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Einleitung.

(Folgende Einleitung wurde von Sir Walter Scott im Februar 1832 aus Neapel eingesandt, das Material wurde aber vor dem September 1831 in Schottland gesammelt; die Einleitung erschien somit nicht in der ersten, sondern erst in der zweiten Auflage der Erzählung.)

Die Hauptereignisse der Erzählung sind aus der alten Reimchronik »Bruce von Archidiaconus Barbour« und aus der Geschichte der Häuser Douglas und Angus von David Hume de Godscroft entnommen; die Wahrheit derselben wird von den Ueberlieferungen des westlichen Theiles von Schottland bekräftigt. Dieselben stimmen mit dem Geist und den Sitten der unruhigen Zeit, von welcher sie berichtet werden, überein, so daß ich keinen Grund sehe, weßhalb man die Wirklichkeit der Thatsachen bezweifeln sollte. Auch scheinen die Namen von zahllosen Oertlichkeiten sogar mehrere der kleinsten Umstände in dem Bericht von Godscroft zu bestätigen.

Unter den Genossen von Robert Bruce bei seiner großen Unternehmung der Befreiung Schottlands von der Macht Eduards I. von England wird der erste Rang allgemein dem achten Lord Douglas James zugestanden, welchen seine Landsleute noch heut zu Tage den guten Sir James nennen.

Der Ruhm, den jener tapfre Mann
Sir James Douglas sich gewann,
Ist hier, wo Freiheit er errungen,
So wie in Spanien weit erklungen.

Von der Zeit an, worin der König von England sich weigerte, ihn bei seiner Rückkehr aus Frankreich, wo er seine Erziehung als Ritter erhalten hatte, mit den ausgedehnten Gütern seiner Familie zu belehnen, welche wegen der Partei seines Vaters, William des Kühnen, eingezogen waren, scheint der junge Ritter von Douglas die Sache des Robert Bruce mit begeistertem Eifer ergriffen und die Schicksale seines Fürsten mit unermüdlichem Eifer und Hingebung getheilt zu haben. »Der Douglas,« sagt Hollingshed, »wurde von König Robert sehr vergnügt empfangen und blieb dessen Diensten sowohl im Frieden wie im Krieg bis an seinem Lebensende treu. Obgleich der Name und die Familie der Douglas schon vor jenen Tagen in einigen Ehren stand, so geschah deren eigentliche Erhebung durch diesen James Douglas; denn Andere dieses Stammes erhielten durch seine Erhebung Gelegenheit, sich in Mannheit und Tapferkeit in Vertheidigung des Reiches auszuzeichnen. So erreichten sie eine solche Höhe in Bedeutung und Ansehen, daß ihre große Macht in Vasallenländereien und Schlössern zuletzt zum Theil die Ursache ihres Falles war, weil die nachfolgenden Könige Argwohn gegen sie hegten.«

In jeder Erzählung des schottischen Unabhängigkeitskrieges nehmen die Jahre gefährlicher Abenteuer und Leiden des erlauchten Freundes von Robert Bruce einen bedeutenden Platz ein, eines Ritters, welcher die englischen Truppenabtheilungen, die nach einander sein väterliches Gebiet besetzten, in wiederholten und glücklichen Versuchen bekämpfte, um die furchtbare Festung Douglas Castle ihrem Besitz zu entreißen. Sowohl in englischen wie schottischen Chroniken und in Rymers Foedera werden die verschiedenen Offiziere häufig genannt, welchen König Edward die Vertheidigung dieser berühmten Feste vertraute, besonders Sir Robert Clifford, der Vorfahr des heldenmüthigen Geschlechts der Cliffords, der Grafen von Cumberland, dessen Lieutenant Sir Richard de Thurlevalle von Thirwall Castle am Tippal in Northumberland und Sir John de Walton, dessen romantische Geschichte der von ihm gegen seiner Geliebten eingegangenen Verpflichtung, Douglas Castle ein Jahr lang zu halten, oder auf alle Hoffnung hinsichtlich derselben zu verzichten, nebst den tragischen, in dieser Erzählung etwas gemilderten Folgen, durch Hume de Godscroft weitläufig berichtet und als eines der rührendsten Ereignisse in der Chronik des Ritterthums dargestellt ist.

Ehe noch der Verfasser in der Entwerfung vorliegender Erzählung, wahrscheinlich der letzten, die er schreiben wird, ziemlich weit gekommen war, machte er eine Reise nach Douglasdale, um die Trümmer des berühmten Schlosses, die Kirche von St. Bride von Douglas, die Schutzheiligen dieser großen Familie und die verschiedenen durch Hume de Godscroft in seinem Bericht von den ersten Abenteuern des guten Sir James erwähnten Oertlichkeiten zu untersuchen; obgleich er jedoch so glücklich war, einen eifrigen und unterrichteten Cicerone in Herrn Thomas Haddow und jeden Beistand von Herrn Alexander Finlay, dem Verwalter seines Freundes Lord Douglas zu erhalten, befand er sich damals in so üblen Gesundheitsumständen, daß er seine Untersuchungen nicht so fortsetzen konnte, wie er es in besseren Tagen mit Freuden gethan haben wurde; er mußte sich mit einer flüchtigen Uebersicht der an sich höchst interessanten Gegend begnügen, wie er eine solche an einem einzigen Morgen ertragen konnte, an welchem jede körperliche Bewegung ihm schmerzlich wurde. Herr Haddow hatte die Güte, dem Verfasser später einige Mittheilungen über Punkte zu machen, deren Untersuchung derselbe für wünschenswerth zu halten schien. Diese Mittheilungen erreichten ihn erst, als er das Werk, wie es vorliegt, hatte beenden müssen, um Vorbereitungen zu einer Reise in fremde Klimate zu treffen, in denen er Gesundheit und Kraft wieder zu finden hoffte.

Die Reste des alten Schlosses von Douglas sind unbeträchtlich. Sie bestehen wirklich nur aus einem verfallenen Thurm in geringer Entfernung von dem neueren Wohngebäude, welches selbst nur einen Theil des vom Herzog Douglas beabsichtigten Baues bildet, den derselbe nach der Zerstörung des Schlosses durch eine zufällige Feuersbrunst aufführen lassen wollte Die folgende Beschreibung von Douglas-Castle ist aus einem im Anfange des verflossenen Jahrhunderts geschriebenen Werke, welches vom Maitland-Club in Glasgow 1831 gedruckt wurde, entnommen. Douglas Kirchspiel, Baronie und Lordschaft hat der Familie Douglas lange angehört und blieb im Besitz der Grafen Douglas, bis deren Vermögen 1455 eingezogen wurde; während dieser Zeit sind viele edle und wichtige Handlungen, wie die Geschichte berichtet, von den Lords und Grafen dieses mächtigen Stammes vollbracht worden. Alsdann ward die Baronie Douglas den Grafen von Angus übertragen und blieb bei der Familie, bis William Graf Angus 1633 zum Marquis von Douglas ernannt wurde; jetzt ist es der hauptsächlichste Sitz des Marquis von Douglas und seiner Familie. Es ist eine große Baronie und Kirchspiel mit weltlichem Patronat, denn der Marquis hatte mehrere Pfarrstellen zu besetzen; nahe bei der Kirche liegt das Schloß und ein schöner Flecken mit Stadtrecht. In der Kirche finden sich viele alte Monumente mit Inschriften über den Gräbern der Grafen. Der kleine Strom Douglas durchfließt das ganze Kirchspiel, welches deshalb auch Douglasdale genannt wird. Es ist ein liebliches, an Gras, Getreide und Wald reiches Thal, und der Pfarrer hat ein gutes Einkommen u. s. w.. Der Herzog hatte die alte Prophezeihung im Auge, daß Douglas-Castle, so oft es zerstört sei, mit erweitertem Umfang und Glanz sich wieder erheben würde; er entwarf deshalb den Plan zu einem Gebäude, welches in seiner Vollendung jeden Wohnsitz eines Edelmanns in Schottland damals übertroffen haben würde; der ausgebaute Theil, ein Achtel des ursprünglich beabsichtigten Baues, ist ausgedehnt genug für eine große Haushaltung und enthält einige Zimmer von großartigem Umfang. Die Lage ist prächtig; obgleich die Nachfolger des Herzogs das Schloß in dem Zustande ließen, worin sie dasselbe antrafen, so haben sie dagegen auf die Verschönerung der Umgegend große Kosten verwandt; dieselbe zeigt jetzt einen ungeheuren Strich mit wellenförmigem Boden und Baumgruppen, bis zum Fuße der Cairntable-Berge, welche häufig als der Lieblings-Zufluchtsort des großen Ahnen der Familie in den Tagen des Unglücks und der Verfolgung erwähnt werden. In dem anstoßenden Flecken steht noch das Chor der alten Kirche von St. Bride, unter deren Fußboden sich das Grabgewölbe seiner hohen Familie befindet, welches erst in neuester Zeit aufgegeben wurde, als die im Laufe von fünf bis sechs Jahrhunderten aufgehäuften steinernen und bleiernen Särge keinen weiteren Raum zur Hinzufügung Anderer übrig ließen.

Dort wird noch ein silbernes Kästchen gezeigt, welches den Staub von dem einst edlen Herzen des guten Sir James enthält; in dem verfallenen Chore findet sich noch das einst prächtige Grabmahl des Kriegers, obgleich in einem traurigen Zustande. Nachdem Barbour die wohlbekannten Umstände vom Tode Sir James' in Spanien (20. August 1330) berichtet hat, als derselbe auf seiner Rückkehr von Jerusalem, wohin er das Herz von Bruce gebracht hatte, sich einem Feldzuge des Königs von Aragon gegen die Mauren angeschlossen hatte, erzählt uns dieser alte Dichter: seine Leute hätten den Leichnam einbalsamirt, denselben nach Schottland eingeschifft, und dort auf seinem Gute beigesetzt, nachdem ihm sowohl in Spanien wie zu Hause alle Ehren der Ritterschaft erwiesen waren; sein Sohn habe alsdann das Grabmahl erbauen lassen. Eine Abtheilung von Cromwells Truppen soll das Grabmahl aus Muthwillen verstümmelt haben, als dieselben nach der damaligen Gewohnheit des vom Protector befehligten Heeres die Kirche von Douglas in einen Pferdestall verwandelten. Es ist jedoch genug noch übrig, um den Ruheplatz des großen Sir James zu erkennen. Das Bildniß von dunklem Stein hat kreuzweis gelegte Beine, ein Zeichen, wodurch angedeutet ist, daß er seinen Tod nach Vollbringung der Pilgerschaft zum heiligen Grabe im wirklichen Kampf mit den Ungläubigen in Spanien fand; die Anbringung eines Herzens im alten Wappen der Douglas, in Folge der Vollbringung des letzten Willens von Bruce, scheint neben der Stellung der Figur die Gewißheit herzustellen, daß hier sich das Grabmahl von Sir James befindet. Dasselbe muß in seinem ursprünglichen Zustand den besten Bildwerken der Westmünster-Abtey aus derselben Zeit an Werth gleichgekommen sein.

Da der Verfasser sich einige Freiheit mit den historischen Ereignissen genommen hat, welche diesen Erzählungen zu Grunde liegen, so ist es seine Pflicht, dem Leser diejenigen Auszüge aus seinen Quellen mitzutheilen, wodurch derselbe einen falschen Eindruck wieder ausgleichen kann. Die Hauptquelle wurde zu einer Zeit verfaßt, wo Schottland noch von dem Ruhme derer erfüllt war, die es vom Joche der Plantagenet befreiten. Sir James Douglas nimmt unter denselben einen bedeutenden Rang ein. Hume de Godscroft sagt über ihn: »Wir wollen nicht das Urtheil jener Zeiten über ihn verschweigen, welches zwar in einem plumpen Verse, jedoch in einem solchen gegeben ist, welcher seine wahre Großmuth und seine unbesiegliche Seele unter allen Glücksumständen bezeugt.«

James Douglas aller Flecken baar,
Ein Herr, der klug und tapfer war,
Behielt im Siege kaltes Blut,
Nach Niederlagen guten Muth;
In gleicher Wage wog er ab,
Was ihm das Glück und Unglück gab.



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