Walter Seidl
Romeo im Fegefeuer
Walter Seidl

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8

Es war schon nahe an Mitternacht, entsetzlich rauchig, um Kopfschmerzen zu bekommen, war's in der engen Wirtsstube, ein Orchestrion hämmerte immer die gleichen vier Stücke herunter, Menschen, Männer und ein paar Frauenzimmer, grölten und plärrten dazu, andere schwiegen brütend. In einer Ecke saß Romeo, nun schon an die zwei Stunden, und wartete. Er wartete auf den Mann, den Böhmen. Der 96 Wirt hatte versichert, der Mann sei ein famoser Sänger und Gitarrespieler, er komme jede Nacht hier vorbei, wo er bei den Gästen sehr beliebt wäre; er produziere sich nämlich auch in anderen Lokalen, drüben im »Löwen« zum Beispiel und nachher, oft bis zum Morgen, im »Kakadu«.

»Kakadu«, das war ein Nachtlokal, mit Frauenzimmern, eine Bar, von der hatte Romeo schon gehört. Das war anscheinend das Wüsteste, was es in Rietheim gab. Dort ging ein besserer Mensch wohl gar nicht hin. Die Leute erzählten davon nur mit gedämpfter Stimme. Lächerlich, was wird dort schon los sein. In Rietheim! Hier geschah doch auch nichts, rein nichts. Als Romeo so gegen zehn Uhr hier eingetreten war – den ganzen Tag war er auf den Beinen gewesen, um einen Lautenspieler aufzutreiben – da hatte er zunächst gar nicht recht gewagt, einzutreten. Da hatte der Anblick der bezechten Männer und vor allem der geschminkten Mädchen – sie kamen immer einmal von der Straße herein, um sich zu erwärmen, und gingen nach einer Weile wieder hinaus – alles hatte ihm geradezu Furcht eingeflößt. Er war nie in einem solchen Lokal gewesen, aber er hatte von ähnlichen Spelunken mancherlei gelesen und erzählen hören. Ohne Zweifel konnte einem in solchen Kneipen allerlei passieren. Aber er war doch schließlich nur deshalb hier, weil man ihn hergewiesen hatte wegen eines Lautenspielers – hier war sogar seine allerletzte, die einzige Chance, einen zu finden. Übrigens war nichts geschehen, gar nichts. Zwei Mädchen hatten ihn angesprochen, wie blühende Gräber sahen sie aus, aber er hatte sehr 97 höflich abgelehnt, und da waren sie einfach wieder fortgegangen. Gut, daß an seinem Tisch kein Platz mehr frei war, es saßen bereits vier Männer da, die spielten Karten, und ein fünfter saß dabei. Romeo fühlte sich im ganzen recht wohl hier, es interessierte ihn das Treiben im Raum und die Menschen, sozusagen aus psychologischen Gründen interessierte es ihn. Waren das . . . nun, wie heißt denn das gleich – Proletarier? Sicherlich. Man war doch im ärgsten Viertel der Stadt, draußen bei den Fabriken. Aber die hatte er sich eigentlich ganz anders vorgestellt, die Proletarier, gleichsam wilder drohender, mit hektischen Flecken auf abgezehrten Wangen. Fanatischer, feindlicher hatte er sie sich vorgestellt. Die hier aber sahen doch ganz wohlgenährt aus, sie waren gar nicht zerlumpt, und außerdem benahmen sie sich auch verhältnismäßig gesittet. Viel zu gesittet beinahe, für Proletarier. Es hätte schon endlich einmal etwas Unanständiges vorfallen können, ein Trunkenheitsexzeß, wie man das nannte, mit den Mädchen oder so. Wozu saß er, Romeo, eigentlich immer noch hier und wartete?

Warum entkleidete keiner von den betrunkenen Männern kurzerhand eines der Mädchen, legte es über die Bank hin und . . . so weiter. Statt all dieser feigen Anzüglichkeiten und eben noch schicklichen Umarmungen. Das nannte sich nun stolz Proletarier. Wie kleine Postbeamte sahen sie aus, diese Kerle, und genau so unentschlossen benahmen sie sich auch. Die hatten doch gewiß nicht einmal Messer bei sich. Hingegen, ohne Zweifel, mehr Geld als er.

Interessiert betrachtete er ein, wie ihm vorkam, 98 außerordentlich schick gekleidetes Mädchen von schönen, etwas üppigen Formen, das in diesem Augenblick ins Lokal getreten war und nun lässig hoheitsvoll zwischen den Tischen einherging. Sie schien jemand zu suchen; mit stählerner Ruhe überhörte sie vereinzelte Zurufe, Zweideutigkeiten und Einladungen. Welche Hurenmajestät – ging es Romeo durch den Kopf. Einem, der die Hand nach ihr ausstreckte, schlug sie mit dem Metallbügel ihres Täschchens hart auf die Finger, ohne ihn dabei auch nur anzublicken.

Ihr Blick fiel zu Romeo herüber, verweilte kurz auf seinem Gesicht – Romeo erschrak – ihr Blick senkte sich prüfend hinab, blieb an Romeos Bierglas haften. Enttäuscht, fast verächtlich wandte sie die Augen von Romeo ab, von neuem suchend.

Romeo war unter diesem harten prüfenden Blick leicht errötet. Ich hätte mir statt des Biers tatsächlich Wein geben lassen können, soviel Geld hab ich doch schließlich bei mir – stellte er geärgert fest und folgte dem hoheitsvoll vorüberschreitenden Mädchen mit bewundernden Blicken. Eine vollendete Dame. Weit mehr Dame als Yvett.

Mit gelangweiltem Ausdruck wandte das Mädchen jetzt den Kopf nach Romeo zurück. Darüber verspürte Romeo ein Triumphgefühl in sich aufsteigen. Keck, werbend erwiderte er diesmal ihren tastenden Blick. Doch nun wandte sie sich – nein, um Gotteswillen, so hatte er's nun wieder nicht gemeint – und kam – die Syphilis! – jäh entschlossen auf ihn zu. Sogleich blickte Romeo geflissentlich von ihr weg, zur Seite.

99 »Hast du Geld, Kleiner?«

Romeo wurde über und über rot bei dem Schimpf. »Erlauben Sie, Fräulein«, fuhr er voll Angst in der Kehle empor, »wie erlauben Sie sich, mit mir zu sprechen? Ich bin Akademiker. Jurist.«

Aber um seine Verlegenheit vollzumachen, legten die Kerle am Tisch nun die Karten beiseite, lachten grölend los. Alle blickten sie ihm dabei ins Gesicht.

Auch das Mädchen kräuselte höhnisch die brandrot geschminkten Lippen. Wie häßlich, wie verwüstet ihr Gesicht jetzt aus der Nähe wirkte. Entsetzlich.

»Haben Sie Geld, mein Herr?« wiederholte sie mit herausfordernder Betonung. Und wieder grölten die anderen beifällig dazu.

»Gewiß!« würgte Romeo trotzig hervor. »Aber was geht es Sie an?«

»Seien Sie nicht so barsch, wenn Sie mit einer Dame sprechen«, erwiderte sie ausweichend und bereits ohne den leisesten Spott. Auch die anderen verstummten, nahmen ihr Kartenspiel wieder auf. Romeos Wahrhaftigkeit hatte imponiert.

»Ich ersuche Sie, mir keine Verhaltungsmaßregeln zu erteilen, mein Fräulein«, sagte er, darüber zum vollen Bewußtsein seiner Überlegenheit gelangend, und zwei strenge akademische Falten erschienen auf seiner Stirn.

»Na, so war's doch auch nicht gemeint«, lenkte sie ein, ihrerseits nun ein wenig verlegen. »Wollen wir nicht etwas Gutes zusammen trinken gehn? Kommen Sie.«

»Wohin?« fragte Romeo gedehnt, während er im Geist rasch seine Barschaft überrechnete: Zu dumm, 100 daß er nur Kleingeld bei sich hatte. Dieser hochnäsigen Person hätte er gern etwas bewiesen.

»Na, um die Zeit kann man doch nur noch in den Kakadu gehen, dort ist auch eine ganz andere Stimmung«, sagte sie.

»Tja, ich bedauere ungemein, Fräulein, aber ich bin hier leider festgehalten, ich erwarte jemand.«

»Eine Dame?«

»Tja . . . nein! Einen Herrn.«

»Hm . . . also dann könnte ich Ihnen einstweilen vielleicht hier Gesellschaft leisten, und nachher gehn wir mit Ihrem Freund zusammen in den Kakadu, nicht?«

Romeo erschrak. Er mußte das Frauenzimmer unter allen Umständen abwimmeln, sonst kam er noch in die scheußlichste Geldverlegenheit. »Nun, also wenn Sie's durchaus wissen wollen, Fräulein« – er lächelte weltmännisch-diskret – »ich erwarte in Wahrheit . . . also natürlich . . . eine Dame. Aber vielleicht ein andermal –?«

»Idiot.«

Sie wandte sich brüsk auf dem Absatz und schritt hocherhobenen Hauptes von dannen, zur Tür hinaus. Romeo sank, wie vor den Kopf gestoßen, verlegen in sich zusammen, abermals färbte er sich rot, er wagte nicht aufzublicken. Die Kerle am Tisch johlten vor Vergnügen, der Fünfte, der bloß dabeisaß, starrte ihn aus halb verglasten Augen unentwegt feindlich an.

Aus purem Trotz harrte Romeo weiter am Tische aus. Er würde diesen viehisch besoffenen Individuen nicht zu allem noch den Spaß eines fluchtartigen Abgangs bereiten! Aus purem Trotz blieb er sitzen. Ja, 101 und dann . . . wie sollte er aus seiner Ecke hier denn auch hinauskommen? Er müßte rein über die Knie von zweien der Kerle hinwegsteigen. Denn gutwillig würden die ihm doch den Weg gewiß nicht freigeben.

Himmel, wo blieb nur der schäbige böhmische Musikant! Das hatte er, Romeo, nötig gehabt, daß er jetzt schon volle drei Stunden in einer derartigen Spelunke saß, mitten unter solch üblen Subjekten?

Daß die Winternitz' auch nicht auf die naheliegende Idee gekommen waren, einfach aus einer benachbarten größeren Stadt einen Sänger herbeizuschaffen. So reiche Leute, was konnte es ihnen schon ausmachen. Er war auf diesen Ausweg ja sogleich gekommen, aber zu Yvett hatte er nichts davon geäußert, natürlich, weil Yvett doch voll Freude erwähnt hatte, daß die Eltern, falls es ihm gelingen sollte, einen Lautenmann aufzutreiben, dann auch Romeo zur Venezianischen Nacht einladen würden; als kleine Erkenntlichkeit, sozusagen. Und da hatte er sich denn gleich auf die Suche gemacht, ohne allzu große Rosinen im Kopf freilich.

Und wenn nun auch hier, mit dem Böhmen, nichts werden sollte? Wenn der beispielsweise kein einziges italienisches Lied in seinem Repertoire hätte? »Repertoire« ist nicht schlecht! Dann wäre es aus, für ihn, mit der Venezianischen Nacht. Wann und wo aber würde er bald wieder Gelegenheit finden, so etwas mitzumachen. Fabelhaft mußte das sein, feenhaft, was man sich von den Festen in den Häusern der Fabrikanten und Großen von Rietheim so erzählte. Schon gar die Winternitz'. Und nun sollte er da mitten drin dabei sein – doch eigentlich herrlich!

102 Warum denn auch nicht, schließlich? In dem Ausgehanzug, den er erst vor ein paar Monaten zum Abitur bekommen hatte, da konnte er sich schon sehen lassen, jawohl. Das trug man doch jetzt bei solchen Gelegenheiten. Gestreifte Hosen und schwarzes Sakko. Da brauchte er sich vor den Herrschaften dort in keiner Weise zu verstecken, nicht im mindesten. Überhaupt, wenn diese Protzen, diese Krämerseelen, die Unterdrücker und Ausbeuter des arbeitenden Volkes sich etwa einbilden sollten, daß er weiß Gott welchen Respekt vor ihnen empfände – ja wovor denn eigentlich? Etwa vor ihrem zusammengestohlenen Reichtum, an dem noch der Schweiß des Volkes klebt? Da würden sie sich aber einmal gewaltig geirrt haben, da war er gerade der Rechte dazu, um sich von solchen Dingen imponieren zu lassen . . . Herrgott, wenn nur das stinkende Gesindel hier endlich mit dem besoffenen Gegröle aufhören wollte! Einfach widerlich!

Richtig, aber solch eine taubengraue Krawatte würde er sich noch rasch kaufen für den Abend übermorgen. Eine, wie sie der Schauspieler bei dem modernen Gesellschaftsstück unlängst trug, der sah doch eigentlich hochdistingiert damit aus. Am besten wohl bei Meixner, dort hatte man stets die größte Auswahl. Was konnte eine solche Krawatte viel kosten, wie? – Gut, aber das müßte die Mutter eben einsehen, zum Teufel, daß er mit der abgetragenen alten, bei der er den Knoten schon fast am alleräußersten Ende knüpfen mußte, um die zerschlissenen Stellen zu verdecken, nicht bei Winternitz erscheinen konnte, zu einer Venezianischen Nacht.

103 Komisch eigentlich, daß es ihm nie so recht zum Bewußtsein gekommen war, daß Yvett, seine Yvett, die Tochter dermaßen mächtiger Leute ist. Erst in allerjüngster Zeit war ihm das klar geworden. Seit eben von der Venezianischen Nacht die Rede war. Ja und wie die in ihn vernarrt ist. Toll! – –

»Trinkt der junge Herr noch ein Bier?«

Romeo blickte auf. Die Kellnerin stand vor ihm, schwenkte das Glas vor seinen Augen hin und her. »Nein, danke«, lehnte er hastig ab. »Fräulein«, setzte er ergänzend rasch hinzu und lächelte unsicher.

Auch die Kellnerin lächelte, geschmeichelt von Romeos Höflichkeit. »Vielleicht einen Wein, der junge Herr?«

»Nein, danke vielmals, nichts mehr. Ich warte hier nämlich bloß auf . . .«

»Laß doch den, bitt dich!« rief in diesem Augenblick der Kerl mit den verglasten Augen, unzweifelhaft ein Ortsfremder, hämisch dazwischen. »Dar sauft unser G'söff nicht, der sauft überhaupt nix, der ›junge Herr‹ . . . upp . . . der junge gnä Herr . . . A Dokter is er, der Bimpf, hat er g'sagt. Daßt es nur weißt!«

Romeo verfärbte sich. Die Kerle am Tisch johlten Beifall.

». . . die Fresse, Karl!« rief die Kellnerin unwirsch aus. Mit einer verächtlichen Handbewegung wandte sie sich, doppelt freundlich, abermals Romeo zu: »Lassn Sie 'n reden, junger Herr, den albernen Kerl. Wenn der 'n Rausch hat, ist er immer so.«

»Wer hat an Rausch, Rabenaas vermaledeites!« fuhr das Individuum drohend auf, um gleich darauf 104 in sich zusammenzusinken und mit schwerer Zunge Unverständliches vor sich hin zu murmeln.

Ängstlich bedeutete Romeo mit den Augen der Kellnerin, nichts mehr zu erwidern. Damit sie das nicht etwa für Furcht halte, suchte er, nur für sie allein sichtbar, etwas wie stumme Verachtung in seine Miene zu legen. Zu den Betrunkenen hinüberzublicken, wagte er nicht mehr. Solche Individuen waren doch alles imstande! Doch Romeo hatte gut Zeichen machen und ängstlich abwinken, die Kellnerin, im tiefsten über das »Rabenaas« empört, war nicht zurückzuhalten. »So gemein ist der Lümmel, junger Herr, ich sage Ihnen«, verkündete sie mit zornrotem Gesicht. »Da sieht man – keine Kinderstube.«

»Frieda! Friedachen! Wo bleibt denn das Bier, Himmel Arsch und Zwirn«, scholl es in diesem Augenblick von anderen Tischen herüber.

»Also, entschuldigen Sie«, rief die Kellnerin Romeo freundschaftlich zu, nickte mit dem Kopf und lief an den Schanktisch.

Nun war auch sie fort . . . Nachdem sie das Unheil angerichtet hatte!

Romeo erstarrte. Das Blut in seinen Adern gefror zu Eis: mit einem raschen ängstlichen Seitenblick hatte er undeutlich wahrgenommen, wie der Mörder sich mit beiden Fäusten gegen die Tischplatte stemmte, mit zwei drei absonderlichen Körperverrenkungen auf die Beine zu stehen kam und nun auf Romeo zutorkelte.

Schutz suchend liefen Romeos Blicke über die Tische weg: in dem allgemeinen Getöse schien keine Seele seine Bedrängnis wahrzunehmen. Romeo zog den 105 Kopf ein. Er war keines Lautes, keiner Bewegung fähig. Geduckt erwartete er den Schlag – –

Nach einigen Sekunden, da nichts geschah, hob Romeo vorsichtig den Blick. Die Bestie stand vor ihm – nur die Tischplatte trennte ihn von dem Meuchelmörder – mit verglasten Augen und in die Stirn hängenden Haaren stierte der Verbrecher, beide Fäuste schwer gegen die Tischplatte gestemmt, auf Romeo herab. Seine Lippen schienen angestrengt Silben formen zu wollen.

In seiner Aufregung tat Romeo, als hätte er den Herrn durch Zufall in diesem Augenblick eben erst bemerkt, er lächelte ein überraschtes blasses verbindliches Lächeln; mit zitternder Hand deutete er einladend auf den freigewordenen Stuhl ihm gegenüber.

Der Betrunkene riß die Augen weit auf. Verblüffung und Argwohn waren in seinem Blick. Er grunzte etwas Unverständliches; plötzlich fiel er schwer auf den angebotenen Stuhl nieder. Fast hätte er den Stuhl und den ganzen Tisch dabei zum Kippen gebracht. »Oeha!« lallte er und suchte mit den Händen Halt im Leeren.

»Oha!« flüsterte auch Romeo, gleichsam erschreckt, teilnahmsvoll, und führte eine Bewegung aus, als wollte er den lieben Menschen mit fürsorglichen Armen stützen. Der schien Romeos Bewegung indes mißzuverstehen; er fuhr mit dem Arm in die Höhe, hielt ihn schützend vors Gesicht.

Romeo sah es mit Entsetzen. »Verzeihung, nein!« rief er beschwörend abwehrend aus. »Nein, ich wollte Sie bloß am Fallen verhindern!«

106 Mißtrauisch, feindselig ließ der Betrunkene den Arm sinken. »Was . . . upp . . . ja was meinens denn, Sie –! Daß ich be . . . besoffen . . .«

»Aber nein, absolut nicht«, stammelte Romeo beflissen. »Das kann doch passieren. Is mir a scho passiert, hehe.« In der Erregung bemühte er sich, um keinen Rangunterschied zu markieren, den gleichen Dialekt wie sein Bedränger zu sprechen. »Verkehren Sie wohl schon lange in der . . . in der Kneipe hier, Herr . . . Herr –?«

Glotzend suchte der Betrunkene sich in die Situation zu finden. Romeo ließ ihm nicht Zeit. »Fesche Weiber hier, nich wahr?« plauderte er aufgeregt weiter. »Ganz fesch, haha.« Und er deutete mit dem Finger auf ein Mädchen, dessen Kopf lethargisch hingegeben an der Schulter eines ausdruckslos ins Leere stierenden, mit dem Finger in der Nase bohrenden Mannes lehnte.

Unwillkürlich wandte der Meuchelmörder den Kopf in die angegebene Richtung. »A Hur is«, knurrte er ingrimmig, apodiktisch.

»Tjaja, natürlich, na was denn!« beeilte sich Romeo ihm beizupflichten. »Lauter Huren das. Da kann man sich doch nicht einlassen, was? Herr . . . Herr –?«

»Prost Karl, schlapper Hund!« rief in diesem Augenblick einer der kartenspielenden Kerle hohnvoll zu dem Betrunkenen herüber. Der warf einen kurzen mißtrauischen Blick auf die feixende Gruppe, gab sich einen Ruck. »Na is das vielleicht was Schlechtes, Sie –?!« brüllte er den erbleichenden Romeo an und schlug mit der Faust auf den Tisch, daß die Gläser klirrten. »So a arm's Mensch wie a Hur?«

107 »Aber nein, wer sagt denn das?« stammelte Romeo; verzweifelt spähte er nach dem Wirt, nach der Kellnerin aus.

»Sie ham's g'sagt, Sie Lackl Sie!« Der Betrunkene war aufgetorkelt und beschrieb nun mit der Faust Dreiecke und Kreise in der Luft über Romeos Kopf. »Sie Lackl, Sie ganz gemeiner Lackl Sie!« brüllte er ein übers andere Mal.

Vom Nebentisch trat schwankend ein Mann an den Wütenden heran, packte ihn beschwichtigend am Arm. »Meensch! Meensch! Keine Aufregung, meine Herrn, keinen Bürgerkrieg bitte. Nichts ist passiert.«

»Daß a Hur a arm's Mensch is, hat er g'sagt, der Lackl . . . der Lackl der!« schrie ihm der Rasende entgegen. »Er wird das sofort zurücknehmen, der Lackl, er wird auf der Stelle feierlich erklären, daß a Hur a armes bedauernswürdiges Mensch is wie a jeder andere, sonst – –«

Den Rest der drohenden Äußerung verschlang das losdonnernde Orchestrion.

»Richtich? Haben Sie das jesagt?« schrie der Beschwichtiger Romeo ins Ohr.

»Er soll, der Lackl, er soll auf der Stelle – –!« tobte der Meuchelmörder.

»Halt die Schnauze!« gebot der andere barsch.

Romeo blickte ratlos erregt von einem zum anderen. Mit einem Blick maß er die Figur des Beschwichtigers. Der war zwar ebenso bezecht wie der Tobsüchtige, er war jedoch bei weitem kleiner, dicklicher und sah zu allem verhältnismäßig gutmütig aus. Nein, auf dessen Hilfe konnte man im Ernstfall 108 nicht bauen. Überdies hatte der Tobsüchtige doch die vier Kerle am Tisch jedenfalls für sich – –

In der Verzweiflung seiner Bedrängnis versuchte Romeo ein Letztes. »Was mischen Sie sich hinein, was gehen unsere Angelegenheiten Sie an?« fuhr er den grenzenlos verblüfften Vermittler strenge an. »Gehen Sie augenblicklich an Ihren Tisch zurück und lassen Sie mich mit dem Herrn da in Ruhe weiter diskutieren!« Dabei wies er mit der Hand nicht ohne Achtung auf seinen Bedränger. Durch dieses ritterliche Verhalten hoffte er sowohl den Mörder, wie auch dessen vier Kumpane endgiltig für sich einzunehmen. Was aber mußte er sehen. Der Meuchelmörder hatte Romeos Verhalten offenbar gar nicht bemerkt: er schien alles ringsum vergessen zu haben, mit verklärtem Gesicht schlug er den Takt zu der Melodie des Orchestrions. Plötzlich taumelte er und fiel, Romeo genau gegenüber, in den Sessel, legte das Haupt auf die Tischplatte und schnarchte.

Der Beschwichtiger vom Nebentisch hatte sich auf Romeos schmachvolles Verhalten hin grollend, leise fluchend zurückgezogen; er saß nun wieder an seinem Tisch, unentwegt bewegte er die Lippen und starrte mit einem lauernden Ausdruck bitterböse zu Romeo herüber.

Verzweifelt sah sich Romeo gefangen, den schlimmsten Eventualitäten preisgegeben. Links die Mauer, rechts die vier Kerle, die auch nicht gerade versöhnt aussahen; vor ihm die schnarchende Bestie, die jeden Augenblick aufspringen konnte, um von neuem auf Romeo loszugehen, und zu allem jetzt noch der Lauerer dort, den Romeo für nichts und wieder nichts 109 nun gleichfalls zu seinem Feind gemacht hatte. Himmel, wo blieb nur das Scheusal von einem Wirt? Seit einer halben Stunde war das Vieh nirgends mehr zu erblicken gewesen. Und die Kellnerin –? Ja hatte sich denn alles, alles gegen ihn verschworen?! Und wer hatte ihm das ganze eingebrockt? Yvett, niemand anderer als Yvett. Die mit ihrem verfluchten Lautenspieler! – Ja wo blieb denn eigentlich der? Der existierte wohl gar nicht, und das ganze hier war nichts als eine Räuberhöhle, eine Falle, in die er unbegreiflich leichtsinnig hineingestolpert war –?

Romeo lief es kalt über den Rücken: das schnarchende Ungeheuer begann sich neuerdings zu regen. Jetzt richtete es sich auf, strich sich die Haare aus der Stirn. Ein starrer gläserner Blick traf Romeo, ließ ihn nicht los. Ein fürchterliches Erkennen schien mit einem Mal in den Mörderaugen aufzudämmern, die Mörderlippen bewegten sich, ein Grunzton quoll zwischen ihnen hervor . . . »Waren Sie beim Militär? Waren Sie im Krieg?« fragte der Mörder mit unheimlicher mordbereiter Ruhe.

Bleich schüttelte Romeo den Kopf; er hätte keinen Ton hervorbringen können.

Das Haupt des Mörders sank müde auf die Tischplatte zurück, um sogleich wieder in die Höhe zu schnellen. »Ein junger Herr sind Sie? Ein Dreckkerl sind Sie. Verstanden?«

Romeo nickte; er hörte nichts mehr, er sah nur die unentwegt auf sich gerichteten Glasaugen des Meuchelmörders.

»Ich war im Krieg!« Der Mörder schlug sich auf die Brust. »Vier Jahre, Herr! – Feldwebel, verstanden?«

110 Romeo nickte, leblos.

»Es gibt keine jungen Herren mehr und keine Kinderstuben . . . upp . . . verstanden? Sie Lackl!«

Romeo nickte, während er mechanisch dem Zeigefinger des Mörders auswich, der vor seinem Gesicht hin und her pendelte.

»Es gibt überhaupt keine Studierten mehr, verstanden? Ich hab studiert . . . vier Jahre, Herr!«

Romeo nickte; nur ließ er jetzt auch ein schwaches teilnahmsvolles »Ach« hören.

»Stehns auf, wenn ich mit Ihnen red, Sie Lümmel!!« brüllte der Mörder, plötzlich wie wahnsinnig.

Romeo stand mechanisch auf; seine Augen ertranken in den Augen des Lustmörders.

»Feldwebel . . . upp . . . verstanden? Rührt euch!« rülpste der Zuchthäusler besänftigt. Er schwankte, sein steif ausgestreckter Zeigefinger fuhr Romeo zwischen die Lippen. Romeo stand, reglos vor Ekel und Furcht, bleich bis in die Lippen. Die Kerle am Tisch grölten, der Mann am Nebentisch sah mit einem eingefrorenen Lächeln zu und rieb sich ein Knie.

Der Feldwebel schwankte wie bei hohem Seegang auf einem Schiff. Ein tiefsinniger rührseliger Ausdruck entspannte mit einem Mal seine Züge. »Schauns, Sie können ja nichts dafür, Sie sind doch ein besserer Mensch . . . Ein Studierter . . . upp . . . ein Mensch mit Kinderstube . . . Genau wie ich«, stieß er in weinerlichem Ton hervor, und sein Zeigefinger drückte es gleichermaßen aus. »Da müssen wir zwei doch zusammenhalten!« Er hielt sich mit der Hand an Romeos Schulter fest. »Lassens sich was sagen von mir. Alles is Scheißdreck, sag halt ich . . . Alles für 111 die Heimat!« Er hob den Zeigefinger wie zum Schwur. »Verstanden? – Hams verstanden?! . . . upp . . . Wiederholns, was ich g'sagt hab!«

In diesem Augenblick wurde die Tür aufgerissen. Fünf sechs junge Leute – Studenten, Spazierstöcke in Händen, Schmisse auf den Wangen – traten unter Scherzen ein, blieben bei der Tür stehen, blickten sich um.

Romeo wagte seinen Augen nicht zu trauen; die sechs erschienen ihm als ein strahlendes leuchtendes Wunder. Seine Kameraden! Seine guten alten Schulkameraden! Willi und Otto und Kurt und Paul und Hermann . . . Romeo war nahe daran, vor Rührung freudig aufzuschluchzen. Ein guter Gott hatte sie ihm in diesem Augenblick zur Hilfe gesandt. Seine Kameraden. Wohl war er, Romeo, ihnen seit dem Abitur etwas entfremdet, denn sie waren Burschenschafter, während er lediglich einem Rietheimer Studentenverein angehörte, aber es waren doch seine Kameraden, die lieben alten Schulkameraden. Was tat es, daß er sie und sie ihn – daß sie sich vor kurzem wechselseitig brüskiert hatten. Nun hatte seine Not ein Ende!

Nur mit einem raschen Seitenblick hatte Romeo das Kommen der Freunde vermerkt; denn fast im gleichen Augenblick hatte er bereits wieder von ihnen weggeblickt und durch keine Bewegung verraten, daß er von ihrer Anwesenheit überhaupt wußte. Sie durften auf keinen Fall merken, in welch schmachvoller Situation er sich nun schon geraume Zeit befand. Ob sie ihn inzwischen wohl gesehen hatten? Romeo reckte sich in der Brust, in seine Wangen kam Farbe 112 zurück. Gut, daß sie da waren, die lieben verwegenen Gesellen. Nun konnte ihm nichts mehr passieren!

Der Zeigefinger des Betrunkenen pendelte, jetzt melancholisch geknickt, vor Romeos Nase hin und her. »Wiederholn solln's, was ich g'sagt hab«, weinte der Besoffene. »Sie ham halt net aufgepaßt. Das is unsere Jugend . . . Unsere einzige Hoffnung . . . Ja warum hams denn nicht aufgepaßt?«

Eine dunkle Welle schoß in Romeos Wangen. Mit voller Wucht schlug er den Finger des Betrunkenen zur Seite. »Was sind das für Frechheiten, Sie Saukerl!« brüllte er den Zurücktaumelnden an. »Wenn Sie sich jetzt nicht auf der Stelle unsichtbar machen, Sie Idiot –«, Romeo ergriff sein Bierglas, hob es mit fürchterlicher Entschlossenheit in die Höhe, »– dann hau ich Ihnen die Fresse entzwei! Sie ganz gewöhnlicher Lümmel Sie!«

Eine Sekunde lang herrschte eine fürchterliche Stille im Raum. Das Orchestrion hatte einen Augenblick vorher zu dröhnen aufgehört, alle verstummten jetzt, wandten die Köpfe nach Romeo, der hochatmend dastand, das Glas wurfbereit in Händen . . .

In diesem Augenblick flog etwas durch die Luft, massiv an Romeos Kopf vorbei, in die Scheibe des Fensters. Glas klirrte und splitterte.

Der Beschwichtiger am Nebentisch hatte sein Bierglas gegen Romeo geschleudert.

Geängstigt durch den jetzt losbrechenden allgemeinen Tumult, zog der Attentäter den Kopf zwischen den Schultern ein.

Romeo zitterte vor Erregung. Er öffnete, wie um 113 etwas zu rufen, den Mund, blitzschnell wandte er den Blick nach der Tür hin, wo er die Freunde wußte, und sah –

– wie Willi und Hermann als die letzten hastig das Lokal verließen.

Er war dem Zusammenbrechen nahe.

Im gleichen Augenblick aber schoß aus einer kleinen Tür hinter dem Schanktisch der Wirt hervor; blaurot im Gesicht, blickte er wild im Raum umher, einige Hände deuteten auf den Missetäter hin; schweigend, mit aufeinandergepreßten Lippen, bahnte sich der Wirt, beiseitestoßend was ihm in die Quere kam, einen Weg zu dem geduckt dasitzenden Beschwichtiger; schweigend, mit aufeinandergepreßten Lippen faßte er ihn am Kragen, zerrte ihn in die Höhe, faßte ihn am Hosenboden, schleppte ihn so zum Ausgang; ein Gast sprang diensteifrig hinzu, riß die Tür auf; aus der Brust des Wirts quoll ein röchelnder Atemzug, er hob das Menschenbündel hoch in die Luft, schleuderte es auf die Straße hinaus, trat mit dem Fuß nach ihm. Dann klopfte er sich den Staub von den Händen, murmelte etwas wie »Scheißkerl«, schloß die Tür und kehrte, ohne irgend jemand eines Blicks zu würdigen, an den Schanktisch zurück, wo er sich sogleich ans Einschenken machte.

Alle hatten mit angehaltenem Atem das blitzartig sich vollziehende bewunderungswürdige Schauspiel verfolgt. Der Wirt war alles eher als ein Athlet, er war nicht größer, nicht kräftiger als der Hinausgeworfene. Romeo stand noch gebannt, das Bierglas in der hinabgesunkenen Hand. Sacht stellte er es auf die Tischplatte, er blickte scheu, geängstigt um 114 sich und – er lachte krampfhaft auf. Seine Augen wurden kaum merklich feucht. Noch einmal lachte er auf, befreit. Denn er sah, daß sein Bedränger, der »Feldwebel«, nun mit verglasten Augen, gänzlich verschüchtert und in sich zusammengesunken, am Tisch saß, er wagte Romeo nicht anzublicken, und auch die vier Kerle warfen bloß kurze scheue, nahezu respektvolle Blicke auf Romeo.

Romeo richtete sich steif empor, er legte zwei Münzen auf den Tisch. »Pardon«, sagte er in einem näselnden hochmütigen Ton; sogleich sprangen die beiden an seiner Tischseite sitzenden Kerle auf, um ihm den Weg frei zu geben. Stolz, unnahbar schritt Romeo an ihnen vorbei, dem Ausgang zu, obwohl alle Erregung der letzten Minuten noch in ihm nachzitterte.

In der Tür prallte er mit einem soeben hereinstolpernden, verkommen aussehenden Individuum zusammen, in welchem er – an der Gitarre, die ihm über die Schulter hing – sogleich den böhmischen Sänger erkannte. An den Tischen wurde das plötzliche Auftauchen des Sängers mit freudig grölenden Zurufen begrüßt. Der Mann wollte an Romeo vorbei, Romeo hielt ihn am Arm fest. »Hallo, Sie, hören Sie, ich verpflichte Sie für übermorgen abend zu einem privaten Fest,« sagte er, in Ton und Haltung eines allmächtigen Kunstmanagers. »Das heißt . . . können Sie auch italienisch – ich meine, ein italienisches Lied singen?«

Der Böhme blickte Romeo kurz prüfend an. Etwas in Romeos Miene schien ihm Respekt einzuflößen. »Italienisch? Jawoll, bitte schän, natierlich, bitte 115 schän«, erwiderte er lebhaft, begeistert, und riß sogleich die Gitarre von der Schulter.

»Lassen Sie nur!« winkte Romeo unnahbar ab. »Sagen Sie mir nur, was Sie singen würden.«

»Na ise doch nur eine italienische Lied, junger Herr, bitte schän. Santa Lucia. Sing ich sehr gut, bitte schän, hab ich schon gesungen in . . .«

»Dann ist's gut«, unterbrach Romeo ihn gemessen. »Also, dann bleibt's dabei. Übermorgen abend!«

»Jawoll, bitte schän. Und wo, bitte schän –?«

»Im Hause des Fabrikanten Winternitz«, sagte Romeo, so, daß auch die in der Nähe Sitzenden es hören konnten. »Wissen Sie, wo das ist?«

»Aber natierlich, junger Herr! Werd ich nicht wissen, wo ise Haus von Herr Winternitz!«

»Gut denn. Also, auf übermorgen.« Romeo nickte um eine Spur leutseliger; er wandte sich zum Gehen.

»Kißd'hand, junge Herr, danke schän!« rief der Sänger ihm nach. »Ja und ise noch . . . wegen Honorar, bitte schän.«

Romeo blickte über die Schulter zurück. »Es wird Ihr Schaden nicht sein, Mann«, sagte er gemessen, mit Nachdruck; er erntete mehrere tiefe Bücklinge. Grußlos verließ er das Lokal.

Draußen atmete er tief auf. Was hatte der Abend nicht an Aufregungen, an Gefahren mit sich gebracht. Aber er hatte sich kolossal schneidig benommen, was? Wie er dem Hundekerl bloß den Arm zur Seite geschlagen hatte. Erwürgt hätte er ihn, den Galgenstrick, wenn der sich noch das allergeringste herausgenommen hätte.

Er hatte seine Mission zu Ende geführt, jawohl, 116 allen Gefahren zum Trotze. Übermorgen wird er bei der Venezianischen Nacht Gast sein.

Immerhin, sagte sich Romeo, ich hab die Unterwelt von Rietheim doch gewaltig unterschätzt. Was da nicht alles passiert. Entsetzlich. Dieses Proletariat. Nicht anders als in der Großstadt.

Und was er in letzter Zeit nicht überhaupt alles erlebte! Mehr, als früher in zehn Jahren. Nein, er war kein Knabe mehr. Er kannte nun die Liebe, er kannte die Hefe des Volkes, übermorgen würde er die oberen Zehntausend kennenlernen . . . Er kannte das Leben.


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