Ludwig Tieck
Ein Tagebuch
Ludwig Tieck

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11.

Ich habe hier meine Empfehlungsbriefe abgegeben, aber es will sich noch nichts auftreiben lassen. Ich glaube, es fehlt mir noch an Uebung, da dies die erste Reise ist, die ich in dieser Rücksicht unternehme. Vielleicht sind auch die Briefe schlecht, die ich mitgenommen habe, denn die Menschen sind alle zu meinem äußersten Verdrusse ungemein vernünftig. Ich habe bei einigen gesucht, in eine recht vertraute Familienfreundschaft zu kommen, damit sie sich vor mir nicht genirten, aber das gerieth mir gar nicht, denn da wurden sie noch verständiger. Die Stadt hier ist nicht dazu gebaut, wenn es immer so fortgeht, werde ich lange suchen können.

Beiläufig finde ich die Klagen unsrer Schriftsteller 330 und Menschen sehr ungegründet, daß wir einen zu großen Vorrath an Narren hätten.

Es ist mir überhaupt ärgerlich, daß dem Testamente meines Oheims nicht eine philosophische Definition angehängt ist, was man unter Narr zu verstehn habe. Der Henker mag wissen, wie ich das nehmen soll, (so schreibe ich hier mit dem größten Unwillen) es ist ein so gemeines, so alltägliches Wort, daß man sich fast gar nichts dabei denkt, daß man es fast gar nicht ändern kann, sich etwas Unrichtiges darunter vorzustellen. Ich habe in allen Büchern, die Register haben, nachgeschlagen, in vielen findet es sich nicht, in andern Werken machen mich die aufgestellten Beispiele nur noch verwirrter, und damit ist mir jetzt nicht geholfen, weil ich zum eigentlichen Studiren auf meiner Reise keine Zeit habe.

Es soll sich ein sehr verständiger Mann hier befinden, diesen will ich um Rath fragen; er muß doch seine Mitbürger kennen, und er kann mir daher vielleicht eine kleine Anweisung geben. Mein Onkel macht mir mit seinem Testamente gar zu viele Noth; er hat mich auf die Wanderschaft geschickt, und ich muß jetzt erst die Fähigkeit erwerben, sein Vermögen zu verwalten.



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