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14.

» G uten Tag, ihr Herren, wie stehn die Sachen?« sagte Peter Schmitz, als er raschen Schrittes in das Zimmer getreten war.

»Schlecht!« sagte Dr. Münzer, die Linke in Peter's dargebotene Hand legend und dann sogleich an dem Artikel, den er unter der Feder hatte, weiter schreibend.

»Sieh da, Schmitzorum!« sagte Dr. Holm, sich, froh der Unterbrechung in der leidigen Arbeit, auf der andern Seite des Tisches aus seinem Stuhl erhebend und Peter entgegenhinkend; »prostorum! wie geht's? glücklich zurück aus dem Land der dunkeltrotzigen Tannen? Und wo habt Ihr das Mägdlein, das Kind unglücklichsten Vaters?«

»Haben Sie die Güte, Holm, noch eine Minute mit ihren schlechten Hexametern zu warten, bis ich mit diesem Artikel fertig bin«; sagte Dr. Münzer.

»Man schweige und schreibe weiter!« sagte Dr. Holm mit einer majestätischen Handbewegung zu seinem arbeitsamen Collegen hin, während er Peter Schmitz an's Fenster zog und mit halblauter Stimme um die Ereignisse seiner Reise befragte.

Das Redactionszimmer war ein mäßig großes, ziemlich niedriges, trotz seiner zwei nach dem Hof hinausgehenden Fenster sehr düsteres Gemach. Die alte, verräucherte, von den feuchten Mauern zum Theil sich loslösende Tapete war, im wunderlichen Widerspruch mit dem sonstigen Charakter des Zimmers, mit Fruchtkörben, phantastischen Blumen und grotesken Vögeln bemalt – Alles nur noch zum Theil durch die Stockflecke und die Risse erkennbar. Die Ausstattung des Gemaches war die einfachste von der Welt: ein großer viereckiger, mit Papieren, Büchern, Schreibmaterialien bedeckter Tisch in der Mitte, drei Lehnstühle von Rohr und ein Repositorium für die alten Zeitungen. In einer zweiten Thür befand sich ein kleines, mit einem Vorhang von verschossener, grüner Seide halb bedecktes Fensterchen, durch das man die Setzer an ihren Kasten arbeiten sah. Die Atmosphäre im Zimmer war trotz der geöffneten Fenster ein eigenthümliches und keineswegs angenehmes Gemisch von dem Dunst frischer Druckerschwärze und abgestandenem Tabacksrauch.

»So!« – Dr. Münzer warf die Feder auf den Tisch, reichte das noch nasse Blatt durch das Fensterchen mit dem Bemerken, man möge sich mit dem Setzen beeilen und ihm die Correctur geben, dann wandte er sich zu den Beiden, gab Peter Schmitz noch einmal die Hand und sagte: »Nun willkommen, mon cher! Es war die höchste Zeit, daß Sie zurückkamen. Es steht jetzt viel auf dem Spiele. Noch heute Abend muß sich für unsre Stadt, und durch das Beispiel, das wir den andern Städten geben werden, vielleicht für das ganze Land entscheiden: ob die Revolution leben oder sterben soll.«

»Was giebt's denn?« fragte Peter.

»Hat Ihnen Holm noch nichts gesagt?« erwiderte Dr. Münzer mit einem strengen Blick der großen, feurigen, blauen Augen auf Holm; »wovon, in aller Welt, haben Sie ihm denn gesprochen?«

»Von des reizenden Kindes, Ottilien's, lieblicher Ankunft«; erwiderte Dr. Holm, die Pfeife aus dem Munde nehmend und mit der Spitze derselben ein O in die Luft zeichnend.

»So!« meinte Münzer trocken; »nun, die ist ja da, glücklich da, und wir haben ja noch morgen Zeit genug, uns darüber zu freuen. Heut handelt es sich um ernstere Dinge. Wir haben,« fuhr er zu Peter gewandt fort, »wie ich Ihnen bereits schrieb, im Verein den Beschluß gefaßt, den Magistrat zu zwingen, die verheißene Volksbewaffnung für unsre Stadt wenigstens zur Wahrheit zu machen. Heute Abend soll eine großartige Demonstration in Scene gesetzt werden. Wir können über fünftausend Arbeiter und Proletarier verfügen, die vor das Rathhaus rücken und Waffen begehren sollen. Wir müssen den Lumpen Furcht einjagen; jetzt ist's noch Zeit. Sie werden noch nicht wagen, das Militair aufzubieten; wir müssen das Eisen schmieden, so lange es warm ist.«

»Herrlich, prächtig«, sagte Peter, der, ohne die lebhaften dunklen Augen von Münzer zu verwenden, zugehört hatte, »wann geht's denn los?«

»Wir haben zu heute Abend acht Uhr eine Volksversammlung in den Römer ausgeschrieben; es ist das größte Lokal.«

»Und das beste Bier;« sagte Holm.

»Für Holm und andre durstige Seelen«, fuhr Münzer fort; »ich werde reden und Sie müssen auch, Schmitz; aber thun Sie mir den Gefallen und seien Sie heute ausnahmsweise ein klein wenig weniger gutmüthig; gehen Sie bis an die Grenze des Möglichen und machen Sie den Leuten mit dem unseligen Ausgange der Sache in Baden die Köpfe heiß. Sie müssen es endlich einmal begreifen, daß die unorganisirte Revolution gegenüber der organisirten Reaction die Maus in den Klauen der Katze ist.«

»Herr Doctor, die Correctur«; rief eine Stimme, und eine Hand langte ein feuchtes Blatt durch das kleine Fenster.

»Ein Extrablatt?« fragte Schmitz.

»Ja«, erwiderte Münzer, mit dem Blatt zu seinem Platz am Tisch gehend; »nur ein paar Zeilen; die neuesten Nachrichten aus Constanz und Donaueschingen; dazu ein paar zeitgemäße Betrachtungen von mir.«

»Unzeitgemäße, sagen Sie lieber«, brummte Dr. Holm, der sich wieder, Münzer gegenüber, in seinen Lehnstuhl gesetzt hatte und sich aus einem Schubkasten des Tisches, der seinen Tabackvorrath enthielt, eine neue Pfeife stopfte. Peter Schmitz, augenscheinlich in Gedanken die Rede, die er zu halten hatte, ausarbeitend, maß schnellen Schrittes das Zimmer von einer Thür zur andern und fuhr sich dabei alle Augenblicke durch sein dichtes graues Haar.

Münzer beendete die Correctur, gab das Blatt wieder durch das Fensterchen, den Obersetzer Wenzel Müller noch einmal zu größter Eile ermahnend, damit die Leute in die Volksversammlung könnten, und blieb dann, die Arme über der breiten Brust verschränkend, mit dem Rücken an den Thürpfosten gelehnt, stehen, die Augen nachdenklich auf den Boden geheftet.

»Es ist merkwürdig«, sagte er nach einer Pause langsam und wie mit sich selbst sprechend, »daß wir Deutsche den Muth zu handeln immer erst dann haben, wenn die Zeit zum Handeln bereits verstrichen ist. Wenn es nach Ihnen ginge, Holm, so verfügten wir uns jetzt in die Kneipe anstatt in die Versammlung, hielten vielleicht auch ein paar Reden, aber so ganz ganz gemüthlich, hinter'm Bierseidel, und setzten den hochaufhorchenden Philistern des Breiteren auseinander, wie wir ausliegen und unsre Klingen führen würden, wenn die Reaction einmal so gut wäre, uns das Heft in die Hand zu geben.«

»Du sprachst ein großes Wort gelassen aus«, entgegnete Holm gemüthlich; »allerdings verlangt mich herzinnig nach eines Schoppens lieblicher Labung, denn – trotz allen Kost- und Weltverächtern –

›Dem Guten ist's vergonnen
Wenn des Abends sinkt der Sonnen,
Daß er in sich geht und denkt,
Wo man einen Guten schenkt –‹

aber dies, der ganzen Menschheit zugetheilte Verlangen ist es nicht, was mich gegen Ihren Plan stimmen läßt, sondern meine ganz specielle Ueberzeugung, daß der Augenblick zu einem Coup de main schlecht gewählt ist und daß wir Fiasco machen werden.«

»Aber um Himmelswillen, weshalb? weshalb?« rief Peter Schmitz, der, während Dr. Holm langsam, wie es seine Gewohnheit war, seine Meinung auseinandersetzte, schon ein paar Mal den Mund zum Reden geöffnet hatte. »Der Augenblick ist so günstig, wie möglich; die Ereignisse in Baden sprechen laut für uns«; –

»Gegen uns, wollen Sie sagen«, unterbrach Dr. Holm den Aufgeregten; »gegen uns und das allerdings laut genug. Sie zeigen Jedem, den nicht, wie Euch, die Leidenschaft verblendet, daß die Sache des Volkes im Volke selbst einen sehr geringen Boden hat. Das wird nun freilich den Bourgeois nicht verhindern, in jedem Krawall eine republikanische Schilderhebung zu sehen, aber unsre Leute wird es, und das mit Fug und Recht, stutzig machen. Und in einem solchen Augenblicke begehrt Ihr Waffen für das Volk! Das heißt im Sinne der Fanatiker der Ruhe: Ihr proclamirt die Republik! Seht zu, wie weit Ihr damit kommt! Wenn aber der Putsch mißglückt – und ich bin überzeugt, er wird mißglücken – so kann die Sache noch eine sehr schlimme Folge für uns haben. Ihre Wahl, lieber Münzer, ist keineswegs vollständig gesichert. Der Präsident von Hohenstein hat mehr Stimmen für sich, als Ihr glaubt, und heute Abend werdet Ihr ihnen alle die Halben und Lauen, die vielleicht doch noch für Sie gestimmt hätten, in's Garn treiben. Deshalb sage ich: Sinnreicher wäre es, wir kneipten des heiligen Bieres die Fülle, oder des Weines, des goldnen, doch jenes lob ich vor diesem.«

Dr. Holm war bei diesen letzten Worten wieder ganz in den gemüthlichen Ton zurückgefallen, den er in ernsthaftem Gespräch regelmäßig mit einer sehr pathetischen und lauten Sprechweise vertauschte.

Münzer hatte mit großer Aufmerksamkeit zugehört. »Ja, ja«, sagte er, und dabei zuckte ein verächtliches Lächeln um seine Nasenflügel; »Holm hat recht, ganz recht, wie Alle, welche in ihren politischen Berechnungen die Menschen für das nehmen, als was sie dem Sallust erschienen: dumpfe, den Blick nach unten richtende, dem Bauch fröhnende zweibeinige Thiere. Aber ich will nicht so rechnen, selbst auf die Gefahr hin, mich zu verrechnen; ich will einmal thun, als ob ich es mit Menschen und nicht mit brutalen Fleisch- und Pflanzenfressern zu thun hätte. Und dann kommt auch die Reue für heute zu spät. Die Volksversammlung ist ausgeschrieben; Jeder weiß, um was es sich handelt; wollten wir jetzt abwiegeln, so würden wir nicht den Vorwurf allzugroßer Aengstlichkeit, sondern geradezu der Feigheit auf uns laden, das heißt, uns für die Zukunft um allen und jeden Credit bringen. Meinen Sie nicht auch, Schmitz?«

»Ohne Frage«, erwiderte Peter; »ich bin durchaus dafür, daß wir endlich einmal etwas Ernstliches versuchen. Sie kennen meinen Wahlspruch: lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Ich habe die Stimmung überall sehr gut gefunden. Man wartet nur darauf, daß es irgendwo in einer großen Stadt wieder losgeht. Das Volk ist brav, aber freilich, wenn sie nicht in Bewegung gesetzt wird, steht die beste Maschine still.«

»Das ist's ja eben, was ich immer sage«; rief Dr. Holm, diesmal in wirklichem Eifer; »Ihr nehmt das Volk heute für eine todte Maschine, die Ihr nach Belieben lenken könnt; und morgen für die Quintessenz alles Lebens, aller Energie und Weisheit. Es ist das eine so wenig als das Andre, sondern ein Conglomerat von mehr oder weniger guten Menschen und mehr oder weniger schlechten Musikanten, von denen jeder Einzelne seine Interessen, wie sie nun sind, verfolgt; und wenn Ihr diese bunte Gesellschaft unter einen Hut bringen wollt, so müßtet Ihr zuvor das Geheimniß verstehen, alle diese Millionen verschiedenartigster Interessen berücksichtigen zu können.«

»Was nutzt das Reden«, rief Münzer ungeduldig, »wir sind zu weit gegangen, um jetzt zurück zu treten. Wir müssen in die Versammlung: es ist die höchste Zeit. Wollen Sie mit, oder nicht?«

»Warum die Rederei nur gleich so hitzig übertreiben?« erwiderte Holm, die Pfeife ausklopfend; »wo Alles spricht, wird Holm allein nicht schweigen, so seltsam widerspricht der Holm sich nicht. – Auf nach Rom! – Es klopft. Herein! wer will uns wieder plagen?«

Die Thür wurde aufgerissen und ein untersetzter, breitschultriger, mit einer blauen Blouse bekleideter Mann, dessen plumpes Gesicht von Kohlenstaub, Schweiß und Blut besudelt war, und dessen kleine, schielende Augen vor Leidenschaft funkelten, stürzte in das Zimmer und rief, kaum eingetreten, keuchend: »Wir sind verrathen! Wir sind verrathen!«

»Was giebt's, Christoph?« riefen die Drei im Zimmer, wie aus einem Munde.

»Der Hund, der blasse, gelbzahnige Schuft!« schrie Christoph und führte mit der riesigen Faust einen Hieb durch die Luft, welcher den stärksten Gegner unfehlbar zu Boden gestreckt haben würde.

»Nun, Christoph, was giebt's?« fragte Münzer mit einer Ruhe, die sein erwartungsvoller, fast ängstlicher Blick Lügen strafte.

»Das giebt's!« erwiderte Christoph. Er nahm seine Mütze ab und mit der Mütze ein blutbeflecktes, zerrissenes baumwollenes Taschentuch, mit welchem er eine Kopfwunde bedeckt hatte, von der jetzt wieder einige Tropfen durch das buschige schwarze Haar auf die Stirn rannen.

»Hier, nehmen Sie Wasser aus der Flasche, Christoph!« sagte Peter Schmitz, »und setzen Sie sich. Sie werden ohnmächtig werden.«

»Hi, hi!« grinzte Christoph; »so leicht geht das nit, Herr Schmitz; ich habe schon andere Püffe bekommen; und es ist auch nur die Wuth, die mich so desperat macht. Aber, ich will's ihm eintränken, dem Höllenhund, ich will's ihm eintränken.«

Christoph goß Wasser aus der Flasche auf sein Tuch, drückte das Tuch auf den Kopf, setzte die Mütze darüber, und sagte: »Mit Verlaub, ihr Herren, es hält sonst nit, und nun will ich den Herren erzählen, was mich so fuchswild gemacht hat. Es ist vielleicht eine halbe Stunde her, da kommt der Werkführer, der gelbzahnige blasse Schuft in unsre Abtheilung und ruft: wir wollten heute mal ein wenig früher Feierabend machen und der Herr Heydtmann ließe uns bitten – merken Sie wohl, ihr Herren, ließe uns bitten! – mal auf den Hof zu kommen, die Andern wären auch schon da, er hätte uns was zu sagen. Werde ich ihm antworten, wenn Herr Heydtmann uns nicht sagen wollte, daß wir eine Stunde weniger zu arbeiten hätten bei fünf Groschen mehr Tagelohn, sollte er nur 's Maul halten. Na, ihr Herren, das war doch schon ganz richtig, denn sehen Sie, Herr Doctor –«

»Weiter, weiter!« sagte Dr. Münzer ungeduldig.

»Wir werden also doch auf den Hof gehen und wen werden wir finden, als alle die Andern, wohl hundert und darüber und in der Mitten Herrn Heydtmann und –« hier richtete Christoph seine schielenden Augen auf Peter Schmitz und sagte: »na, Herr Schmitz, Sie können nicht dadervor, aber ich möchte nit so'n Cujon von Schwager haben.«

»War der Stadtrath da?« fragte Peter.

»Ja, und er wird uns nun eine lange Rede halten: daß wir's allerdings nicht so gut hätten, wie wir's verdienten, aber wir sollten nur Geduld haben, es würde schon besser werden, wenn wir nur recht ruhig blieben und keine Krawalle machten, denn da ginge Alles drunter und drüber. Deshalb sollten wir auch heute Abend nicht in die Volksversammlung gehen. Die da das große Wort führten, das seien die vom demokratischen Verein, die wollten nur im Trüben fischen, und kümmerten sich den Teufel um uns, und was so'n Zeug noch mehr war, das ich wieder vergessen habe. Ich dachte: dir will ich die Suppe versalzen; werde also vortreten und sagen: Lieben Brüder, das sind Alles Lügen und Flausen. Wenn der Stadtrath weiß, wie uns zu helfen ist, dann soll er in die Volksversammlung kommen. Da sind Männer, die ihm besser antworten können, als so einfältige Burschen wie wir. Und übrigens, sagte ich, sollte sich der Herr Stadtrath schämen, von den Herren vom demokratischen Verein so zu sprechen, da er doch wohl weiß, daß sein Schwager, der brave Herr Schmitz, Vice-Präsident ist, und übrigens, Herr Stadtrath, sagte ich, ist das ein schlechter Vogel, der sein eigenes Nest beschmutzt. Nun denke ich, sie werden alle: Hurrah, Christoph hoch! schreien, aber proste Mahlzeit: sie lassen die Köpfe hängen, und der Werkführer, der Himmelhöllenhund, packt mich vor die Brust und schreit: raus mit dem Krackehler; und Herr Heydtmann schreit: er soll mir nicht wieder in die Fabrik kommen und so'n Dutzend feiger Kerle, denen ich gelegentlich den Buckel gegerbt, schreien mit: raus mit ihm! Als ich den Werkführer vor mir abschüttle und der dabei ein bischen hart gegen die Mauer fährt, fallen sie alle über mich her. Na, ihr Herren, ich habe mich so gut gewehrt, als ich konnte; aber viele Hunde sind des Hasen Tod und zuletzt schmissen sie mich vom Hof auf die Straße; aber ich will's ihnen gedenken, so wahr ich Christoph Unkel heiße.«

Christoph schlug auf den Tisch, daß die Tinte aus dem Tintenfaß über die Papiere spritzte. Die drei Herren sahen sich an.

»Ja«, fuhr Christoph fort, »und der Stadtrath ist auch bei Scheider's und bei Großkopf und Compagnie und bei den Andern gewesen und hat gesagt, daß sie ihn überall gut empfangen hätten und wir würden doch keine Ausnahme machen.«

»Das sieht schlimm aus;« sagte Peter Schmitz.

»Faulorum!« sagte Dr. Holm.

»Komme, was da kommen will«, rief Münzer heftig; »wir müssen unsre Pflicht thun. Jetzt zurücktreten, heißt, das Spiel für immer verloren geben; und ich will doch erst einmal sehen, ob meine Stimme gar nichts mehr gilt bei dem Volke. Wollen Sie mit, oder nicht!«

Münzer war aufgesprungen und hatte den Kalabreser auf das dunkle lockige Haar gedrückt.

»Hurrah!« schrie Christoph; »jetzt geht's los; wir wollen sie zusammenschmeißen, daß sie ihre Knochen acht Tage lang nicht rühren können.«

»Natürlich gehen wir mit«, sagte Peter Schmitz, den bestaubten Reisepaletot, den er beim Eintreten auf das Fensterbrett gelegt, über den Arm nehmend.

»Reichet den Arm mir, Christoph, den mächtigen, muskelgeschwellten,« sagte Dr. Holm, sich langsam aus seinem Lehnstuhl erhebend.

Die Vier verließen das Redactionszimmer. Auf dem Hausflur fiel Petern ein, daß er seinen »Frauenzimmern« nicht Adieu gesagt habe.

»Weshalb die guten Seelen in ihrer Ruhe stören?« sagte Winzer; »wir haben keinen Augenblick zu verlieren; kommen Sie!«

Sie traten auf die Straße und wurden dort von einer Schaar treugesinnter Handwerker und Fabrikarbeiter begrüßt, die hier auf die »Herren vom Volksboten« gewartet hatten, um sie im Triumph nach dem Römer, dem großen Biergarten vor dem Thore, in welchem die Volksversammlung abgehalten werden sollte, zu führen.



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