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Zwölftes Kapitel.

Die überaus starke Stellung der Amerikaner, die durch die Wegnahme des Hügels von Chatterton durch Rall nicht erschüttert worden war, das anhaltende Regenwetter der letzten Tage, die Unentschlossenheit im englischen Hauptquartier hatten einen Angriff von seiten der verbündeten Armeen verhindert und Washington Gelegenheit gegeben, sich geräuschlos zurückzuziehen, und mit seiner ganzen Armee in den Bergen von Connecticut zu verschwinden, wohin Sir William Howe ihm nicht zu folgen wagte.

Doch ehe der diesjährige Feldzug zu Ende geführt und die Winterquartiere bezogen wurden, wollte der Oberkommandierende noch einen Schlag führen und den Hudson durch Erstürmung des seine Mündung beherrschenden Forts Washington für die Schiffahrt frei machen.

Er hatte deshalb Befehl gegeben, das Fort zu nehmen, und die Leitung der Operationen dem General Knyphausen übertragen, der mit fünftausend Mann Hessen, unterstützt durch zwei englische Divisionen unter Lord Percy, den Angriff ausführen sollte. Die hessischen Regimenter hatten deshalb ein Lager bei Kingsbridge bezogen.

Die Amerikaner legten auf den Besitz des Forts, gerade weil es die Einfahrt in den Hudson beherrschte, großen Wert und hatten die Besatzung desselben auf dreitausend Mann verstärkt, auch es mit allen Hilfsmitteln, welche ihnen zu Gebote standen, uneinnehmbar zu machen versucht.

Das Fort war durch seine Befestigungen wie durch seine Lage sehr stark und wurde von einem entschlossenen amerikanischen Offizier, dem Obersten Magaw, verteidigt.

Da eine kurze Kanonade aus Feldgeschützen zu keinem Ziel geführt hatte und die englischen Schiffskanonen nicht wirksam eingreifen konnten, ward am 15. November 1776 der Befehl erteilt, am andern Tage zu stürmen. Die Ehre des Angriffs war den hessischen Regimenter zugewiesen worden, während die englischen Divisionen nur zu Demonstrationen und als allenfallsiger Sukkurs dienen sollten.

General Graf Knyphausen hatte seine Hessen in zwei Kolonnen geteilt, von welchen die eine unter Oberst Rall von rechts, d. i. vom Hudsonufer her, angreifen sollte, während die andere unter Generalmajor Schmidt von links den Sturm auf die ausgedehnten Vorwerke auszuführen hatte.

Es war ein kalter, feuchter Abend, der Abend des 15. November, und die Truppen lagerten fröstelnd, aber trotzdem guter Laune, in ihren Zelten oder um ihre Wachtfeuer.

Da saß Mutter Heisterhagen in ihrer leinwandnen Behausung und führte bei einem düster brennenden Kienspan, wie gewöhnlich am Abend, fleißig die Nadel, denn ein solcher Feldzug war der gefährlichste Feind der von ihr so sehr geschätzten »Propperté«, und ihre Dienste wurden nach dieser Richtung hin, besonders von den Offizieren, stark in Anspruch genommen.

Der Kienspan beleuchtete rötlich ihr so gutes und ehrliches Gesicht.

Neben ihr saß ihr Mann und las in seinem Gebetbuch.

Kein redlicher Kriegsmann ging ohne dies ins Feld, und nicht nur Gemeine und Unteroffiziere suchten Trost darin, – nein, – gleich ihnen auch die hohen und höchsten Offiziere, – das war Gebrauch beim deutschen Soldaten jener Zeit.

Der morgende Tag sollte den Tod von vielen dieser tapferen Männer sehen, denn der Angriff war schwierig und ungewöhnlich gefährlich. Gar mancher Soldat im hessischen Lager saß und betete in dieser Stunde wie der Sergeant.

Von draußen her tönte der Lärm des Lagers herein, aber im kleinen Zelte selbst war's ganz still.

Der Sergeant las andächtig in seinem Buche, und die Frau nähte emsig, dann und wann einen Blick auf das gebräunte Antlitz des Grenadiers werfend, der alle Liebe wiederstrahlte, die sie für den Gatten empfand.

Mutter Heisterhagen war nicht wenig stolz auf ihren Mann, der ihr als Inbegriff aller soldatischen und männlichen Tugenden erschien.

Der Sergeant betete jeden Abend, wenn es anging, aus seinem abgegriffenen Gebetbuch, welches er im Tornister mitführte, und absonderlich, wenn am andern Tage Bataille sein sollte, las er das »Gebet vor der Schlacht«, wie es einem frommen, redlichen Kriegsmanne geziemte.

Endlich klappte er sein Buch zu und sagte: »So, Mutter, jetzt bin ich vorbereitet. Wenn der Herr morgen ruft, sage ich getrosten Mutes: Hier! Sergeant Heisterhagen zur Stelle.«

Die beiden Leute hatten schon oft am Vorabend einer ernstlichen Bataille so zusammen gesessen, und wenn auch die Gefahren des folgenden Tages ihre Schatten vorher warfen, so war doch die natürliche Aufregung nicht nur bei dem schlachtgewohnten Soldaten, auch bei der Frau auf ein Mindermaß beschränkt, und um so mehr, als Heisterhagen fast stets, auch aus den blutigsten Affären unverwundet oder doch nur leicht verletzt zurückgekehrt war. Die Wunde, die er bei Flatbush empfing, hatte sich längst geschlossen.

Ja, die Alte ging oft mit bis in die Feuerlinie, wenn ihr Bataillon im Gefecht war, führte den Leuten Erfrischungen zu und verband selbst Verwundete, wenn der Feldscheer fehlte.

Mutter Heisterhagen wurde auch allgemein von den Soldaten verehrt, und selbst die Generale kannten und schätzten die einfache Frau.

Auf das Wort ihres Mannes entgegnete sie: »Na, Fritz, der liebe Gott wird schon seine Hand halten.«

»Wie er will, Mutter, wir können nicht mehr als unsere Pflicht tun.«

Der Zeltvorhang wurde gelüftet, und Hans Rübenkönigs frische Stimme fragte: »Darf man eintreten, Mutter Heisterhagen?«

»Komm' herein, Junge.«

Hans trat ein.

»Ich wollte nur einmal nachfragen, ob die Frau Mutter nicht noch einen Bissen für einen halb verhungerten Jäger übrig hat, bei uns geht's etwas knapp zu?«

»Ja, und dann ist Mutter Heisterhagen gut genug, nicht wahr?«

»O, Frau Sergeantin, ich habe Euch erst vorige Woche einen Truthahn, den ich geschossen hatte, für Eure Küche geliefert,« entgegnete Hans und blinzelte dem Sergeanten zu.

»Ja, und den Truthahn werde ich ja wohl bei jeder Gelegenheit zu hören bekommen, wenn ein Angriff auf meine Speisekammer gemacht werden soll.«

»Aber, Mutter Heisterhagen –.«

»Ja, ja, ich kenne solche Manöver. Na, Bursche, etwas ist noch immer da,« und sie reichte ihm freundlich Brot und Fleisch, welches sich der hungrige Jäger munden ließ.

Der Sergeant rauchte behaglich seine Pfeife.

»Wo hat Er denn seinen Wilden, Hans? Man sieht Ihn ja sonst ohne den gar nicht.«

»Weiß nicht, wo der braune Bursche sich herumtreibt. Heute morgen haben wir ein wenig nach dem Fort hin rekognosziert. Das wird ein böses Stück Arbeit geben, Sergeant.«

»Ich weiß es,« entgegnete dieser ruhig.

»Betet Er denn auch, Hans?« fragte jetzt die Frau.

»Ja, Mutter Heisterhagen, manchmal, manchmal vergesse ich es aber auch,« gestand Hans treuherzig.

»Ein rechter Soldat soll's nie vergessen.«

»Sie hat ganz Recht, Mutter. Jedesmal am Vorabend einer Schlacht muß ich an meine gute Alte denken, an Kassel und das Ahnaberger Tor, und da sollte ich auch den lieben Gott nicht vergessen. Es ist doch ganz eigentümlich, wie einem so die Gedanken kommen.«

»Das ist immer so,« sagte der Sergeant. »Wenn für den andern Tag eine Bataille befohlen ist, so sieht man am Abend vorher alles vor sich, woran man sonst nicht denkt, und sieht auch manchmal Dinge von ganz absonderlicher Art. Da können die alten Soldaten wunderliche Sachen erzählen.

War zum Beispiel der Feldwebel Kleinschmidt beim Regiment Donop, mit dem ich noch im siebenjährigen Kriege diente, der sah vor jeder Affäre, auch wenn wir am Abend vorher noch keine Ahnung davon hatten, daß es andern Tages etwas geben würde, ein kleines rotgekleidetes Männchen, und wenn er das erblickte, dann wußten wir Grenadiere ganz sicher, am andern Tage kommen wir ins Gefecht. Der Kleinschmidt saß vielleicht ganz ruhig beim Wachtfeuer und plauderte, plötzlich wurde sein Auge starr und der ganze Mann bewegungslos, das dauerte so eine halbe Minute, dann war er wieder wie vorher. Wir wußten aber, er hatte sein rotes Männchen vorüber schreiten sehen. Am Abend vor Minden kam's wieder über ihn, und hernach sagte er wehmütig: »Morgen trifft's mich, Kinder, heute war er schwarz gekleidet und sah ganz traurig aus.« Und richtig so war's, am andern Tage biß er ins Gras. Ja, es gibt wunderliche Dinge in der Welt, die kein Mensch begreifen kann.

»Guten Abend!« erklang da des Sergeanten Rübenkönig Stimme, der am Zeltvorhang der Erzählung seines Kameraden gelauscht hatte.

»Herein, Heinrich,« sagte Heisterhagen, »was gibt's Neues bei den Vorposten?«

»Alles ruhig.«

Rübenkönig, der mit Heisterhagen das Zelt teilte, während die Sergeantin in einem kleinen Nebenzelte schlief, stellte sein Gewehr ab und entledigte sich der Mütze und des Tornisters.

»Sein Essen habe ich ihm aufbewahrt, Rübenkönig,« sagte die Frau.

Dieser, der den Tag über Vorposten getan hatte und eben abgelöst worden war, winkte ab: »Ich danke, ich habe draußen mein Abendbrot verzehrt,« damit setzte er sich neben seinen Bruder, dem er die Hand schüttelte, nieder.

Nach einer Weile sagte er: »Ja, es ist ein eigenes Ding um Vorgesichte, und der liebe Gott schickt sie uns entweder als Warnung vor Gefahr, oder damit wir uns auf einen ehrlichen Soldatentod vorbereiten sollen.

Ich war als vierzehnjähriger Junge einmal auf den Bilstein gegangen, um Haselnüsse zu sammeln, und hatte die Nacht hereinbrechen lassen, ehe ich den Rückweg suchte. Es war bei bedecktem Himmel, stockdunkel im Walde, kein Stern leuchtete, und ich mußte meinen Weg nach Besse hinunter tasten.

So war ich eine Weile mühselig durch das Holz gestolpert, als ich mit einem Male deutlich, ganz deutlich, die Stimme meiner Mutter vernahm: Zurück! Zurück!

Ich erschrak und blieb auf der Stelle, wo ich war, liegen bis zum Morgen und sah, sobald es hell wurde, daß ich nicht zwei Schritte von dem furchtbaren Absturz entfernt die Nacht zugebracht hatte. Als ich nach Hause kam, erfragte ich von der Mutter, ob sie gestern Abend nach Dunkelwerden an mich gedacht habe. Sie erzählte mir, daß sie, weil ich mit der Nacht nicht zu Hause gewesen sei, eine furchtbare Angst um mich befallen, und sie unaufhörlich zu Gott gefleht habe, mich zu beschützen. Dieser hatte die Warnungsstimme bis zu meinem Ohr gelangen lassen.«

»Ja, es ist ein langes Kapitel von solchen Ahnungen und Vorgefühlen und solchen Warnungsstimmen und nur ein Beweis, daß es Dinge gibt, die kein Gelehrter erklären kann. Anno neunundfünfzig wohnte in Kassel am Markt die verwitwete Frau Oberst von Kochenhausen. Am Abend des 1. August saßen die Köchin, der Kutscher mit noch mehr Dienerschaft vor der Tür und im Hausflur, als mit einem Male der junge Leutnant von Kochenhausen, der bei den Grenadieren von Ditfurth diente, zwischen ihnen hindurch ging, und, ohne sie zu beachten, die Treppe hinaufschritt, – sie haben ihn alle deutlich gesehen. Eine Weile später gingen sie nach, – aber keine Spur vom jungen Kochenhausen war zu finden. Die Mutter, welche nichts erblickt hatte, faßte Todesschrecken, als ihr die Leute ihr Gesicht erzählten. Drei Tage darauf war die Nachricht da, daß er am 1. August bei Minden gefallen und am Abend gestorben sei.«

»Na,« sagte die derbe Sergeantin, »das sind nun eigentlich keine Gespräche vor einer Bataille. Hast du auch schon Ahnungen gehabt, Hans?«

»Nein,« entgegnete dieser, »bis jetzt noch nicht. Ich denke, wenn's kommen soll, kommt's, der liebe Gott wird schon wissen, wann's Zeit ist.«

»Das meine ich auch, Junge. Und nun legt Euch schlafen, damit Ihr morgen munter seid. Gute Nacht!«

Damit nahm sie ihre Arbeit, und zog sich nach ihrer Schlafstätte zurück. Hans verabschiedete sich und Heisterhagen streckte sich auf seinem Strohlager aus.

Rübenkönig aber holte sein Gebetbuch hervor und saß noch eine Weile neben dem brennenden Kienspan, bis auch er endlich die Ruhe suchte.

*

Der Morgen des 16. November dämmerte herauf. Blutrot entstieg der Sonnenball dem Ozean, mit seinem Licht den Nebel, der das Gefilde deckte, schwach nur durchdringend.

Fünftausend der tapfersten Krieger, welche die Welt jemals gesehen hat, es waren Männer deutschen Stammes, standen in Schlachtordnung, um den Sturm auf Fort Washington zu beginnen.

Leise verhallte die feierliche Weise eines Chorals, welchen die Hoboisten der Grenadiere bliesen, in der stillen Morgenluft.

Schon vor Tagesanbruch waren die hessischen Regimenter über die Königsbrücken gegangen, um sich zu dem blutigen Tagewerke anzuschicken, und harrten jetzt des Zeichens zum Angriff.

Dreitausend tapfere Amerikaner lagen in ihrer größeren Zahl in den vorgeschobenen Linien, zu denen der Zugang durch Sumpf, Wald und Feld, wie durch künstlich geschaffene Hindernisse überaus schwierig gemacht worden war.

Acht Bataillone Hessen und das Bataillon Waldecker waren zum Sturm bereit.

Von Norden her sollten die Sturmkolonnen unter General Schmidt angreifen, bei denen auch Knyphausen weilte. Fernhin zeigten sich, als der Morgennebel sank, die englischen Truppen.

Rall hatte man, eingedenk seiner glorreichen Erstürmung des Chattertoner Hügels, den Befehl über die rechtsseitige Sturmkolonne übertragen.

Da standen sie, die Tapferen, bereit, ihre Brust dem Kartätschenhagel entgegenzuwerfen, – am Ufer des schönen Hudson, aber Stunde auf Stunde verging, und das Zeichen zum Angriff ward nicht gegeben.

Der Truppen bemächtigte sich eine zornige Ungeduld.

Die englische Brigade, welche den Hudson herab erwartet wurde, hatte ihre Stellung noch nicht eingenommen, und ehe dies geschehen, durfte der Angriff nicht beginnen.

Oberst Rall hielt mit einer Anzahl seiner Offiziere vor der Front seiner Grenadiere. Die Jäger, welche den Angriff eröffnen sollten, waren weiter nach dem Feinde zu vorgeschoben.

»Es wird ein heißer Tag werden, meine Herren,« sagte Rall. »Ich hätte die Schlucht, welche wir zu passieren haben, gern mit eigenen Augen gemessen, aber die Kerls machten ja von drüben her ein Feuer, daß es unmöglich war, nahe genug heran zu kommen.«

»Unsere indianischen Führer haben sie gestern durchforscht, Herr Oberst,« bemerkte Ewald.

»Lassen Sie mir doch den roten Kerl mal kommen, Hauptmann.«

Es ward sofort nach Hotspur geschickt, welcher sich bei den Jägern befand.

Rasch erschien der Mohawk und trat in würdevoller Haltung vor den Oberst.

»Hast du die Schlucht durchforscht, Indianer, die dort hinter dem Walde sich einsenkt?« fragte Rall.

»Hotspur war darin.«

»Ist sie zu passieren? das heißt,« setzte er, um dem Indianer verständlicher zu sein, hinzu: »ist es leicht, hinüber zu kommen.«

Ueber des Indianers ernstes Gesicht flog ein leichter Ausdruck des Staunens. »Hat der Hessian Flügel?« fragte er.

»Was heißt das, Indianer?«

»Hotspur leichter Fuß, Mocassin,« er deutete mit dem Finger auf seine aus weichem Hirschleder gefertigte Fußkleidung –, »er klettert hinab, klettert hinauf – wie Eichhorn – Hessian nicht Eichhorn, er nicht klettern – er müssen fliegen.«

»Wenn du durch die Schlucht gekommen bist, Rothaut, so kommen meine Kerls auch durch. So ein hessischer Grenadier reißt einen Eichbaum um oder kriecht durch ein Mauseloch, ganz wie's befohlen wird.« Die letzten Worte hatte er absichtlich deutsch gesprochen. Die Grenadiere brachen in jubelndes Lachen aus. Er verabschiedete Hotspur mit einer Handbewegung. »Ich danke dir, Indianer.«

Hotspur sagte noch zu Ewald: »Es ganz vergeblich, er kommen nicht hinüber.« Damit ging er zu den Jägern zurück.

Die Stunde rückte vor, immer unruhiger wurden die kampfeslustigen Truppen durch das Hinauszögern des Angriffes.

Von der linken Seite dröhnte Kanonendonner herüber, die Angriffskolonne, dort ebenfalls zum Warten verdammt, hatte sich in einen Geschützkampf mit dem Fort eingelassen. Auch die auf dem Strome liegende Fregatte sandte von Zeit zu Zeit einen Eisenball nach den hochliegenden Festungswerken.

So war es gegen 11 Uhr geworden, als vom Hudson her drei rasch einander folgende Kanonenschüsse krachten, zum Zeichen, daß General Matthew, der in Booten den Strom herabgekommen war, endlich seine Stellung eingenommen hatte.

Der Angriff konnte beginnen. Avance! sagte Rall und zog den Degen.

Die Offiziere begaben sich zu den Truppen, die Signalhörner bliesen, und flinken Schrittes drangen bereits die Jäger als die ersten vor, die waldige Anhöhe, welche ihnen den Anblick des Forts und der Redoute, welcher hauptsächlich der Angriff galt, verbarg, hinan.

Vor dem Walde mußten alle berittenen Offiziere die Pferde verlassen.

Dieser war sumpfig, schwer zu passieren, bis ans Knie und tiefer sanken die Leute ein, wateten durch Lachen schmutzigen Wassers, überkletterten gefallene Baumreihen unter großen Anstrengungen.

Unaufhörlich feuerte Rall die Seinen an: » Avance! Vorwärts, Grenadiers!«

Größere Kraftaufbietung erforderte noch der dicht verschlungene Waldsaum, der vom Feinde mit schwer hinwegzuräumenden Verhauen durchsetzt war – aber auch diese Hindernisse wurden überwunden, und heraustretend unter den alten Bäumen, auf einer mit Gras und kurzem Buschwerk besetzten Fläche angelangt, sahen sie vor sich eine tiefe Felsschlucht, welche ein Bach durchströmte, dessen Wasser dem Hudson zueilte, und jenseits derselben Schützengräben, Verhaue, die mit Kanonen besetzte Redoute, und dahinter in weiter Entfernung das Hauptfort.

Als die ganze Brigade zum Walde herausgetreten war, rief Rall: »Laßt die rebellischen Hunde hören, Kinder, daß wir da sind.«

Dreimal erschütterte das gellende »Schurri!« die Luft, alle Tambours schlugen an, und alle Hornisten bliesen.

Augenblicklich begann drüben das Feuer aus Kanonen und Büchsen.

Aber so wenig war von dieser Seite ein ernstlicher Angriff erwartet worden, daß bei dem Erscheinen der Hessen rasch einige Hundert aus dem Fort gezogene Scharfschützen zur Verstärkung der vorgeschobenen Linien herbeieilten.

Das Bataillon Köhler und die tapferen Waldecker breiteten sich rechts und links aus und begannen das Feuer zu erwidern. Sie waren bestimmt, zunächst durch ihr Eingreifen den Uebergang der anderen zu decken. Doch vermochten sie den gutgeschützten Amerikanern wenig Schaden zuzufügen.

Jetzt sauste auch Kartätschenhagel herüber.

» Avance! Avance!«

Schon stiegen die Jäger, ihre Offiziere Ewald, Lorey, Reizenstein voran, in die Schlucht hinab.

Mit maßlosem Staunen sahen die Indianer, daß die Truppen sich wirklich anschickten, durch diese Schlucht unter dem starken Feuer des Feindes zum Angriff zu schreiten.

Zwei Jäger stürzten ausgleitend in die Tiefe und lagen zerschmettert unten.

»Er hinab kommen rasch genug,« sagte Hotspur bei diesem Anblick zu Hans, »aber, wie er hinauf kommen?«

»Vorwärts!«

Hotspur und Hans begannen hinabzusteigen. Fuß für Fuß mußten sie sorgfältig setzen, für jeden einen Halt suchend, mit den Händen sich an Sträuchern haltend oder die Finger in die Felsritzen bohrend.

Wiederum stürzten drei Jäger hinab in die Tiefe, zwei von Schüssen des Feindes getroffen, einer auf glattem Felsstein ausgleitend. Kugeln sausten um sie herum, sich am Fels abplattend.

Endlich waren die Jäger unten, zweiundzwanzig hatten den Tod gefunden. Ewald ließ einen Augenblick Halt machen, hier waren sie vor dem Feinde geschützt. Ueber sie hin wogte das starke Feuergefecht.

Kein Kugelregen hielt diese Männer zurück, kein Schrecknis der Natur schüchterte sie ein.

Jetzt begannen auch die Grenadiere den Abstieg.

Sie hielten sich gegenseitig an Bandelieren und Gewehren. Viele von ihnen stürzten und fanden so den Tod, andere erreichte die Feindeskugel, Rall war mitten zwischen ihnen den Degen in der Faust.

Mühevoll, mit zerschundenen Gliedern, aber sonst unverletzt, langten auch Heisterhagen und Rübenkönig unten an. Die ganze Felsseite wimmelte von Grenadieren und Füsilieren, nur gedeckt durch das starke Feuer der oben liegenden Bataillone.

Schon begannen die Jäger, welche den Bach durchwatet hatten, Ewald und Reizenstein voran, denen Hans und Hotspur folgten, an den Felsen emporzusteigen.

Gleich Katzen kletterten sie höher – immer höher; mancher stürzte zurück in die Tiefe, aber aufwärts stiegen die andern.

»Vorwärts! Grenadiers! Vorwärts!« schrie Rall und begann ebenfalls hinauf zu klettern. Die Grenadiere folgten dem Beispiel des kühnen Führers. Unaufhörlich feuerten die Amerikaner, nur mit Mühe von den Bataillonen drüben vom Rande der Schlucht zurückgehalten.

Höher und höher gelangen die Hessen. Rottenweise stürzen Grenadiere in die Tiefe, aber kein Augenblick des Stockens tritt ein.

Wie sie herabgekommen sind, steigen sie aufwärts, sich gegenseitig stützend, hebend, am Bandelier oder Gewehr sich empor ziehend, aber hinauf kommen sie, welche Opfer auch der Aufstieg kostet.

» Avance! Avance!« donnert von Zeit zu Zeit Ralls Löwenstimme durch die Schlucht.

Heisterhagen und Heinrich Rübenkönig klettern neben einander in die Höhe.

Heisterhagen kommt ins Wanken, ein kleiner Strauch, den seine Hand ergriffen hatte, löste sich vom Fels, blitzschnell faßt Rübenkönigs eiserne Faust sein Bandelier, der Fuß Heisterhagens gleitet aus, die wild umherfahrende Hand findet keinen Halt, unmöglich ist's, den schweren Mann mit einer Hand auf diesem jäh ansteigenden Pfad zu halten, das Bandelier entgleitet Rübenkönigs Hand, und mit gellendem Todesschrei stürzt der Sergeant in die Tiefe. Rübenkönig hält sich mühsam, ein Mitleidsblick folgt dem Freunde – dann klettert er weiter.

Die ersten Jäger, Ewald, Hugo, Bickel, Hans, der leichtfüßige Indianer, zehn andere sind oben. Feuer begrüßt sie, sie werfen sich hinter Felsstücke und lassen die Büchsen krachen – Mann auf Mann schwingt sich herauf. Jetzt bricht der Feind hervor, um sie in die Schlucht hinabzuwerfen, wohlgezielte Schüsse der Jäger, eine Salve des Bataillons Köhler lassen sie stutzen.

» Avance! Avance!« ruft Rall, und es erscheinen endlich Grenadiermützen über der Schlucht, Rübenkönig ist einer der ersten von allen. Die Jäger haben einen schweren Stand, sie müssen zum Hirschfänger greifen, aber sie weichen nicht. Hotspurs Streitaxt wirbelt unaufhörlich in der Luft, im dichtesten Gedränge, an Hans' Seite.

Ewald, den Säbel in kräftiger Hand führend und seine Leute zum Ausharren ermutigend, focht in erster Reihe. Die Jäger neben ihm wurden durch den starken Anprall zurückgedrängt, und der Hauptmann stand einen Augenblick allein im wütenden Handgemenge. Einem mit dem Kolben der langen Rifle nach ihm geführten Schlag wich er aus und rannte dem Gegner den Säbel in den Leib, als vier kräftige Fäuste ihn faßten, um ihn, den tapferen Führer, in die Reihen der Amerikaner zu ziehen. Dies sah Hans, der sich soeben einige Gegner mit blitzschnellen Stößen seines Hirschfängers vom Leibe gehalten hatte, so daß diese entsetzt vor der tollen Kampfeswut des mit blitzenden Augen wie ein Berserker fechtenden Jünglings zurückwichen. »Der Hauptmann!« rief er mit gellender Stimme, und er sprang vor, gewandt wie ein Aal sich durch die gedrängten Kämpfer windend; sein Hirschfänger traf den Arm, der den sich mit der Kraft der Verzweiflung wehrenden Hauptmann gefaßt hatte, die Hand ließ los, und nun sich zwischen den Amerikaner und Ewald werfend und den Feind zurückdrängend, rannte er dem andern, der seinen Offizier noch gefaßt hielt, den Hirschfänger in die Seite.

Dies machte Ewald frei und schaffte vor ihm Luft. Jetzt war auch Hotspur da, und andere Jäger, welche die Gefahr, welche den geliebten Führer bedrohte, gewahrt hatten, drängten heran und brauchten nachdrücklich ihre Waffen.

Die Jäger hatten dem wütenden Anprall gestanden.

Doch jetzt stürzen schon die Grenadiere mit dem Bajonett heran und werfen sich ins Gewühl. Immer mehr und mehr. Es sind die von Rall, und der Oberst schwingt selbst den Säbel.

Zahlreich drängen sie auf die tapfer fechtenden Amerikaner ein.

Drüben steigen die Waldecker unter Führung des tapferen Hacken und des Oberst Hanxleden herab, das Bataillon Köhler kann in das Gemisch von Freund und Feind nicht mehr feuern.

Es ist ein furchtbares Durcheinander, die Grenadierbajonetts röten sich im Feindesblut.

Unterdes hat sich das Bataillon Loßberg schnell und ruhig geordnet und mit schlagenden Tambours, blasenden Hornisten und wehender Fahne rückt es im Sturmschritt heran.

Bei diesem Anblick bemächtigt sich der Amerikaner ein wilder Schrecken, und in toller Flucht, jede Verteidigung aufgebend, stürzen sie zurück, selbst die Besatzung der Redoute verläßt diese und ihre Geschütze eilig, und alles sucht Rettung im eigentlichen Fort.

Das für unmöglich Gehaltene war geschehen, die Hessen hatten unter dem Feuer des Feindes die steilen Felsen erstiegen.

Mit derselben Energie leiteten Schmidt und Knyphausen den Angriff auf der andern Seite des Forts. Mit gleichem Todesmut hatten ihre Bataillone auch dort alle Hindernisse unter dem feindlichen Feuer überwunden.

Der kleine General hatte mitten unter seinen Grenadieren im dichtesten Kugelregen mit eigner Hand geholfen, Balken und Verhaue hinwegzuräumen, welche der Feind den Stürmenden als todbringende Hindernisse in den Weg gelegt hatte.

Oberst Rall, dessen sämtliche noch kampffähige Truppen jetzt vor dem Fort standen, hatte Halt blasen lassen und überschaute das Schlachtfeld. Der Angriff der linken Kolonne schien mit demselben Erfolge gekrönt zu sein, das Feuer war drüben auch verstummt, flüchtende Haufen eilten dort nach dem Fort zu, alles schien sich in dasselbe als letzte Zuflucht retten zu wollen.

Er sandte Hauptmann von Hohenhausen mit einer weißen Fahne und von einem Hornisten begleitet nach dem Fort mit der Aufforderung, sich zu ergeben.

Hohenhausen wurde auch eingelassen, das Feuer war überall eingestellt.

Von links her erschien jetzt General Knyphausen, so ruhig und eisern wie nur je, unter den ihm folgenden Offizieren war auch Schallern, dessen Auge besorgt die Jäger suchte.

Rall schritt dem General entgegen, während die Truppen ihm zujubelten.

Mit warmer Herzlichkeit schüttelte der General dem Oberst die Hand. »Gut gemacht, Rall, ich bin zufrieden! Brav, Kinder, brav!« rief er den Soldaten zu, und ein brausendes »Vivat Knyphausen!« dankte für den Lobspruch.

Schallern hatte die Jäger erblickt und ging auf sie zu, als auch Hugo ihm schon entgegeneilte.

»Gott sei Dank!« sagte Schallern, »du bist ja unverletzt.«

»Und du, Albrecht?« Reizenstein blickte besorgt auf das Taschentuch, welches sich der Freund um den Kopf gebunden hatte, unter dem einige Blutstropfen hervordrangen.

»Bah – nichts, Hugo, – ein Streifschuß. Der Kerl meinte es gut, aber die Schallern haben dicke Schädel.«

Indem kam Hohenhausen zurück und meldete dem General, daß der zur Uebergabe aufgeforderte Oberst Makaw vier Stunden Bedenkzeit verlange.

Der General entgegnete: »Eine halbe Stunde gewähre ich ihm, nicht mehr. Gehen Sie zurück, Hohenhausen, und sagen Sie ihm das. Hier nehme ich meine Uhr,« und er zog sie aus der Tasche, »wenn in einer halben Stunde nicht die weiße Fahne weht, lasse ich stürmen – dann aber auch alles über die Klinge springen.«

Der kleine eiserne Mann sagte das so ruhig und doch so nachdrücklich, daß jeder Hörer fühlte, welch' furchtbarer Ernst in den Worten lag.

Hohenhausen ging ins Fort zurück, auf welches aller Blicke jetzt gerichtet waren, und noch ehe der Zeiger von Kuyphausens Uhr viel weiter gerückt war, erschien vom gellenden »Schurri!« aller Truppen ringsum begrüßt die weiße Fahne über dem Wall, und Oberst Makaw kam, begleitet von seinem Stabe, heraus, sich dem Sieger zu unterwerfen. Mit zuvorkommender Höflichkeit schritten ihm die Kommandeure entgegen, und Knyphausen begrüßte den sehr niedergeschlagen dreinschauenden amerikanischen Offizier mit ritterlicher Courtoisie, gab ihm seinen Degen, den er ihm überreicht hatte, zurück und stellte ihm die hessischen Offiziere, welche um ihn standen, vor.

»Kriegsglück, Herr Oberst,« sagte der General, »Sie haben getan, was ein einsichtsvoller und tapferer Offizier tun konnte, das wird die Geschichte nicht vergessen.«

Mit einem leichten Seufzer entgegnete der Oberst Makaw: »Möge Ihr Urteil, Exzellenz, auch das Urteil der Mit- und Nachwelt sein, aber – gegen solche Truppen ist nicht zu kämpfen.«

Die hessischen Bataillone formierten sich jetzt vor dem Eingang des Forts in Paradestellung, und ließen mit präsentiertem Gewehr die Amerikaner, die übel genug aussahen, an sich vorüber ziehen, welche dann vor Knyphausen defilierten, ihre Fahnen zu seinen Füßen niederlegten und weiterhin die Waffen streckten.

Zweitausend neunhundert Mann wurden gefangen genommen, acht Fahnen und zweiundvierzig Geschütze erbeutet.

Der Verlust der Hessen war groß, er betrug bei einem Angriff, der kaum eine halbe Stunde gedauert hatte, mehr als vierhundert Mann Tote.

So endete eine der glänzendsten Waffentaten, welche die Kriegsgeschichte kennt.

Die Truppen selbst legten, weil sie nicht mit der Muskete in der Faust das Fort erstürmt hatten, der Affaire keinen besonderen Wert bei, für sie war das kein richtiger Sturmangriff.

Diese unvergleichlichen Soldaten hatten nicht den seelischen Ansporn, den das Bewußtsein gibt, für das Vaterland, seine Freiheit, für Weib und Kind zu fechten, aber sie kämpften, treu ihrem Eide, als tapfere Männer und echte Deutsche für den Ruhm ihrer Fahnen.

Groß war die Anerkennung für diese Ruhmestat von Seiten der Engländer, die, selbst tapfere Männer, die Tapferkeit der Hessen edel und neidlos rühmten.

Sir William erließ einen Armeebefehl, in welchem den hessischen Verbündeten für ihre glorreiche Waffentat hohes Lob gespendet wurde, und der Name Fort Washington ward zu Ehren der Helden des Tages in Fort Knyphausen umgewandelt.

Eine kleine Besatzung ward in dem eroberten Fort gelassen, der übrige Teil der Armee kehrte ins Lager zurück.

Die Verwundeten waren sofort aufgelesen und ärztlicher Pflege übergeben worden und ein Offizier abkommandiert, um die Bestattung der Gefallenen vornehmen zu lassen.

Die beiden Rübenkönigs, gefolgt von einigen Grenadieren von Rall, schlossen sich dem Detachement an, um die Leiche Heisterhagens zu suchen.

Sie fanden sie bald. Vom jähen Sturze war dem Sergeanten das Haupt zerschmettert worden.

Sie trugen den Toten den Bach entlang zu dem unfernen Ufer des Hudson und gruben ihm dort das Grab, dann steckten sie ein rasch aus Holz gefertigtes Kreuz zu seinen Häupten auf, sprachen ein stilles Gebet und gingen zu ihren Truppenteilen zurück.

Heinrich Rübenkönig übernahm die schwierige Mission, der Frau Mitteilung von dem Tode ihres Mannes zu machen.

Sie weinte nicht, als die Trauerbotschaft ihr Ohr berührte – aber in Auge und Antlitz zog eine Starrheit ein, die mehr Schmerz ausdrückte als die leidenschaftlichsten Ausbrüche. Sie nahm wie mechanisch ihr Tuch, warf es um die Schultern und sagte: »Wo?«

Hans führte sie dann zu dem frischen Grabe, der Indianer folgte.

Dort setzte sich die Frau neben dem kleinen Kreuze nieder und sah still und starr mit gefalteten Händen vor sich hin.

Hans ging endlich, da ihn der Dienst rief, aber der Indianer blieb und verharrte, den tränenlosen Schmerz der Frau würdigend, so regungslos wie sie selbst am Fuße des Grabes.

So saß die Sergeantin noch, als die Sonne aufging, da.

Oberst Rall, der die Heisterhagin schätzte, und ein wohlwollendes Herz hatte, ward gerührt, als er von dem stummen Schmerz der Frau erfuhr, und begab sich nach dem Grabe.

Dort saß sie jetzt allein, regungslos, mit Sonnenaufgang war auch der Indianer geschieden.

»Frau Heisterhagen,« redete er sie an, »Sie kann hier nicht sitzen bleiben. Ihren Mann hat das Los getroffen, das uns alle täglich treffen kann, er ist gestorben wie ein tapferer Soldat.«

»Das ist er,« sagte die Frau jetzt langsam, »er war der beste und tapferste Mann in der Armee und der treueste und zärtlichste Gatte.«

Sie hüllte ihr Gesicht in die Schürze, und endlich fand der Schmerz Luft in einem Strom von Tränen.

Nach einer Weile, er respektierte das tiefe Leid der Frau, fragte er in einem rauhen Tone, der die Weichheit verbergen sollte, die ihm ins Herz zog: »Was will Sie denn nun beginnen, Frau? Will Sie nach Hause, oder will Sie bei der Armee bleiben?«

»Ich bleibe beim Bataillon, Herr Oberst.«

»Gut, und da Sie Disziplin kennt, so befehle ich Ihr, sich Punkt zwölf Uhr bei mir zu melden.«

Die Sergeantin nickte.

Der Oberst wußte, wie er mit der alten Soldatenfrau umzugehen hatte.

»Und nun fasse Sie sich. Heisterhagin, es würde dem, der da ruht, gar nicht gefallen, wenn seine brave Sergeantin so den Kopf hängen ließe.«

Damit ging der Oberst.

Die Frau neigte sich über das Grab: »Du warst der schönste, beste und tapferste Mann, den je die Erde getragen hat. Warte auf mich, Fritz, ich komme bald.«

Dann ging sie langsamen Schrittes dem Lager zu, und Schlag zwölf Uhr meldete sie sich »zur Stelle« nach Soldatenbrauch.


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