Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Erstes Kapitel.

Wie sagst du, Weiser? daß der Liebe Macht
Des Schicksals ärgste Tücken kühn verlacht?
Daß Würdiges sich Würdigem verbindet,
Und Geistesstolz zu Ahnenstolz sich findet?

Crabbe.

V. Brown – ich will diesen dreimal unseligen Namen nicht in seiner ganzen Länge geben – war von Kindheit an ein Spielball des Schicksals gewesen; aber die Natur hatte ihm jene Elasticität des Geistes gegeben, welche nach dem Drucke nur um so höher steigen läßt. Seine Gestalt war groß, männlich, gewandt, und seine Gesichtszüge entsprachen seiner übrigen Persönlichkeit; denn waren sie auch keineswegs regelmäßig zu nennen, so lag doch der Ausdruck der Klugheit und Herzensgüte darin; wenn er sprach, oder sich in besonders lebhafter Stimmung befand, erschien er stets höchst interessant. Sein Benehmen verrieth den militärischen Beruf, den er freiwillig erwählt hatte und in welchem er jetzt bis zum Rang eines Hauptmanns gestiegen war; der Nachfolger des Oberst Mannering hatte sich nämlich bemüht, die Ungerechtigkeit, welche Brown durch jenes Herrn Vorurtheil erfahren hatte, wieder auszugleichen. Dies jedoch, so wie seine Befreiung aus der Gefangenschaft, fand erst statt, nachdem Mannering Indien verlassen hatte. Brown folgte kurz nachher, indem sein Regiment in die Heimat gerufen ward. Sein erstes Geschäft war, sich nach der Familie Mannering zu erkundigen, und da er bald erfuhr, daß sie ihren Weg nördlich genommen hatten, folgte er ihnen mit dem Vorsatze, seine Bewerbungen um Julien fortzusetzen. Ihrem Vater glaubte er keine Rücksichten schuldig zu sein; denn, unbekannt mit dem Gifte des Argwohns, welches man dem Oberst eingeflößt hatte, betrachtete er denselben nur als tyrannischen Aristokraten, der seine Gewalt als Befehlshaber dazu mißbrauchte, um ihn des wohlverdienten Vorzugs zu berauben, und der ihn überdies zu persönlichem Kampfe aus keinem bessern Grund zwang, als weil er einer hübschen jungen Dame Artigkeiten erwies, die ihr selbst angenehm und von ihrer Mutter überdies gebilligt und gestattet waren. Deßhalb war er entschlossen, keine abschlägige Antwort anzunehmen, außer von der jungen Dame selbst, indem er seine schmerzliche Wunde und Gefangenschaft als direkte Beleidigungen von Seiten des Vaters betrachtete, wodurch er sich aller weitern Rücksichten gegen denselben überhoben fühlte. Wie weit sein Plan gediehen war, als Mr. Mervyn seinen nächtlichen Besuch entdeckte, davon sind unsre Leser bereits unterrichtet.

In Folge dieses unangenehmen Begegnisses entfernte sich Hauptmann Brown aus dem Wirthshause, wo er unter dem Namen Dawson gewohnt hatte, so daß Oberst Mannerings Versuche, ihn zu entdecken und auszuspüren, vergeblich waren. Doch war er entschlossen, sich durch keine Schwierigkeit von seinem Vorhaben abschrecken zu lassen, so lange ihm Julie noch einen Strahl der Hoffnung ließ. Die Theilnahme, die er sich in ihrem Busen erweckt hatte, war zu stark, als daß sie ihm dieselbe hätte verbergen können, und mit all dem Muthe romantischer Ritterlichkeit nahm er sich vor, beharrlich zu sein. Doch wir glauben, es werde dem Leser angenehm sein, seine Denkweise und seine Absichten aus seinen eignen Mittheilungen kennen zu lernen, die er an seinen vertrauten Freund, Hauptmann Delaserre, einen vornehmen Schweizer, richtete, welcher in seinem Regimente eine Compagnie hatte.

Auszug.

»Laß mich bald von dir hören, lieber Delaserre. – Bedenke, daß ich nichts von den Angelegenheiten unsers Regiments erfahren kann, als durch deine freundliche Vermittelung, und doch verlangt mich, zu wissen, was aus dem Kriegsgericht zu Ayro geworden ist und ob Elliot die Majorität für sich hat; desgleichen, wie die Rekrutirung vor sich geht, und wie den jungen Offizieren ihr Tisch gefällt. Nach unserm alten Freund, dem Oberst-Lieutenant, brauch' ich nicht zu fragen; ich sah ihn, als ich durch Nottingham reiste, glücklich im Schooße seiner Familie. Welch ein Glück, Philipp, ist es für uns arme Teufel, noch solch einen kleinen Ruheplatz zwischen dem Felde und dem Grabe zu haben, wenn wir der Krankheit, dem Schwerte, dem Blei und den Folgen eines harten Kriegerlebens entgangen sind! Ein ausgedienter alter Soldat ist immer ein würdiger und geachteter Charakter. Er murrt dann und wann ein wenig, aber dann ist er auch wohl dazu berechtigt – wollte ein Advokat, ein Arzt oder ein Geistlicher ein Klagelied über Unglück und Vernachlässigung anstimmen, so würden ihm alsbald hundert Zungen seine eigene Ungeschicklichkeit als Grund vorwerfen. Aber dem stupidesten Veteran, der je seine zehnmal erzählte Geschichte von einer Belagerung oder Schlacht herstammelte, hört man mit Theilnahme und Ehrfurcht zu, wenn er seine dünnen Locken schüttelt und unwillig von den Knaben schwatzt, die ihm vorgesetzt sind. Und du und ich, Delaserre, die wir beide Fremde sind – denn ich muß mich ja doch auch dafür halten, obwohl ich eigentlich ein Schotte bin, weil die Engländer, könnt' ich meine Abkunft beweisen, mich kaum als Landsmann anerkennen würden – wir können stolz darauf sein, daß wir unsre Beförderung erfochten haben, und durch das Schwert gewannen, was wir auf andere Weise nicht erlangen konnten, da uns das Geld dazu fehlte. Die Engländer sind ein kluges Volk. Während sie sich selbst loben und sich den Anschein geben, als schätzten sie alle andre Völker gering, lassen sie uns zum Glück Hinterthüren offen, durch welche wir von der Natur weniger begünstigten Fremden einen Theil ihrer Vortheile erlangen können. Und so gleichen sie in mancher Hinsicht einem prahlerischen Gastwirth, welcher den Werth und Wohlgeschmack seines sechsjährigen Schöpses lobt, während es ihn doch freut, allen in der Gesellschaft davon mittheilen zu können. Kurz, du, den seine stolze Familie, und ich, den sein hartes Geschick zum Krieger Fortunens machte, wir haben doch stets die angenehme Erinnerung, daß, wo uns im britischen Dienste Hemmnisse begegnen, nur der Mangel des Geldes daran schuld war, indem wir den Zoll am Schlagbaum nicht entrichten konnten; nicht aber, als hätten wir überhaupt die Straße nicht bereisen dürfen. Kannst du daher den kleinen Weischel bereden, einer der Unsern zu werden, so laß ihn in Gottes Namen die Fähndrichsstelle kaufen, sich gut aufführen, seine Pflicht thun und seine weitere Beförderung dem Schicksal überlassen.

»Und nun wirst du, wie ich hoffe, höchst begierig sein, das Ende meines Romans zu erfahren. Ich erzählte dir, daß ich es für gut fand, mit Dudley, einem jungen englischen Künstler, mit dem ich bekannt geworden, eine Fußreise von einigen Tagen in die Berge von Westmoreland zu unternehmen. Es ist dieser Dudley ein recht hübscher Bursch, mußt du wissen, Delaserre – er malt erträglich, zeichnet schön, unterhält sich gut und spielt die Flöte zum Bezaubern; und obwohl er auf diese Weise gar wohl berechtigt wäre den Genialen zu spielen, so ist er doch wirklich ein bescheidner, anspruchloser junger Mann. Als wir von unsrer kleinen Reise zurückkehrten, erfuhr ich, daß der Feind recognoscirt hatte. Mr. Mervyns Boot hatte den See gekreuzt, wie mir der Wirth sagte, und der Squire selbst nebst einem Gaste war darin gewesen.

»›Wie sah der Mann aus, Herr Wirth?‹

»›Nun, es war ein finsterer, militärisch aussehender Mann, den sie Oberst nannten – Squire Mervyn verhörte mich so genau, als ständ' ich vor den Assisen – aber ich war nicht so dumm, Mr. Dawson‹ – (wie ich dir sagte, war dies mein angenommener Name) – ›aber ich sagte ihm nichts von Ihren Streifereien und Nachtspazierfahrten auf dem See – ich gewiß nicht – ich mache keinen Spaß, aber ich verderb' auch keinen – und der Squire Mervyn, das ist nun ein Griesgram – er wird schon wild, wenn meine Gäste nur an seinem Hause landen, und das ist doch als vierte Station auf der Karte verzeichnet. Nein, nein, will er was wissen, so mag er's selbst ausspioniren, bei Joe Hodges erfährt er nichts.‹ – –

»Du siehst wohl, daß mir hier nichts weiter übrig blieb, als des ehrlichen Joe Hodges Rechnung zu bezahlen und Abschied zu nehmen, wofern ich es nicht vorziehen wollte, ihn zum Vertrauten zu machen, aber dafür spürte ich keine Neigung in mir. Ueberdieß erfuhr ich, der ci-devant Oberst sei im vollen Rückzuge nach Schottland begriffen und nehme die arme Julie mit sich hinweg. Ich vernehme von denen, welche sein schweres Gepäck besorgen, daß er sein Winterquartier auf einem Orte nimmt, welcher Woodbourne heißt, in ––shire in Schottland. Er wird jetzt gehörig auf der Hut sein, und so muß ich ihn jetzt ohne einen neuen Angriff ziehn lassen. Aber dann, mein guter Oberst, dem ich so viel Dank schuldig bin, sorge gehörig für deine Vertheidigung.

»In Wahrheit, Delaserre, ich glaube oft, daß der Geist des Widerspruchs auch ein wenig den Eifer in meiner Bestrebung unterstützen hilft. Ich denke, ich würde den stolzen höhnischen Mann lieber in die Nothwendigkeit versetzen, seine Tochter Mrs. Brown nennen zu müssen, als daß ich sie mit seiner vollen Zustimmung und mit des Königs Erlaubniß, Titel und Wappen Mannerings zu führen, heirathete, wenn ich auch sein ganzes Vermögen zugleich mit erhalten sollte. Ein einziger Umstand ist vorhanden, der mich ein wenig bange macht – Julie ist jung und schwärmerisch. Ich möchte sie nicht gern zu einem Schritte treiben, den sie in reifern Jahren bereuen könnte, gewiß nicht; – eben so wenig möchte ich, daß sie mir, und wär' es nur mit einem Blicke, vorwärfe, ihr Glück zerstört zu haben – und noch weit weniger möcht' ich ihr Grund geben, zu sagen, (wie es manche gegen ihren Gemahl zu thun pflegen,) ›hätt' ich Zeit zur Ueberlegung gehabt, so würd' ich klüger und besser gehandelt haben.‹ Nein, Delaserre – dies darf nicht geschehn. Diese Aussicht lastet schwer auf mir, weil ich weiß, daß ein Mädchen in Julia's Lage keine bestimmte und genaue Idee von dem Werthe des Opfers hat, welches sie bringt. Sie kennt Schwierigkeiten nur dem Namen nach; und wenn sie an Liebe und eine Hütte denkt, so ist dies die romantische Hütte eines Lustparkes, wie sie nur in poetischen Schilderungen oder im Park eines Gentlemans von zwölftausend Pfund Einkünfte existirt. Sie würde schlecht vorbereitet sein auf die Entbehrungen einer wirklichen Schweizerhütte, wovon wir so oft sprachen, und auf die Schwierigkeiten, die uns schon umringen würden, bevor wir noch jenen Hafen erreichten. Dieser Punkt muß gehörig erörtert werden. Obwohl Juliens Schönheit und zärtliche Neigung einen ewig unauslöschlichen Eindruck auf mein Herz gemacht haben, so muß ich doch überzeugt sein, daß sie die Vortheile, die sie vergessen will, gehörig würdigen kann, ehe sie dieselben meinetwegen opfert.

»Bin ich zu stolz, Delaserre, wenn ich glaube, daß selbst diese Prüfung günstig für meine Wünsche bestanden werden wird? – Bin ich zu eitel, wenn ich annehme, daß die wenigen persönlichen Eigenschaften, die ich besitze, verbunden mit sehr mäßigen Mitteln zum Unterhalt, und sodann der Entschluß, mein Leben ihrem Glücke zu weihen, daß dies sie für die Opfer entschädigen kann, die sie mir bringen soll? Oder wird ein Unterschied in der Kleidung, der Bedienung, der vornehmen Lebensweise, wie man die Freiheit heißt, nach Belieben die Orte zu bestimmen, wo man Unterhaltung suchen will – wird alles dies in ihrer Meinung durch die Aussicht auf häusliches Glück und den Austausch unwandelbarer liebender Neigung aufgewogen werden? Ich sage nichts von ihrem Vater; – seine guten und schlimmen Eigenschaften sind so seltsam vermischt, daß die erstern durch die letztern neutralisirt werden; und das, was sie als Tochter ungern missen würde, ist mit dem, was sie leichten Herzens verlassen könnte, so in eins verschmolzen, daß die Trennung des Vaters und Kindes ein Umstand ist, auf den ich in diesem merkwürdigen Falle wenig Gewicht lege. Unterdessen halt' ich meinen Muth aufrecht, so gut ich's vermag. Ich habe zu viel Beschwerden und Mißlichkeiten erfahren, als daß ich voreilig auf glücklichen Erfolg rechnen sollte, und ebenso hab' ich zu oft wunderbare Hilfe gefunden, als daß ich muthlos sein sollte.

»Ich wollte du sähest dies Land. Die Scenerie würde dich gewiß erfreuen. Wenigstens ruft sie mir oft deine glühenden Schilderungen deiner eignen Heimat in's Gedächtniß. Für mich hat sie großentheils den Reiz der Neuheit. Von den schottischen Bergen habe ich, obwohl man mich oft versicherte, ich sei dort geboren, nur eine unbestimmte Idee. Meine Erinnerung weilt wirklich fast nur bei der weiten Oede, die sich meiner jugendlichen Phantasie einprägte, als ich die Ebenen der Insel Zeeland überschaute, ich besinne mich fast auf nichts, was jenem Eindrucke vorausging; nur aus dem damaligen Staunen und einigen dunkeln frühern Erinnerungen weiß ich, daß ich in einer frühern Zeit mit Höhen und Felsen vertraut war, und diese (obwohl mir nur mittelst des Kontrastes erinnerlich, so wie durch das Gefühl des Oeden, welches ich empfand, als ich zuerst auf die leere, platte Fläche ringsum sah,) müssen wohl einen unvertilgbaren Eindruck in meiner kindlichen Einbildungskraft zurückgelassen haben. Als wir zum erstenmal den berühmten Bergpaß im Lande Mysore bestiegen, und die meisten andern nur Ehrfurcht und Staunen über die Hoheit und Größe der Scenerie empfanden, theilte ich, so viel ich mich entsinne, vielmehr deine und Camerons Gefühle, deren Bewunderung solch wilder Felspartien mit heimatlicher Liebe gemischt war, die bei mir aus einer Ideenverbindung aus früherer Zeit entsprang. Trotz meiner holländischen Erziehung erscheint mir ein blauer Berg wie ein Freund, und ein rauschender Bergstrom gemahnt mich wie der Sang einer Amme, der mich in der Kindheit beruhigte. Nie machten Seen und Berge einen so lebhaften Eindruck auf mich, als in diesem Lande, und nichts thut mir so leid, als daß dich die Pflicht verhindert, an meinen häufigen Excursionen in diesen Thälern Theil zu nehmen. Einige Zeichnungen habe ich versucht, aber ich bringe nichts Gutes zu Stande – Dudley hingegen zeichnet herrlich, mit treffender, zauberisch wirkender Gewandtheit, während ich mich abmühe, dies zu schwerfällig, jenes zu leicht aufnehme, und am Ende nur eine häßliche Karrikatur zu Wege bringe. Ich muß mich an das Flageolet halten, denn Musik ist die einzige der Künste, welche mich als den Ihrigen anerkennen will.

»Weißt du schon, daß Oberst Mannering auch ein Zeichner ist? – wohl nicht, denn er verschmähte es, seine Fertigkeiten vor den Augen eines Untergebenen zu entfalten. Er zeichnet übrigens schön. Nachdem er und Julie Mervyn-Hall verlassen hatten, ward Dudley dorthin berufen. Der Squire wünscht, wie es scheint, eine Reihe von Zeichnungen vervollständigt zu sehen, wovon Mannering die ersten vier vollendet hatte, als ihn seine eilige Abreise in der Arbeit unterbrach. Dudley sagt, er habe selten etwas so Meisterhaftes und doch zugleich so Einfaches gesehn; und jedem Blatte ist überdies eine kurze poetische Schilderung beigefügt. Ist Saul, wirst du sagen, unter den Propheten? – Oberst Mannering macht Verse! – Gewiß hat sich dieser Mann all die Mühe gegeben, seine Fertigkeiten zu verbergen, die sich Andre geben, sie an den Tag zu legen. Wie zurückhaltend und ungesellig erschien er unter uns – wie wenig geneigt, sich in eine Unterhaltung einzulassen, die allgemeines Interesse erregen konnte! – Und dann seine Zuneigung zu dem unwürdigen Archer, der in jeder Beziehung so tief unter ihm stand; und dies nur, weil er der Bruder des Viscount Archerfield, eines armen schottischen Barons, war! Ich glaube, daß Archer, wenn er die Wunden aus der Affaire bei Cuddyboram länger überlebt hätte, etwas erzählt haben würde, was das Widersprechende im Charakter dieses sonderbaren Mannes aufgeklärt hätte. Er wiederholte mir mehr als einmal: ›Ich habe etwas zu sagen, was Ihre harte Meinung von unserm ehemaligen Obersten ändern wird!‹ Aber der Tod kam zu schnell, und wenn er mir eine Genugthuung schuldig war, wie einige seiner Ausdrücke anzudeuten schienen, so starb er, bevor er sie gewähren konnte.

»Ich beabsichtige noch eine weitere Excursion durch dies Land, so lange dies schöne Frostwetter anhält, und Dudley, der fast ein so guter Fußgänger ist wie ich selbst, wird mich ein Stück Weges begleiten. Wir trennen uns an der Gränze von Cumberland, wo er nach seiner Wohnung in Marybone, drei Treppen hoch, zurückkehren muß, um dem obzuliegen, was er den handwerksmäßigen Theil seiner Kunst nennt. Es kann, sagt er, kein so großer Unterschied zwischen zwei verschiedenen Lebensweisen sein, als zwischen derjenigen, wo der begeisterte Künstler die Gegenstände seiner Zeichnungen versucht, und jener, wo er nothgedrungen sein Portfolio durchblättern muß, um den Inhalt der anmaßenden Fühllosigkeit oder der noch anmaßendern Kritik modischer Kunstfreunde vorzulegen. ›Während des sommerlichen Theils meines Jahres,‹ sagt Dudley, ›bin ich so frei wie ein wilder Indianer, und genieße meine Freiheit in den großartigsten Scenen der Natur; aber während meines Winters und Frühlings bin ich nicht nur eingeengt, gefangen und beschränkt in meinem elenden Stübchen, sondern auch dazu verdammt, mich auf unerträgliche Weise den Launen Anderer und einer nichtssagenden Gesellschaft zu fügen, als ob ich im buchstäblichen Sinne ein Galeerensklav wäre.‹ Ich habe ihm deine Bekanntschaft versprochen, Delaserre; du wirst dich an seinen Kunstproben erfreuen, und er sich an deiner schweizerischen Leidenschaft für Berge und Wasserfälle.

»Man sagt mir, daß ich aus der Gegend, wo ich Dudleys Gesellschaft verliere, leicht nach Schottland gelangen kann, indem ich eine wilde Gegend im obern Theile Cumberlands durchkreuze; dieser Richtung werd' ich folgen, um dem Oberst Zeit zu lassen, sein Lager zu befestigen, eh' ich seine Richtung recognoscire. – Adieu, Delaserre – ich werde schwerlich noch einmal Gelegenheit zum Schreiben finden, eh' ich Schottland erreiche.«



 << zurück weiter >>