Maximilian Schmidt
Die Jachenauer in Griechenland
Maximilian Schmidt

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IV.

Kaum waren die beiden Kameraden allein, so rief Wendel:

»Berger, du hast mir an' Stich ins Herz gebn mit deiner Nachricht. Mir is ganz heiß!«

»I kann mir's denken,« erwiderte der Freund. »Glaub mir, i wünsch dir alles Glück zu dein' neuen Hausstand, aber lieber hätt' i's gsehn, du wärst noch nit so weit. Vielleicht wär dann der Wunsch von unserm Hauptmann in Erfüllung gangen.«

»Aber was is dös für a Wunsch?« rief Wendel ungeduldig.

»Du weißt ja, was für große Stück der Hauptmann auf di g'halten hat. Auf di hat er sich verlassen in allen wichtigen Sachen, wie auf niemand sonst, und jetzt, bei so an' weiten und wichtigen Ausmarsch gehst ihm halt du ab. D'rum schickt er mi her und laßt di grüßen und laßt dir sagen, wennst wieder eintreten wollt'st auf die Dauer der Expedition, so kannst sofort in deiner Anciennetät wieder einrücken, du wärest der erst' Feuerwerker und was nit unwahrscheinli is, über kurzem Oberfeuerwerker mit Anspruch auf Pension und kann sein, in Griechenland drin sogar Offizier. Das hätt' i dir ausrichten solln. Aber i seh, i komm leider z' spät, du hast bereits an' andere Expedition in Ehstand ang'fangt, und 'n Hauptmann sei' Wunsch – 40 und därfst mir's glauben, der Wunsch der ganzen Kompagnie, muß leider unerfüllt bleiben.«

»Auf wie lang is d' Expedition vorgsehn?« fragte Wendel nachdenklich.

»Ung'fähr auf a Jahr,« lautete die Antwort. »Sobald uns die Freiwilligen ablösen, geht's wieder heim. I halt's gradzu für a Lustfahrt. Denk dir nur, aufs Meer kommen und Italien und Griechenland sehen! Hellas, wie's die nobeln Leut nenna, soll a Paradies sein!«

»Und i weret glei der erst Feuerwerker?«

»Und wenn der Oberfeuerwerker am Weg abspinnt (Invalide wird), wie's fast mit Sicherheit anz'nehmen is, so kommst du an sei' Stell. Das heißt, so wär alles worn, wennst nit am Montag dei' Hochzeit feiern thätst.«

»Berger,« sagte jetzt Wendel feierlich, »d' Hochzeit laßt si' verschieben, aber d' Expedition nach Griechenland laßt si' nit verschiebn.«

»I glaub kaum, daß der König Otto drauf einging,« erwiderte Berger lächelnd. »Aber was willst damit sagn?«

»Daß i mein' Hauptmann folg – ja – i geh mit!«

»Aber –«

»Nix aber! I hätt' kei' ruhige Stund mehr mei' ganz's Lebn, wenn i so a G'legenheit vorübergehen ließ. Was liegt dran, ob etli Jahr früher oder später g'heirat wird! 's Resei wird dös einsehn, und wenn sie's aa nit einsieht, nix in der ganzen Welt haltet mi davon ab. – I geh mit, Berger, geh heut no' mit; koa' Stund is zu versäumen.«

Er schlug in des Kameraden dargereichte Rechte ein; damit war er wieder Soldat.

41 Dann schritt er in größter Aufregung in der Stube auf und ab.

»Ruf mir mein' Vater und 'n Pfarrer 'rauf, die sollns die Weiber beibringa,« sagte er nach einer Weile. »I möcht da erst 's zweite Treffen bilden. Du machst mei' Reserv. Bitt 'n Herrn Pfarrer und 'n Vata auffa!«

Berger that, wie ihm geheißen. Die Gerufenen erschienen.

»Was hat's da heroben im Konzilium geben?« fragte der Pfarrer, in die schöne Stube eintretend.

»Hochwürden – Vater – d' Heirat muß verschoben werden!« sagte Wendel bestimmt.

»Wär' nit aus!« rief der alte Wallerbauer.

»Warum?« fragte der Pfarrer.

»Warum? Weil i z'erst noch nach Griechenland muß mit unserm Prinzen Otto. Mei' Kompagnie is dazu beordert, mei' Hauptmann will, daß i wieder einrück und notabene als Feuerwerker. – I kann 'n König Otto nit im Stich lassen! Mi leid's nimmer da! Wenn i von Griechenland z'ruck kimm, wird g'heirat', bis dahin muß 's Resei warten. Hochwürden, Sie müssens ihr beibringen.«

»Aber Wendel, das geht doch nicht!« sagte der Pfarrer. »Denk dran, was das für eine Schand, für ein Schmerz wär' für deine Braut. Nein, nein, schlag dir den Rappel aus dem Kopf! Dein Herr Hauptmann will gewiß nicht, daß du deine Braut so schändlich im Stich läßt, drei Tage vor der Hochzeit. Wendel, das wär' nicht ehrlich!«

»Na', Wendl, dös geht nit!« mischte sich nun auch der alte Vater darein.

»Aber Vata!« rief Wendl, »hast mir erst vorhin g'sagt, daß unsere Vorfahren Gut und Blut hergeben ham für 42 unser Fürstenhaus. San wir schlechtere Bayern, wie unsere Vorfahrn? Es gilt, unsern Königssohn in a fremds Land zu begleiten, ihm dort Beistand z' leisten. Is 's nit Pflicht für jeden, der a Soldatenblut in sich spürt, daß er da mit thuat? Is dös nit ehrli sei', Hochwürden? Soll i gehn oder nit?«

»Wenn du frei wärst, saget ich auf der Stell: ja!« antwortete der Pfarrer.

»Ja, dann fraget i Ihna überhaupt nit,« warf Wendel ein.

»Es geht nicht,« wiederholte der Pfarrer. »Weiß man denn, was dir passiert? Du kannst ja bleiben im Gefecht?«

»Dann sterb i an' Soldatentod als a braver Oberländer und komm von Stund auf in 'n Himmel. Wie's Gott bestimmt, is's mir recht.«

»Da hat der Wendel recht!« sagte der Vater, mit Stolz auf seinen Sohn blickend.

»Und i sag's glei,« fuhr Wendel, dadurch ermutigt, fort, »wenn i zum Heiraten zwungen werd, sag i am Altar vor alle Leut: na'!«

»Aber was soll denn mit Resei werden?« fragte der Pfarrer ratlos den Vater. »Er hat ihr Treue gelobt, hat ihr 's Heiraten versprochen und als ehrlicher Mann muß er sein Wort halten.«

»Da ham Hochwürden recht!« pflichtete der alte Wallerbauer bei.

»'s Resei? Kann denn die der Lindl nit heiraten, falls mir was passieret? I b'stimm eam's testamentarisch«, rief Wendel.

»Na', na',« rief Lindl, der gekommen war, nach den 43 Männern zu sehen und seines Bruders Worte vernommen hatte. »Da wird nix draus! I heirat nit, nit 's Resei, nit an' andere; auf mi, Wendl, därfst nit rechnen, dös sag i dir glei. Lieber ging i mit nach Griechenland, wenn der Weg nit so weit wär.«

»Da hat der Lindl recht!« meinte der gutmütige Alte.

»Mag's sein, wie's will,« sagte Wendel, »i bin fest entschlossen, no' heunt mit mein' Kameraden fortz'gehn. Beim Ausmarsch sehn wir uns wieder; geht ja der Marsch über'n Walchensee. Vater, red mir nimmer ab, es hilft nix!«

»So laß i's Abreden bleiben,« sagte der Alte. »I kann dir's grad nit übel nehma. Meina Sixt, i hätt's in meiner Jugend grad so gmacht wie du. Wahr is's; was liegt an oan oder zwoa Jahrln Aufschub? Dafür hat's Resei dann an' g'reiften Mann, der ihr zur Kurzweil erzählen kann von all dem, was er so weit furt von der Hoamet erlebt. Und grad, daß d' mit dem lieben Prinzen Otto gehst, der mi erst färden beim Oktoberfest, wo i mir mein Preis g'holt hab, so freundli anglacht hat, dös taugt mir, Wendel. Ja, ja, mit dem ging i aa no', wenn i jünger wär. Pfarrer, thaats es ös nit selm? Seids ja aa von unserm Stamm und Jachenauer Blut?«

»Viel därfst nit reden, so geh ich mit als Feldpater,« lachte der Pfarrer, »dann könnts sehn, wer euch am Sonntag Kirch hält. Aber jetzt, Leutln, handelt es sich darum, es dem Resei auf richtige Art beizubringen. Ich dank dafür!«

»Mir is's aa nit gebn,« sagte Wendel, »am besten is's, mei' Kamerad da, der Berger –«

44 »Na', na',« fiel dieser ein, »i brauch meine Augen für Griechenland, i taug nit zu dem Gschäft.«

»So übernimm's i!« entschloß sich der Wallerbauer. »Aber nur unter dem Beding, daß d' mir dei' Wort drauf giebst, Wendl, daß d' Resei heiratst, sobald daß d' zruckkimmst, bist nacha avantschiert als was d' willst, und selm wennst General bist.«

»Mei' Wort drauf!« versicherte Wendel. »Alle sind Zeugen.«

»No', so will i den harten Gang machen.«

»Und i leg einstweilen mei' Uniform an,« sagte Wendel. »Lindl, schaug, daß d' a paar Stückl ung'löschten Kalk kriegst, denn d' Knöpf san anglaufen, bei mir aber solls glanzen.«

»Glei, Wendl, sollst es habn!« rief Lindl, dienstfertig davoneilend.

Der Vater aber begab sich in die untere Stube, wo die beiden Frauen Hand in Hand beieinander saßen.

Die alte Frau sah mit Wohlgefallen in das hübsche Gesicht der künftigen Schwiegertochter.

»Es wird dir schon g'falln bei uns,« sagte sie. »Du bist die Regentin alloa' am Hof. I und mei' alter Waller ziehn ins Austragstübl, wo's gar heimli und sauber is. Und du kommst recht oft ummi zu mir, gel Resei? Und hast irgend a Anliegen, so denk, i bin dei' Muatta. Hast ja sonst eh koane; is lang scho' her, daß ma's eingrabn ham, dös brave Leut. Hon's recht gern g'habt. Der Herr geb ihr die ewi Ruah!«

»Amen,« entgegnete Resei und fing plötzlich zu weinen an.

»Woan nur,« sagte die Alte. »Dei' Gmüat is heunt 45 viel strapliziert worn; woan, Deandl, auf daß dir leichter wird.«

»Muatta, i woaß nit, mir is so ängstli, mir is grad, als hätt' der Soldat mein Wendl mit fortgnomma, als sollt i 'n gar nimmer sehn, grad so is's mir!«

»Aber Resei, wo denkst hin! Hörst denn die Manna nit reden in der obern Stuben. Woaß Gott, was 's habn!«

»Zu was is denn der Kamerad kömma?« fragte Resei. »Hast nit ghört, daß er an' Auftrag hat an Wendl? Was kann dös für a Auftrag sein? Warum hat er 'n nit da, vor uns allen, ausg'richt?«

»Er wird scho' sein' Grund g'habt ham,« meinte die Alte.

»Moanst, i hab's nit gmirkt, wie er verhofft is, als eam der Wendl gsagt hat, daß i sei' Hochzeiterin bin?«

»Da hast di täuscht,« tröstete die Alte. »Gieb di z'frieden. Wir werns ja glei hörn, was 's is. Schau, da kimmt mei' Alter; der wird dir glei wieder Muat machen.«

Der Wallerbauer trat in die Stube und setzte sich zu den Frauen an den Tisch.

»No',« fragte die Bäuerin, »was habt's für a G'heimnis da oben? 's Resei hat Angst, daß ihr der Feuerwerker 'n Wendl abspensti macht. Red ihr dös Zeug aus'n Kopf.«

»Dös kann i nit,« erwiderte der Alte. »Was Enk da der heili Geist hat denken und sagen lassen, is die Wirklichkeit. Der Wendl geht nach Griechenland, d' Heirat soll verschob'n wern. Mi ham's runter g'schickt, daß i's 'n Resei kloa'weis beibring. Oes wißt's es von eh schon, desto besser.«

Resei war erblaßt und einer Ohnmacht nahe.

46 »Bauer,« rief sie, »dös is do' a G'spaß?«

»Na', na', dös is völliger Ernst. Dirndl, sei stark, die Sach is so. Der junge König Otto will in sei' Land und da braucht er unsern Wendel, der halt recht umz'gehn woaß mit die Haubitzen und Kanonen, wie nit leicht an' anderer; dernthalbn hat er in d' Jachenau einag'schickt.«

»Der Küni?« unterbrach ihn die Alte, vor Erstaunen die Hände faltend.

»So viel wie der Küni, sei' Hauptmann halt, der so große Stuck auf'n Wendl halt'. D' Expedition könnt gar nit stattfinden, wenn der Wendl nit als Feuerwerker mitgehet. Drum will er, daß Enka Hochzeit so lang verschobn wird, bis er wieder zruck is – also halt verschobn. Was liegt denn aa da dran?«

»O Muatterl, dös hat mir gschwant!« rief Resei, sich schluchzend an die Brust der Alten werfend. »Dös hat mir gschwant!«

»Was sagt denn da der Herr Pfarrer?« fragte die Bäuerin.

»Der, mei', der ging selber mit, wenn er nit z' alt wär, so viel hab i scho' heraus,« berichtete der Wallerbauer. »Was an' echter Jachenauer is, folgt alleweil 'n Küni sein Ruaf. Schau, Resei, laß 'n furt, 'n Wendl! Er hätt' koa' Rast und koa' Ruah sonst, und so lang er lebet, machet er dir Vorwürf, daß d' 'n abg'halten hast, die Welt z' sehn und Ruhm und Ehr z' holn. Laß 'n furt! Er kimmt ja wieder. Er hat's g'lobt, daß er dir d' Treu halten wird, und Resei, a Jachenauer bricht niemals sei' Treu. Dös woaßt, und dös is unser Stolz.«

Des Alten Worte mochten recht schön sein, aber Resei ward wenig davon erbaut.

47 »I bin zum G'lächter der ganzen Jachenau,« weinte sie; »dös überleb i nit!«

»Die ganz' Jachenau wirds inne wern, warum dei' Heirat verschob'n is, und wer da lacht, der is a Schelm.«

»Was wird mei' Vata sagn, und mei' Schwester, die si' scho' freut, daß 's d' Kranzljungfer machen därf und eigens mit der Basl von Olchstadt auffakimmt. O mei', die Schand!« jammerte Resei.

»Sag lieber: die Ehr!« sagte der Bauer. »Du kriegst an' Mann, der 'n Küni einiführt in sei' Reich, um den's extra g'schickt ham. Dös is a Ehr, kon' Schand!«

Nach langem Hin- und Herreden fügte sich endlich Resei in das Unvermeidliche.

»No', in Gottsnam, so soll er furt nach Griechenland,« sagte sie; »aber z'erst will i mit ihm eing'segnet sein!«

Das gab der Sache eine neue Wendung. Des Alten Vollmacht ging nicht so weit und er wollte sich von den Männern im oberen Stocke neue Instruktionen holen.

»Ja, z'erst will i g'heirat sein! Anders geh i nit drauf ein,« bestimmte das Mädchen.

Berger, dem man die Sache vortrug, meinte aber, er hätte seine Botschaft an Wendel nur dann auszurichten, wenn dieser unverheiratet sei, mit einem Worte, der Hauptmann könne nur den ledigen Wendel brauchen.

»Und als solchen soll er mi habn!« rief Wendl, in voller Uniform eintretend. »Is mir wieder wohl im König sein' Rock! Also was sagt's Resei, Vater?«

»Flenna thuat's, und jetzt wird's stutzi,« berichtete der Alte. »Sie will z'erst kopliert sein, dann kannst hin, wost willst. Machs mit ihr selber aus. I hab g'red't, wie 48 r a Buach; der Herr Pfarrer hätt's nit besser machen könna.«

»Mei', der Herr Pfarrer denkt aa so dran, Feldkaplan z' wern,« sagte Wendel mit einem schelmischen Blick auf den Seelsorger, der wirklich ganz nachdenklich aussah.

»Jedenfalls sehn wir uns bald in München wieder,« versicherte der Pfarrer. »Fragt nur nach dort beim Bayernkorps, ob ich als Student nicht meinen Mann gestellt. Ich wußte den Schläger zu führen, ich war einer der besten Fechter. Und wer hat denn anno 5 die Jachenau in Verteidigungsstand gesetzt gegen den Einfall der Tiroler? Ich, euer Pfarrer und Landsmann war's. Und wenn's gilt, führ ich heut noch meinen Säbel für Recht und Ehr.«

»Unser Herr Pfarrer soll leben, Vivat hoch!« rief Wendel und schwang seine Soldatenmütze in die Luft. Alle Anwesenden stimmten in diesen Ruf mit ein.

»So, und jetzt probier i 's erste Gefecht!« sagte Wendel. »I selber geh zum Resei, i will ihr die Sach klar machen. Du aber, Lindl, spann 's Wagl ein; wir müssen glei fort auf Tölz, sonst wird 's z' spät zum Stellwagen.«

Somit begab er sich in die untere Stube.

Resei erschrak, als sie den Bräutigam schon in Uniform eintreten sah.

Er sprach ihr nun Mut zu und schloß mit den Worten:

»A Jachenauer Dirndl muß stark sein und muß fühln wie r a Mann! Auf mei' Treu kannst bau'n. Aber für jetzt is's Heiraten nit mögli, sobald i aber zruckkimm, soll's glei am ersten Tag sein.«

»Wennst aber nimmer kimmst, Wendl?« fragte Resei kleinlaut.

»Wenn i nimmer kimm, so tröst' di und denk, i bin 49 g'storbn für unsern Königssohn als braver, bayrischer Soldat. Aber i komm wieder, mir sagt's mei' Herz, und glückli wern wir dann hausen unser Leben lang. Für ganz nehm i heut no' nit Abschied, denn mein Kamerad hat g'sagt, daß der Marsch über Mittenwald geht. Also sehn wir uns alle nochmal, eh 's weiter geht. Und so wird 's Beste sein, wir machen 's kurz.«

Resei versuchte es, noch allerlei Einwendungen zu machen. Aber der alte Wallerbauer, der mit seinen Gästen und einigen Nachbarn, zu denen schon die Kunde von Wendels Abreise gedrungen, in die Stube getreten war, half seinem Sohne, die Bedenken des Mädchens zu zerstreuen und es zu beruhigen.

Vor dem Hause aber wartete schon Lindl mit dem Zweispänner, um die beiden Feuerwerker nach Tölz zu fahren.

Der Abschied nahte. Die Gläser wurden gefüllt zum Abschiedstrunk.

Da setzte sich der Pfarrer nochmals zum Tische, nahm die Zither zur Hand und sang das Abschiedslied, welches, für die nach Griechenland abgehenden Bayern gedichtetGedichtet von Thierry. und in Musik gesetzt, schon im ganzen Lande bekannt war:

Auf Brüder, auf! Trompeten schallen,
Zum Abschied reicht die Freundeshand,
Begrüßt noch Eurer Väter Hallen,
Dann freudig auf nach Griechenland!
Beseelt von treuem, deutschen Sinn
Zieh'n wir mit unserm Otto hin.

Alle Anwesenden waren gerührt. Resei schluchzte an Wendels Brust.

50 »So zieh mit Gott!« sagte sie; »mei' Herz zieht mit dir!«

Die alte Mutter besprengte den Scheidenden mit Weihwasser, und nachdem er sich aus Reseis Armen gerissen und von Eltern und Pfarrer Abschied genommen, eilte er hinaus zum Wagen.

»Adis! Adis!« rief es hin und her.

Resei bedeckte ihr Gesicht mit dem Tuche und weinte bitterlich. Ihr war es, als wäre ihr der Bräutigam genommen für immerdar, und sie wünschte sich in diesem Augenblicke nichts sehnlicher, als zu sterben, befreit zu sein von dem Schmerze, der ihr das Herz erbeben machte. 51


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