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Neuntes Kapitel.

Habt Acht vor dem Mönch, vor dem düstern Geist,
Er wandelt noch einher,
Da er noch als des Klosters Herr sich erweist,
Sind Lai'n es auch seither.
Amandeville ist der Herr bei Tag;
Dieß ist der Mönch zur Nacht.
Kein nächtlicher Wein, kein Trinkgelag
Hat den Mönch um sein Recht gebracht.

Lord Byron's Don Juan, Gesang XVII.

Der Sänger hatte sich nicht auf eitle Weise seiner Geschicklichkeit im Gebrauch von Feder und Tinte gerühmt, wirklich hätte kein Priester in jener Zeit ein kleines Pergamentblatt schneller, in besserer Sprache und in schönerer Schrift beschreiben können, wie es in den Zeilen geschah, welche adressirt waren, an »den Jüngling, genannt Augustin, den Sohn Bertrams des Sängers.«

»Ich habe den Brief nicht zusammengelegt,« sagte er, »noch ihn mit einem seidenen Faden zugebunden, denn er ist nicht so verfaßt, daß er Euch das Geheimniß verrathen kann; um Euch offen meine Meinung zu sagen, glaube ich nicht, daß Ihr dadurch einige Kunde erhaltet; Ihr mögt Euch jedoch zufrieden stellen über dasjenige, was nicht im Briefe steht. Ich will damit sagen, daß er von einer Person geschrieben und an eine zweite adressirt ist, die es Beide sowohl mit Euch, wie mit Eurer Besatzung gut meinen.«

»Das,« sagte der Gouverneur, »ist ein Betrug, den man leicht ausführen kann; der Brief jedoch zeigt, wenn nicht mit Gewißheit, daß Ihr geneigt seid, mit Offenheit zu handeln. Bis das Gegentheil sich ergibt, werde ich es für meine Pflicht halten, Euch mit so viel Güte zu behandeln, wie die Angelegenheit gestattet. Mittlerweile will ich selbst zur Abtei von St. Bride reiten und den jungen Gefangenen in Person befragen. Da Ihr sagt, er besitze die Gewalt, so bitte ich zum Himmel, daß er den Willen hat, dies Räthsel zu lösen, welches uns sämmtlich in Verwirrung bringt.« Mit den Worten befahl er, sein Pferd bereit zu halten, und während dasselbe gesattelt wurde, durchlas er mit großer Fassung den Brief des Sängers. Derselbe war folgenden Inhalts.

 

»Theurer Augustin!

»Sir John de Walton, der Gouverneur dieses Schlosses, hat denjenigen Verdacht geschöpft, auf den ich Euch als wahrscheinliche Folge unserer Reise hieher hinwies, weil wir in dies Land ohne bestimmt ausgesprochenen Zweck gekommen sind. Ich bin wenigstens verhaftet und werde mit Befragung auf der Folter bedroht, damit ich den Zweck unserer Reise aussage; man soll mir eher aber das Fleisch von den Knochen reißen, als mich zum Bruche des Eides zwingen, den ich Euch geleistet habe. Der Zweck dieses Briefes geht dahin, Euch von der Gefahr zu benachrichtigen, daß Ihr in eine ähnliche Gefahr gerathet, wenn Ihr nicht geneigt seid, mir Erlaubniß zu ertheilen, diesem Ritter die Entdeckung zu machen; darüber aber braucht Ihr nur Eure Wünsche auszusprechen und könnt versichert sein, daß nach denselben sich jedenfalls richten wird

Euer ergebener Bertram.«

 

Dieser Brief warf nicht das geringste Licht auf das Geheimniß des Schreibers. Der Gouverneur las ihn mehr wie Einmal, wandte ihn zu wiederholten Malen in der Hand herum, als hätte er gehofft, durch dieses mechanische Verfahren aus dem Schreiben etwas herauszulocken, was die Worte beim ersten Durchlesen nicht ausdrückten; da jedoch kein Ergebniß der Art sich zeigte, begab sich de Walton in die Halle, wo er den Sir Aymer de Valence in Kenntniß setzte, daß er zur Abtei von St. Bride reiten und dem Sir Aymer verpflichtet sein werde, wenn dieser die Pflichten des Gouverneurs während seiner Abwesenheit übernehmen wolle. Sir Aymer sprach natürlich seine Zufriedenheit mit dem von ihm zu übernehmenden Auftrag aus und der Zustand der Veruneinigung, worin beide sich gegen einander befanden, gestattete keine nähere Erklärung.

Bei der Ankunft von Sir John de Walton an dem zerfallenen Kloster erschien sogleich der Abt mit zitternder Eile, um seine Dienstfertigkeit dem Befehlshaber der englischen Besatzung zu bezeugen, von welchem jenes Kloster für den Augenblick hinsichtlich der ihm erwiesenen Nachsicht, sowie auch des Unterhaltes und des Schutzes wegen, in so gefährlichen Zeitläufen abhängig war.

De Walton befragte den alten Mann über den im Kloster wohnenden Jüngling und erfuhr, derselbe sei krank gewesen, seit er seinen Vater, einen gewissen Sänger Bertram verlassen habe. Der Abt war der Meinung, die Krankheit sei von jener ansteckenden Art, welche damals die englischen Grenzen verheerte und bereits auf einigen Punkten in Schottland eingedrungen war, in welchem Lande sie nachher furchtbare Verheerungen anrichtete. Nach einigem weiteren Gespräch legte Sir John de Walton in die Hand des Abtes das Schreiben an den jungen Mann, welcher sich unter seinem Dache befand; als aber der ehrwürdige Vater diesen Brief dem Augustin überliefert hatte, erhielt er von letzterem eine so kühne Botschaft an den englischen Gouverneur, daß er bei der Ueberbringung aus Furcht zitterte. Die Botschaft lautete, der junge Mann könne und wolle nicht den englischen Ritter in diesem Augenblick empfangen; wenn er aber nächsten Morgen nach der Messe wieder kommen wolle, so könne er vielleicht Etwas, was er zu wissen wünsche, erfahren.

»Das ist keine Antwort,« sagte Sir John de Walton, »die ein Bursch wie dieser einem Manne meines Standes übersenden darf, mich däucht, Vater Abt, daß Ihr an Eure eigene Sicherheit nur wenig gedacht habt, als Ihr es übernahmt, mir eine so unverschämte Botschaft zu überbringen.«

Der Abt zitterte unter den Falten seines weiten und rauhen Kleides; de Walton glaubte, sein Schrecken sei die Folge schuldiger Furcht, und forderte ihn auf, die Pflichten, die er gegen England habe, die Wohlthaten, die er von ihm selbst empfing, und die wahrscheinliche Folge eines Verfahrens zu bedenken, wenn er an dem unverschämten Trotz Antheil nehme, den ein naseweiser Bursch dem Gouverneur der Provinz biete.

Der Abt rechtfertigte sich mit äußerster Aengstlichkeit gegen diese Vorwürfe; er verpfändete sein heiliges Wort, daß der unbedachte Charakter in der Botschaft des Knaben der mürrischen Stimmung zuzuschreiben sei, welche aus Krankheit hervorgehe. Er erinnerte den Gouverneur, daß er als Christ und Engländer Pflichten gegen das Kloster von St. Bride zu beobachten habe, von welchem der englischen Regierung niemals die geringste Ursache zur Klage dargeboten sei. Während der Geistliche sprach, schien er wegen der Vorrechte seines Ordens Muth zu fassen. Wie er sagte, konnte er nicht gestatten, daß ein kranker junger Mann, der im Heiligthum der Kirche Zuflucht gefunden habe, irgend einer Gewalt ausgesetzt oder verhaftet werde, wenn nicht eine Anklage wegen eines besondern Verbrechens vorliege, wovon man sogleich den Beweis liefern könne. Die Douglas, obgleich ein leidenschaftliches Geschlecht, hatten stets das Heiligthum der St. Bride geachtet, und es ließ sich nicht vermuthen, daß der König von England, der pflichtgetreue und gehorsame Sohn der römischen Kirche, mit geringerer Verehrung gegen ihre Rechte, als die Anhänger eines Thronräubers, eines Mörders und einer im Kirchenbann befindlichen Person, wie Robert Bruce, handeln würde.

De Walton wurde durch diese Vorstellungen sehr erschüttert. Er wußte, daß der Papst bei den damaligen Zeitumständen eine große Gewalt in jedem Streit besaß, in welchen es ihm beliebte, sich einzumischen. Er wußte, daß Se. Heiligkeit sogar in dem Streit über die Oberherrschaft Schottlands Ansprüche auf das Königreich erhoben hatte, welche vielleicht nach den damaligen Zeitansichten für besser wie die von Robert Bruce und die von Edward von England gehalten werden konnten; somit sah er ein, daß sein König ihm wenig Dank dafür wissen werde, wenn er einen neuen Streit mit der Kirche veranlasse. Es war ohnedem leicht, eine Wache aufzustellen, um Augustin an der Flucht während der Nacht zu verhindern; am folgenden Morgen werde er sich dann eben so sicher in der Gewalt des englischen Gouverneurs befinden, als sei er durch offene Gewalt im gegenwärtigen Augenblick verhaftet worden. Sir John de Walton besaß jedoch so viel Gewalt über den Abt, daß dieser das Versprechen gab, er werde, im Fall das Heiligthum für diesen Zeitraum geachtet würde, mit seinem geistlichen Ansehen ihm behilflich sein und Beistand leisten, damit der junge Mann ausgeliefert werde, wenn derselbe keinen genügenden Grund hinsichtlich des Gegentheils vorbringen könne. Diese Verabredung, welche dem Gouverneur die Aussicht einer schnellen Beendigung des kitzlichen Streites darbot, bewog ihn zur Gestattung des Vorzuges, welchen Augustin eher verlangte, als daß er darum nachsuchte.

»Auf Euer Gesuch, Vater Abt, will ich jetzt, da ich Euch bisher stets als rechtlichen Mann habe kennen lernen, diesem jungen Manne die Gnade, um die er bittet, gewähren, bevor ich ihn verhaften lasse, vorausgesetzt jedoch, daß er nicht die Erlaubniß erhält, diesen Ort zu verlassen; du bist dafür verantwortlich und ich gebe dir, wie es vernünftig ist, auch die Vollmacht, über unsere kleine Garnison in Hazelside zu verfügen; ich werde bei meiner Rückkehr zum Schloß dorthin eine Verstärkung für den Fall abschicken, daß es nothwendig wäre, Gewalt zu gebrauchen, oder daß die Umstände die Ergreifung anderer Maßregeln nothwendig machen sollten.«

»Würdiger Herr Ritter,« erwiderte der Abt, »ich kann mir nicht denken, daß der Eigensinn dieses jungen Mannes ein anderes Verfahren als Ueberredung nothwendig machen sollte, und ich wage es zu behaupten, daß Ihr selbst im höchsten Grade das Verfahren billigen werdet, womit ich mich meines jetzigen Auftrages entledigen werde.«

Der Abt vollbrachte weiterhin die Pflicht der Gastfreundschaft, indem er aufzählte, mit welcher einfachen Kost das Kloster den englischen Ritter der Ordensregel gemäß bewirthen könne. Sir John de Walton lehnte jedoch das Anerbieten der Bewirthung ab, nahm Abschied von dem Geistlichen in höflicher Weise und spornte sein Pferd zu größerer Eile, bis das edle Thier ihn wieder zum Schloß Douglas zurückgetragen hatte. Sir Aymer de Valence kam ihm auf der Zugbrücke entgegen, und berichtete, im Zustand der Garnison habe sich nichts verändert; er habe jedoch Nachricht erhalten, daß zwölf oder fünfzehn Mann auf ihrem Marsche nach Lanark erwartet würden. Da diese Abtheilung aus der Nähe von Ayr käme, so würde sie für die Nacht ihr Quartier im Vorposten von Hazelside aufschlagen.

»Das ist mir lieb,« erwiderte der Gouverneur, »ich stand gerade im Begriff, diese Abtheilung zu verstärken. Dieser naseweise Bursch, der Sohn von Bertram dem Sänger, oder wer er sonst sein mag, hat sich verpflichtet, sich morgen früh zur Befragung zu stellen. Da diese Abtheilung Soldaten zu den Leuten Eures Oheims, Lord Pembroke, gehört, so ersuche ich Euch, derselben entgegen zu reiten und zu befehlen, daß sie in Hazelside bleibt, bis Ihr weitere Erkundigungen über den jungen Mann eingezogen habt; dieser muß das Geheimniß, welches ihn umgibt, aufklären, und einen Brief beantworten, welchen ich mit eigener Hand dem Abt von St. Bride überreichte. Ich habe in dieser Angelegenheit schon zu viel Nachsicht gezeigt, und ich verlasse mich darauf, daß Ihr die Sicherheit dieses jungen Mannes im Auge habt, und ihn mit aller schuldigen Wachsamkeit und Aufmerksamkeit hieher bringt, weil er ein Gefangener von einiger Wichtigkeit ist.«

»Sicherlich, Sir John,« erwiderte Sir Aymer, »soll Eurem Befehle gehorcht werden, da Ihr keinen wichtigeren Jemand zu ertheilen habt, welcher die Ehre hat, nur Euch in diesem Platze nachzustehen.«

»Ich bitte Euch um Verzeihung,« erwiderte der Gouverneur, »wenn der Auftrag unter Eurer Würde ist; es ist jedoch unser Unglück, daß wir einander mißverstehen, wenn wir sehr verständig zu reden uns bemühen.«

»Was soll ich aber thun?« fragte Sir Aymer – »ich stelle Euren Befehl durchaus nicht in Abrede, sondern erkundige mich nur nach den Regeln meines Verfahrens – was soll ich thun, wenn der Abt von St. Bride sich mir widersetzt?«

»Wie!« erwiderte Sir John de Walton. »Mit der Verstärkung von Lord Pembroke's Abtheilung befehligt Ihr wenigstens zwanzig Kriegsleute mit Bogen und Speer, und habt gegen Euch nur fünf oder sechs furchtsame alte Mönche mit weiter nichts wie Mönchsgewändern und Kaputzen.«

»Allerdings,« sagte Sir Aymer; »aber Kirchenbann und Excommunication sind heut zu Tage bisweilen zu schwer für den Harnisch, und ich möchte nicht gern aus dem Bereich der christlichen Kirche gestoßen werden.«

»Wohlan denn, argwöhnischer und bedenklicher junger Mann,« erwiderte de Walton, »wisse, daß der Abt versprochen hat, diesen jungen Mann mir einzuhändigen, wenn er nicht selbst dir aus freien Stücken sich überliefert.«

Hierauf konnte nichts erwidert werden; de Valence legte in der Meinung, daß er mit der Ausführung eines unbedeutenden Auftrags nutzloser Weise geplagt werde, die Art halber Rüstung an, welche die Ritter zu gebrauchen pflegten, wenn sie aus den Mauern der Besatzung ritten, und begab sich fort, um die Befehle de Walton's auszuführen. Es begleiteten ihn einige Reiter nebst dem Knappen Fabian.

Der Abend schloß mit einem jener schottischen Nebel, welcher den Regenschauern glücklicher Klimate gleich sein soll; der Pfad wurde immer dunkler, die Höhen hüllten sich in Dünste und wurden schwieriger zu ersteigen; alle kleinen Unbequemlichkeiten, welche eine Reise durch diese Gegend langsam und ungewiß machten, wurden durch die Dichtigkeit des Nebels gesteigert, welcher sich über alle Gegenstände verbreitete.

Sir Aymer ritt deshalb schneller und setzte sich oft dem Schicksal eines Mannes aus, welcher sich verspätet hat, und durch seine Anstrengungen schneller weiter zu kommen, seine Reise verzögert. Der Ritter dachte, er könne auf einen geraden Weg gerathen, wenn er durch die beinahe öde Stadt Douglas hindurch ritte, deren Einwohner von den Engländern während dieser heftigen Kämpfe mit solcher Härte behandelt worden waren, daß die meisten dieselbe verlassen und sich nach verschieden Theilen des Landes entfernt hatten. Dieser beinahe verlassene Platz wurde von einem plumpen Pallisadenwerk und einer noch roheren Zugbrücke vertheidigt, welche den Eingang in so enge Straßen bot, daß drei Pferde nur mit Schwierigkeit neben einander gehen konnten; die schlechten Vertheidigungswerke erwiesen, wie fest die alten Herrn des Dorfes an ihrem Vorurtheil gegen Befestigungen und ihrer Meinung zu Gunsten der Kriegführung im offenen Felde festhielten, welches durch das wohlbekannte Sprüchwort der Familie mit den sonderbaren Worten ausgedrückt ist, »es ist besser, daß man die Lerchen im Felde singen, wie die Maus im Hause piepen hört.« Die Straßen oder vielmehr die Gassen waren finster, mit Ausnahme eines hin und wieder einfallenden Mondlichtes, welches, da dieser Himmelskörper aufging, bisweilen auf einem steilen und engen Dache sichtbar wurde. Man vernahm keinen Schall häuslicher Thätigkeit oder Vergnügung, kein Schein eines Kerzen- oder Feuerlichtes strahlte durch die Fenster der Häuser; der alte Befehl des Feuerauslöschens mit der Abendglocke, welchen William der Eroberer in England eingeführt hatte, stand damals in voller Geltung in allen Theilen Schottlands, die man für unzufrieden und für geneigt zum Aufstand hielt; man braucht aber kaum zu sagen, daß die alten Besitzungen der Douglas vorzüglich als solche betrachtet wurden. Die Kirche, deren gothischen Denkmale von prächtiger Art waren, hatten die Engländer so viel wie möglich mit Feuer zerstört; die Ruinen aber bezeugten, nebst dem Gewicht der massenhaften Steine, woraus sie bestanden, noch zur Genüge die Macht der Familie, auf deren Kosten sie errichtet war, und deren Gebeine seit undenklichen Zeiten in den Grabgewölben ruhten.

Sir Aymer de Valence richtete wenig Aufmerksamkeit auf diese Reste vergangenen Glanzes, sondern rückte mit seiner kleinen Abtheilung vor und war bei den zerstreuten Trümmern des Kirchhofes der Douglase vorübergekommen, als der Schall von den Hufen seines Rosses zu seiner Ueberraschung durch Töne erwidert zu werden schien, welche wie diejenigen eines anderen Ritterpferdes klangen, das mit schweren Schritten, als wolle es ihm entgegen kommen, sich die Straße hinauf bewegte. Valence konnte nicht die Ursache dieser kriegerischen Töne vermuthen; der Schall der Hufe und der Klang der Rüstung war aber deutlich genug, und der schwere Schritt eines Kriegsrosses konnte vom Ohr eines Kriegers nicht verkannt werden. Die Schwierigkeit, Soldaten von nächtlichem Umherschweifen außerhalb ihres Quartiers zu verhindern, hätte die Erscheinung eines herumschweifenden Fußsoldaten erklären können; es war aber nicht so leicht, diejenige eines gewaffneten Reiters in voller Rüstung auf gewöhnliche Vorfälle zurückzuführen. Dieser Art aber war die Erscheinung, die ein besonderes helles Strahlen des Mondlichtes am Fuße der Anhöhe zeigte, über welche der Weg hinführte; vielleicht auch bemerkte der unbekannte Krieger in demselben Augenblick Aymer de Valence und sein bewaffnetes Gefolge; ein jeder rief wenigstens das Allarmzeichen jener Zeiten, »Wer da!« aus, und die tiefen Antworten, »St. Georg!« von einer und »Douglas!« auf der andern Seite, erweckten das stille Echo der kleinen und zerfallenen Straße, sowie der schweigenden Gewölbe in der verfallenen Kirche. Erstaunt über das Schlachtgeschrei, woran sich so manche Erinnerungen knüpften, spornte der englische Ritter sein Pferd in vollem Galopp den steilen und unbequemen Abhang hinab, welcher zu dem südlichen oder südöstlichen Thore der Stadt führte; es war das Werk eines Augenblicks, daß Aymer de Valence seine eigene lange Lanze einlegte, die er dem Knappen, welcher sie trug, entriß, wobei er ausrief: »Ha, St. Georg! greift alle den unverschämten Schotten an! Fabian, begieb dich an's Thor und schneide ihm die Flucht ab! St. Georg für England! Bogen und Partisanen!« – Das Licht jedoch kam und schwand in einem Augenblick, und obgleich de Valence der Meinung war, daß der feindliche Krieger kaum Platz hatte, seinen Angriff zu vermeiden, so konnte er doch nicht sein Ziel zum Zusammentreffen anders als auf's Gerathewohl nehmen und drang den dunklen Abhang unter zerstreuten Steinen und andern Hindernissen des Weges hinab, ohne daß er mit der Lanze den Gegenstand seiner Verfolgung in der Finsterniß berühren konnte; er ritt im kurzen und gebrochenen Galloppe einen Abhang von fünfzig bis sechzig Ellen hinab, ohne daß er irgend einen Grund zur Vermuthung hatte, die von ihm erblickte Gestalt erreicht zu haben, obgleich die Enge der Straße ihm kaum gestattete, daß er bei ihm vorüberkommen konnte, wenn nicht Pferd und Reiter im selben Augenblicke wie eine Luftblase verschwunden wären. Die Reiter seines Gefolges wurden von einem Gefühl des Schauders wie bei übernatürlichen Dingen erfüllt, – ein Schrecken, welchen die meisten von ihnen, wegen einer Reihe merkwürdiger Ereignisse, bei dem Namen Douglas empfanden; als er das Thor erreichte, womit die holperige Straße sich endigte, war Niemand dicht hinter ihm als Fabian, in dessen Kopf keine Eingebungen furchtbarer Art länger dauern konnten, sobald er die Stimme seines geliebten Herrn vernahm.

Es befand sich dort ein Posten englischer Armbrustschützen, welche sich in beträchtlicher Bestürzung befanden, als de Valence und sein Page unter sie hinein ritten. »Schurken!« rief de Valence, »warum habt ihr nicht auf euren Dienst geachtet? Wer ist durch euren Posten gerade jetzt mit dem verrätherischen Geschrei Douglas hindurchgeritten?«

»Wir wissen nichts davon,« sagte der Hauptmann der Wache.

»Das heißt,« erwiderte der junge Ritter, »ihr einfältigen Schurken habt euch betrunken und waret eingeschlafen.«

Die Leute behaupteten das Gegentheil, allein in so verwirrter Weise, daß der Verdacht von de Valence bei weitem nicht beseitigt wurde; derselbe befahl mit lauter Stimme, Leuchter, Fackeln und Lichter zu bringen; die wenigen noch zurückgebliebenen Einwohner begannen widerstrebend mit den verschiedenen Mitteln zum Vorschein zu kommen, welche ihnen für die Beleuchtung zu Gebote standen. Sie vernahmen mit Erstaunen die Geschichte des jungen englischen Ritters; obgleich dieselbe von seinem ganzen Gefolge bestätigt wurde, schenkten sie der Erzählung keinen Glauben, sondern dachten, daß die Engländer auf die eine oder andere Weise einen Zank mit den Einwohnern des Ortes unter dem Vorwande anfangen wollten, daß sie einen Anhänger ihres alten Lords zur Nachtzeit in die Stadt gelassen hätten. Sie gaben deshalb Betheurungen, hinsichtlich ihrer Unschuld an der Ursache des Tumultes, und bemühten sich thätig zu scheinen, um von Haus zu Haus, von einem Winkel zum andern mit ihren Fackeln zu laufen, und den unsichtbaren Ritter zu entdecken. Die Engländer hegten nicht weniger gegen sie den Verdacht des Verrathes, wie die Schotten die ganze Angelegenheit für einen Vorwand von Seiten des jungen Ritters hielten, um eine Anklage gegen die Bürger anzubringen. Die Weiber jedoch, welche jetzt die Häuser zu verlassen begannen, besaßen einen Schlüssel zur Deutung der Erscheinung, welcher zu jener Zeit für wirksam genug gehalten wurde, um das Geheimniß zu lösen. »Der Teufel,« sagten sie, »muß unter den Engländern erschienen sein,« eine Erklärung, die übrigens schon den Begleitern des jungen Ritters in den Sinn gekommen war; der Umstand nämlich, daß ein lebendiger Mann und ein Pferd, beide wie es schien von Riesengröße, in einem Augenblick heraufbeschworen wurden, und in einer Straße erscheinen konnten, die an einem Ende von den besten Armbrustschützen, sowie am andern von den Reitern unter de Valence selbst bewacht war, schien jedenfalls eine Unmöglichkeit zu sein. Die Einwohner wagten nicht ihre Gedanken darüber der Sprache zu vertrauen, weil sie befürchteten Anstoß zu geben; sie deuteten nur durch einzelne Worte, die sie mit einander wechselten, ihr geheimes Vergnügen über die Verwirrung und Verlegenheit der englischen Garnison an. Dennoch fuhren sie fort, eine angebliche große Theilnahme an der Beunruhigung von de Valence und der Aengstlichkeit zu zeigen, mit welcher er die Ursache zu entdecken suchte.

Zuletzt ließ sich eine weibliche Stimme in dem Babel der verwirrten Töne hören, »wo ist der Ritter aus dem Süden? Ich kann ihm sicherlich sagen, wo er die einzige Person finden wird, die ihm aus seiner gegenwärtigen schwierigen Lage heraushelfen kann.«

»Und wer ist das, gute Frau?« fragte Aymer de Valence, welcher mit jedem Augenblicke über den Verlust der Zeit ärgerlicher wurde, die in einer Nachforschung schnell verstrich, welche etwas Verdrießliches und sogar Lächerliches hatte. Zugleich aber schien der Anblick eines bewaffneten Anhängers der Douglas in deren eigenem Geburtsorte zu ernste Folgen anzudeuten, als daß man dieselbe hätte vorüberlassen dürfen, ohne sie bis zum Grunde zu untersuchen.

»Kommt hieher,« sagte die weibliche Stimme, »dann will ich Euch die einzige Person nennen, welche Euch alle Angelegenheiten dieser Art erklären kann, die sich in diesem Lande zutragen.«

Auf diese Worte hin, riß der Ritter einem der Umstehenden eine Fackel aus der Hand, hielt sie empor und erblickte eine große Frau, welche offenbar seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen suchte. Als er ihr näher trat, gab sie ihm die Kunde, die er haben wollte, in einem ernsten und feierlichen Tone der Stimme.

»Einst hatten wir weise Leute, die eine jede Parabel hätten beantworten können, welche ihnen zur Erklärung auf dieser Seite unserer Insel vorgelegt worden wäre. Ob ihr Herren selbst nicht dabei die Hand im Spiel gehabt habt, um dieselben auszurotten, geziemt mir wahrhaftig nicht zu sagen; jedenfalls kann man nicht so guten Rath erhalten, wie früher in diesem Lande der Douglas; auch ist es nicht ganz sicher, darauf Ansprüche zu machen, daß man ihn ertheilen will.«

»Gute Frau,« sagte de Valence, »wenn Ihr mir eine Erklärung dieses Geheimnisses gebt, so will ich Euch dafür ein Mieder vom besten grauen Wollenzeug schenken.«

»Ich bin es nicht,« sagte die alte Frau, »die Ansprüche macht, diejenige Kunde, welche Euch helfen kann, zu besitzen; ich muß aber wissen, daß der Mann, den ich Euch nennen werde, weder Unbill noch Schaden erleidet. Wollt Ihr mir das auf Euer Ritterwort und Eure Ehre versprechen?«

»Sicherlich,« sagte de Valence, »solch eine Person soll sogar Dank und Belohnung erhalten, wenn sie mir die Wahrheit sagt; auch noch dazu verspreche ich Verzeihung, wenn sie auch auf gefährliche Entwürfe gehört, oder sich in Verschwörungen eingelassen hat.«

»O, das ist bei dem nicht der Fall,« erwiderte die Frau, »es ist unser alter Gevatter, Powheid, der die Aufsicht über die Monumente hat, (sie meinte wahrscheinlich Monumente) d. h. denjenigen Theil derselben, die ihr Engländer habt stehen lassen; ich meine den alten Küster der Kirche von Douglas, welcher mehr Geschichten von diesen alten Leuten erzählen kann, die Euer Gnaden nicht so gern nennen hört, als von heute bis Weihnachten reichen könnten.«

»Weiß Jemand,« fragte der Ritter, »wen diese alte Frau meint?«

»Ich vermuthe,« erwiderte Fabian, »daß sie von dem alten kindischen Narren spricht, der wie ich glaube, der allgemeine Gewährsmann über die Geschichte und die Alterthümer dieser alten Stadt und der wilden Familie ist, die hier vielleicht vor der Sündfluth lebte.«

»Und welcher, wie ich glaube,« sagte der Ritter, »eben so viel von der Sache weiß, als diese Frau; wer aber ist dieser Mann? Ist er ein Küster? Dann ist er vielleicht mit Verstecken bekannt, die oft in gothischen Gebäuden angebracht und denjenigen bekannt sind, welche wegen ihrer Geschäfte dieselben besuchen müssen. Kommt gute alte Dame, bringt diesen Mann zu mir, oder was noch besser ist, ich will mich zu ihm begeben, denn wir haben hier schon zu viel Zeit verbracht.«

»Zeit,« erwiderte die alte Frau, »bringt Euer Gnaden die Zeit in Anrechnung? ich kann kaum sicherlich so viel noch von der meinigen zusammenbringen, um damit Leib und Seele zusammenzuhalten. Ihr seid nicht mehr weit von des alten Mannes Hause entfernt.«

Sie ging somit voran, indem sie über Haufen von Schutt stolperte, und alle Hindernisse einer verfallenen Straße zu überwinden hatte, als sie dem Sir Aymer den Weg leuchtete. Dieser gab sein Pferd einem seiner Begleiter, bat Fabian, sich auf seinen Ruf bereit zu halten, und kletterte hinter seiner Führerin her, so gut es der langsame Gang derselben gestattete.

Beide befanden sich bald unter den Trümmern der alten Kirche, welche durch die muthwillige Zerstörung der Soldaten sehr beschädigt und so gefüllt von Schutt war, daß der Ritter sich wunderte, wie die alte Frau den Weg habe finden können. Sie schwatzte mittlerweile fortwährend, als sie auf dem Wege voranstolperte; bisweilen rief sie mit kreischendem Tone, »Powheid! Lazarus Powheid!« dann murmelte sie vor sich hin, »der alte Mann wird bei einer seiner Pflichten, wie er dies nennt, beschäftigt sein; mich wundert nur, daß er sich damit in diesen Zeiten plagt; doch daran ist nichts gelegen; ich stehe dafür ein, die Zeiten werden für sein Leben und auch für meines noch etwas ausreichen. Die Zeiten aber, Gott helfe uns, sind nach allem, was ich sehen kann, gut genug für diejenigen, welche darin leben.«

»Wißt Ihr gewiß, gute Frau,« sagte der Ritter, »daß ein Bewohner unter diesen Ruinen lebt? Was mich betrifft, so möchte ich eher glauben, daß Ihr mich zu einem Leichenhause der Todten gebracht habt.«

»Vielleicht habt Ihr Recht,« sagte die alte Frau mit einem gräßlichen Lachen. »Alte mürrische Leute und alte Klatschweiber eignen sich für Grabgewölbe und Leichenhäuser, und wenn ein alter Todtengräber in Nähe der Todten wohnt, so lebt er, wie Ihr wißt, unter seinen Kunden. Hallo, Powheid, Lazarus Powheid, hier ist ein Herr der Euch sprechen will!« dann fügte sie mit einigem Nachdruck hinzu, »ein englischer edler Herr aus der ehrenwerthen englischen Garnison.«

Es wurde jetzt der Schritt eines alten Mannes und zwar so langsam vernommen, daß das schimmernde von demselben gehaltene Licht auf der verfallenen Mauer des Gewölbes sichtbar wurde, noch bevor die Person, welche es trug, zum Vorschein kam.

Der Schatten des alten Mannes fiel ebenfalls auf die erleuchtete Wand, bevor seine Gestalt zum Vorschein kam; seine Kleidung war in beträchtlicher Verwirrung, weil er vom Bette aufgesprungen war; da nämlich künstliches Licht durch die Vorschriften der Besatzung verboten war, so verbrachten die Einwohner von Douglasdale im Schlafe die Zeit, die sie auf keine andere Weise sich vertreiben konnten. Der Küster war ein großer durch Alter und Entbehrungen abgemagerter Mann; sein Körper war durch die Gewohnheit seiner Beschäftigung, das Gräbergraben, gebeugt und sein Blick von Natur niederwärts auf den Schauplatz seiner Arbeit gerichtet; seine Hand trug eine kleine Lampe, die er in solcher Weise hielt, daß das Licht auf seinen Besucher fiel; zugleich enthüllte dieselbe dem jungen Ritter die Gesichtszüge der Person, welcher er gegenüber stand, – Züge, welche zwar weder hübsch noch angenehm, aber stark bezeichnet, scharfsinnig und ehrwürdig waren, und zugleich einen gewissen Grad würdevollen Ausdruckes zeigten, welchen das Alter und sogar die bloße Armuth gelegentlich ertheilt, als werde dadurch die letzte traurige Art der Unabhängigkeit übertragen, welche denjenigen eigenthümlich ist, deren Lage durch irgend denkbare Mittel kaum schlimmer werden kann, als sie durch Alter und Schicksal schon geworden ist. Das Kleid eines Laienbruders verlieh seiner Erscheinung eine religiöse Wichtigkeit.

»Was wollt Ihr von mir, junger Mann?« sagte der Küster. »Eure jugendlichen Züge und Eure weltliche Kleidung bezeichnen einen Mann, der weder für sich noch für Andere meines Dienstes braucht.«

»Ich bin,« erwiderte der Ritter, »wirklich ein lebendiger Mensch, und brauche deshalb für mich selbst weder Schaufel noch Hacke; wie Ihr seht, trage ich keinen Traueranzug und brauche Eure Dienste deshalb auch nicht für einen Verwandten, ich wünsche Euch nur einige Fragen vorzulegen.«

»Was Ihr haben wollt, muß geschehen,« antwortete der Küster, »denn Ihr seid einer von denen, die uns jetzt regieren, und wie es mir scheint ein Mann von höherer Stellung; folgt mir jetzt in meine ärmliche Wohnung; früher hatte ich eine bessere, und dennoch, Gott weiß es, ist sie gut genug für mich, da so viele Menschen von weit höherem Stande mit einer weit schlechteren zufrieden sein müssen.«

Er öffnete eine niedrige Thüre, welche unregelmäßig zugerichtet war, um als Eingang in ein gewölbtes Gemach zu dienen, wo der alte Mann, wie es schien von der lebendigen Welt gesondert, seine elende und einsame Wohnung hatte. Der Fußboden aus Pflastersteinen, die mit Genauigkeit zusammengelegt waren und hie und da noch Buchstaben und Sinnbilder zeigten, als hätten sie einst zu Grabsteinen gedient, war ziemlich gut gefegt, und ein Feuer am oberen Ende richtete seinen Rauch in ein Loch, welches als Kamin diente. Die Schaufel und die Hacke nebst anderen Werkzeugen, welche der Verwalter eines Kirchhofs gebraucht, lagen im Zimmer zerstreut umher, und bildeten nebst einigen rohen Stühlen und einem Tisch, wo eine unerfahrene Hand ohne Zweifel die Arbeiten des Tischlers ersetzt hatte, den einzigen Hausrath mit Einschluß des Strohlagers dieses alten Mannes, das sich in einem Winkel befand und in Unordnung gebracht war, als habe sich derselbe erst davon erhoben. Am unteren Ende des Zimmers war die Wand beinahe gänzlich von einem großen Wappenschilde bedeckt, wie man dergleichen gewöhnlich über den Gräbern von Leuten hohen Ranges aufhängt; dasselbe hatte sechszehn besondere Wappenfelder, welche, ein jedes mit eigenthümlichen und besonderen Sinnbildern, als Verzierung das hauptsächlichste Familienwappen umringten.

»Setzen wir uns,« sagte der alte Mann, »diese Stellung wird meine schwachen Ohren besser befähigen, Eure Worte zu vernehmen, und der Husten wird gnädiger mit mir umgehen, um Euch zu gestatten, daß Ihr die meinigen versteht.«

Ein Anfall von kurzem, Engbrüstigkeit andeutendem Husten bestätigte die Heftigkeit der zuletzt erwähnten Krankheit, und der junge Ritter befolgte das Beispiel seines Wirthes, indem er sich auf einen der krüppelhaften Stühle am Feuer niederließ. Der alte Mann brachte aus einem Winkel seines Zimmers eine von ihm gelegentlich getragene Schürze herbei, die aber jetzt mit zerbrochenen Brettern in unregelmäßigen Stücken gefüllt war, von denen einige mit schwarzem Tuch bedeckt, oder mit schwarzen, zum Theil auch vergoldeten Nägeln beschlagen waren.

»Diese frische Feuerung,« sagte der alte Mann, »wird nothwendig sein, um einigen Grad der Wärme in diesem öden Gemach zu erhalten; auch sind die Dünste der Gräber, womit dies Gewölbe sehr alsbald sich anfüllt, wenn man das Feuer ausgehen läßt, für die Lungen und die Behaglichkeit der Gesunden, wie Euer Gnaden, schädlich, obgleich ich mich daran gewöhnt habe. Das Holz wird Feuer fangen, mag es auch einige Zeit dauern, bis die Feuchtigkeit des Grabes von der trockenen Luft und der Wärme des Kamins überwunden sein wird.«

Demgemäß begannen die Reste der Gräber, welche der alte Mann auf seinen Kamin gehäuft hatte, allmälig einen dicken, schmierigen Dampf zu entzünden, aus welchem zuletzt eine Flamme aufloderte und das Gemach erleuchtend dem finsteren Schauplatz einige Lebendigkeit ertheilte. Das Wappen des großen Schildes empfing die Strahlen, und warf sie in so glänzendem Widerschein zurück, als es dieser düstere Gegenstand vermogte; das ganze Zimmer erhielt den Anblick phantastischer Heiterkeit in sonderbarem Gemisch mit den finsteren Vorstellungen, welche die Verzierungen der Einbildungskraft einzuflößen geeignet waren.

»Ihr seid erstaunt,« sagte der alte Mann, »und vielleicht, Herr Ritter, habt Ihr niemals zuvor gesehen, daß die Reste der Todten zu dem Zwecke gebraucht wurden, um den Lebendigen größere Behaglichkeit zu verschaffen, als der Zustand derselben sonst gestatten würde.«

»Behaglichkeit!« erwiderte der Ritter von Valence, indem er die Achseln zuckte, »es wäre mir leid, alter Mann, wüßte ich, daß ein Hund von mir so schlecht wohnen müßte, wie du, dessen graue Haare sicherlich bessere Tage gesehen haben.«

»Vielleicht,« antwortete der Küster, »und vielleicht auch nicht; wie ich glaube, schien jedoch Euer Gnaden nicht geneigt mir einige Fragen über meine Geschichte vorzulegen, ich wage deshalb mich zu erkundigen, worauf Eure Fragen Bezug haben.«

»Ich will klar mit Euch reden,« erwiderte Sir Aymer, »und Ihr werdet alsbald die Nothwendigkeit anerkennen, mir eine kurze und bestimmte Antwort zu geben. Ich bin in den Straßen dieses Dorfes so eben einer Person begegnet, welche mir nur durch einen einzigen Lichtstrahl gezeigt, die Kühnheit besaß, die Waffenzeichen der Douglas zu tragen und sogar deren Kriegsruf erschallen zu lassen; darf ich meinem vorübergehenden Blick vertrauen, so hatte dieser kühne Ritter sogar die Züge der Douglas und die ihnen eigenthümliche dunkle Gesichtsfarbe. Man hat mich an dich als einen Mann verwiesen, welcher die Mittel besitzt, mir diesen außerordentlichen Umstand zu erklären; als englischer Ritter, welcher unter König Edward einen Posten begleitet, bin ich dazu berufen, die Sache zu untersuchen.«

»Erlaubt mir, eine Unterscheidung hier zu machen,« sagte der alte Mann, »die Douglas der früheren Menschengeschlechter sind meine nächsten Nachbarn, und nach der Meinung meiner abergläubischen Mitbürger dieser Stadt meine Bekannten und Besucher; ich kann die Verantwortung für ihr gutes Betragen auf mein Gewissen nehmen, und kann mich dafür verbürgen, daß keiner der alten Barone, bis auf welche man den Wurzeln dieses mächtigen Baumes, der Sage nach, nachspüren kann, durch ihr Kriegsgeschrei die Städte und Dörfer ihres Vaterlandes wieder stören werden – Niemand wird im Mondlicht mit der schwarzen Rüstung paradiren, welche lang auf ihren Gräbern verrostet ist.

In Staub ist der Leib zerfallen,
Das Schwert dem Roste verfallen,
Die Seele wird bei den Heiligen wallen Die Stelle ist folgendem Schluß eines Gedichtes von Coleridge entnommen:
Wo ist das Grab von Sir Arthur Orellan –
Wo wird das Grab des guten Ritters sein?
Am Rande des Bachs, an den Höhen von Helvellyn,
Wo der Buche Zweig' es mit Blättern bestreu'n.
Die Eiche, die rauschend im Laub ertönte,
Wann im Sommer es grünt' und im Herbst verdorrte,
Die entblößt in dem Winde des Winters stöhnte,
Sie fiel und die Buche steht an dem Orte.
In Staub ist der Leib zerfallen,
Dem Roste das Schwert verfallen,
Die Seele wird bei den Heiligen wallen.
.

Seht Euch um, Herr Ritter, über Euch und in der ganzen Umgebung habt Ihr die Männer, von denen Ihr redet. Unter uns in einem kleinen Nebengewölbe, welches nicht geöffnet wurde, seit diese meine Locken braun und dicht waren, ruht der erste Mann, den ich als merkwürdig in dieser merkwürdigen Linie nennen kann. Es ist derselbe, den der Thane von Athol dem Könige von Schottland als Sholto Dhuglaß oder den dunklen eisenfarbigen Mann vorstellte, durch dessen Anstrengungen seine Fürsten die Schlacht gewonnen hatten; der Sage nach hat derselbe seinen Namen unserem Thale und unserer Stadt hinterlassen, obgleich Andere meinen, daß das Geschlecht den Namen Douglas von dem Strom erhielt, der seit undenklichen Zeiten so genannt wurde, bevor noch die Familie ihre Burgen an dessen Ufern besaß. Andere, seine Nachkommen, genannt Eachain oder Hector I. und Orod oder Hugo, William der erste dieses Namens, und Gilmour der Held von manchem Sängerliede, welches Thaten berichtet, die unter der Oriflamme Carls des Großen, Kaisers von Frankreich vollbracht wurden – sie alle wurden hier zu ihrem letzten Schlafe beigesetzt und ihr Gedächtniß ist vor der Verheerung der Zeiten nicht genug geschützt worden. Etwas wissen wir über ihre großen Thaten, große Macht und ach! ihre große Verbrechen. Etwas wissen wir auch von einem Lord Douglas, welcher in einem Parlament zu Forfar saß, das König Malcolm I. hielt, und wir erfahren, daß er wegen seiner Vorliebe, den wilden Hirsch zu jagen, sich einen Thurm, Blackhouse genannt, im Walde von Ettrick baute, der vielleicht noch vorhanden ist.«

»Ich bitte Euch um Verzeihung, alter Mann,« sagte der Ritter, »ich habe jetzt keine Zeit, Eurer Hersagung des Stammbaumes der Douglas zuzuhören. Eine geringere Sache könnte einem Sänger mit gutem Athem auf einen ganzen Kalendermonat mit Einschluß der Sonntage und Feiertage genügenden Stoff zum Hersagen liefern.«

»Welche andere Kunde könnt Ihr von mir erwarten,« sagte der Küster, »als diejenige über die Helden, von denen einige zur ewigen Ruhe zu bestatten, mein Loos war, die die Todten von den Pflichten dieser Welt auf ewig trennen wird? Ich habe Euch gesagt, wo dies Geschlecht bis zur Regierung des königlichen Malcolm ruht. Ich kann Euch auch von einem zweiten Gewölbe erzählen, worin Sir John von Douglas-Burn mit seinem Sohn Lord Archibald und einem dritten William ruht, der wegen eines Vertrages mit Lord Aberdeen bekannt ist. Endlich kann ich Euch von demjenigen erzählen, dem jenes Wappenschild mit aller Beigabe des Glanzes und der Würde angehört. Beneidet Ihr jenen Edelmann, den ich ohne Bedenken, sogar wenn der Tod die Folge meiner Worte wäre, meinen ehrenwerthen Beschützer nennen würde? Hegt Ihr die Absicht, seine Reste zu entehren? Der Sieg wäre ärmlich, auch geziemt es nicht einem Ritter und Edelmann in Person herbei zu kommen, um einen solchen Sieg über den Todten zu genießen, welchem nur wenig Ritter, so lange er lebte, ihre Rosse entgegenzuspornen wagten. Er kämpfte zur Vertheidigung seines Vaterlandes, hatte aber nicht das Glück wie die meisten seiner Vorfahren auf dem Schlachtfelde zu sterben. Gefangenschaft, Krankheit und Gram und das Unglück seines Vaterlandes, brachten sein Haupt zum Grabe in seinem Kerker und im Lande der Fremden.«

Des alten Mannes Stimme wurde durch Rührung unterbrochen, und der englische Ritter fand es schwierig, seine Untersuchung in der finstern Weise fortzusetzen, welche sein Dienst erheischte.

»Alter Mann,« sagte er, »ich will nicht von dir diese Einzelheiten hören, die mir nutzlos und dir peinlich sind. Du thust nur deine Pflicht, indem du dem alten Lord Gerechtigkeit erweisest, du hast mir jedoch noch nicht erklärt, weshalb ich in dieser Stadt und noch diesen Abend und noch nicht ganz vor einer Viertelstunde einen Schwerbewaffneten mit der Gesichtsfarbe der schwarzen Douglas erblickte, welcher sein Kriegsgeschrei ausstieß, als wolle er damit den Siegern Hohn sprechen.«

»Sicherlich,« erwiderte der Küster, »ist es nicht meine Sache, eine solche Einbildung anders, wie durch die Voraussetzung zu erklären, daß die natürliche Besorgniß des Südländers das Gespenst eines Douglas zu jeder Zeit heraufbeschwören wird, wenn er das Grab der Familie vor Augen hat. Mich däucht, in solcher Nacht, wie dieser, würde der schönste Cavalier die Gesichtsfarbe dieses dunkelfarbigen Geschlechts zeigen, und ich kann es nicht für wunderbar halten, daß der Kriegsruf, den einst so viele Tausende dieses Landes im Munde führten, gelegentlich auch aus dem Munde eines einzelnen Kämpfers erschallt.«

»Ihr seid kühn, alter Mann,« erwiderte der englische Ritter, »bedenket, daß Euer Leben in meiner Gewalt liegt, und daß es in gewissen Fällen meine Pflicht sein kann, den Tod mit demjenigen Grade der Pein Euch zuzuerkennen, worüber die Menschlichkeit einen Schauder empfindet.«

Der alte Mann erhob sich langsam beim Lichte des lodernden Feuers, welches seine mageren Gesichtszüge solcher Art zeigte, wie sie die Maler dem St. Antonius in der Wüste ertheilen; er wies auf die plumpe, schwach leuchtende, auf dem Tische stehende Lampe und sagte dem Ritter mit dem Ausdruck vollkommener Festigkeit und sogar dem Anschein von Würde: »Junger Ritter von England, Ihr seht dieß Geräth, welches das Licht diesen verhängnißvollen Gewölben ertheilt, – es ist so schwach, wie nur irgend ein Ding sein kann, dessen Flamme vom lebendigen Element genährt wird, welches in einem aus Eisen bestehenden Rahmen enthalten ist. Es liegt ohne Zweifel in Eurer Gewalt, den Dienst dieses Dinges zu beendigen, indem Ihr den Rahmen zerschlagt, oder auch nur das Licht auslöscht. Droht mit solcher Vernichtung, Herr Ritter und seht, ob Eure Drohung irgend ein Gefühl der Furcht dem Element oder dem Eisen ertheilen wird; wisset, daß Ihr nicht mehr Gewalt über den schwachen Sterblichen besitzt, den Ihr mit ähnlicher Vernichtung bedroht. Ihr könnt von meinem Körper die Haut reißen, worein derselbe jetzt gehüllt ist; obgleich jedoch meine Nerven während des unmenschlichen Verfahrens brennende Schmerzen empfinden mögen, so wird dieß nicht mehr Eindruck auf mich hervorbringen, als zöget Ihr dem Hirsche die Haut ab, welchem ein Pfeil vorher das Herz durchbohrt hat. Mein Alter entführt mich dem Bereiche Eurer Grausamkeit; seid Ihr anderer Meinung, so ruft Eure Leute und beginnt Euer Verfahren; weder Drohung noch Mißhandlung wird Euch in Stand setzen, etwas Anderes von mir zu erpressen, als ich aus freien Stücken Euch zu sagen bereit bin.«

»Ihr foppt mich, alter Mann,« sagte de Valence, »Ihr redet, als wüßtet Ihr einige Geheimnisse über das Treiben dieser Douglas, die Euch als Götter gelten; dennoch gebt Ihr mir durchaus keine Mittheilung.«

»Ihr werdet bald Alles wissen,« erwiderte der alte Mann, »was ein armer Küster Euch mittheilen kann; dasselbe wird Eure Kenntniß hinsichtlich der Lebendigen nicht vermehren, ob es gleich einiges Licht über das mir eigenthümliche Gebiet, nämlich das der Todten, verbreiten kann. Die Geister der verstorbenen Douglas ruhen nicht in ihren Gräbern, während der Entehrung ihrer Grabmäler und während der Erniedrigung ihres Hauses. Die Religion gestattet uns nicht zu glauben, daß der größere Theil jenes Stammes nach dem Tode in die Gefilde ewiger Seligkeit oder eines niemals endenden Elends gelangt, und wir müssen glauben, daß viele eines Geschlechtes, welches so großen Antheil an weltlichem Triumph und weltlichem Glück besaß, mit Recht zum Schicksal einer zwischen beiden befindlichen empfindlichen Strafe verurtheilt wurde. Ihr habt die Tempel zerstört, welche von ihren Nachkommen erbaut wurden, um den Himmel für die Wohlfahrt ihrer Seelen günstig zu stimmen; ihr habt die Gebete zum Schweigen gebracht und die Chorgesänge beendet, durch deren Vermittlung die Frömmigkeit der Kinder den Grimm des Himmels gegen ihre Ahnen zu mildern suchte, welche zum Fegefeuer verurtheilt wurden. Könnt Ihr Euch wundern, daß die gequälten Geister, der Milderung beraubt, welche für sie festgesetzt wurde, dem gewöhnlichen Ausdruck gemäß, nicht in ihren Gräbern ruhen können? Könnt Ihr Euch wundern, daß sie unzufrieden an den Orten umherschweifen, die ihnen noch Ruhe gewähren könnten, wenn Ihr nicht den Krieg auf so rücksichtslose Weise geführt hättet? Oder wundert Ihr Euch, daß diese fleischlosen Krieger Eure Märsche unterbrechen und Alles thun, was ihre lustige Natur zur Störung Eurer Rathschläge ihnen gestattet, daß sie, so weit es ihnen möglich ist, den Feindlichkeiten entgegentreten, auf deren Ausführung sowohl gegen die Verstorbenen, wie gegen diejenigen, welche Eure Grausamkeit überlebt haben, Ihr Euren Stolz setzt?«

»Alter Mann,« erwiderte Aymer de Valence, »Ihr könnt nicht erwarten, daß ich als Antwort eine Geschichte, wie diese, aufnehmen soll, welche sogar eine gar zu plumpe Erdichtung ist, um einen an Zahnweh leidenden Schulknaben in Schlaf zu lullen; dennoch danke ich Gott, daß dein Schicksal nicht meinen Händen anheimgegeben ist. Mein Knappe und zwei Armbrustschützen sollen dich als Gefangenen zum würdigen Sir John de Walton, dem Gouverneur des Schlosses und des Thales, bringen, damit er mit dir verfährt, wie er es für passend halten wird. Er ist kein Mann, um an deine Erscheinungen von Geistern aus dem Fegefeuer zu glauben. – Holla, Fabian, komm' hieher, und bringe mit dir zwei Armbrustschützen der Wache.«

Fabian, welcher am Eingange des verfallenen Gebäudes gewartet hatte, fand jetzt beim Lichte der Lampe des alten Küsters und beim Schalle der Stimme seines Herrn seinen Weg in das eigenthümliche Gemach des alten Mannes, dessen sonderbare Ausschmückung den Jüngling mit Ueberraschung und einigem Schauder erfüllte.

»Nimm zwei Armbrustschützen mit dir,« sagte der Ritter von Valence, »und bringe mit ihrer Hülfe diesen alten Mann zu Pferde oder in einer Sänfte zum würdigen Sir John de Walton. Sage ihm, was wir gesehen haben, und was du, so gut wie ich, bemerkt hast; sage ihm, daß dieser alte Küster, den ich abschicke, damit er von seiner überlegenen Weisheit befragt werde, über unsern geisterhaften Ritter mehr zu wissen scheint, wie er zu enthüllen Willens ist, obgleich er uns keine andere Nachricht von ihm geben will, als daß er der Geist eines der alten Douglas aus dem Fegefeuer ist – eine Angabe, welcher Sir John de Walton nach Belieben Glauben schenken mag. Ihr könnt ihm sagen, mein Glaube gehe dahin, daß der Küster entweder aus Armuth, Altersschwäche und Schwärmerei geisteskrank geworden ist, oder daß er mit einer Verschwörung in Verbindung steht, welche die Landleute ausbrüten. Ihr könnt ihm auch sagen, daß ich mit dem jungen Mann beim Abt von St. Bride nicht viel Umstände machen werde. Es liegt etwas Verdächtiges in all' den Umständen, die jetzt in unserer Umgebung vorkommen.«

Fabian versprach Gehorsam; der Ritter nahm ihn bei Seite und gab ihm noch weitere Warnung auf sein Geschäft genau zu achten, denn er müsse bedenken, daß weder sein eigenes Urtheil, noch das seines Herrn von dem Gouverneur besonders beachtet würden; er möge sich wohl hüten vor einem Vergehen in einer Angelegenheit, bei der vielleicht die Sicherheit des Schlosses auf dem Spiel stehe.

»Seid unbesorgt, würdiger Herr,« erwiderte der junge Mann, »erstens kehre ich in die frische Luft und zweitens zu einem guten Feuer zurück, beides Dinge, die einen sehr angenehmen Tausch mit diesem Loch erstickender Dünste und verabscheuungswürdiger Gerüche bilden. Ihr könnt Euch darauf verlassen, daß ich keinen Verzug machen werde; ein sehr kurzer Zeitraum wird mich nach Castle Douglas zurückbringen, wenn ich sogar mit der gebührenden Aufmerksamkeit auf die Knochen des alten Mannes reiten sollte.«

»Behandle ihn menschlich,« erwiderte der Ritter, »und du, alter Mann, wenn du unempfindlich gegen Drohungen persönlicher Gefahr bist, so bedenke, daß deine Strafe, wenn du uns betrügen solltest, noch strenger sein wird, als irgend eine, die wir deiner Person zufügen können.«

»Könnt ihr die Folter auf die Seele anwenden?« fragte der Küster.

»Hinsichtlich deiner besitzen wir diese Gewalt,« erwiderte der Ritter, »wir werden jedes Kloster oder jede kirchliche Gründung aufheben, welche zum Heil der Seelen dieser Familie Douglas eingesetzt wurde; wir werden alsdann allein den Andächtigen gestatten, dort auf die Bedingung hin zu wohnen, daß sie für das Seelenheil König Edward I. ruhmvollen Andenkens beten, welchen man den malleus Scotorum, den Hammer der Schotten zu nennen pflegt; wenn nun die Douglas der geistlichen Wohlthat von Gebeten und Gottesdienst in solchen Heiligthümern beraubt werden, so liegt die Schuld an deiner Hartnäckigkeit.«

»Eine solche Art Rache,« erwiderte der alte Mann in demselben kecken Tone, welchen er bisher gebraucht hatte, »würde sich eher für die Teufel in der Hölle, als für christliche Menschen ziemen.«

Der Knappe erhob seine Hand. Der Ritter schritt ein: »Vergib ihm, Fabian,« sagte er, »der Mann ist sehr alt und vielleicht wahnsinnig. Und Ihr, Küster, bedenkt, daß die gedrohte Rache nach dem Gesetz gegen eine Familie gerichtet werden kann, deren Mitglieder sämmtlich die hartnäckigen Anhänger des im Kirchenbann befindlichen Rebellen waren, welcher den rothen Comyn in der Kirche von Dumfries ermordete.«

Mit den Worten schritt Aymer aus den Ruinen, indem er seinen Weg mit großer Schwierigkeit suchte; er nahm sein Pferd, das er am Eingange fand, wiederholte seine Warnung gegen Fabian, er möge sich klug benehmen, ging zum südwestlichen Thore und gab die eindringlichsten Ermahnungen zur Uebung einer strengen Wache mit Patrouillen und einzelnen Posten, wobei er zugleich seinen Argwohn durchblicken ließ, daß die Wachen am vorhergehenden Abend vernachlässigt seien. Die Kriegsleute murmelten eine Entschuldigung; die dabei gezeigte Verlegenheit schien anzudeuten, daß sie Ursache zum Verweise gegeben hatten.

Sir Aymer setzte dann seinen Ritt nach Hazelside fort, wobei sein Gefolge durch die Abwesenheit von Fabian und seinen Begleitern vermindert war. Nach einem hastigen, aber nicht kurzen Ritt stieg er bei Thomas Dicksons Hause ab, wo er die Abtheilung aus Ayr schon eingetroffen sah, welche sich für die Nacht bequem untergebracht hatte. Er schickte einen der Bogenschützen ab, um seine Nähe dem Abt von St. Bride und dem jungen Gaste desselben anzukündigen, wobei er zugleich dem Armbrustschützen den Auftrag gab, letzteren im Auge zu behalten, bis er selbst zur Kapelle gelangt sei, was sehr schnell geschehen werde.



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