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Neunzehntes Kapitel.

Den Schluß zu ziehn – das Ende von Allem.

Dean Swift.

Da Glossin ohne Erben starb und ohne die Kaufsumme gezahlt zu haben, so ward die Herrschaft Ellangowan wieder den Händen der Gläubiger Mr. Godfrey Bertram's übergeben, von denen indeß die meisten ihren Anspruch aufgeben mußten, sobald Henry Bertram als Erbe auftreten wollte. Dieser junge Herr vertraute seine Angelegenheiten Mr. Pleydell und Mr. Mac-Morlan an, jedoch mit der ausdrücklichen Bedingung, daß, und sollte er selbst wieder nach Indien gehen müssen, jede Schuld, die wirklich von seinem Vater zu fordern wäre, bezahlt werden sollte. Mannering, der diese Erklärung hörte, drückte ihm freundlich die Hand, und von diesem Augenblick herrschte ein vollkommenes Einverständniß zwischen ihnen.

Der baare Nachlaß der Miß Margarete Bertram, und die freigebige Unterstützung des Obersten, setzte den Erben leicht in Stand, die rechtmäßigen Ansprüche der Gläubiger seines Vaters zu befriedigen, während der Fleiß und Eifer seiner Rechtsfreunde, vorzüglich in Glossin's Rechnungen, so manche Uebertreibung entdeckte, wodurch der Gesammtbetrag bedeutend vermindert wurde. Unter diesen Umständen zögerten die Gläubiger nicht, Bertram's Recht anzuerkennen und ihm das Haus und Eigenthum seiner Ahnen zu übergeben. Die ganze Gesellschaft ging von Woodbourne nach Ellangowan, um das Gut in Besitz zu nehmen, was unter dem freudigen Zuruf der Pächter und der ganzen Nachbarschaft stattfand; und so eifrig wünschte Oberst Mannering über die Ausführung einiger Pläne, die er Bertram empfohlen hatte, die Aufsicht zu führen, daß er mit seiner Familie von Woodbourne nach Ellangowan zog, obwohl letzteres jetzt weit weniger Bequemlichkeit darbot.

Des armen Dominie Kopf war fast ganz verwirrt vor Freude, daß er nach seiner alten Wohnung zurückkehren durfte. Er eilte die Treppe empor, indem er drei Stufen auf einmal nahm, nach einem kleinen elenden Stübchen, in frühern Zeiten seine Zelle und sein Schlafgemach, welches sein weit besseres Zimmer zu Woodbourne ihn nie hatte vergessen lassen. Hier befiel plötzlich ein trüber Gedanke den ehrlichen Mann – die Bücher! – Drei Zimmer in Ellangowan reichten nicht hin, sie zu fassen. Während er sich noch mit diesem Gedanken trug, ward er plötzlich zu Mannering gerufen, um diesem einige Verhältnisse berechnen zu helfen, die sich auf ein neues und stattliches Haus bezogen, welches neben dem neuen Herrenhause in Ellangowan erbaut werden sollte, und zwar in einem Style, welcher den großartigen Ruinen in der Nähe entspräche. Unter den verschiedenen Räumen auf dem Plane bemerkte Simson einen, welcher die Bibliothek genannt ward; und dicht daneben befand sich ein niedliches Zimmer, mit der Benennung, Mr. Simson's Stube. – »Wunderbar! wunderbar! wun-der-bar!« rief der entzückte Dominie.

Mr. Pleydell hatte die Gesellschaft auf einige Zeit verlassen; zur Zeit seiner Weihnachtsferien kehrte er jedoch, seinem Versprechen gemäß, zurück. Er kam in Ellangowan an, als Alle, bis auf den Obersten, abwesend waren; dieser war mit Plänen von Gebäuden und Gartenanlagen beschäftigt, worin er vorzüglich geschickt war und viel Vergnügen fand.

»Aha!« sagte der Advokat, »Sie sind hier! Wo sind die Damen? wo ist die schöne Julie?«

»Sie ist spazieren gegangen mit dem jungen Hazlewood, Bertram und Capitain Delaserre, einem Freunde Bertram's, der jetzt bei uns wohnt. Sie sind im Begriff, den Plan zu einem Häuschen in Derncleugh zu machen. Nun, sind Sie mit Ihrer Rechtssache gut zu Ende gekommen?«

»Ganz leicht,« antwortete der Rechtsgelehrte; »er ist vor den Gerichtsfrohnen als Erbe bestätigt worden.«

»Gerichtsfrohne? wer sind sie?«

»Ei, eine Art gerichtlicher Saturnalien. Sie müssen wissen, daß eines der Erfordernisse, um ein Gerichtsfrohn oder Diener unsers höchsten Gerichtshofes zu sein, darin besteht, daß sie Leute ohne Kenntnisse sein müssen.«

»Nun?«

»Unsre schottische Gesetzgebung hat, wie ich des Scherzes wegen vermuthe, diese unwissenden Männer zu einem besondern Gerichtshof vereinigt, um über Angelegenheiten zu entscheiden, welche Verwandtschaft und Herkunft betreffen, so wie diese Angelegenheit Bertram's, wobei oft sehr verwickelte und feine Fragen zu beantworten sind.«

»Diese Einrichtung hat der Teufel gerathen; mir scheint das doch widersinnig.«

»O, wir haben ein praktisches Gegenmittel wider die theoretische Albernheit. Einige der Richter wohnen solchen Angelegenheiten, als Rathgeber und Assessoren ihrer eigenen Thürhüter, bei. Aber Sie wissen ja, was Cujacius sagt: Multa sunt in moribus dissentanea, multa sine ratione. Indeß hat dieser saturnalische Gerichtshof unser Geschäft abgemacht; und nachher hatten wir herrliches Gelag bei Walkers. Mac-Morlan wird staunen, wenn er die Rechnung sieht.«

»Ohne Sorgen,« sagte der Oberst, »wir werden es auf uns nehmen, und versprechen obendrein noch eine Bewirthung bei unserer Freundin Mrs. Mac-Candlish.«

»Und machen Jock Jabos zu Ihrem Stallmeister!« erwiederte der Advokat.

»Das könnte geschehn.«

»Und wo ist Dandie; der wackere Herr von Liddesdale?« fragte Pleydell.

»Nach seinen Bergen heimgekehrt; aber er hat Julien versprochen, im Sommer mit seinem Weibe und ich weiß nicht wie viel Kindern einen Besuch zu machen.«

»O, die krausköpfigen Schelme! ich muß dann auch kommen, und Blindekuh und Verstecken mit ihnen spielen. – Aber was bedeutet das Alles?« fuhr Pleydell fort, die Pläne zur Hand nehmend; – »Thurm in der Mitte, nach dem Muster des Adlerthurmes zu Caernarvon – corps de logis – der Teufel! – Flügel – Flügel? ei, das Haus wird die Herrschaft Ellangowan auf seinen Rücken nehmen und damit fortfliegen!«

»Nun, so müssen wir einige Beutel von Rupien als Ballast hineinlegen,« erwiederte der Oberst.

»Aha! pfeift der Wind daher? Dann glaub' ich gar, der junge Bursch fischt mir meine angebetete Julie weg?«

»Allerdings, Mr. Pleydell.«

»Diese Schelme, die post-nati, laufen doch uns, die wir aus der alten Schule sind, immer den Rang ab,« sagte Pleydell. »Aber sie wird doch wohl ihre Neigung zu mir auf Lucy übertragen?«

»In der That, ich fürchte, Sie sind auch auf dieser Seite bedroht,« sagte der Oberst.

»Wirklich?«

»Sir Robert Hazlewood,« sagte Mannering, »war hier zu Besuch bei Bertram, indem er dachte, vermuthete und der Meinung war« –

»O, Himmel! Bitte, verschonen Sie mich mit des würdigen Baronets Phrasen!«

»Wohlan, Sir,« fuhr Mannering fort, »um es kurz zu machen, – er glaubte, da das Gut Singleside genau zwischen zwei von seinen Pachthöfen läge, und mehr als zwei Stunden von Ellangowan entfernt sei, so könnte vielleicht ein Verkauf, ein Tausch, oder sonst eine Uebereinkunft zur wechselseitigen Bequemlichkeit beider Parteien stattfinden.«

»Gut, und Bertram« –

»Nun, Bertram erwiederte, er halte die erste Verfügung der Mrs. Margarete Bertram für die, den Verhältnissen seiner Familie angemessenste Einrichtung, und daher sei das Gut Singleside Eigenthum seiner Schwester.«

»Der Schelm!« sagte Pleydell, seine Brille abwischend, »er wird mir das Herz stehlen, wie er mir schon die Geliebte gestohlen hat – Et puis?«

»Und sodann entfernte sich Sir Robert mit vielen huldreichen Worten; vorige Woche aber zog er wieder mit Heeresmacht in's Feld, mit seiner Kutsche und sechs Pferden, seiner gestickten Scharlachweste, der besten Perücke – Alles sehr großartig.«

»Und was hatte er zu verkünden?«

»Nun, er schwatzte äußerst umständlich von einer Zuneigung des Charles Hazlewood zu Miß Bertram.«

»So, so; er respektirte den kleinen Gott Cupido, als er ihn auf der Zinne von Singleside sitzen sah. Und die arme Lucy soll bei dem alten Narren und seinem Weibe, bei dem Ritter im Unterrock, wohnen?«

»Nein – wir richten das anders ein. Singleside wird für die jungen Leute eingerichtet und soll künftig Ober-Hazlewood heißen.«

»Und gedenken Sie immer in Woodbourne zu bleiben, Oberst?«

»Nur, so lange diese Pläne noch nicht vollendet sind. Sehn Sie, hier ist der Plan zu meiner Behausung, ganz passend eingerichtet, um einsam und mürrisch sein zu können, wenn ich dazu Lust bekomme.«

»Und da sie auch, wie ich sehe, nah am Eingang zum alten Schloß gelegen ist, so können Sie Donagild's Thurm zur nächtlichen Betrachtung der Himmelskörper einrichten? Bravo, Oberst!«

»Nein, nein, mein lieber Pleydell! Hier endigt der Astrolog

 

Ende des dritten und letzten Theils.



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