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Achtes Kapitel.

Sackpfeifen, Leiern nicht, zieren des Hochlands Höh'n,
Mac Leans laut Hallo, Mac Gregors Horngetön.

John Coopers Antwort an Allan Ramsay.

 

Ich verweilte am Eingange des Stalles, wenn in der That auf einen solchen Namen ein Ort Anspruch hat, an welchem Pferde neben Ziegen, Federvieh, Ferkeln und Kühen unter einem Dache mit dem Wohnhause standen, obgleich ein Grad von Verfeinerung, den die übrigen Bewohner des Dorfes nicht kannten, und den man, wie ich nachher erfuhr, einem übertriebenen Stolze der Wirthin, Jeany Mac-Alpine, zuschrieb, dem Behältniß einen andern Eingang gegeben hatte, als den, welchen ihre zweibeinigen Kunden benutzten. Bei dem Lichte meiner Fackel entzifferte ich folgenden Brief, der auf ein feuchtes, zerknittertes, schmutziges Blatt geschrieben und adressirt war: »Zu den geehrten Händen des Mr. F. O. – eines jungen sächsischen Edelmannes – hier.« – Der Inhalt war folgender:

 

»Sire; es sind Nachteulen draußen, so daß ich Euch und meinen geehrten Vetter N. J. nicht im Wirthshause von Aberfoil treffen kann, wie es meine Absicht war. Ich bitte Euch, unnöthige Gemeinschaft mit den Leuten zu vermeiden, die Ihr da finden werdet, weil für die Zukunft Verdruß daraus entstehen könnte. Die Person, die Euch dieß zustellt, ist treu und zuverlässig und wird Euch an einen Ort führen, wo ich Euch, so Gott will, sicher treffen kann, wenn Ihr und mein Vetter mein armes Haus besuchen wollt, wo ich, meinen Feinden zum Trotz, noch immer die Bewirthung versprechen kann, die ein Hochländer seinen Freunden zu geben pflegt, und wo wir feierlich die Gesundheit einer gewissen D. V. trinken und über gewisse Sachen reden wollen, worin ich Euch beistehen zu können hoffe. Und ich bleibe, wie es unter Ehrenmännern üblich ist,

Euer bereitwilliger Diener
R. M. C.

 

Ich war über den Inhalt des Briefes ziemlich verdrießlich, da er den Dienst, welchen ich von diesem Campbell erwartet hatte, weiter hinauszurücken schien. Dennoch war es mir einiger Trost, zu wissen, daß er fortwährend Antheil an mir nahm, da ich ohne ihn nicht hoffen konnte, meines Vaters Papiere wiederzuerhalten. Ich beschloß daher, seinen Vorschriften zu folgen, und mit der größten Vorsicht gegen die andern Gäste, die erste günstige Gelegenheit zu benutzen, um von der Wirthin zu erfahren, wo ich diesen geheimnißvollen Mann finden könnte.

Mein nächstes Geschäft war nun, Andrew Fairservice zu suchen, den ich mehrmals beim Namen rief, ohne eine Antwort zu erhalten. Ich untersuchte zugleich den ganzen Stall, nicht ohne Gefahr, Alles in Flammen zu setzen, wenn nicht die feuchte Streu und der Schlamm einigen Stroh- und Heubündeln das Gegengewicht gehalten hätten. Endlich erfolgte auf meinen wiederholten Ruf ein klägliches »Hier!« in einem so ächzenden Tone, als ob's der Kobolt selbst spräche. Geleitet von diesem Tone ging ich der Ecke des Schuppens zu, wo ich im Winkel der Mauer den mannhaften Andrew hinter einem Fasse fand, das mit den Federn alles Geflügels, welches seit einem Monat für die allgemeine Sache gefallen war, angefüllt sein mochte; und halb durch Gewalt, halb durch Befehl und Zureden nöthigte ich ihn, hervorzukommen. Seine ersten Worte waren: »Ich bin ein ehrlicher Bursche, Sir!«

»Wer Teufel zieht denn Eure Ehrlichkeit in Zweifel?« entgegnete ich; »aber wie gehört das jetzt hierher? Ihr sollt uns beim Abendessen bedienen.«

»Ja,« erwiderte er, allem Anscheine nach, ohne zu verstehen, was ich sagte. »Ich bin ein ehrlicher Bursche, was auch der Stadtvoigt dagegen behaupten mag. Ich gebe zu, daß meine Seele an der Welt und ihren Gütern hängt, wie's bei vielen Andern auch der Fall ist. – Aber ich bin ein ehrlicher Kerl, und wenn ich auch davon sprach, Euch zu verlassen, so war es doch, Gott weiß es, nicht meine Absicht, sondern nur ein eitles Gerede, wie es Leute führen, die einen Handel zu ihrem Vortheil machen wollen. Und Euer Gnaden gefallen mir gut genug für einen so jungen Herrn, und ich möchte Euch nicht so leicht verlassen.«

»Was zum Henker treibt Ihr jetzt?« erwiderte ich. »Ist nicht Alles zwischen uns zu Eurer Zufriedenheit abgemacht? Und warum schwatzt Ihr jede Stunde ohne Sinn und Verstand davon, fortzugehen?«

»Ja, vorher hab' ich nur so gesagt,« entgegnete Andrew; »aber nun ist es mein voller Ernst. Mag ich verlieren, oder gewinnen, ich wag' es nicht, mit Euer Gnaden weiter zu gehen, und wenn Ihr meinem einfältigen Rathe folgen wollt, so brecht lieber Euer Wort, als daß Ihr selbst weiter geht. Ich hab' eine aufrichtige Achtung vor Euch und bin gewiß, Ihr werdet Euren Freunden Ehre machen, wenn Ihr etwas mehr Klugheit und Festigkeit gewonnen habt. Aber ich kann Euch nicht länger folgen, und wenn Ihr auch auf dem Wege aus Mangel eines Führers und Rathgebers versinken und umkommen solltet. – Wer dahin geht, wo Robin der Rothe hauset, der versucht die Vorsehung.«

»Robin der Rothe?« fragte ich etwas befremdet; »ich kenne keinen Menschen dieses Namens. Was sind das für neue Possen, Andrew?«

»Es ist hart,« sagte Andrew, »sehr hart, daß man einem Manne nicht glaubt, wenn er die reine Wahrheit spricht, blos weil er zuweilen, wo's nöthig ist, ein wenig lügt. Ihr braucht nicht zu fragen, wer Robin der Rothe ist, der Erzräuber der! – Gott verzeih' mir's! Ich hoffe, es hört uns Niemand – da Ihr einen Brief von ihm in der Tasche habt. Ich hörte, wie einer seiner Gehülfen das alte Thier von einer Wirthin bat, ihn Euch zu geben. Sie dachten, ich verstände ihr Kauderwelsch nicht, aber wenn ich's gleich nicht viel sprechen kann, errieth ich doch recht gut, wovon sie redeten. – O, Mr. Frank, alle Thorheiten Eures Oheims und alle Streiche Eurer Vettern sind Nichts dagegen! – Trinkt den vollen Humpen aus, wie Sir Hildebrand, fangt den Morgen mit Branntweinbrocken an, wie Squire Percival, prahlet wie Squire Thorncliff, lauft den Mädchen nach, wie Squire John, spielt wie Dig, gewinnt dem Papst und dem Teufel Seelen, wie Rashleigh, lärmt und tobt, entheiligt den Sabbath und thut des Papstes Gebote, wie sie Alle zusammen – aber bei dem barmherzigen Himmel, sorgt für Euer junges Blut, und kommt Robin dem Rothen nicht zu nahe!«

Die Besorgniß des Gärtners war zu aufrichtig, als daß ich sie für Verstellung hätte halten können. Ich begnügte mich indeß, ihm zu sagen, daß ich im Wirthshause zu übernachten gedächte, und empfahl ihm, gut für die Pferde zu sorgen. Uebrigens legte ich ihm das strengste Stillschweigen über den Gegenstand seiner Beunruhigung auf, und gab ihm die Versicherung, daß ich mich nicht unvorsichtig in Gefahr begeben würde. Er folgte mir niedergeschlagen in das Haus, und murmelte zwischen den Zähnen, Menschen mußten eher versorgt werden, als das Vieh, und er hätte den ganzen lieben Tag keinen Bissen zu sich genommen, als eine zähe alte Wasserhuhnskeule.

Die Eintracht der Gesellschaft schien während meiner Abwesenheit eine Störung erlitten zu haben, denn ich fand Galbraith und meinen Freund Jarvie in lebhaftem Streite.

»Ich will solche Reden gegen den Herzog von Argyle und den Namen Campbell nicht hören,« sagte Jarvie bei meinem Eintritte. »Er ist ein wackerer, volksthümlich gesinnter Mann, ein Ruhm für's Land und ein Freund und Beschützer des Handels von Glasgow.«

»Ich will nichts gegen Mac-Callum More und den Slioch-nan-Diarmid sagen,« erwiderte der kleinere Hochländer lachend. »Ich lebe an der falschen Seite, um mit Inverara zu streiten.«

»Unser See sah nie der Cawmil Galeere Der Herzog von Argyle und die Andern seines Stammes führen eine Galeere im Wappen.,« sagte der größere Hochländer. »Ich spreche frei und fürchte Niemand – Ich achte einen Cawmil nicht mehr als einen Cowan, und Ihr könnt dem Mac-Callum More erzählen, daß Allan Iverach es gesagt hat. Es ist ein weiter Schrei bis Lochow Lochow und die angrenzenden Distrikte bildeten den ursprünglichen Sitz der Campbells.

Galbraith, auf welchen das wiederholte Bescheidthun einige Wirkung gemacht hatte, schlug heftig mit der Hand auf den Tisch und sagte mit strenger Stimme: »Dieß Geschlecht hat eine blutige Schuld, und wird eines Tages dafür bezahlen. Die Gebeine eines treuen und tapfern Grahame haben in ihrem Sarge lange nach Rache an den Herzogen und den Lords von Lorn gerasselt. Nie gab's eine Verrätherei in Schottland, ohne daß ein Cawmil dabei im Spiele war, und jetzt, da das Schlimme die Oberhand hat, sind's da nicht wieder die Cawmils, die das Rechte niederhalten? Aber das Wesen wird nicht lange dauern, und es wird Zeit sein, das Schwert zu schleifen, um Hälse und Kehlen abzuschneiden. Ich hoffe, wir sehen die alte rostige Klinge wieder eine blutige Ernte halten.«

»Schämt Euch, Garschattachin!« rief der Stadtvoigt; »pfui, schämt Euch, Sir, so Etwas vor einer obrigkeitlichen Person zu sagen, und Euch selbst in Ungelegenheit zu bringen. – Wie wollt Ihr Eure Familie ernähren und Eure Gläubiger befriedigen – mich und Andere – wenn Ihr auf diesem wilden Wege fortgeht, der Euch, zum Schaden Aller, die mit Euch in Verbindung stehen, dem Gesetze verantwortlich machen wird?«

»Verdammt meine Gläubiger,« rief der tapfere Galbraith, »und Ihr dazu, wenn Ihr einer davon seid. Ich sag', es wird bald eine andere Welt sein. Und dann wird kein Cawmil die Nase mehr so hoch tragen, und seine Hunde dahin hetzen, wohin er selbst nicht kommen darf, und nicht mehr Diebe, Mörder und Unterdrücker beschützen, die bessere Leute, als sie selber sind, plündern und berauben.«

Jarvie hatte große Lust, den Streit fortzusetzen, als der wohlriechende Duft des Wildbratens, den uns die Wirthin jetzt vorsetzte, ein so mächtiger Vermittler wurde, daß er sich eifrig über seinen Teller hermachte, und die Fremden den Streit unter sich fortsetzen ließ.

»Und das ist wahr,« sagte der lange Hochländer, der, wie ich hörte, Stuart hieß, »wir würden nicht geplagt und geschoren, uns hier zu versammeln, um Robin den Rothen zu fangen, wenn die Campbells ihm nicht Zuflucht gäben. Es waren unser dreißig meines Namens. Wir jagten den Mac-Gregor, wie man ein Reh jagt, bis wir in die Gegend von Glenfalloch kamen; da standen die Campbells auf und hielten uns von der Verfolgung ab, und so war unsere Mühe verloren. Aber ich gäb' etwas darum, wenn ich dem Robin wieder so nahe wär', als an jenem Tage.«

Es schien unglücklicherweise, als ob mein Freund Jarvie an jedem Gegenstande, auf den diese kriegerischen Herren das Gespräch brachten, ein Aergerniß nehmen müßte. »Verzeiht mir, wenn ich gerade heraus rede, Sir,« sagte er; »aber Ihr hättet wohl die beste Kugel unter Eurer Mütze darum gegeben, so weit von Robin zu sein, als Ihr jetzt seid. Wetter, meine glühende Pflugschaar wäre gegen sein Schwert nichts gewesen.«

»Ihr thätet besser, wenn Ihr nicht mehr von Eurer Pflugschaar sprächet, oder, bei Gott, Ihr sollt mir Eure Worte hinunterschlucken, und zwei Hände voll kalten Stahles sollen nachhelfen.« Und mit einem drohenden Blicke griff der Hochländer zu dem Dolche.

»Keinen Streit, Allan,« sagte sein kleinerer Gefährte. »Wenn der Herr aus Glasgow etwas auf Robin hält, so kann er ihn vielleicht noch diese Nacht in kaltem Eisen sehen und morgen, wie er an einem Stricke Possen macht; denn lange genug hat er das Land geplagt, und sein Lauf ist dem Ende nahe. – Aber es wird Zeit, Allan, daß wir zu unseren Leuten gehen.«

»Nicht doch, Inverashalloch,« sagte Galbraith. »Denkt an die alte Salbe, Mann – der Mond scheint kalt,« sagte Bennygask – »noch eine Pinte,« sagte Leskry – »wir woll'n vor 'nem frischen Trunke nicht erschrecken.«

»Ich habe genug getrunken,« sagte Inverashalloch. »Ich trinke mein Maaß Uskebah oder Branntwein mit jedem wackern Kerl, aber der Teufel hol' einen Tropfen mehr, wenn ich des Morgens was vorhabe. Und nach meinen einfältigen Gedanken thätet Ihr besser, wenn Ihr Eure Reiter nach Clachan bringen ließet, damit wir Alle munter auf sein könnten.«

»Zum Henker, weßhalb eilt Ihr denn so?« rief Galbraith. »Mess' und Mahl hinderten noch nie die Arbeit. Und wäre es mir nachgegangen, so hätte man Euch nie aus Euren Schluchten gerufen, um uns zu helfen. Die Garnison und unsere Reiter würden Robin leicht genug haben fangen können. » Hier ist die Hand,« sagte er, seine eigene emporhebend, »die ihn auf den Rasen werfen soll, und die nimmer Einen von euch Hochländern zur Hülfe auffordert.«

»Dann hättet Ihr uns lassen sollen, wo wir waren,« sagte Inverashalloch. »Ich komme nicht sechzig Meilen weit her, wenn ich nicht gerufen werde. Aber wenn ich Euch meine Meinung sagen soll, so rath' ich Euch, Eure Zunge besser im Zaume zu halten, wenn Ihr einen glücklichen Fortgang hofft. Wer eine Stütze hat, der hält sich lange, und so kann's der, den Ihr kennt. Wenn man einen Vogel fangen will, wirft man nicht mit der Mütze danach. Auch diese Herren hörten Manches, was sie nicht gehört haben würden, wenn der Branntwein nicht zu stark für Euer Hirn gewesen wäre, Major Galbraith. – Ihr braucht Euren Hut nicht so trotzig aufzusetzen und gegen mich den Eisenfresser zu spielen, denn ich will das nicht leiden!«

»Ich hab's gesagt,« sagte Galbraith mit dem feierlichen Wesen trunkenen Ernstes, »daß ich diese Nacht weder mit Tuch, noch Tartan streiten will. Wenn ich außer dem Dienste bin, streite ich mit Euch und mit Jedermann aus dem Hochlande oder dem Niederlande, aber nicht im Dienste – nein, nein! – Ich wollte, wir hörten von diesen Rothröcken. Wenn's etwas gegen König Jakob zu thun gäbe, würden wir sie schon lange gesehen haben; wenn aber die Ruhe im Lande erhalten werden soll, können sie so ruhig liegen, wie ihre Nachbarn.«

Als er so sprach, hörten wir den gemessenen Tritt einer im Marsch begriffenen Abtheilung Infanterie, und ein Offizier, dem eine oder zwei Rotten Soldaten folgten, trat in das Gemach. Er sprach mit dem englischen Accent, was für mein Ohr sehr erfreulich war, da es nun schon so lange die abweichende Mundart der Schotten gehört hatte.

»Ihr seid vermuthlich Major Galbraith von der Lennox-Miliz, und diese Herren sind die beiden Hochländer, die ich hier treffen sollte?«

Sie bejaheten, und boten dem Offizier einige Erfrischungen an, die er ablehnte.

»Ich habe mich verspätet, meine Herren, und wünsche nun die Zeit wieder einzubringen. Ich habe Befehl, zwei Personen aufzusuchen und zu verhaften, die verrätherischer Anschläge beschuldigt werden.«

»Wir waschen unsere Hände, was das betrifft,« sagte Inverashalloch. »Ich kam mit meinen Leuten hierher, gegen den rothen Mac-Gregor zu fechten, der meinen Vetter im siebenten Grade, Duncan Mac-Laren, in Invernenty erschlagen hat; aber ich will nichts mit Dem zu thun haben, was ehrliche Leute betrifft, die das Land in ihren Geschäften bereisen mögen.«

»Ich auch nicht,« sagte der andere Hochländer.

Major Galbraith nahm die Sache ernster, und sich räuspernd, begann er:

»Ich werde nichts gegen König Georg sagen, Hauptmann, weil ich zufällig meine Anstellung in seinem Namen erhalten haben mag – aber wenn eine Anstellung gut ist, Sir, so ist deßhalb die andere nicht schlecht, und Einige glauben, Jakob sei ein eben so guter Name, wie Georg. Der Eine ist König – und der Andere sollt' es von Rechtswegen sein. Ich sage, ein ehrlicher Mann kann und soll gegen Beide treu gesinnt sein. Für jetzt bin ich des Statthalters Meinung, wie's einem Miliz-Offizier und einem Ersatzmanne des Unterhauses zukömmt – und von Verrath und dergleichen zu sprechen ist nur verlorene Zeit.«

»Ich sehe mit Bedauern, wie Ihr Eure Zeit hier zugebracht habt, Sir,« erwiderte der Engländer, da die Worte des wackern Majors fürwahr sehr nach dem starken Getränke schmeckten, das er genossen hatte. »Ich wünschte, es wäre bei einer so wichtigen Gelegenheit auf andere Weise geschehen. Ihr thätet wohl, Euch eine Stunde niederzulegen. – Gehören diese Herren zu Eurer Gesellschaft?« fragte er, auf Jarvie und mich blickend, die wir, mit unserm Abendessen beschäftigt, wenig auf ihn geachtet hatten.

»Reisende, Sir,« sagte Galbraith – »ehrbare Reisende zu Wasser und Land wie das Gebetbuch sagt.«

»Meine Vorschrift lautet,« sprach der Hauptmann, indem er uns mit einem Lichte genauer beleuchtete, »einen ältern und einen jungen Mann zu verhaften, und ich glaube, diese Herren entsprechen der Beschreibung genau.«

»Bedenkt, was Ihr sagt, Sir,« rief Jarvie; »weder Euer rother Rock, noch Euer Tressenhut soll Euch schützen, wenn Ihr mir einen Schimpf anthut. Ich bin ein freier Bürger und eine obrigkeitliche Person aus Glasgow; Nicol Jarvie ist mein Name, und so hieß auch mein Vater – ich bin Stadtvoigt und mein Vater war Vorsteher.«

»Er war ein Spitzkopf,« sagte Major Galbraith, »und focht an der Bothwellbrücke gegen den König.«

»Er bezahlte, was er schuldig war und was er kaufte, Mr. Galbraith,« sagte Jarvie, »und war ein redlicherer Mann, als je einer auf Euren Beinen stand.«

»Ich habe nicht Zeit, auf das Alles zu achten,« erklärte der Offizier. »Ich muß Euch ganz bestimmt festnehmen, meine Herren, wenn Ihr nicht hinlängliche Bürgschaft stellen könnt, daß Ihr treue Unterthanen seid.«

»Ich verlange vor eine Civil-Behörde gebracht zu werden,« sagte Jarvie. »Ich bin nicht verpflichtet, jedem Rothrocke zu antworten, der mich verhören will.«

»Gut, Herr; ich werde wissen, wie ich Euch zu behandeln habe, wenn Ihr ruhig seid. Und Ihr? (zu mir sich wendend) wie ist Euer Name?«

»Frank Osbaldistone, Sir!«

»Wie! Ein Sohn des Sir Hildebrand Osbaldistone in Northumberland?«

»Nein,« fiel Jarvie ein; »ein Sohn des großen William Osbaldistone, von dem Handelshause Osbaldistone und Tresham in London.«

»Ich fürchte, Euer Name vermehrt den Verdacht gegen Euch nur noch, und ich bin in die Nothwendigkeit versetzt, Euch zu ersuchen, mir alle Eure Papiere einzuhändigen.«

Ich bemerkte, daß die Hochländer sich bei diesem Verlangen ängstlich ansahen. »Ich habe keine,« erwiderte ich.

Der Offizier befahl, mich zu entwaffnen und zu durchsuchen. Widerstand wäre Tollheit gewesen. Ich gab daher meine Waffen ab und unterwarf mich einer Untersuchung, die so höflich als möglich vollzogen wurde. Man fand nichts, als den Zettel, welchen ich diese Nacht durch die Wirthin erhalten hatte.

»Ich hab' etwas anderes erwartet,« sagte der Offizier; »allein es gewährt uns guten Grund, Euch zurückzuhalten. Ich finde Euch im Briefwechsel mit dem berüchtigten und geächteten Räuber Mac-Gregor Campbell, der so lange eine Plage dieser Gegend gewesen ist. – Was könnt Ihr dagegen sagen?«

»Spione Robins!« sagte Inverashalloch – »es geschähe ihnen recht, wenn wir sie an den nächsten Baum hingen.«

»Wir sind ausgereist, nach einigem Gut von uns zu sehen, das zufällig in seine Hände gefallen ist, Ihr Herren,« sagte der Stadtvoigt. – »Es gibt hoffentlich kein Gesetz gegen einen Mann, der seinem Eigenthum nachgeht!«

»Wie seid Ihr zu diesem Briefe gekommen?« fragte mich der Offizier.

Es war mir unmöglich, die arme Wirthin zu verrathen, und ich schwieg.

»Wißt Ihr etwas davon, Geselle?« fragte der Offizier den Gärtner, dessen Kinnbacken wie Castagnetten klapperten, als er die Drohung der Hochländer hörte.

»O – ja, ich weiß Alles. – Es war ein hochländischer Taugenichts, der den Brief der langzüngigen Wirthin hier gab. – Ich will darauf schwören, mein Herr weiß nichts davon. Aber er will in's Gebirge gehen und mit Robin sprechen. O, Sir, es wär' ein Werk der Barmherzigkeit, ihn durch ein Paar von Euren Rothröcken sicher nach Glasgow zurückbringen zu lassen, er mag wollen, oder nicht. Den Mr. Jarvie könnt Ihr behalten, so lang' es Euch gefällt. Er ist zu jeder Geldbuße, die Ihr auflegen wollt, reich genug – mein Herr ist es auch, was das betrifft – und was mich angeht, ich bin ein armer Gärtnerbursche und nicht werth, daß Ihr Euch meinetwegen bemüht.«

»Es wird wohl am besten sein, diese drei Leute unter Bedeckung nach der Garnison zu schicken,« sagte der Offizier. »Sie scheinen in unmittelbarer Verbindung mit dem Feinde zu stehen, und ich werd' es in keinem Falle auf mich nehmen, sie frei zu lassen. – Meine Herren, ihr werdet euch als meine Gefangenen betrachten. Mit Tagesanbruch schick' ich euch an einen sichern Ort. Wenn Ihr die Personen seid, für die ihr euch ausgebt, so wird sich's bald zeigen, und es kann euch keine große Ungelegenheit machen, wenn ihr einige Tage aufgehalten werdet. – Ich kann keine Einwendungen anhören,« fuhr er fort, indem er sich von dem Stadtvoigt abwendete, dessen Mund sich zur Gegenrede geöffnet hatte, »mein Dienst verstattet mir keine Zeit zu unnützen Erörterungen.«

»Gut, gut, Sir,« sagte Jarvie: »mag's denn nach Eurer Geige gehen, aber seht zu, daß ich Euch nicht zwinge, zu tanzen, eh' aller Tage Abend ist.«

Eine ängstliche Berathung fand nun zwischen dem Offizier und den Hochländern statt, aber so leise, daß man unmöglich etwas davon verstehen konnte. Sobald sie geendet war, verließen Alle das Haus. »Diese Hochländer,« sagte Jarvie hierauf zu mir, »sind von den westlichen Clans, und eben so leichthändig, wie ihre Nachbarn, wenn Alles wahr ist, was man von ihnen spricht; und dennoch seht Ihr, wie sie aus dem Ende von Argyleshire hergekommen sind, gegen den armen Robin zu fechten, weil sie einen alten Groll gegen ihn und seinen Stamm haben. – Und da sind die Grahame's, und die Buchanans und die Lennoxgeschlechter alle aufgesessen und gerüstet. Man kennt ihren Streit wohl, und ich tadle sie nicht – Niemand verliert gern sein Vieh, – und dann sind hier die Soldaten, die armen Dinger, die auf Jedermanns Geheiß aus der Garnison gehetzt werden. Der arme Robin wird alle Hände voll zu thun haben, wenn die Sonne über die Berge kommt. Es ist wohl unrecht für eine obrigkeitliche Person, etwas gegen den Gang der Gerechtigkeit zu wünschen, aber der Teufel soll mich holen, wenn mir's das Herz bräche, zu hören, daß Alle ihren Lohn von Robin bekommen hätten.«


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