Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Siebentes Kapitel.

Als Severo sich endlich ermunterte und gähnend, die Arme reckend, hinauskam, war Serafina nicht mehr da. Anfangs wunderte er sich darüber, dann sagte er sich, daß es ihm gerade recht sei. Was hätten sie denn auch zusammen jetzt tun sollen? Sie wußten ja kaum etwas miteinander zu sprechen. Serafina war ihm fremd geworden durch das, was sie getan, – eine andere, eine, mit der er sich erst wieder einleben mußte, wenn das überhaupt möglich war, die ihm jetzt Unbehagen und Verlegenheit bereitete durch ihre Nähe. Ein Weib, das einen Mann erstochen hat, – nicht in Notwehr, nicht in ehrlichem Kampf, nein, heimlich, bei Nacht, wie ein Bandit! Nur um Ruhe vor ihm zu haben. Konnte sie denn nicht in anderer Art ein Ende machen? Nicht warten, bis er, Severo, selber –

Diesen Gedanken dachte er nicht zu Ende. Er erinnerte sich, daß er der Madonna gedankt hatte, weil sie ihn davor bewahrt, einen Mord zu begehen, und er schämte sich. Aber Blut klebte an ihren Händen und vor einem Weibe mit blutbefleckten Händen graute ihm. Was konnte man sich von so einer nicht alles getrauen! Und warum überhaupt gleich das äußerste tun, wenn man nicht schuldig war? Darauf kehrten seine Gedanken immer wieder zurück. Bis sich ein Weib dazu entschloß – wenn er nur darüber wenigstens Klarheit gehabt hätte! Das war's im Grunde, was ihn marterte. Wenn Serafina jetzt hier gewesen wäre, er hätte sie gleich gefragt, fragen müssen. Dies Drumherumgehen war doch auf die Dauer unmöglich. Und also war's gut, daß sie nicht da war. So hatte man doch seine Ruhe, brauchte sich seinen Sonntagnachmittag nicht zu verderben.

Ohne sich weiter den Kopf zu zerbrechen, wo Serafina wohl sein mochte, ging er fort und gegen Mugnone zu talab. In der Canova Sor Niccolò's kehrte er ein. Er fand dort lustige Gesellschaft und guten Wein. Hier konnte man wieder ohne Grübeln seines Lebens froh werden. Bald war er mitten unter den Morraspielern und in Kurzem der Erste von allen. Dann wurde gesungen und getanzt. Severo Rocca war heut wieder einmal der alte. – Alle sahen das und sprachen es auch aus. Und Einen hörte er einmal sagen: »Kein Wunder, seit Aristide Vomero tot ist!« Das fing er auf und es drehte ihm gleich alles im Leibe herum, daß er hätte aufschreien mögen. Innerlich war's mit seiner Lustigkeit seit diesem Augenblick vorbei. Er stellte sich nur noch, als wäre nichts vorgefallen. Und dann trank er, er trank viel und rasch. Und der Pomino war jung und erhitzte das Blut. Nach einiger Zeit sah er alles nur noch wie durch einen leichten Nebel und seine eigne Stimme schien ihm aus einer weiten Entfernung zu kommen, so daß er sich anstrengen mußte, um sie zu hören.

Plötzlich sah er Serafina. Gerade als er die Musikanten bestimmt hatte, ein Lied zu spielen, das etwas anrüchig war und vor dem die Weiber immer davonliefen. Das sang er, vor ihnen rittlings auf einem Schemel sitzend, von einem Kranz lachender und johlender Burschen umgeben, mit schwankender Stimme mit, den Takt mit den Fäusten in der Luft bezeichnend. Anfangs glaubte er, er habe sich getäuscht. Serafina hier und allein, – das schien ihm unmöglich. Aber so vernebelt waren seine Augen denn doch noch nicht, daß er sie nicht hätte erkennen sollen. Sie stand in einiger Entfernung unter einem Haufen anderer Weiber und schien sich gar nicht um ihn zu kümmern, obgleich sie ihn sehen mußte, auch auf Musik und Gesang nicht weiter acht zu geben. Das empörte ihn besonders. Und nun sang er mit laut hallender, herausfordernder Stimme:

»Das ist ja der Männer – der Männer Fluch:
Nie haben die Weiber an Einem genug!«

Wieherndes Gelächter der Umstehenden übertäubte die zirpenden Klänge der begleitenden Guitarre. Alle wiederholten den Refrain. Die Frauen hielten sich die Ohren zu, liefen lachend davon und drohten mit den Fäusten herüber. Nur Serafina hatte gar keine Miene verzogen, Severo hatte das ganz deutlich gesehen. Und nun, als er mit der Faust auf den Tisch schlug und neuen Wein bestellte, stand sie plötzlich hinter ihm, legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte mit ruhiger Stimme: »Es ist genug. Komm'! Wir wollen gehen.«

Er wollte auffahren, sie in ihre Schranken zurückweisen, ihr hier vor aller Welt den Herrn zeigen. Aber er schämte sich plötzlich. Es kam ihm vor, als hätte er Serafina eben bloßgestellt, sie vor diesen Leuten hier beschimpft. Und schließlich ging es ja niemand etwas an, wie sie beide miteinander standen, sie konnten das unter sich ausmachen. Vielleicht fürchtete er sich auch vor ihr. Die leichte Trunkenheit, die ihn befallen hatte, machte ihn schwach. Und dann: eine Frau, wie Serafina! Was konnte man sich von der nicht alles versehen! Wenn sie doch zur Mörderin geworden war –

Er murmelte etwas Unverständliches zwischen den Zähnen, stand schwerfällig auf, warf sein Geld auf den Tisch und ging. Nach seinen Genossen von vorhin sah er sich garnicht um und nahm auch nicht Abschied von ihnen. Er hatte die Empfindung, wenn die ihm ein spitziges Wort zurufen würden oder eine spöttische Miene machten, würde er sich hinreißen lassen, mit den Fäusten auf sie loszugehen. Ein zufriedenes Gesicht zeigte er aber gerade nicht, als er neben Serafina den Heimweg antrat. Lange Zeit fiel kein Wort zwischen ihnen.

Dann fragte er: »Wo kommst Du eigentlich her?«

»Aus Borgunto,« sagte sie kurz.

Er zuckte die Achseln. Was das nun wieder heißen sollte! Was hatte sie in Borgunto zu tun gehabt! Warum sagte sie ihm nicht, bei wem sie dort gewesen war und was sie gewollt hatte. »Woher wußtest Du denn, daß ich in der Canova dort war?« fragte er noch unwirscher, als vorher.

»Ich dachte mir's.«

Gedacht hatte sie sich's! Wenn das richtig war, war's ja beinahe unheimlich. Aber es würde ihr wohl jemand gesagt haben, der aus der Kellerwirtschaft Sor Niccolòs nach Borgunto zurückgekommen und ihr begegnet war. Sie wollte das bloß nicht eingestehen, sie hatte ja immer so etwas Heimliches. Es ärgerte ihn nun plötzlich doch, daß er gegangen war. Nun würde sie innerlich triumphieren. Seit sie Aristide Vomero niedergestochen hatte, dachte sie Gewalt über ihn zu haben, seitdem wollte sie der Herr im Hause sein. Aber sie sollte sich täuschen, heute noch wollte er ihr mit der Frage kommen, weshalb sie es getan hatte, – heute noch. Sein Rausch war verflogen, nur in seinem Blut brannte und gärte es noch. Eifersüchtige Regungen kamen ihm. Weshalb sie denn bloß nach Borgunto gegangen war? Wollte sie ihn eifersüchtig machen, damit er sich nicht von ihr abwandte, trotz seines Grauens vor ihrer Tat wieder zu ihr zurückkehrte? Allerlei Wirres und Tolles wogte in seinem Gehirn durcheinander. Und Serafina sprach nichts. Warum sprach sie nichts? Glaubte sie etwa, er sei betrunken? Warum nicht gar! Wenn er's gewesen wäre, dies Kreisen seiner Gedanken um immer den einen gleichen Mittelpunkt hätte ihn wahrhaftig wieder nüchtern gemacht, – keine Sorge!

»Warum sollte ich eigentlich fortgehen?« fragte er plötzlich.

»Es ist nicht gut, wenn sie sehen, daß Du's so toll treibst. Sie könnten denken« – sie sagte nicht, was man denken könnte.

Und Severo verstand sie nicht. Er blickte eine Weile wie stumpf vor sich hin. Was meinte sie denn? »Daß bei uns Du das Regiment führst,« sagte er endlich, »das werden sie denken. Sonst nichts.« Als sie darauf nichts erwiderte, sondern ihn nur mit einem halb geringschätzigen, halb mitleidigen Blick von der Seite streifte, setzte er, sich erhitzend, hinzu: »Aber es ist das letzte Mal gewesen, Du. Verstehst Du? Das nächste Mal geh' ich nicht. Das nächste Mal nimm Dir das nicht heraus!« Es klang hastig und polternd.

Serafina sagte auch jetzt nichts. Und nun tat ihm fast wieder leid, was er gesprochen hatte. Er hatte sich ja eigentlich vorgenommen gehabt, ihr mild und nachgiebig zu begegnen, um sich ihr dankbar für das zu bezeigen, was sie getan hatte. Es kam alles so ganz anders, als er sich's gedacht hatte. Das wurmte ihn, aber er konnte ja doch nicht anders. Was war denn zu tun? Und wenn sie nur wenigstens gesprochen hätte! Wenn man sich hätte gegenseitig auszanken und dann wieder beruhigen können! Aber nun fraß und fraß das weiter, – immer weiter.

Mit einem Male, als sie schon ganz dicht bei ihrem Hause waren, fing Serafina zu sprechen an. Aber nun war's wieder, als ob das, was er vorher gesprochen hatte, gar nicht zu ihr gedrungen sei, sie sich dessen gar nicht mehr erinnerte oder es doch keiner Erwiderung für wert hielt. »Du mußt Dich darauf gefaßt machen, Severo,« sagte sie, »daß sie Dich morgen holen werden. Sie werden Dich aus den Brüchen abholen und verhören. Sie machen kurzen Prozeß.«

»Was?« Er war stehengeblieben und stierte sie an. »Mich abholen? Wieso? Woher weißt Du das?«

»Heute früh hat mir's Pietro Mariani gesagt, der ja mit dem Brigadier gut Freund ist. Und weil ich's ihm trotzdem nicht glaubte, bin ich heute nachmittag hingegangen und habe ihn selber gefragt. Er sagte ›ja‹. Aber es ist eine bloße Form, sagte er. Ich soll mich nicht ängstigen. Er muß das tun.«

Eine Fülle von unklaren Vorstellungen wogte in Severo durcheinander. Serafina war mit Pietro Mariani zusammen gewesen, den sie doch angeblich nicht leiden konnte, – das fiel ihm zu allererst auf. Und gesagt hatte sie ihm nichts davon. Und dann war sie heute nachmittag, während er schlief, zum Brigadier gelaufen, – sie! Warum hatte sie das nicht gleich gesagt, als er vorher gefragt hatte, wo sie gewesen sei? Warum hatte sie bloß gesagt: »In Borgunto«?! War ihr erst jetzt eingefallen, daß es ja doch herauskommen, daß der Brigadier morgen es ihm ja doch sagen würde? Es war unerhört. Wenn der Brigadier ihn morgen verhören wollte, was ging es sie an? Wie hatte sie deshalb zu ihm zu laufen? Wie unvorsichtig vor allem war das auch! Über seinem Erstaunen und seiner Entrüstung wegen ihres Tuns vergaß er beinahe, was ihm selber drohte. Nur schwebte ihm unklar vor, daß dies Verhör, das man mit ihm vornehmen wollte, in Zusammenhang mit ihrer unsinnigen Beichte heut' morgen stehen könne. Und die Galle stieg in ihm auf. »Da hast Du's nun!« schrie er. »Was läufst Du zum Pfaffen und zum Brigadier und zu aller Welt? Bleib', wo Du hingehörst, dann wird Dir keiner was anhaben.«

»Mir?« Serafina war sehr verwundert.

»Mir und Dir! Das ist alles eins. Heute mir, morgen Dir! Was wollen sie denn von mir? Wie sind sie denn gerade auf mich verfallen? Das hast Du mir eingebrockt und kein anderer.« Er war außer sich vor Wut. Sollte er am Ende gar noch die heiße Suppe für sie auslöffeln? Das hätt' ihm fehlen können!

Sie fing wieder an, ihn zu beruhigen. Er war wohl immer noch nicht wieder ganz klar im Kopf, daß er glaubte, sie hätte mit dieser Sache etwas zu tun. Eigentlich hatte es ihm ja jeder vorher gesagt, auch er würde einmal verhört werden, und sie hatte nur Sicherheit haben wollen, damit er wußte, was ihm bevorstand und nicht ängstlich war und dadurch Verdacht erregte. Nun wußte man's. Und übrigens würde Severo nicht der einzige sein, den sie morgen in den Brüchen abholen würden. Der Brigadier hatte gesagt, wer nur irgend mit dem Mord in Beziehung zu bringen sei, werde verhört werden.

»Was der Brigadier bloß gedacht haben muß!« fiel er ihr ins Wort. »Der muß glauben, daß wir uns vor Angst kaum mehr zu lassen wissen. Diese Tollheit!«

Allmählich beruhigte er sich etwas. Und dann fragte sie ihn: » Hast Du denn keine Angst?«

»Ich? Warum sollt' ich denn Angst haben? Wovor denn?«

Sie sah ihn nicht an, und sagte auch nichts mehr. Sie kamen jetzt nach Hause, und Severo hatte nur noch in sich hineingeknurrt. Er wurde immer noch nicht klug aus der ganzen Sache. Dem Brigadier nur so ins Haus zu rennen! Wenn der ein klein bißchen scharfsichtig war, mußte er doch begreifen, um was es sich da handelte, daß sie Furcht hatte, es käme nun auch an sie selber. So sich zu vergessen! Und ob er Angst hatte, fragte sie. Sie selbst sah freilich gar nicht darnach aus, als ob sie ängstlich wäre. Und doch mußte es ja an einem Faden hängen, daß man sie für verdächtig erklärte.

Während er draußen vor seiner Haustür saß und alles das in sich herumwälzte, kam Serafina aus der Küche zurück, die Holzkelle, mit der sie die Abendsuppe gerührt haben mochte, noch in der Hand, und fragte: »Du hast doch keinen Zeugen gehabt – damals?«

Er sah sie von unten herauf an. War sie toll geworden? Was meinte sie eigentlich? »Zeugen? Ich? Wobei?«

»Ich meine: ob Dich damals draußen einer gesehen hat?«

Er wurde wütend. »Wann denn? Was willst Du denn? Wo soll mich denn einer gesehen haben?«

»Du warst doch draußen damals in der Nacht.«

Er ließ einen langgezogenen Laut hören. »Ah!« Das wußte sie also. Sie hatte ihn damals in der Nacht hinausgehen hören und wiederkommen sehen, ehe sie selber –. Und deshalb fürchtete sie, es könne ihn damals einer draußen gesehen haben und ihm also nachweisen, daß er nicht die ganze Nacht zu Hause gewesen sei und geschlafen habe. Wie klug sie nun doch wieder war und wie umsichtig! Er staunte sie an. Übrigens war es ihm peinlich, daß sie damals sein Fortgehen bemerkt hatte. Was dachte sie sich davon? Und weshalb hatte sie das noch niemals erwähnt? »Nun,« sagte er endlich gedehnt, »wenn ich auch draußen war – wenn auch –.« Er wußte selbst kaum, was er sagen sollte.

»Ja, wenn Dich niemand gesehen hat,« wiederholte sie.

»Zum Teufel, mich hat niemand gesehen,« fuhr er auf.

Sie trat ins Haus zurück, ohne mehr zu sagen. Wenn das nur auch wirklich so war! Wenn ihn nur nicht doch einer gesehen hatte, ohne daß er es wußte! Und wenn dieser eine nur nicht Pietro Mariani war! Das ließ sie gar nicht mehr los, das wurde schon beinahe zur fixen Idee bei ihr. Der Brigadier hatte ihr freilich heute Mut gemacht. Kein Mensch denke ja in Wahrheit an Severo Rocca, hatte er ihr gesagt; es geschehe bloß, um den Leuten die Mäuler zu stopfen, die da der Justiz nachredeten, sie tue nichts, um den Schuldigen zu finden, und die allgemeine Sicherheit liege also hierorts im argen. Der Brigadier hatte gut reden. Wenn Pietro Mariani aber bezeugen konnte –

Beim Abendessen sagte sie Severo, es werde gut sein, wenn er morgen im Verhör gleich eingestand, er sei in jener Nacht draußen gewesen. Das sei unverfänglicher, als wenn er es leugnete, und man ihm nachher doch nachwies, er sei draußen gesehen worden. Aber Severo wollte davon nichts hören. Warum nicht gar! Damit sie gleich einen Haken hatten, an dem sie ihn festhielten. Er würde sich wohl hüten. Draußen! Was hieß überhaupt draußen? Vor der Haustür hatte er gesessen, weil's drinnen vor Schwüle nicht auszuhalten gewesen war. Wenn sie ihn damals gehört hatte, mußte sie ja wissen, daß er nicht zehn Schritte weit vom Hause fortgegangen war. Was hatte das also mit dem Mord auf der Salita Santa Maria zu tun? Daß er ein Narr gewesen wäre, zu bekennen, er hätte das Haus damals verlassen. Dann hatten sie ihn gleich, dann spannen sie weiter und weiter, bis der Strick fertig gedreht war, an dem sie ihn aufknüpfen konnten. Nein, danke. Lieber gleich einen Riegel vorgeschoben! Er hatte keine Lust, für andere zu bluten. Gesehen hatte ihn auch draußen keiner, – natürlich nicht. Sie, Serafina, sollte sich also nicht etwa unterstehen, davon je zu reden.

Sie zuckte die Achseln. »Zu wem denn etwa auch?«

»Weiß ich, mit wem Du alles zusammenhockst?« brach er aus. »Mit Pfaff und Brigadier! Und übrigens denkst Du denn, sie werden Dich nicht auch noch verhören?«

»Mich?« Sie lachte kurz auf.

»Natürlich Dich. Warum denn nicht? Warum denn mich? Eins ist so verrückt wie das andere.« Er aß mit einer wahren Wut. Dann rief er: »Gib mir noch zu trinken! Ich bin durstig!«

Er hatte geglaubt, sie würde ihm mehr Wein verweigern, und er war darauf vorbereitet gewesen, dann mit ihr einen wütenden Zwist vom Zaun zu brechen; er freute sich förmlich schon darauf. Aber sie ging ganz stillschweigend hin und holte ihm noch mehr. Sie wollte ihn also wohl gut stimmen, sie hatte kein reines Gewissen ihm gegenüber. Jetzt schmeckte ihm der Wein garnicht mehr, da er ihn ihr nicht hatte abtrotzen müssen. Der bei Sor Niccolò war besser gewesen. Er saß immer noch am Tische und trank, unwirsch, mit sich selber unzufrieden, in langen Zwischenpausen, während Serafina schon wieder gegangen war und in der Küche hantierte. Die Mißstimmung gegen sie und der wühlende Verdacht wuchsen in ihm bei dem einsamen, freudlosen Trinken. Und daß er das alles so stumm in sich hineinfressen mußte, steigerte seinen Groll nur. Er konnte es nicht aus dem Kopf bringen, daß Serafina ihm die ganze Suppe mit dem morgigen Verhör eingebrockt hatte – wie und warum, wurde ihm freilich nicht klar, aber das erbitterte ihn gerade noch mehr.


 << zurück weiter >>