Ludwig Tieck
Ein Tagebuch
Ludwig Tieck

 << zurück 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

19.

Immer wunderbarer! immer närrischer! Man lernt doch alle Tage mehr Neues. Der bekehrte, Herr Werthmann, trifft gestern von ohngefähr einen Mann, der günstig vom Pietro Cortona spricht. Werthmann, um seine neue Religion in eine frische Ausübung zu bringen, behauptet kecklich, Pietro sei ein ganz schlechter Maler; jener giebt Anfangs etwas nach, da er aber sieht, daß Werthmann seinen Satz gar zu hitzig verficht, wird er auch aufgebracht, sie gerathen über den Italiänischen Maler in Zwist und Werthmann wird zerschlagen nach Hause gebracht. Der Maler hört von dem Vorfall und 362 geht hin, um den Neubekehrten zu trösten, der sich durch seine Besserung so ansehnlich verschlimmert hatte. Kaum sieht Werthmann denjenigen, der ihn mit dem Geiste getauft hat, als er sogleich den Vorsatz faßt: ihm einiges vom Erworbenen zurückzugeben. Der Maler nun ist ein schwacher Mensch und darum liegt er jetzt auch verwundet im Bette.

So eben fällt es mir ein: diese beiden Bekehrer sind ja zwei ganz vortreffliche Narren, deren ich nie schönere wieder habhaft werden kann. Nun noch den dritten. O gütiges Schicksal, laß mich auch diesen finden!

Und besitze ich ihn dann nicht schon oder werde vielmehr von ihm besessen? Wer kann es anders sein, als ich selber, da ich so weit herumreise und an mich gar nicht denke? Da ich in der Ferne einen Schatz suche, den ich so nahe bei mir habe? – Ich reise zurück, ich schließe dieses Tagebuch und bin glücklich. Unsre drei Porträts zieren den Saal und können für Angedenken der Freundschaft gelten; Emilie giebt mir ihre Hand, wenn sie sich noch nicht eines bessern besonnen hat – und wahrlich, dann wär' ich erst ein recht vollkommner Narr! – doch nein, ich erhalte so eben einen Brief, sie liebt mich noch! – –

 


 


 << zurück