Franz Treller
Der Gefangene der Aimaràs
Franz Treller

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Don Eugenios Vater

Carlos de Valla ging langsam, in tiefes Sinnen versunken, in seinem Arbeitszimmer auf und ab. Seine Mienen waren zerfurcht; eine drohende Falte stand zwischen den Augen, in denen ein dunkles Feuer glühte. Er hatte Grund, düster zu blicken, der Herr Staatsminister; dunkle Wolken hatten sich am Horizont zusammengezogen. Alles, was er in einem wilden, abenteuerlichen, durch Höhen und Tiefen geschleuderten Leben zusammengetragen und für alle Zukunft gesichert zu haben glaubte, war plötzlich in Gefahr.

Carlos de Valla hatte eine phantastische Laufbahn hinter sich. Er entstammte einer sehr alten und sehr reichen spanischen Familie; schon als ganz junger Mann war er der unbeschränkte Erbe eines riesigen Vermögens. Aber das Geld war in seiner Hand zerronnen wie Spreu; eines Tages war er ein Bettler. Damals begann die Erhebung der Kolonie gegen das spanische Mutterland. De Valla stellte sich auf Spaniens Seite und kämpfte bald als Offizier, bald als Führer einer unabhängigen Freischar.

Als dann die Aufständischen Sieg um Sieg errangen und Spaniens Stern in jenen Landen sank, sagte de Valla sich rechtzeitig von den bisherigen Machthabern los und trat auf die Seite der Patrioten. Der Friede wurde geschlossen, und de Valla sank schnell von Stufe zu Stufe. Er geriet bis in jene dunklen Bezirke hinein, in denen ein Tejada und seine Genossen zu Hause waren. Aber er blieb nicht lange unten. Sein Instinkt, sein niemals erlahmender Ehrgeiz und seine Rücksichtslosigkeit spülten ihn bald wieder nach oben. Während der folgenden Bürgerkriege, die das gesamte staatliche und bürgerliche Leben unterminierten und eine beispiellose Korruption zur Folge hatten, begann er langsam wieder eine Rolle im öffentlichen Leben des Landes zu spielen. Seine unbestreitbaren Fähigkeiten, seine vorbildlichen Umgangsformen und sein nicht zu bezwingender Ehrgeiz ließen ihn schnell steigen und schließlich zu einer Machtstellung gelangen, von der aus er einen Mantel über die Vergangenheit zu breiten vermochte.

Er wurde bald von zahllosen Patrioten gehaßt. Andererseits hatte er es aber auch verstanden, sich eine starke Anhängerschaft zu sichern. Er brachte es immer wieder fertig, die einander bekämpfenden Parteien gegeneinander auszuspielen und dabei seine eigene Stellung auszubauen. Das Ziel seines Ehrgeizes war, die höchste Würde im Staat zu gewinnen. Der Präsident war alt und kränklich. Gelang es de Valla, seine Gegner in Schach zu halten, dann bestand bei der neuen Präsidentenwahl ohne weiteres die Möglichkeit, zu dessen Nachfolger gewählt zu werden.

Da tauchte, wie schon einmal vor nun zehn Jahren, der Name d'Alcantara auf. Es war wie ein Ruf aus dem Grabe. War dieser geheimnisvolle junge Mann wirklich Don Pedros Sohn und gelang es ihm, sich im Kreise seiner Gegner Anerkennung zu verschaffen, mußte er zwangsläufig zum Mittelpunkt jenes Kreises werden. Dann war nicht nur der Zusammenbruch seiner Präsidentschaftskandidatur, dann war schlechthin alles, der Zusammenbruch seiner ganzen Existenz zu befürchten.

Der junge Mann, echt oder unecht, durfte nicht existieren.

Schritt um Schritt, hin und her; die jagenden Gedanken wollten keinen Ruhepunkt finden.

Dieser Tejada war ein käuflicher, zu allem fähiger Schurke; das war klar. De Valla traute ihm nicht; von ihm war alles zu erwarten. Eher noch war dem Indio zu trauen. Ein Indio, dachte der Minister, handelt nicht selbständig. Er arbeitet für den, der ihn bezahlt. Er kannte den Mann seit Jahren, hatte ihn seinerzeit mit dem Gesinde Don Pedros übernommen; er hatte sich als treu und zuverlässig erwiesen.

Wo war dieser echte oder angebliche d'Alcantara? Schon dies: nicht zu wissen, wo der Feind saß, war in höchstem Maß beunruhigend. Wußte Tejada seinen Aufenthaltsort, oder hatte er geblufft? So oder so, die Ungewißheit mußte ein Ende haben. De Valla hatte allerdings vor Tagen schon an einen in den Llanos wohnenden Vertrauensmann geschrieben und gebeten, Nachforschungen nach einem angeblich wieder aufgetauchten d'Alcantara anzustellen. Doch weder von diesem Mann noch von Tejada lag bisher irgendeine Nachricht vor; es war widerwärtig!

Zudem hatte der Minister noch andere private Sorgen. Von seinem Sohn, der mit diesem Professor in die Berge gezogen war, fehlte seit geraumer Zeit gleichfalls jede Nachricht. Und das war gar nicht Eugenios Art; der Zustand war in höchstem Maß beunruhigend.

Entsetzlich, wenn man nichts tun kann, einer lähmenden Ungewißheit ein Ende zu bereiten. Der Minister, in seinem Gemach auf und abschreitend, erwog Pläne und verwarf sie wieder, er kam zu keinem Ziel.

Ein Klopfen an der Tür unterbrach seine hastenden Gedanken. Auf seine Aufforderung hin erschien ein Diener und überreichte ihm einen Brief. Er riß das Schreiben hastig auf und hieß den Diener gehen. Ein Blick auf die Unterschrift ließ ihn aufatmen. Der Brief kam von seinem Vertrauensmann in den Llanos. Der Minister las:

»Euer Excellenza habe ich die Ehre zu berichten, daß ein Mensch, der den Namen d'Alcantara für sich in Anspruch nimmt oder sich gar auf eine direkte Abstammung von Don Pedro beruft, in den Llanos nicht aufgetaucht ist. Da der Name d'Alcantara weithin bekannt ist und gerade in den Llanos noch heute über eine außerordentliche Anziehungskraft verfügt, wäre ein solcher Vorgang, hätte er stattgefunden, zweifellos sehr bald in weitesten Kreisen bekannt geworden. Indessen konnte ermittelt werden, daß auf der Señor Vincente de Vivanda gehörenden Hazienda Otoño am Ocoa sich seit fünf Jahren ein junger Mensch aufhält, der unter eigenartigen, nie ganz geklärten Umständen plötzlich aufgetaucht ist und der bei seinem Erscheinen ein mangelhaftes Spanisch neben einer indianischen Mundart sprach. Vermittelt wurde die Bekanntschaft des jungen Mannes mit Señor Vivanda bzw. seinem Bruder, dem Cura, durch einen gewissen Gomez, eine anrüchige Persönlichkeit, die inzwischen verstorben ist. Der junge Mann führt den Namen Alonzo de Vivanda und gilt allgemein als entfernter Verwandter des Hauses. Ich beeile mich, Euer Excellenza die Versicherung meiner Ergebenheit und meiner ausgezeichneten Hochachtung zu übermitteln.«

De Valla legte den Brief aus der Hand, er war über dem Lesen blaß geworden. Als er das Schreiben auf den Tisch legte, zitterte seine Hand. »Es ist kein Zweifel«, murmelte er, »die Toten stehen auf.«

Er beruhigte sich schnell, und ein Ausdruck grimmiger Entschlossenheit erschien auf seinem Gesicht. »Also die Vivandas halten den jungen Panther verborgen«, sagte er, »sie denken ihn bei passender Gelegenheit auf mich loszulassen? Gut, wenigstens weiß ich also, wo der Feind im Hinterhalt liegt. Überfallen werden wir uns nicht lassen. Sie waren mir nie gewogen, die Herren de Vivanda, weder der Haziendero noch der Cura. Sie haben Einfluß auf die Llaneros; unter ihrem Schutz könnte dieser Herr d'Alcantara möglicherweise gar gefährlich werden. Es hilft alles nichts: dieser Mensch muß unschädlich gemacht werden, ehe das Land sich zur Präsidentenwahl rüstet.«

Er klingelte; Sekunden später stand der Diener im Zimmer.

»Ist Don Ignacio anwesend?« fragte der Minister.

»Sehr wohl, Excellenza.«

»Er soll kommen.«

Der Diener entfernte sich, und nach wenigen Minuten stand ein noch junger Mann mit nicht unschönen, aber verlebten Zügen im Raum; seine Kleidung zeigte eine schäbige Eleganz.

Der Minister maß ihn mit einem scharfen Blick; der Mensch senkte verlegen die Augen.

»Deine Verhältnisse sind, wie ich hörte, einigermaßen zerrüttet«, sagte der Minister.

»Ich kann es nicht bestreiten, Excellenza. Indessen, ich hoffe –«

»Zudem liegen einige recht schwerwiegende Beschuldigungen gegen dich vor.«

Der Mann zuckte zusammen, richtete sich aber gleich wieder auf, Angst und Frechheit stritten in seinem Gesicht. »Es gibt Verleumder, denen man nicht gewachsen ist«, sagte er. Und, nachdem er sich offenbar zur Frechheit durchgerungen hatte, »Verleumder, vor denen zuweilen selbst höchste Staatspersonen nicht sicher sind.«

De Valla maß ihn mit einem kalten Blick und wandte sich ab. Nach einer Weile sagte er, dem anderen den Rücken zuwendend, mit unpersönlicher, beinahe tonloser Stimme:

»Ich habe möglicherweise einen Auftrag für dich, der dir einige Pesos eintragen könnte, sagen wir tausend, und der möglicherweise deine Angelegenheiten in ein günstigeres Licht wenden könnte.«

Der Mann verneigte sich, ein glattes Lächeln auf dem Gesicht. »Excellenza wollen befehlen«, sagte er.

»Es gehören ein entschlossener Sinn und eine feste Hand dazu.«

»Excellenza dürften wissen, daß es mir an beidem nicht fehlt.«

»Wir wollen sehen« – der Minister sprach noch immer abgewandten Gesichtes. »Hör zu: In den Llanos lebt ein junger Mensch, der nach seinen mir bekannt gewordenen Plänen als Staatsfeind erster Ordnung anzusprechen ist.«

Und wieder verneigte der Mann sich hinter dem Rücken des Ministers. »Excellenza, ich komme nicht gern in den Verdacht, ein schlechter Patriot zu sein. Die Feinde des Staates sind auch meine Feinde. Excellenza bezeichne den Mann, und er wird dem Staat nicht länger gefährlich werden.«

De Valla wandte sich um; sein Gesicht war kalkweiß, seine Augen brannten. Er sah seinem Gegenüber mit düsterem Blick ins Gesicht. »Du findest auf der Hazienda Otoño am Ocoa einen jungen Herrn, der sich Alonzo de Vivanda nennt. Von ihm droht dem Lande Unheil«, sagte er.

»Da ich es weiß, ist es meine Staatsbürgerpflicht, das Unheil abzuwehren«, entgegnete Don Ignacio.

»Hör zu!« Der Minister sprach nun mit ruhiger, sachlicher Stimme, als handele es sich um irgendein belangloses Geschäft. »Ich habe bereits einen vertrauten Mann abgesandt in dieser Angelegenheit. Doch konnte ich diesem Vertrauten seinerzeit nicht sagen, unter welchem Namen der Staatsverbrecher auftritt und wo er sich aufhält. Ich wußte lediglich, daß er in den Llanos weilte. Mein Abgesandter schweigt, und ich muß befürchten, daß er seinen Auftrag bisher nicht durchführen konnte. Heute bin ich, wie du siehst, besser unterrichtet; deine Aufgabe ist also leichter. Melde mir, daß die Gefahr für den Staat beseitigt ist, und du erhältst tausend Pesos und darfst auch sonst auf meine Hilfe in deinen Angelegenheiten rechnen.«

»Und wenn das Werk, während ich reite, schon getan ist?« erkundigte sich der Mann.

Der Minister winkte ab: »Es geht mir um das Ergebnis. Bringe mir die sichere und verbürgte Nachricht, daß der Regierung von diesem Menschen keine Gefahr mehr droht, und du erhältst deinen Lohn.«

Don Ignacio lächelte. »Excellenza sind ein vollendeter Caballero.«

Der Minister schüttelte sich. Er wandte sich brüsk ab, entnahm seinem Schreibtisch eine Rolle und legte sie auf die Platte. »Hier hast du Geld«, sagte er, »es wird vorerst reichen. Brauchst du ein Pferd oder ein Mulo, so wende dich an den Majordomo und laß es dir geben. Ich erwarte schnellste Erledigung. Geh!«

Don Ignacio steckte die Geldrolle zu sich, verneigte sich schweigend und verließ das Zimmer. Der Minister fiel in seinen Sessel und schlug die Hände vor das Gesicht. Ein Krampf schüttelte seinen Körper.

Er hatte noch nicht lange so gesessen, als ihm ein reitender Bote gemeldet wurde. Der Mann, der mehrere Pferde zuschanden geritten hatte, brachte einen Brief des Professors Pinola. Der tödlich erschrockene Minister riß das Schreiben mit fliegenden Fingern auf und brach, nachdem er die wenigen Zeilen gelesen hatte, über seinem Schreibtisch zusammen. Der Brief enthielt die Mitteilung, daß sein Sohn, Don Eugenio, von räubernden Aimaràs in die Berge verschleppt worden sei.

Der Schlag war vernichtend. Er traf den harten, kalten und vom Ehrgeiz zerfressenen Mann, der Ehre und Ruhe seinem Machtstreben geopfert hatte, an der empfindlichsten Stelle. Dieser Sohn war sein Abgott, er trieb seinen Kult mit ihm; Eugenio war nahezu der einzige Mensch, der von seines Vaters dunkler Vergangenheit, von seinen fragwürdigen Machenschaften und von den Abgründen seiner Seele nichts ahnte. Dieser kindliche, harmlose und leichtgläubige Jüngling von den Aimaràs verschleppt! De Valla war noch nicht so verrottet in seinem Inneren, als daß ihm das furchtbare Geschehen nicht als Gegenschlag des Schicksals, als eherner Vollzug einer höheren Gerechtigkeit erscheinen mußte. Er hatte einst seinen gefährlichsten Gegner in die Hände der Aimaràs gespielt. Er hatte seinen Tod nicht gewollt und gewiß nicht den Tod seiner Angehörigen. Aber das Schicksal hatte zugeschlagen. Der Gegner war gefallen, Frauen und unschuldige Kinder hatten sein schreckliches Geschick teilen müssen. Und nun?

Der Minister war dem Wahnsinn nahe. Dennoch unterließ er, nachdem er den ersten, furchtbarsten Schreck überwunden, nichts, um seinem Sohn Hilfe zu bringen. Bote um Bote flog auf eilenden Rossen nach dem Gebirge. Unsummen sollten als Lösegeld geboten werden; die Montaneros, die Chibchas in den Bergen sollten in Marsch gesetzt werden; mit Mühe ließ er sich abhalten, selbst aufzubrechen, um den Entführten zu holen.

Das Geschehen verbrauchte alle seine Kraft. Die Staatsgeschäfte ruhten; Carlos de Valla war nicht imstande, einen anderen Gedanken zu fassen. Er vergaß auch völlig des jungen Mannes in den Llanos, dem er die Bluthunde auf die Spur gehetzt hatte. Jeder Gedanke, jede Handlung kreiste um Eugenio.

So vergingen fünf entsetzliche Tage, Tage, in denen das Wesen des allmächtigen Ministers von Grund auf umgeformt, sein Innerstes nach außen gekehrt wurde. Da, am sechsten Tage, traf ein Correo ein. Er brachte einen persönlichen Brief, und schon auf dem Umschlag leuchteten ihm die Schriftzüge des Sohnes entgegen. Und zum zweiten Male brach er zusammen.

Wieder zu sich gekommen, las er, von der Hand Eugenios geschrieben, was sich zugetragen hatte. Er las die Geschichte der Entführung und die weit abenteuerlichere der Rettung. Er las, daß ein junger Mann dem Sohne zum zweiten Male das Leben gerettet habe, daß dieser Mensch dem Sohn ans Herz gewachsen sei wie kein anderer, den Vater ausgenommen, und er las den Namen des Retters: Alonzo d'Alcantara. Er legte den Brief aus der Hand und biß sich auf die Lippen.

Welch sonderbare, furchtbare, unbegreifliche Wege das Schicksal ging! Carlos de Valla fühlte sich besiegt, ratlos, verzweifelnd, niedergeschmettert durch eine Fügung, die da Segen brachte, wo schwerer Schuld die Strafe folgen mußte. Eugenio gerettet durch den Sohn Don Pedros! Es war nicht zu fassen.

Aber es mußte etwas geschehen. Entsetzliches mußte verhindert werden. Schon bei dem bloßen Gedanken fühlte de Valla, wie ihm die Ruhe, die Möglichkeit zur Planung und Überlegung wiederkehrte. Es war klar: Alonzo d'Alcantara durfte nicht sterben, nun nicht mehr! Mochte dann geschehen, was da wollte; gegen den Retter seines Sohnes konnte er die Hand nicht erheben. Er befahl, die beiden zuverlässigsten Staatskuriere herbeizurufen und setzte sich an seinen Schreibtisch.

Seine Hand zitterte, als er zu schreiben begann, aber sie wurde mit den wachsenden Zeilen ruhiger und sicherer. Er schrieb an Vincente de Vivanda. Er habe soeben erfahren, daß ein Angehöriger seines Hauses, Alonzo de Vivanda, seinem Sohne zweimal das Leben gerettet habe, das zweite Mal unter persönlichem Einsatz des eigenen Lebens. Es dränge ihn, dem Señorito seinen unaussprechlichen Dank zu übermitteln. Wie Eugenio ihm weiter mitgeteilt habe, nenne der junge Herr sich in Wirklichkeit Alonzo d'Alcantara und gehöre vermutlich der Familie des ermordeten Don Pedro an. Sollte dies der Fall sein, so solle er ihm doppelt willkommen sein. In jedem Fall könne er auf ihn und seine Dienste rechnen.

Als der Correo, ein als klug und entschlossen bekannter Mann, vor ihm stand, sagte de Valla: »Kennst du Ignacio Caldas?«

»Ja, Excellenza.«

»Gut. Du bringst in höchster Eile diesen Brief an Señor Vincente de Vivanda auf Otoño am Ocoa.«

»Sehr wohl, Excellenza.«

»Triffst du auf deinem Ritt, in Otoño oder in der Nähe, Don Ignacio, so sagst du ihm, der ihm aufgetragene Befehl sei aufgehoben; er habe unverzüglich zurückzukommen. Hast du verstanden?«

»Sehr wohl, Excellenza.«

»Kennst du meinen Peon Maxtla, den Indio?«

»Ja, Excellenza.«

»Siehst du diesen, so sagst du ihm das gleiche, aber geheim und ohne ihn als meinen Diener anzusprechen.«

Er sann einen Augenblick nach und fuhr dann fort: »Auf Otoño befindet sich ein junger Herr, Don Alonzo, dem ich sehr verpflichtet bin. Diesem deute ebenso wie Señor Vivanda selbst an, daß ihn, den Señorito, nahe Gefahr bedrohe. Dies nicht, als ob es von mir, sondern als ob es von dir selbst ausginge. Es ist mein dringender Wunsch, daß Don Alonzo allen Bedrohungen, denen er ausgesetzt ist, entgeht. Wenn du dabei hilfst, kannst du mit reichlicher Belohnung rechnen.«

»Excellenza wollen sich auf mich verlassen«, sagte der Correo. »Wenn ich es verhindern kann, wird dem Señorito kein Leid geschehen.«

»So reite. Und reite schnell!«

Der Correo verbeugte sich und verließ das Zimmer.

Den zweiten Staatsboten sandte de Valla mit einem Schreiben an den Vertrauten, der ihm die Mitteilungen über Alonzo de Vivanda gemacht hatte. Diesem teilte er mit, er habe in Erfahrung gebracht, daß man dem Leben des jungen Mannes nachstelle. Der Señorito stehe unter seinem Schutz, und er bitte ihn, den Vertrauten, alles aufzubieten, um ihn gegen jede mögliche Gefahr zu schützen. Auch dieser Correo bekam die Don Ignacio und Maxtla betreffenden Aufträge mit und ritt unverzüglich davon.

Drei Tage später traf Eugenio in Bogotá ein. Als der Minister den Sohn in die Arme schloß, rannen große Tränen über sein blasses Gesicht. Dieser Mann hatte seit Jahrzehnten keine Träne mehr vergossen.


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