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X.

Nimm eine Krötenpfote und drei Schwalbenaugen.

Der kleine Albert.

Der Zauber.

In dem Augenblicke, wo die Herzogin den Satan anrief, hatte sich, wie man weiß, ein leichtes Geräusch hören lassen.

Obgleich Perez in der Dunkelheit des falschen Verdecks nichts zu unterscheiden vermochte – so hatten sich doch zwei Personen daselbst verborgen und Alles gehört, ohne etwas zu verstehen, und obgleich Rita und ihr Stallmeister nie anders als spanisch sprachen, so war doch ein einziges Wort von den beiden Neugierigen aufgefangen worden; – dieses Wort war »Satan,« die beiden Neugierigen aber waren Daniel und der Losophe.

Man erinnert sich vielleicht noch, daß in Folge, ich weiß nicht welcher Entwendung eines Rosenkranzes, Daniel für dienlich erachtet hatte, den Losophen durch eine Menge Faustschläge zu ärgern, wie Meister Kergouët sich ausdrückte.

Der Losophe aber, voll Groll wie ein Dichter, hatte sich vorgenommen, an Daniel Rache zu nehmen; und um dahin zu gelangen, hatte er damit begonnen, daß er die ihm von dem Bretagner so königlich gereichten Faustschläge vergaß, und es durch List und Heuchelei dahin brachte, sich sein Zutrauen im höchsten Grade zu erwerben.

Man weiß auch noch, daß Daniel sich als einen der verblendetsten und der unerschrockensten Zuhörer Meister Kergouët's zeigte, wenn dieser schätzungswerthe Bürger-Kanonier die fürchterlichen Geschichtchen erzählte, deren Helden immer der » holländische Luftspringer,« » das Feuer des Teufels,« oder » der verdammte Lootse« waren.

Bei einer solchen Ideenverbindung, die feurigen und beschränkten Geistern ziemlich gemein ist, träumte Daniel, ungeachtet seines religiösen Glaubens, jetzt von nichts weiter als von Hexereien, Zauberkünsten, Dämonen und Leuten, welche den guten oder den unglückbringenden Geistern ergeben wären.

Nicht eine seiner Anlagen entging dem Losophen, welcher, ohne einen festen Zweck zu haben, sie immer aufmunterte, indem er dachte, sie zu seinem Besten oder zu seiner Rache zu benutzen; da gab ein ziemlich gewöhnlicher Umstand ihm die Hoffnung, Beides zu befriedigen.

Perez düstere Miene, die gänzliche Abgeschiedenheit, in welcher er lebte, seitdem er an Bord war, seine fremde Aussprache, seine Unglück weissagende Kleidung, hatten ziemlich lebhaft auf den Geist der Matrosen gewirkt, welche in ihren müßigen Stunden sich immer mit den geringsten Dingen und Vorfällen beschäftigen, und deren Wichtigkeit mit ihrer gewöhnlichen Uebertreibung noch erhöhen; – außerdem hatte sein auffahrendes Wesen gegen das Schiffsvolk nicht beigetragen, ihm das allgemeine Wohlwollen der Seeleute zu erwerben, welche nach ihrer Gewohnheit, den Leuten Beinamen zu geben, – ihn auf den Vorschlag des Losophen – wegen seiner düstern und strengen Gestalt, Grand-gibet (den langen Galgen) tauften.

Der Losophe hatte keinen andern Beweggrund des Haffes gegen Perez Grand-gibet, als den Aerger, von diesem Spanier einst bei einem Versuche, sich in die Bodlerei zu schleichen, um Lebensmittel zu stehlen, überrascht worden zu sein.

Es lag außerdem mehr Spott als übelwollende Absicht in dem Betragen des Losophen gegen Perez, – allein, ich weiß nicht durch welches Mißgeschick Daniel einst dem Losophen bemerklich machte, daß Grand-gibet niemals dem Abend- und Morgengebete beiwohne, welches von dem ganzen Schiffsvolk in Gemeinschaft verrichtet wurde.

Dieser Umstand war ein Lichtstrahl für den Losophen, welcher, da er auf die Leichtgläubigkeit und Aufrichtigkeit des armen Bretagners rechnete, jetzt anfing, ihm die abgeschmacktesten und schrecklichsten Geschichten von Perez zu erzählen, um ihm durch eine Menge von ähnlichen Beispielen, eins immer dümmer als das andere, zu beweisen, daß Grand-gibet ein übernatürliches Wesen wäre, welches Verbindung mit dem Teufel haben müßte, weil er niemals dem Gebete beiwohnte, und daß er nach seinem Willen Einen bereichern oder Einem schaden, Einen zum Großadmiral, Kaiser und was weiß ich Alles – machen könnte … kurz, nachdem er den armen Daniel durch alle nur mögliche Mährchen betäubt hatte, gestand er ihm endlich, daß vermittelst eines Zaubers, welchen er, der Losophe, als Eingeweihter in die Geheimnisse der Magie, besäße, er den Bretagner zum Zeugen der Unterredung des Grand-gibet mit dem Teufel machen, und ihn vielleicht selbst an seiner Macht Theil nehmen lassen würde.

So war der Plan des Losophen und so der Umstand, der dessen Ausführung erleichtern zu wollen schien.

Rita hatte sich an einem Abend eingeschifft, und fast Niemand als der Lieutenant und der Schreiber, welcher ihre Gegenwart als Proviantgéhülfe am Bord bezeugt hatte, – Niemand, sage ich, vermuthete, daß Perez einen Gefährten hätte. Der Losophe jedoch, welcher überall und besonders um die Bodlerei herumstreifte, in der Absicht, nach seiner Gewohnheit dort Wein oder Branntwein zu stehlen, hatte mehreremale die Verwünschungen oder die Thränen der Herzogin gehört; er beschloß daher, den geheimnißvollen Gefährten des Perez für den vertrauten Geist des Grand-gibet auszugeben und sich so über den leichtgläubigen Bretagner lustig zu machen; doch indem er ihn den Zauber, welchen er ihm versprach, sehr theuer bezahlen ließ.

Wirklich führte der Losophe Daniel drei oder vier Mal an die Thüre des Perez, und da der Neuling jene Stimme hörte, welche dem Spanier in einer unbekannten Sprache, bald zornig, bald mit Ergebung antwortete, so glaubte er fest, daß Grand-gibet einen vertrauten Dämon habe, und ging also blindlings in alle die Fallen, welche der Losophe ihm gelegt hatte.

Diesmal aber war es noch weit schlimmer, als Daniel deutlich den Namen des Satan wiederholen hörte! … »Nun!« sagte der Losophe zu ihm, »Du siehst, ob ich Dich belogen habe? – Sie sprechen in der Sprache des Teufels, welche weder Du noch ich verstehen; aber Grand-gibet hat ihn Satan gerufen, mit trotziger Stimme; ich hoffe, daß das klar ist; er hat ihn oft genug wiederholt … Satan, Satan, Satan … Wenn das kein Hexenmeister ist, so bist Du einer, Daniel.«

»Genug schon, daß er den Namen Satans ausgesprochen hat,« – nahm der unbefangene Bretagner das Wort, indem er sich mit einem Gefühl des Schreckens bekreuzte. – »Er hat es gesagt, aber was kann er denn am Bord mit dem Teufel machen wollen, dieser Lumpenhund, dieser Grand-gibet

»Du fühlst wohl, mein Lieber,« – antwortete der Losophe, »daß dies sein Geheimniß ist; und ich, der ich so zu sagen erst Lieutenant in der Magie bin, … ich werde mich nicht rühmen, Dir zu sagen, daß ich es weiß … während ich nichts weiß; denn, vor Allem muß man niemals einen Freund hintergehen, … einen wahren Freund, wie Du, Daniel.«

»Es giebt also auch Lieutenants in der Magie, wie in der Marine, Losophe?« – fragte Daniel mit der größten Theilnahme.

»Es sind ganz dieselben Grade, mein Lieber; aber z. B. fällt niemals eine Ungerechtigkeit in der Magie vor, niemals. Wenn Du ein guter Zauberer bist, nun, so avancirst Du mit Recht zu einem besseren Zauberer, was so viel sagen will, als Du wirst Lieutenant in dieser Kunst. – Wenn Du ein besserer Zauberer bist, … rückst Du auch in die Klasse der sehr guten, was so viel sagen will, als wirklicher Corvetten-Capitain … wenn Du ein sehr guter Magier bist, wirst Du ein berühmter, und so fort.«

»Du bist also ein besserer Schwarzkünstler, Losophe?«

»Seit sieben Jahren, drei Monaten und einem Tage. Aber der Herr Graf von St. Germain, welcher die Excellenz der Zauberer ist, d. h. so viel als wirklicher Admiral, hat mir versprochen, mich bei der ersten Vakanz zum sehr guten Zauberer zu befördern.«

»Und woran sieht man das, wenn man besserer Zauberer ist?« – fragte neugierig Daniel …

»Aber, mein Lieber, das ist ganz einfach: … das sieht man daran, daß man ein besserer Zauberer ist! … Woran sieht man, daß Du Daniel bist, Du? … Daran, daß Du Daniel bist, nicht wahr? … Nun, das ist ganz dasselbe!«

»Ganz richtig,« – sagte der Bretagner, sehr aufgeklärt durch diese einleuchtende Definition. – »Aber, sage mir, Losophe, zu was wird der Zauber helfen, welchen Du mir gegen einige Vergütung zeigen willst?«

»Das wird Dir erstens dazu helfen, den Teufel zu sehen, und wenn es auch nur das wäre, so ist es schon schmeichelhaft, in den Salons, oder in der Gesellschaft von hübschen Frauen, welche Du durch Dein angenehmes Aeußere zu besuchen berufen bist, sagen zu können; das ist das Angenehme, denn, wie der Weise sagt, Uebung macht den Meister. Was den Nutzen betrifft … wenn Du einmal wissen wirst, daß dies der Teufel ist, so wirst Du ihm nicht trauen.«

»Werd' ich auch dem Grand-gibet mißtrauen müssen, Losophe?«–

»Ich glaube es gern: dieser Grand-gibet, siehst Du, ist vielleicht noch schlimmer, als der Teufel; weil, Alles wohlerwogen, es einmal des Teufels Gewerbe ist, Teufel zu sein; er kann's nicht anders machen, weil er einmal dazu von dem Ewigen bestimmt worden ist, während es bei dem Grand-gibet reine Bosheit ist, siehst Du? … wahre abgeschmackte Sache. Auch würdest Du es sogleich wissen, ob Grand-gibet ein Zauberer oder ein Vetter des holländischen Luftspringers wäre. Und den Zauberer würdest Du niemals ansehen können, ohne fest überzeugt zu sein, daß Du Deinen Rosenkranz in der Tasche hast; dann wird er Dir niemals etwas anhaben können.«

Das Wort »Rosenkranz« erinnerte den Novizen an die alten Streitigkeiten, indem er ausrief: – »Warum hattest Du mir denn den meinigen genommen, um ihn an den Schwanz Deines Hundes zu hängen, verwünschter Kerl? …«

»Es war des Zaubers halber,« – sagte gravitätisch der Losophe, – »des Zaubers, von dem ich wußte, daß Du ihn verlangen würdest. Als Lieutenant in der Zauberei errathe ich die Zauber, welche man von mir verlangt.«

»Was brauchst Du, um Deinen Zauber zu machen, Losophe?«

»Um meinen Zauber zu machen, Daniel,« – sagte der Losophe, sich sammelnd und an seinen Fingern die nöthigen Ingredienzen herzählend, »um dieses wunderbare Unternehmen zu bewerkstelligen, um meinen Zauber zu machen, muß ich zuerst eine schwarze Henne haben, aber schwarz wie Tinte; das ist das Wesentlichste: – nachher fünf Seiten von einem Meßbuche, – einen holländischen Käse, – ein Sechs-Frankenstück, drei Faden, – ein 24 Sousstück, sieben, … verstehst Du wohl, sieben Maaß Branntwein, noch ein Sechs-Frankenstück, aber ein gehenkeltes, – ein Paar wollene Strümpfe, – und ein Stück Rindfleisch für St. Médard, – aber besonders nicht zu mager, und ohne Knochen.«

»St. Médard gehört also auch zum Zauber?«

»Ei! und ob er dabei ist? Ich habe ihn noch besonders getauft, sage ich Dir, und Dir selbst dazu Deinen Rosenkranz genommen, zu der Zeit, als Du so ungerecht gegen mich gewesen bist, … mit großen Faustschlägen in den Rücken … nicht als wollte ich sie Dir vorwerfen, diese Faustschläge, das glaube ja nicht, Daniel! – im Gegentheil, sie waren mir außerordentlich schmeichelhaft, well sie mir, da ich errieth, daß Du mein Freund werden würdest, deutlich bewiesen, daß ich einen sehr kräftigen Freund haben würde.«

»Das hat sich Alles so recht zusammengetroffen, Losophe; aber sage mir doch, Losophe, … brauchst Du schlechterdings eine Henne zu dem Zauber?«

»Ich muß eine Henne haben und noch dazu eine schwarze, Daniel.«

»Was die Henne betrifft,« – sagte Daniel, indem er sich hinter den Ohren kratzte, … – »so ist sie schwer aufzutreiben; jedoch in den Steigen des Commandanten giebt es eine Menge Hühner; … aber, es ist schlecht, zu stehlen, Losophe! o! das ist schlecht! …«

»Aber das heißt nicht stehlen, weil es zu einem Zauber bestimmt ist, … mein Lieber; und wenn es zu einem Zauber ist, so erlaubt es die Religion; … die Religion hat selbst das Recht, Einen dazu zu zwingen!«

»Glaubst Du, Losophe? aber in den Steigen habe ich nur weiße … Hühner gesehen, und eine schwarze brauchst Du? Eine pechschwarze, wie Du sagst?«

»Ach! lumpiger Bretagner, bist Du so vernagelt?« sagte der Losophe aufgeregt – »ich brauche eine schwarze ohne allen Zweifel, allein in dem Falle, wo es nur schwarze gäbe, wird es auch keine weiße geben; alsdann würde eine schwarze eben so unumgänglich nöthig, als eine weiße, wenn es nur weiße gäbe; nun siehst Du wohl ein, daß im Gegentheil eine schwarze gar nichts taugen würde, eine schwarze würde abscheulich sein, und den Zauber zunicht machen, weil sie schlechterdings weiß sein muß. Hilf Himmel, was hast Du für einen harten Kopf? … Es ist eine weiße, sage ich Dir, eine weiße, und je weißer sie ist, desto besser wird der Zauber.«

»Nun gut! so will ich einer weißen den Hals umdrehen, desto schlimmer …«

»Richtig, aber Du mußt besonders den Kopf und die Pfoten in Deine Hängematte legen.«

»In meine Hängematte? gehört das auch noch zum Zauber?«

»Alles zum Zauber; wie einfältig Du bist! Ich will Dir das erklären: mit den Pfoten der Henne, siehst Du, Daniel, zwingst Du den Teufel, vor Dir herzugehen, und mit dem Kopf siehst Du ihn; es ist, wie mit dem Käse, mit diesem lockst Du ihn durch den guten Geruch an; mit dem Branntwein umgiebst Du ihn mit Flammen; die wollenen Strümpfe dienen dazu, daß man in diesen Flammen gehen kann, ohne die Füße zu verbrennen, mit dem Faden bindet man ihn an, und durch die Blätter aus dem Meßbuch nöthigt man ihn zu sprechen; aber ich sage Dir dies, Dir allein, Daniel, weil Du mein Freund bist; sei nicht so einfältig, es Andern zu sagen.«

»Und die zwei Sechs-Frankenstücke und das 24 Sousstück,« fragte Daniel, »was geht das den Teufel an, Losophe?«

»Das ist, um ihn zu bestechen, mein Lieber, … um ihn zu bestechen durch vieles Gold! «

»Aber St. Médard, Losophe, was hat der mit dem Teufel zu schaffen, nebst seinem Stücke Rindfleisch, nicht zu mager und ohne Knochen?«

»Sieh! Du bist ein lüsterner, eigennütziger Mensch, Du, Daniel! … Muß das arme Thier nicht vor der Sache zu Kräften kommen, um mich vertheidigen zu können, wenn der Teufel wüthete; denn man hat ihn wüthen sehen …«

»St. Médard wird also dem Teufel etwas anhaben, Losophe?«

»Ob er ihm etwas anhaben wird, … Du Dummkopf, natürlich; … seitdem er Deinen Rosenkranz an dem Schwanze gehabt hat, … hat er beinahe den Rang eines Chorknaben, und er kann um so mehr den Teufel bethören, je weniger der Teufel einem Hunde mißtraut.«

Es war unmöglich, mit mehr Ordnung, Genauigkeit und Klarheit auf die verfänglichen und scharfen Fragen Daniels zu antworten, welcher, versichert einen vortrefflichen Handel zu machen, aus einem langen ledernen Beutel, den er auf dem bloßen Leibe trug, zwei Sechs-Frankenstücke und ein Drei-Frankenstück hervorzog, welche er dem Losophen gab, indem er von ihm die Münze verlangte, welche ihm auf die drei Livres zu gute kamen.

»Sprechen wir davon nicht,« sagte der Losophe mit der Miene der größten Uneigennützigkeit, indem er dem Daniel die Hand drückte und die 15 Livres in die Tasche steckte, – »sprechen wir davon nicht, Daniel; wenn der Zauber gelingt, so ist es etwas Anderes, denn Du weißt wohl, daß ich nicht geizig genug sein würde, um Dir ein Wort darüber zu sagen; noch ein Mal, Daniel, sprechen wir nicht vom Gelde, oder Du würdest mich kränken.«

Der Neuling, überzeugt von der Großmuth des Losophen, beschäftigte sich nur noch mit den Mitteln, die nöthigen Materialien zusammenzubringen, um den Zauber zu bewerkstelligen.

»Was den Käse und den Branntwein betrifft,« – sagte er, – »so werde ich meine tägliche Portion aufsparen; Faden findet man überall und ich habe ein Meßbuch von meiner seligen Mutter, worin ich nicht lesen kann. Wollene Strümpfe habe ich, da meine Cousine Ivonne sie mir beim Ablaßfest von Plougastell gekauft hat; von dem Rindfleisch soll St. Médard meine Portion diesen Abend bekommen. Aber Du versicherst mich doch, daß damit …?«

»Daniel! « – sagte der Losophe, – »wenn Du mir Alles gegeben hast und ich den Zauber beendigte, werde ich Dich den Teufel sehen lassen, und wenn Du ihn ein Mal gesehen hast, wirst Du ihm mißtrauen; und da Du ihm mißtrauen wirst, wird er keine Macht über Dich haben, oder wenn er welche hat, so wird es sein, um Dich mit Vortheilen, mit Ehrenstellen, mit Ruhm, vielleicht mit Königreichen zu überhäufen, … oder selbst Dich zum römischen Kaiser zu machen; aber, es ist besser, nicht darauf zu rechnen, römischer Kaiser zu werden, weil das selten ist.«

»Aber wenn ich den Teufel nicht sehe, wie dann, Losophe?«

»Wenn Du ihn nicht sähest, so wäre der Zauber fehlgeschlagen, weil die Henne nicht weiß genug gewesen wäre, um ihn zu blenden: alsdann müßte man es wiederholen, und immer wieder, bis es geht.«

»O! ja, Losophe; und nachher werde ich Dir von meiner Seite in die Haare kommen, bis es geht,« – fügte Daniel mit sanfter Miene hinzu, indem er seine kräftigen Fäuste zeigte.

»Nun gut! Es sei, ich erlaube es Dir, Daniel,« sagte der Losophe ruhig, – »und ich werde Dich selbst dazu nöthigen, wenn der Zauber nicht gelingen will … ja, Daniel, … ich will Dich selbst einen Zettel unterzeichnen lassen, durch welchen Du Dich verbindlich machen sollst, mir den Rücken zu zerschlagen, mich durchzuprügeln, wenn der Zauber nicht gelingen sollte … also, Du kannst sehen, ob mir der Gedanke, Dich zu hintergehen, in den Sinn kommt.«

Was war auf solche Beweise von Offenheit zu antworten? Auch Daniel erlaubte sich, überzeugt und beruhigt, keine Frage mehr.

»Werd' ich den Zauber verrichten sehen, ich, Losophe?«

»Nein, mein Lieber, Du kannst ihn nicht sehen; denn Du würdest ihn nicht sehen, wenn ich ihn auch in Deiner Gegenwart machte; … man muß Zauberer sein, um sehen zu können, … wenn auch nur in den niedrigsten Graden; aber man muß einer sein.

»Und welches ist der niedrigste Grad?«

»Der Matrosengrad in der Magie, Daniel?«

»Ja, Losophe.«

»Das ist ja ganz einfach, mein Lieber! Weil der höchste Grad in der Kunst die Excellenz ist, nun, so ist der niedrigste Grad der Schwarzkünstler v … Magier …« – sagte der Losophe mit einer bewundernswürdigen Kaltblütigkeit …

»Könnte ich nicht ein v … Magier werden?« fragte der ehrgeizige Daniel.

»Allerdings: jetzt, da Du Dir einen Zauber hast machen lassen, kannst Du es; Du bist es sogar Dir und Deiner achtungswerthen Familie schuldig; aber es kostet die Augen aus dem Kopfe.«

In diesem Augenblicke wurde das Gespräch unterbrochen: man zog zum zweiten Male die Glocke zum Gebete.

»Ach, das Gebet!« sagte Daniel, nach der Leiter stürzend.

»Warte doch auf mich!« rief der Losophe. –

Als er Daniel hinaufsteigen sah, fügte er leiser hinzu: »Verdammter Bretagner, ich will mich schon für Deine Faustschläge rächen; trägt mir das doch schon 15 Livres ein und giebt mir und St. Médard einen Zuwachs … Geh nur hin! lumpiger Bretagner, … « – fügte er noch hinzu, als er sich zum Abendgebet unter das Schiffsvolk mischte, »Lumpenhund von einem Bretagner! Du kannst versichert sein, in der Haut eines verdammten Thieres zu krepiren, wenn man Dich nicht schon lebendig begräbt.«


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