen.«

»Nicht ihretwegen kam ich allein hierher zurück, sondern einer geheimen Angelegenheit wegen«, entgegnete Cinq-Mars leiser; »aber da ich mir leicht denken kann, man werde sie in die Bastille führen, so bin ich überzeugt, daß Sie davon schweigen; sie ist ja der Tempel der Verschwiegenheit. – Wenn Sie indes gewollt hätten«, fuhr er ganz laut fort, »so hätte ich Sie in diesem Gehölz, wo ein Pferd sich nicht rühren kann, von den Herren da befreit; jetzt ist es nicht mehr Zeit dazu. Ich erfuhr den Schimpf, der durch eine solche Entführung aus meinem väterlichen Hause uns noch mehr als Ihnen angetan ist, von einem Bauer.«

»Es geschieht auf Befehl des Königs, mein Kind, und wir müssen seinen Willen ehren; behalten Sie dieses Feuer für seinen Dienst auf; ich danke Ihnen nichtsdestoweniger herzlich dafür; Ihre Hand! und lassen Sie mich diese hübsche Reise fortsetzen!«

Und de Launay fügte hinzu: »Es ist mir überdies gestattet, Ihnen zu sagen, Herr von Cinq-Mars, daß ich vom König selbst beauftragt bin, den Herrn Marschall seines innigsten Bedauerns über diesen Vorfall zu versichern und ihn zu bitten, sich für einige TageEr mußte zwölf Jahre dortbleiben. den Aufenthalt in der Bastille gefallen zu lassen, aus Furcht, er möchte zu einem ungesetzlichen Schritte verleitet werden.«

Lachend und besonders laut entgegnete Bassompierre: »Sie sehen, mein Freund, wie man die jungen Leute unter Vormundschaft setzt; deshalb seien Sie auf Ihrer Hut.«

»Wohlan, so sei es denn! Reisen Sie in Gottes Namen weiter«, sagte Henri, »gegen den Willen der Leute werde ich nie mehr den fahrenden Ritter spielen.«

Und während die Kutsche in schnellem Trabe fortfuhr, wandte er sich in das Gehölz und schlug einen Fußpfad zum Schlosse ein.

Am Fuße des westlichen Turmes hielt er still. Er war allein, Grandchamp und seinem kleinen Gefolge voraus und stieg nicht vom Pferde, sondern näherte sich der Mauer so, daß er sich mit seinem Stiefel anstemmen konnte, und hob dann im Erdgeschoß einen Jalousieladen in Form eines Fallgitters, wie man sie jetzt noch hie und da bei alten Gebäuden findet, auf.

Mitternacht war vorbei und der Mond hatte sich verborgen. Kein anderer als der Herr vom Hause hätte je den Weg durch eine so große Dunkelheit finden können. Die Türme und Dächer bildeten nur eine schwarze Masse, die kaum von dem etwas hellen Himmel abstach, im ganzen wieder zur Ruhe gekehrten Hause glänzte nirgend ein Licht. Unter einem breitkrämpigen Hute verborgen und in einen großen Mantel gehüllt, harrte Cinq-Mars voll Bangigkeit.

Auf was wartete er? Was war er zu suchen zurückgekehrt? Ein Wort von einer Stimme, die sich ganz leise hinter dem Fenster vernehmen ließ:

»Sind Sie's, Herr von Cinq-Mars?«

»Ach! wer sollte es sein? Wer sollte zurückkommen und gleich einem Übeltäter vor dem väterlichen Hause verweilen, ohne einzutreten und seiner Mutter noch ein Lebewohl zu sagen? Wer sollte wiederkommen, um sich über die Gegenwart zu beklagen, ohne etwas von der Zukunft zu erwarten, wenn nicht ich?«

Man konnte leicht hören, daß Tränen die Antwort der sanften Stimme begleiteten, die jetzt bebend sprach:

»Ach, Henri, worüber beklagen Sie sich? habe ich nicht mehr und weit mehr getan, als ich sollte? Ist es meine Schuld, wenn mein Unstern gewollt, daß ein souveräner Fürst mein Vater ward? Kann man seine Wiege wählen? Kann man sagen: Ich will als Hirtenkind zur Welt kommen? Sie kennen die ganze unglückselige Lage einer Prinzessin wohl; bei der Geburt nimmt man ihr das Herz; die ganze Welt weiß, wie alt sie ist, ein Vertrag tritt sie gleich einer Stadt ab und sie darf nie weinen. Was habe ich, seit ich Sie kenne, nicht getan, um mich dem Glücke zu nähern und von den Thronen fernzuhalten! Seit zwei Jahren hab' ich vergeblich gegen mein Mißgeschick, das mich von Ihnen trennt, und gegen Sie gekämpft, da Sie mich meinen Pflichten abtrünnig machen. Sie wissen wohl, ich wünschte, man möchte mich für tot halten; was sag' ich! hab' ich doch beinahe eine Revolution gewünscht. Vielleicht hätte ich den Schicksalsschlag, der mir meinen Rang genommen, gepriesen, wie ich Gott gedankt habe, als mein Vater gestürzt ward; allein der Hof staunt, die Königin verlangt mich, unsere Träume sind zerstoben, Henri, unser Schlaf hat zu lange gedauert; erwachen wir mutig, denken Sie nicht länger an die zwei schönen Jahre; vergessen Sie alles, um nur Sinn für unseren großen Entschluß zu haben; hegen Sie nur einen Gedanken, seien Sie ehrgeizig durch . . . ehrgeizig für mich . . .«

»So soll ich denn alles vergessen, o Marie!« sagte Cinq-Mars milde . . .

Sie zögerte mit der Antwort . . .

»Ja, alles, was ich selbst vergessen habe«, begann sie wieder. Und einen Augenblick nachher fuhr sie dann lebhaft fort:

»Ja, vergessen Sie unsere glücklichen Tage, unsere langen Abende und selbst die Spaziergänge am Teich und im Gehölze; aber gedenken Sie der Zukunft und jetzt reisen Sie. Ihr Vater war Marschall, werden Sie mehr, werden Sie Konnetabel, Prinz. Reisen Sie ab, Sie sind jung, edel, reich, tapfer, geliebt . . .«

»Auf immer?« fragte Henri.

»Auf Zeit und Ewigkeit!«

Cinq-Mars bebte und rief, die Hand aufhebend:

»Wohlan, so schwöre ich bei der heiligen Jungfrau, deren Namen Sie tragen, daß Sie die Meine sein werden, Marie, oder mein Kopf auf dem Schafotte fallen soll.«

»O Himmel, was sagen Sie!« rief sie, seine Hand mit ihrer weißen Hand, die sie zum Fenster hinausstreckte, ergreifend. »Nein, Ihre Anstrengungen sollen nie strafbar sein, das schwören Sie mir, Sie sollen nie vergessen, daß der König von Frankreich Ihr Herr ist; lieben Sie ihn über alles, nach derjenigen jedoch, die Ihnen alles opfern und Ihrer schmerzlich harren wird. Nehmen Sie dieses kleine goldene Kreuz, tragen Sie's auf Ihrem Herzen; es hat viele meiner Tränen empfangen. Denken Sie, daß wenn Sie sich je strafbar gegen den König finden ließen, ich noch viel bitterere vergießen würde. Geben Sie mir den Ring, den ich an Ihrem Finger sehe. O Gott! meine und Ihre Hand sind mit Blut gerötet!«

»Gleichviel, es ist nicht für Sie geflossen; haben Sie vor ungefähr einer Stunde nichts gehört?«

»Nein, aber hören sie jetzt nicht selbst etwas?«

»Nein, Marie, wenn nicht eine Nachteule auf dem Turm.«

»Man hat in unserer Nähe gesprochen, so viel ist gewiß. Aber woher kommt nur das Blut? Sagen Sie schnell, und dann fort.«

»Ja, ich gehe; soeben hüllt eine Wolke die Nacht wieder in tiefere Schatten. Lebe wohl, Engel des Himmels, ich werde zu dir beten, die Liebe hat den Ehrgeiz gleich einem brennenden Gift in mein Herz gegossen; ja, ich fühle es zum erstenmal, der Ehrgeiz kann durch seinen Zweck geadelt werden. Lebe wohl, ich gehe der Erfüllung meines Geschickes entgegen.«

»Lebe wohl! aber gedenke des meinen.«

»Können unsere Geschicke sich trennen?«

»Nie«, rief Marie, »der Tod trenne sie denn!«

»Ich fürchte die Abwesenheit noch mehr«, entgegnete Cinq-Mars.

»Lebe wohl! ich zittere! lebe wohl!« sagte die liebe Stimme, und langsam glitt das Fenster auf die beiden noch vereinten Hände nieder.

Das schwarze Pferd hatte sich indessen unablässig gebäumt und begann jetzt ungeduldig zu wiehern, besorgt gestattete ihm nun sein Herr, den Galopp anzuschlagen, und so befanden sie sich bald wieder in der Stadt Tours, welche die Türme von Saint Gratien von weitem ankündeten.

Nicht ohne Murren hatte der alte Grandchamp auf seinen jungen Herrn gewartet, und als er jetzt sah, daß dieser sich nicht zur Ruhe begeben wollte, begann er ihn auszuschelten. Das ganze Gefolge reiste dann ab und zog fünf Tage später still und ohne weitere Abenteuer in der alten Stadt Loudun in Poitou ein.



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