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VII.

Das ist die entscheidende Stunde.

Schiller, Maria Stuart.

Die Besichtigung.

Man weiß, daß die zwei Schiffe, welche den Hafen von Brest verließen, um der Minerva zu Hülfe zu eilen, der Vengeur von 74 und der Tonnant von 64 Kanonen waren, welcher letztere die Flagge führte, weil er den ältesten der beiden Schiffscapitaine an Bord hatte.

Die Sylphide hatte Befehl erhalten, vorauszusegeln und dieser Abtheilung Bahn zu brechen; denn die Kanonade war immer noch gleich lebhaft unter der Küste.

Während Heinrich die Artillerie und das Takelwerk musterte, war man in der von Herrn von Monval kommandirten Batterie auf seinen Besuch vorbereitet; der Bürger-Kanonier hielt eben mit seiner gewöhnlichen Anmaßung eine Rede an seine Kanoniere: »Wohlan, meine Herren,« – sagte er, getreu seinen bürgerlichen Ansprüchen, »es scheint, als sollten wir in unserm Kramladen Beschäftigung erhalten; denn unsere Batterie ist eben so gut unser Kramladen, als der eines Tuchhändlers der seinige ist; das ist dasselbe. Zeigen wir uns daher als brave Bursche, die wir sind. Ihr, Herr Rapin,« – sagte er zu seinem Unterbefehlshaber, welcher, da er den bürgerlichen Ehrgeiz seines Vorgesetzten nicht theilte, sich für einen eben so guten Soldaten, eben so guten Seemann hielt, als irgend einer, »Ihr, Herr Rapin, werdet für die Pulverlieferung sorgen, und die Geschütze untersuchen, damit kein Funke darin bleibe. Euch aber, meine Herren,« – fügte er hinzu, sich an seine Kameraden im Allgemeinen wendend, – » fordere ich im Interesse Eurer persönlichen Sicherheit, jeden namentlich auf, von Zeit zu Zeit mit einem nassen Dival das Innere Eurer Kanonen auszuwischen; denn der Schlund der Kanone wird auf die Länge erhitzt, wie die Kehle des Menschen; sie vertrocknet durch vieles Reden; aber was das Unbedachtsamste an der Kanone sein dürfte, ist, daß, wenn sie ihren Schlund erhitzt hat, sie auch ohne aufgefordert zu sein ihre Stimme erhebt; und dies wird dann sehr unbequem für die Arme derer, welche den Ladestock halten. Ich brauche Euch nicht zu sagen, daß, wenn der Erste beim Stücke getödtet ist, der zunächst Bedienende auf der rechten Seite seine Stelle einnimmt, welcher wiederum durch den Nächsten auf der linken Seite ersetzt wird, und so fort … Aber alles dieses bürgerlich, ruhig, wie es in einem andern Kramladen zugehen würde, in einem Pfefferkuchenladen zum Beispiele das ist Alles einerlei; denn, angenommen, der erste Bursche geht aus dem Laden, nun! so nimmt der zweite Bursche seine Stelle ein, und so fort; denn, ich wiederhole es, es ist im Ganzen genommen dasselbe; z. B. wenn in einem Kampfe des Redoutable ein Spaßmacher von Kartätschenschuß ein Geschütz aller seiner Bedienung beraubte, so würde man einen Mann von jedem der Geschütze nehmen, welche nicht Feuer geben, wenn der Kampf nur die eine Seite berührte, und also das demontirte Geschütz mit frischer Mannschaft versehen, aber dies Alles mit der größten Ruhe … denn vor Allem sind wir Bürger; ihr könnt Euch diesen Grundsatz nicht genug einprägen.« – »Trotz dem,« wagte sein Stellvertreter Rapin zu bemerken, »trotzdem, daß wir Bürger sind, werden uns durch die Kanonenkugeln Hände und Füße weggerissen, … und man zerschmettert uns die Köpfe mit Axtschlägen; daher däucht es mir, daß dies nichts weniger als bürgerliche Ergötzlichkeiten sind …« –

»Mein lieber Freund,« nahm Meister Kergouët das Wort, – »ich für meine Person sage Euch, aber mit aller Artigkeit, die man sich unter bürgerlichen Kanonieren schuldig ist, daß Ihr ein Esel und ein dummes Thier seid. Was beweisen die zerschlagenen Hände und Füße und der zerschmetterte Kopf? Kann ein Handelsmann, ein Mitglied der Lohgerberzunft von Romorantin, ich stelle bloß die Vermuthung auf, nicht eben so gut ein Bein durch einen Fall brechen? … kann ihm nicht eben so gut durch einen Ziegel der Kopf zerschmettert werden? … muß er also deshalb Soldat sein? … noch ein Mal, wird er deswegen aufhören, Bürger zu sein, weil er ein Bein oder einen Kopf weniger hat?« …

»Aber,« – sagte Rapin, – »aber Herr Kergouët, Ihr macht Lärm ohne nichts. Es ist bei Gott nicht dasselbe, denn …«

»Ach, was da, Ihr werdet mir jetzt gehorchen, und im Augenblick so gefällig sein, für die Pulverlieferung zu sorgen, ohne mir ein einziges Wort zu erwiedern, wie sich's einem Untergebenen geziemt, wenn sein Vorgesetzter ihm einen Befehl giebt!« nahm streng Meister Kergouët das Wort.

In diesem Augenblick kam ein Steuermann, und kündigte an, daß der Commandant seine Musterung halte und schon im Begriff sei, in die Batterie herabzusteigen. Sofort erschien auch Monval, welcher die Artillerie kommandirte, und bald nach ihnen auch Heinrich, gefolgt von St. Sauveur, Miran und dem Schreiber.

Die Leute blieben unbeweglich und schweigend bei ihren Stücken; Monval näherte sich Heinrich mit dem Hut in der Hand, und schien seine Befehle zu erwarten. Das Gesicht des Grafen zeugte von Ruhe; aber seine Augen blitzten, und eine leichte Röthe belebte seine sonst ziemlich blassen Wangen; kurz, man bemerkte in seiner ganzen Person jene innerliche Freude, jene verhaltene Begeisterung, welche, ungeachtet aller Gewalt, die man über sich selbst ausübt, hervorleuchtet.

Der Graf schritt in seiner glänzenden, mit prächtigen Spitzen und Stickereien übersäeten Uniform vor. Er trug weißseidne Strümpfe von der größten Eleganz und schwarzglänzende Schuhe mit rothen Absätzen und goldnen Schnallen; er war mit wohlriechender Pomade gepudert, trug seinen goldbesetzten Hut unter dem linken Arm und seine rechte Hand in der Tasche seiner scharlachrothen, mit Gold verzierten Weste, welche zum Theil das reiche Portepée seines in blausammtner Scheide steckenden Degens bedeckte.

Ohne ein Wort zu sagen, schritt er in der Batterie umher; nachdem er aber seinen durchdringenden Blick auf jede Kanone geheftet und sie einzeln geprüft hatte, richtete er ihn wieder mit derselben unbeweglichen und durchdringenden Aufmerksamkeit auf die Gesichter der Kanoniere.

»Sapperment!« – sagte ganz leise Meister Rapin, indem er seine weiten Naslöcher aufsperrte und den süßen Wohlgeruch einathmete, den Heinrich verbreitete, – »Sapperment! welchen Geruch giebt der Sausewind von sich! Wenn der Commandant die Gnade haben wollte, alle Tage sich nur eine Stunde in den Schiffsschnabel zu stellen, was würde das für einen guten Geruch verbreiten!«

Heinrich setzte seine Musterung fort:

»Warum bist Du so blaß?« fragte er ungestüm den zweiten Kanonier links der dritten Backbordkanone, welcher sich leicht auf das Geschütz stützte.

»Mein Commandant,« – sagte der Mann, ohne außer Fassung zu kommen, »ich stehe so eben von einer Krankheit auf.«

»Von welcher Krankheit?« …

»Von dieser, mein Commandant.« – Und indem er Weste und Hemd öffnete, zeigte er Heinrich eine breite und tiefe, kaum vernarbte Wunde.

»Warum bist Du nicht im Hospital geblieben?«

»Weil der Stabsarzt mir sagte, daß nur Bewegung zu meiner Heilung beitragen könne, – mein Commandant; – nun habe ich die Bewegung an der Kanone gewählt, weil ich darin bewandert bin und es mir Gelegenheit giebt, mich mit dem Engländer zu reiben!«

»Du wirst nicht die Kraft dazu besitzen.«

»O ja! mein Commandant, da der Doctor mir sagte, daß nur dies mich heilen könnte.«

»Wie nennst Du Dich?« –

»Mein Name ist Lukas, Commandant!«

Und nachdem Heinrich sich lange Zeit mit dem Kanonier unterhalten hatte, klopfte er ihm mit beifalllächelnder Miene sanft auf die Schulter, setzte seine Runde fort, und als er in der Batterie herumgegangen war, sagte er mit lauter und fester Stimme:

»Eure Batterie ist so recht schön, meine Kinder, aber wenn sie Feuer auf den Engländer giebt, wird sie prächtig sein, und ich lebe in der guten Hoffnung, daß Ihr diesen herrlichen Anblick in Kurzem haben werdet.« Sich hierauf an Monval wendend, sagte er: – »aber lassen Sie nicht ohne vorhergegangenen Befehl feuern, mein Herr; lassen Sie zielen, um in den Grund zu schießen, oder nach dem Rade des Steuerruders, und wenn, wie ich es hoffe, ich den Kampf auf Pistolenweite beginne, richten Sie die Kanonen abwärts, denn alsdann geht die Kugel schwerer und hat mehr Wirkung im dicken Holze.

»Von Euch aber, Meister Kergouët – hoffe ich, daß Ihr nicht Kartätschen aus Nägeln und zerbrochenen Eisenstücken im Schiffe habt, welches die Wunden unheilbar macht!«

»Ja, mein Commandant, ein Viertheil davon,« – sagte der Meister.

»Nun gut! mein Herr,« – sagte Heinrich zu Monval, – »ich will, daß man sich desselben nur in der äußersten Noth bediene; diese Kartätschen sind im Kampfe nicht besser, als die andern, und lassen fürchterliche Wunden zurück; die Nothwendigkeit erheischt, nur so viel Leute als möglich während des Kampfes zu tödten, wie nicht mehr als billig; allein die Folgen der Wunden, die man schlägt, zu berechnen, und sich vorsätzlich unheilbar zu machen, ist eine Vorsicht oder eine Feigheit, welche ich nie habe begreifen können; Sie verstehen mich, Herr von Monval?«

»Ihre Befehle sollen vollzogen werden, Commandant.«

Kaum hatte Heinrich jene Worte ausgesprochen, als man ein großes Getöse auf dem falschen Verdeck hörte; der Graf, welcher seine Musterung auf dieser Seite des Schiffs endigen mußte, begab sich eiligst dahin, und wie er sich der großen Lukenlade näherte, wurde er beinahe von einem Menschen umgerissen, welcher fliehend höchst eilig die Leiter erkletterte: es war Rumphius.

»Was zum Teufel macht Ihr da, Hofmeister?« – sagte Heinrich mit einer halb strengen, halb lachenden Miene. – »Wo lauft Ihr hin, anstatt ruhig geduckt im untersten Schiffsraume zu bleiben, … wie ich es Eurem Bruder befohlen hatte? Hier ist Euer Platz nicht, mein würdiger Astronom! Denn es würde Euch schwer fallen, die krumme Linie der eisernen Planeten zu messen, welche es in diese Batterie regnen wird.«

Rumphius sah mit halbem Leibe aus der Lukenlade heraus, und hinter ihm erblickte Heinrich die Gestalt des armen Sulpiz, welcher alle seine Kräfte anstrengte, um den Astronomen bei dem Schooße seines Rockes zurückzuhalten.

»Ich will Ihnen sagen, was an der Sache ist, Herr Graf,« – sagte der Gelehrte mit seiner gewöhnlichen Kaltblütigkeit; »wir werden uns, wie es scheint, in eine Schlacht verwickelt sehen, während welcher die Menschen in Menge, wie die Maiskörner, geschüttelt durch den Geist von Naracka, so wie es Patala erzählt, hinfallen werden. – Nun habe ich seit langer Zeit die Idee, die Mittel aufzusuchen, um die Schnelligkeit des Luftdrucks, welcher durch das Donnern des Geschützes verursacht wird, berechnen zu können. Dies ist mein Zweck: ich will mich ganz ruhig in den großen Mastkorb mitten in das Feuer setzen, und mich dort ernsthaft mit meinen Beobachtungen beschäftigen.«

Man hätte das Gesicht des Sulpizius bei diesem naiven Geständnisse sehen sollen!

»Aber Sie sind närrisch, mein Hofmeister,« sagte Heinrich, der sich des Lachens kaum erwehren konnte, – »und die Kanonenkugeln? …«

»Die Kanonenkugeln, … die Kanonenkugeln … die Kanonenkugeln,« – wiederholte der Astronom in drei verschiedenen Tönen, mit der Miene des tiefsten Erstaunens.

»Ja,« – sagte Heinrich, – »werden die Kanonenkugeln einen andern Weg nehmen, um Sie Ihre Beobachtungen nach Ihrer Bequemlichkeit anstellen zu lassen?« –

»Es ist wahr, ich hatte nicht im geringsten an die Kanonenkugeln gedacht,« sagte Rumphius mit seinem gewöhnlichen Phlegma; – dann fügte er hinzu, indem er sich von Neuem anstrengte, die Leiter zu ersteigen: – »Pah! pah! Yama, der Geist des Kriegs, wird vor einem Bewundrer des Wischnu Respekt haben, und …«

»Keineswegs, mein lieber Astronom, derjenige, den Sie Yama nennen, hat, wie ich glaube, wenig Einfluß auf die Richtung der Kanonenkugeln des Geschwaders Sr. brittischen Majestät. Also haben Sie die Güte, da unten Ihren Posten wieder einzunehmen.«

Und, ihn sanft anfassend, schob ihn Heinrich rücklings bis auf den untersten Schiffsraum, trotz der Bitten, welche der Astronom bei jeder Stufe erneuerte, die er verlassen mußte.

Indem er ihn nochmals der Sorge des Sulpizius empfahl, begab sich Heinrich zu dem Posten des Chirurgus, um sich von der Vorbereitung aller nöthigen Hülfsleistungen zu versichern.

In der That, der Dr. Gedeon legte, die Aermel bis an die Elnbogen zurückgeschlagen, seine furchterregenden Instrumente mit der größten Kaltblütigkeit von der Welt in Bereitschaft, und schalt seine Gehülfen aus, welche zu langsam waren.

»Nun! – Doctor!« sagte der Graf zu Gédeon, »ist Alles im Stande? Fehlt nichts?«

»Schlechterdings nichts, Herr Commandant.«

»Ich brauche Ihnen nicht noch die größte Sorgfalt für die Verwundeten anzubefehlen; was die betrifft, welche herunterkommen sollten, ohne verwundet zu sein, so lassen Sie, wenn dieser Fall einträte, wie ich aber nicht glaube, den befehlshabenden Officier rufen: sie sollen auf der Stelle erschossen werden.«

»Da alle Menschen gleich sind, mein Herr Commandant, so haben sie dieselben Rechte auf meine Sorgfalt, und ich schneide eben so die Arme eines …«

»Mein Herr,« sagte Heinrich ungeduldig, – »einmal für allemal erlasse ich Ihnen Ihre Bemerkungen; ich gebe Befehle, man vollziehe sie und schweige.«

Hierauf wendete er sich zu dem Schiffsprediger, welcher an die Wand des Schiffs gelehnt stand und dieser schrecklichen Vorbereitung mit einer starren verächtlichen Miene zusah: »Ich bitte tausendmal um Verzeihung … ich hatte nicht die Ehre, Sie zu bemerken, Herr Schiffsprediger,« sagte der Graf zu dem Abbé von Cilly, dessen blasses, von seiner schwarzen Kleidung gleichsam eingefaßtes Gesicht man kaum von dem dunkeln Schiffsraum unterscheiden konnte.

Der Abbé verbeugte sich leicht und antwortete nichts; – Heinrich wollte sprechen, aber er, der sonst immer so unbefangen, so beredt war, fand nicht ein Wort, und blieb unwillkürlich stumm.

Das kam daher, weil in der That, sogar für Heinrich, welcher über jede Furcht erhaben war, etwas Sonderbares in dem Anblicke dieses einsylbigen und düstern Priesters lag, dessen bloße Gegenwart an diesem Orte so beredtsam erschien; denn indem man ihn in der Nähe der fürchterlichen Zurüstungen des Doctors sah, mußte man da nicht glauben, daß er zugegen sei, um hier die zu erwarten, welche menschliche Hülfe nicht mehr retten konnte?

Genug, Heinrich, fast über sich selbst ärgerlich, daß er dem Abbé nichts zu sagen hatte, – grüßte ihn trocken und stieg wieder hinauf, indem er noch einmal Sulpiz die Sorge über Rumphius anbefahl, welcher bei dem Vorübergehen des Grafen ausrief: »Herr Graf, … lassen Sie mich nur eine Viertelstunde auf das Verdeck, aber mitten unter dem stärksten Schießen und dem dadurch hervorgebrachten Luftdruck …«

Aber Heinrich hörte nicht und war schon wieder in die Batterie hinaufgestiegen …

Bei seiner Ankunft daselbst gab er Monval seine letzten Befehle, und bestieg dann das Verdeck.

In dem Augenblicke, wo er erschien, umschiffte die Sylphide die Spitze St. Mathieu; die beiden Schiffe lavirten noch in der Iroise.

»Nun! mein Herr,« sagte er zu Thomas, »was wird aus der Kanonade?«

»Man hört sie weniger, Commandant, und man bemerkt keine Signale; wahrscheinlich wird der Kampf im Westen fortgesetzt und dieses Land verbirgt uns denselben.«

»Lassen Sie schießen, und weil wir nicht mehr Leinwand beisetzen können, so feuchten Sie die Segel an; dadurch gewinnen wir vielleicht ein oder zwei Knoten …«

»Die Feuerpumpe ist nicht im Stande, Commandant! …«

»Warum nicht? An meinem Bord muß sie es immer sein!«

»Es soll geschehen, Commandant.«

Der Lieutenant, seine Ungeduld unterdrückend, schickte sich an, die Befehle des Commandanten zu vollziehen.

Der Horizont begann sich aufzuklären; zur Rechten der Sylphide sah man das hochgelegene Land von Ouessant und die Küsten von Abrevrak voller Brandungen, zur Linken breitete sich in der Ferne der unermeßliche Ocean aus.

Die Sylphide segelte außerordentlich gut und hinter ihr folgten in weniger schnellem Laufe die beiden Schiffe mit einer Masse von Segeln und Takelwerk.

»Die Pumpe ist im Stande, Commandant! …«

»Lassen sie spielen,« sagte Heinrich.

Und in demselben Augenblicke leitete man drei Wasserstrahlen auf die Flächen, welche die Segel dem Winde darboten, um die Maschen der Leinwand dichter zu machen und so die Luft zu verhindern hindurchzustreichen.

»Lassen Sie die Wächter aus den Masten heruntersteigen, mein Herr,« sagte der Commandant; – »es, ist kalt, und unnütz, ohne Ursache die Gesundheit der Leute zu gefährden.«

»Er wird sie bald in Baumwolle einwickeln lassen,« – murrte der Lieutenant, indem er diesen Befehl vollstrecken ließ.

»Herunter, Ihr Leute!« – sagte der Equipagemeister.

Kaum war dieser Befehl gegeben, als die Matrosen von den Mastkörben an den Seilen herabstiegen.

»Es ist noch Jemand in dem Mastkorbe des Fockmasts,« – sagte Heinrich, dem nichts entging …

»Meister Frank,« rief ungeduldig der Lieutenant, – »wer ist denn der Schuft, der noch in dem Korbe des Fockmasts geblieben ist? …«

»Ich wette darauf,« – sagte der Meister, daß es der verwünschte Losophe ist;« – hierauf leicht pfeifend rief er: »He, he! aus dem Mastkorbe des Fockmasts!«

Auf das Pfeifen des Meisters guckten zwei Köpfe über die Geländer des Mastkorbes heraus.

Diese beiden Köpfe waren No. 1 der Kopf des Losophen, No. 2 der seines Hundes St. Médard.

»Warum,« fragte der Bootsmeister, »bleibt Ihr da oben, wenn ich einmal gesagt habe: herunter!«

»Meister Frank, weil wir einen Stich an dem Saumtau des Reifs machen,« – rief der Losophe; und, gleichsam, um diese Angabe zu bekräftigen, ließ der Hund ein Bellen hören …

»Was ist daß?« – fragte Heinrich. – »Es ist wohl gar ein Hund hier?« –

»Commandant, dies ist der Hund, von dem ich Ihnen erzählt habe; das Schiffsvolk hängt so sehr an ihm,« sagte Thomas, »daß ich geglaubt habe …«

»Gut … es mag sein; … aber die Pumpen, Lieutenant, die Pumpen …«

»Laßt die Pumpen spielen,« – rief der Lieutenant; – und das Wasser trieb vorzüglich in der Richtung des Fockmasts, – denn die Matrosen freuten sich, dem Losophen diesen Streich zu spielen. An der Spitze der wüthendsten Pumper befand sich Daniel. Der Losophe empfing mit stoischem Muthe diese Besprengung und sagte dabei zu seinem Hunde, der sie mit ihm theilte: »Es fehlte Dir nichts mehr, als die Taufe, St. Médard. Nun bist Du ein vollendeter Christ, und kannst jetzt die Priester in die Beine beißen, « – und St. Médard antwortete darauf, indem er mit seinem Schwanz wedelte, auf eine Weise, als wenn er's verstände. Kaum hatten die Pumpen aufgehört zu spielen, als die Sylphide mit neuer Schnelligkeit fortstrich, den Wind gewann und die richtige Wendung machte, die Halbinsel zu umschiffen.

Aber der Kampfplatz blieb der Sylphide und den beiden ihr folgenden Schiffen immer noch verborgen.


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