Ludwig Tieck
Ein Tagebuch
Ludwig Tieck

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18.

Ich spreche viel mit jenem Maler Martin, der sich neulich mit meinem Ferdinand auch beinah geprügelt hätte. Ich besorgte ohne Noth etwas Uebles; denn es ist nichts als lauter Gutes daraus entstanden; denn dieser Mann ist zu einem bessern Geschmack zurückgeführt, er giebt dem klügeren Maler Recht, und sieht ein, daß er bisher in der Irre gewandelt hat. Er ist nunmehr mit dem Herrn Ferdinand einerlei Meinung, und das gefällt mir besser, als Streiten. Ich finde überhaupt an der Friedfertigkeit ein großes Wohlbehagen, seit ich durch meine Bekehrungssucht so übel angekommen bin. Der andre ist ein Mensch, der sich sehr für die Wissenschaften interessirt; er studirt alles, was ihm in die Hände fällt; dabei ist er von einer heftigen Natur: er heißt Martin Werthmann. Er ist viel als Hofmeister 361 in der Welt herumgereist, um andere junge Leute zu bilden und gebildet zu werden. Das Letztere ist ihm einigermaßen gelungen; nur finde ich, daß er darüber in eine gewisse Langweiligkeit verfallen ist, die ihm recht gut steht, mir aber lästig wird. Mir scheint er einer von denen Menschen, die zum Umgange vorzüglich brauchbar sind, weil sie ihr Inwendiges nie ganz herauskehren; oft, weil sie kein Inwendiges haben; oft aber auch, weil es ihnen unbequem fällt.

Der Maler hat also diesen Werthmann bekehrt, und ich denke, mir soll dieses Tagebuch fast gleiche Dienste leisten. Ich wollte zufrieden nach Hause kehren, wenn ich nur erst mein Corps von Narren angetroffen hätte. Jedermann genießt eines so stillen ruhigen Glücks, und klagt eher über Ueberfluß, als Mangel an Narrheit: nur ich Armseliger muß die weite Welt durchstreifen; Emilie sitzt indessen und wartet sehnlichst auf meine Rückkehr.



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