Maximilian Schmidt
Der Zuggeist oder die erste Zugspitzbesteigung
Maximilian Schmidt

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IV.

Ein leises Klopfen ertönte am Fenster gegen den Obstgarten zu und zugleich rief eine Stimme: »Mariannl, seid's no wach? I bin's, d'Afra. Für'n Vata müaßts ma ebbas geb'n.«

Schon beim ersten Worte hatte Mathies Afras Stimme erkannt und er eilte durch die Küchenthüre hinaus in das Gartl.

»Ahnle, mach a Liacht und leucht!« rief er im Abgehen der Großmutter zu.

Die Alte aber rief, dem Mädchen antwortend: »Afra, kimm nur eina, i bin no' hechtenfrisch heunt; kimm nur und schalt und walt über mi.«

37 Hastig trippelte sie zu der Anricht neben dem Ofen, nahm das Zunderschüsselchen, steckte ein dünnes, beschwefeltes Hölzchen in die Glut und zündete damit den in der eisernen Gabel des dreifüßigen Gelters befindlichen Buchenspan an, dessen grelles Licht das soeben mit Mathies Hand in Hand eintretende Mädchen beleuchtete.

Afra war ein Mädchen von etwa zweiundzwanzig Jahren, von mittlerer Größe und kräftigem Wuchse. Ihr üppiges, braunes Haar war in Flechten um den Kopf gewunden. Sie hatte ein rundes, volles, dunkelfarbiges Gesicht mit einem etwas stumpfen Näschen und hochschwellenden purpurroten Lippen; frisches Rot schimmerte auf ihren Wangen, große, blaue Augen blickten lustig in die Welt hinein.

Ihren Oberkörper bedeckte der sogenannte »Leibhansl«, eine ärmellose Jacke aus rotem Leinen, zunächst am Hemd getragen, deren Oberteil mit grüner Seide bordiert und mit drei Silberfiligranknöpfen geschlossen war. Ein mäßig kurzer Wollenrock, eine blauweiße Leinwandschürze, blaue Strümpfe und ausgeschnittene Schuhe vervollständigten ihren Anzug. Die weißen Hemdärmel ließen den Vorderarm frei.

»Dirndl,« rief ihr die Alte entgegen, »du kimmst ja heunt no' grad daher, als wie r an' Engel, der Trost spend't.«

»I wär nit kemma, wenn's nit der Vata extri wolln hätt', und daß's glei wißt's, warum, so soll enk sagn, daß er heunt in aller Fruah auf der Auerhahnbalz war drent am Risserkopf, beim Aufprung is er am Schnee ausg'rutscht, is über a kloans Wandl gfalln und hat si' dabei sei' rechte Achsel verrenkt.«

38 »O mei', o mei', da kriegt er ja an' großen Wehthoa'!« rief die Alte.

»Er braucht 'n nimmer z'kriegn, er hat'n schon, daß er'n schier nimmer aushalten kann. Alles ham ma scho' probiert, aber es nutzt halt nix. Da hat der Vata g'moant, leicht daß d' Mariannl ebbas wißt, was da helfet, gehst ummi und fragst es und zahlst 's guat, wenn's nur ebbs is, dös glei hilft.«

»Natürli!« rief die Alte, »i soll schon helfa kinna, ehvor er si' no' ebbas tho' hat.«

»Aber nix »Hockes Pockes,« hat der Vater g'sagt, dürf's sei'; an so ebbas glaubt er nit; heringegen a Salbl oder a Saftl, dös 'n Schmerz stillt, so was gebt's mir.«

»Afra, da brauch ma's alt' Ahnle nit,« sagte Mathies. »Dei' Vata soll si' mit an' Soafageist (Seifengeist) einreib'n, i hon no' a halbe Flaschen voll; i hon mir z'naachst beim Flößen d' Hand verstaucht und in ara raschen Weil is's wieder guat worn. 's Ahnle hat mir den Geist ang'setzt, und i muaß's sagn, helfa thuat er.«

»Warum soll er denn nacha nit helfen?« fragte die Alte. »Aber fünf Vataunser müassen dazu bet' wern, dös sag dein' Vatan, sunst kann i nit guatstehn dafür, daß er g'wiß hilft.«

»Muaß dös sei'?« fragte Afra lächelnd.

»Dös muaß sei'!« behauptete die Alte, »und die nutzen aa. Moanst ebba, i hör dein Vata nit alle Teufl aus der Höll außa sakramentiern? Die Manna, und b'sunders dem sei' Geduld kenn' i! Und auf die Weis' dahitzt er si' und der Wehthoa' wird alleweil irger. So lang' als er die fünf Vaterunser bet', muaß er si' anständi aufführn, därf nit sapprementiern, und dabei kimmt er von selm drauf, 39 daß's besser is, er laßt der Kranket sein Verlauf nehma und giebt si' in sei' G'schick. Gel, so ebbs is enk junge Leut nit eingfalln, auf so ebbs muaß an' alts Wei erfinderisch sei'. So, itz wißt's es, 's Beten schad't nix, aber nutzen thuat's.«

»Ja, ja, Muatterl, ös habts recht,« bekannte Afra. »I werd' alles getreuli ausrichten.«

»I gieb dir scho' no' ebbs mit, a Salbl, mit dem er si' dazwischen einschmiern soll. I hol's glei eina aus der Kammer, verhalt di nur a kloans Weilerl.«

Damit entfernte sie sich.

»Afra,« begann jetzt der Mathies, »wennst wißt, was für a große Freud für mi is, daß i dir heunt no' an' Grüaß Gott sagn kann, und wie viel gern i in der Fremd an di denkt hon!«

Afra errötete, aber sie zog ihre Hand nicht zurück, als der Bursche dieselbe ergriff.

»Bist awi kemma bis auf Wean?« fragte das Mädchen, »und is's dir alleweil guat ganga?«

»Nix hat si' gfeit,« entgegnete Mathies; »mentisch kalt is's freili no' gwen aufn Wasser, und aufn Floß hätt'n ma öfters schneeballn kinna, aber was geniert so ebbs unseroan? Rechta Zeit is mir scho' wieder hoaß worn und nit alloa durchs Arbeten, aa durchs Sinniern, woaßt, wenn i an di denkt hon, Afra. Du woaßt es ja voneh, i hon di halt so viel gern, Dirndl, daß i's nit dasagn kann.«

Er zog sie näher an sich.

»Mathies!« rief das Mädchen, wie abwehrend, aber ihre schönen, blauen Augen hatten sich befeuchtet und hingen mit zärtlichen Blicken an dem ehrlichen Gesichte des jungen Burschen.

»I vergiß's nit, daß i nix bin als a Schindlkluiba 40 (Schindelschneider) und a Floßknecht,« fuhr dieser fort, »aber derntwegen muaß mi dengerscht die ganze Welt achten. Freili hätt' dei' Vata mehr Respekt vor mir, wenn i, wie er, die ganz Wocha auf die Berg rumsteiget und die Gamseln nachjaget, mit oan Wort: wenn i a flotter Jaga waar. Aber dazua hon i halt's Geldei nit und aa nit 'n Sinn. I verdean mir bei mein' Gschäft aa r a schöns Stück Geld, und hon i so viel beinand, daß i moan, i könnt reden davon, nacha kimm i schon auf d' Frei. Ehnda soll dei' Vata nix inna wern und aa neamd anders. I woaß, du haltst aus, Afra, du bleibst mir treu.«

»Gwiß!« versicherte das Mädchen; »mei' Herz und mei' Leb'n g'hört dei' sitta denseln Tag, wo's unsere Vatan vom Eibsee z'ruckbracht hab'n. Der dei' war tot, der mei' am Sterben. Woaßt es no', wie's d' Bleameln brockt hast zu an' Kranz auf dein' Vata sei' Bahr? Da hon i dir brocka helfen und hon mit dir recht bitterli woana müassen.«

»Und da hast g'sagt zu mir,« unterbrach sie Mathies, »wenn i nur wißt, hast g'sagt, mit was i dir dein' Schmerz erleichtern kunnt. Alles, alles gebet i dir. Da hon i dir d' Thräna von die Wanga g'wischt und hon g'sagt: dös Schönst hast mir schon geb'n, dös san die Thräna, die's d' um mein' Vata woanst. Mei' Lebta werd' i dir die nit vergessen. Und wie's mi nach etli Jahrln g'holt hab'n zum Militari, wie's eini is ganga ins Frankreich – du bist scho' sechzehn Jahr alt gwen – wie i dir dort d' Hand geb'n hab zum Pfüat Gott, da hast wieder gwoant, um mi hast gwoant, und an dieseln Thräna hab i denkt, wenn i neben meiner Kanona dahin marschiert bin, und in die Schlachten von Brienne, Bar sur Aube und Arcis sur Aube.«

»Da hon i aa an di denkt,« fiel Afra lebhaft ein, »und 41 für die bet' und mi g'sorgt; mein Gott, was für a schreckliche Zeit is dös gwen! Was für a Jubel aber is's aa worn, wie's ghoaßen hat: der Frieden is gstift. Wie's alle Glocken g'läut hab'n zum Dankfest und von allen Spitzen rundum d' Freudenfeuer g'leucht hab'n, o mei' Mathies, da hon i halt aa wieder gwoant vor lauter Freud, hon i dengerscht gwußt, daß d' g'sund wieder kimmst in d'Hoamat! Und wie r i di wieder gsehgn hon zum ersten Mal, da hon i nimmer gwoant, da hon i freudi g'lacht und stolz bin i gwen auf di, wie i gsehgn hon, wie alles Respekt hat vor dir und wie hoch daß d' g'acht bist. Selm mei' Vata hat als Gmoavorstand a Ansprach an di ghalten, daß d' Obergrainauer stolz sei' kinna auf di und alle, die mitkämpft hab'n als brave und tapfere Boarn (Bayern).«

»Ja, durt is unseroana freili hoch angsehn gwen,« versetzte Mathies, »und i hon mir's schier selber einbildt, wenn i mei' Zeit z' Münka abdeant hon, braucht's weiter nix, als zu dein' Vatan z'sagn: gieb mir dei' Afra zum Wei! Aber da hon i mi schö' gschniden. Mit'n Jubel und der Herrlichkeit is's, wie mit'n Schampani (Champagner), den ma drinn z' Frankreich trunken habn. Wennst d' Flaschen aufthuast, knallt's und saust's und braust's, daß's grad a Freud is, aber's dauert grad a kloans Weilerl, nacha is's wieder gar. Wie ma z'ruckkemma san vom Feldzug, da haben's mit uns tho', als wär' a jeder von uns a Küna; Vivat hoch! habens gschrieen und grad gstopft habens uns mit Fleisch und Nudeln; etli Monat später aber habens uns kaam mehr unser Kommißbrod vogunnt. Und gehst itz auf der Landstraß mit dein Packl über der Achsel in Urlaub, so haltens di nit viel höher, als an' Bedlmo' (Bettelmann) – bist halt a gmoana Soldat! Und aa dei' 42 Vata hat umg'sattelt. Wie r i vorigs Jahr wieder auf ständi hoamkemma bin, da hat er a ganz andere Ansprach an mi g'halten, wie durt glei nach'n Krieg. »Du bist a Kloanhäusler,« hat er gsagt, »'s Arbeten, dös ma beim Militari vergißt, wirst wieder g'wöhna müassen, wennst di ehrli durchschlagn willst durchs Lebn und mit der Gmoa'polizei guat auskemma magst. Mach der Gmoa koa' Schand!« No', i moan, da hat er si' a unnütze Sorg gmacht, aber verteufelt hat's mi gfuchst, daß er si' a so gwendt hat.«

»Aber i hon mi nit gwendt,« versicherte Afra, »i hon di angschaut mit dieseln Augn, die durtmals unten im Wiesengrund für di so bitterli gwoant habn, die dir nachigschaut habn, wie's d' furt bist als Rekrut und die g'leucht' habn vor Freud, wie's d' g'sund wieder kemma bist. Und mit denseln Augen schaug i di no' itz an, und da hast mei' Hand, i halt aus für di, unser Zeit wird kemma, gwiß, gwiß!«

»I nimm dei' Hand,« sagte Mathies gerührt, »aber nimm no' ebbas anders, daß 's an' festen B'stand hat – da –«

Mathies hatte längst den Arm um das Mädchen geschlungen und indem er es jetzt zärtlich an sich preßte, drückte er ihr einen herzhaften Kuß auf die schönen Lippen.

»He, he, he, he! langsam!« rief jetzt die Großmutter. »Ja, was waar denn itz dös?«

»Dös war a Bussei!« erwiderte Mathies lachend, »meiner Seel, 's erste, dös i mein' liaben Dirndl gebn hom« –

Afra war über und über rot. »Itz hat d' Ahnle alles g'hört,« sagte sie verlegen.

»Natürli,« entgegnete diese; »i steh ja scho' an' etli 43 Weil wieder in der Stub'n, aber vor lauter Dischkurs habt's mi nit ghört und gsehgn. Wie's aa is, dös därf mir in meina Hirwa nimmer gschehgn, dös leid i nit, na', dös leid i nit! Afra, da hast's Salbl; i moan, es is gscheita, i begleit' di ummi in dein' Hof. Du muaßt mi halt untern Arma nehma, denn nachts sehg i nit guat. Aber oa' für allemal, i leid da koa' Karrassiern (Liebeln) unter meine Aug'n.«

»Aber Muatterl,« schmeichelte Afra, »ös habt's ja selm alleweil davon g'red't, daß mi a junger, aber armer Bursch so viel gern hat –«

»Ja, dessel scho', aber i hon ja gar nit an mein' Mathiesl denkt, an den hon i gar nit denkt,« platzte Mariannl heraus.

»Also habt's an' andern in Sinn ghabt?« fragte Afra etwas neugierig.

»Freili hat's dir an' andern aufschwatzen wolln und was für oan, an' rarigen!«

»Därf ma's wissen, wen?« fragte das Mädchen.

In diesem Augenblicke hörte man in einiger Entfernung die Töne einer Mundharmonika.

»Hörst,« sagte Mathies, sie ans Fenster führend, »der is's durt, der grad bei dir 's Gasseln probiert, der schwarz Görgl!«

»Jeß Maria!« rief Afra lachend, »o mei' Ahnle, wo habt's da enkere Augen g'habt!«

»Seid's staad!« gebot Mathies, »daß ma hörn, was er unter dein' Fenster z'stand bringt; d' Bleamlstöck wern si' drüber freu'n! I lösch's Liacht aus, daß er uns nit siehgt.«

Er that, wie er gesagt. Der helle Mondenglanz drang 44 in die kleine Stube, an deren offenem Fenster nun die Alte, und Hand in Hand das liebende Paar dem Spiele und den Gasselreimen des schwarzen Görgl lauschten.

Die Gasselreime sind keine eigentlichen Lieder, sondern nur vor dem Fenster eines Mädchens mit veränderter Stimme herabgemurmelte Reime, meist aus dem Stegreif, welche die Stelle eines Ständchens vertreten. Sie sind gewöhnlich in einer mysteriösen übertriebenen Sprache verfaßt und so lang, daß oft eine Viertelstunde zum Hersagen nicht ausreicht. Je länger sie sind, für desto schöner werden sie gehalten. Dabei sucht der Bursche seine guten Eigenschaften zu verringern, sich zu »verkleinern«. Der Reiche jammert, daß er arm, der Kräftige und Hübsche, daß er schwach und abscheulich, der Witzige, daß er dumm sei, und der Dumme macht sich noch »dulkata«, als er in Wahrheit ist. Dann folgen die Versicherungen der Liebe, untermischt mit Drohungen, daß er sich eine andere suche, wenn ihn sein Liebchen nicht bald erhöre. Dieses alles geschieht in einer eigentümlichen Gesangsmalerei, wie es denn überhaupt die Gebirgsbewohner lieben, ihre G'sangeln und Lieder in überraschend urwüchsige Poesie zu kleiden.

So vernahmen die Lauschenden, welche nur mit Mühe ihr Lachen zurückhalten konnten, folgende von Görgl gesungene Gasselreime:

»Goa weit kimm i her
Üba Berg und Thal,
Üba Gräbn, üba Zäun
Zua dei Fensta a Mal.

So viel Stern in da Höh,
So viel Tropfa in See,
So oft grüaß i di schön,
Laß mi nit gar lang stehn. 45

Geh her da zum Fensta,
Hon a Wort, a zwoa z'redn,
Will di fragn a kloans bisserl
Vawegnam heiraten wegn.

Bin a Bürschei, a g'steifts,
Hon a Stirk und a Schneid,
In da ganzen Revier
Is koa' Bua, der mi keit.

Und Felder und Äcker,
Potzschlagaralend!
Möcht no' so lang ackern,
I kaam auf koa' End.

All's dick und schönmächti
Steht da Sternwoazn draaf,
Brauch'n nit amal anz'saan.
Von selber geht er aaf.

Hon a Haus, wie r a Gschloß,
Goa hoch obn auf der Höh,
Mitm Dach hängt's in Nebel
Und da Grund steht in Schnee.

Halt Ochsen und Kalma
Und Schaf nach der Wahl,
Und Rösser und Küah
Auf der Woad und in Stall.

Und Ehhalten hon i,
Woaß gar nit, wie viel,
Weil i allemal irr werd,
So oft i's zähln will.

Wurst dö randögstö Bäurin
Ummadum in da Geg'nd,
Weils söche koa giebt,
Dö ma's nachmacha mög'nd.«

46 Die folgenden Reime besangen, wie schön sie sich kleiden könne »in Seide und Manchest«, wie köstlich sie speisen und faulenzen könne, dann fuhr er fort:

»Aber iatz muaß i aufhörn,
Es wur da sunst z'viel,
Hör di ehnda scho' pfui'getzen
Hinta da Hühl.

Geh her da zum Fensta,
Sag na', oder ja,
I geh ehnda nit weida,
Bin grad deswegn da.

Magst aber nit hergehn
Und laßt mi nit ein,
Wir i dengerscht a lebfrischa
Gasselbua sein.

Wir's sein und wir's bleibn,
Du bist nit alloa',
Und es wird nit a Niadö
So haochgsecha thoa'.«

Mit einem tüchtigen Schnaggler beendete der schwarze Görgl seine Serenade. Die ihn Belauschenden hatten sich alle Gewalt angethan, dieselbe nicht durch ihr schallendes Gelächter zu unterbrechen, jetzt aber hielten sie es nicht mehr zurück. Der schwarze Görgl hörte das Lachen zwar, doch machte er sich wenig daraus, denn er erriet nicht, daß gerade Afra es war, die von ihm so hoch Besungene, welche ihn am meisten auslachte. Sein kräftiger Juhschrei tönte empor an der Waxensteinwand, über welche infolge eines leichten Föns fast unausgesetzt die Schneelahnen herabrieselten, welche ein Getöse verursachten, als stürzten mächtige Wasserfälle von den himmelhohen Felsenwänden nieder.

47 »Es wird aper,« sagte die Großmutter, »der Lanks (Lenz) kimmt mit G'walt. Gott gieb, daß er enk zwoa a Glück bringt, daß's enk g'hörts fürs Lebn, eh der Hirgst (Herbst) die Blattln wieder furt waaht. Itz aber geh, Afra, dei' Vata hat lang gnua warten müassen.«

Die Liebenden sagte sich herzlich gute Nacht, dann ging die Alte mit Afra durch den Garten dem Bärenhofe zu.

Mathies versprach, im Garten auf seine Großmutter zu warten. Er geleitete die sich Entfernenden mit liebenden Blicken. Dann sah er nach dem ihn umgebenden Gipfelmeere, welches das silberne Mondlicht zauberisch umflirrte und ihm das Ansehen gab, als wären die Massen aus reinem Gold und Silber, besäet mit Millionen hellglitzernder Edelsteine.

Mathies schwelgte in diesem lang entbehrten Anblick. Die Gedanken aber, welche sein Herz dabei bewegten, faßte er in dem Schnadahüpfl zusammen, das er leise vor sich hin sang:

Und waarn dö Berg ummadum
Voll guldin Erz –
So waarn 's grad a Danderling
Z' gegn a treu's Herz. 48


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