Joseph Victor von Scheffel
Ekkehard
Joseph Victor von Scheffel

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Der Kämmerer Spazzo hatte Beifall nickend der Schüsseln mannigfache Zahl erscheinen sehen, ein großer Rheinlank,Ilanch praecellat alemannicus et mala pellat. Siehe Hattemer, Denkmale usw. III. 599. (In der vorzugsweise als liber benedictionum bezeichneten Handschrift 393 ist eine so reiche Speisekarte von Fischen aufgezählt, Äschen, Trischen, Lampreten usw., daß man sie mit dem Gefühl vollkommener Befriedigung in betreff des Zustands der Klosterküche an den Fasttagen aus der Hand legt. Möchte sie durch vollständige Ausgabe größeren gastronomisch-philologischen Kreisen nicht länger vorenthalten bleiben!) der Fische besten einer, war schier unter seinen Händen verschwunden, fragend schaute er sich nach einem Getränk um, da zog Sindolt, sein Nachbar, ein steinern Krüglein herbei, schenkte ihm den metallenen Becher voll, stieß mit ihm an und sprach: Des Klosterweins Auslese! Herr Spazzo gedachte einen mächtigen Zug zu tun, aber es schüttelte ihn wie Fieberfrost, und den Becher absetzend sagte er: Da möchte der Teufel Klosterbruder sein! Der böse Sindolt hatte ihm ein saures Apfelweinlein mit dem Saft von Brombeeren gemischt vorgesetzt. Wie aber Herr Spazzo ihm schier mit einem Faustschlag gelohnt hätte, holte er, ihn zu sänftigen, des dunkelroten Valtelliners einen Henkelkrug. Der Valtelliner ist ein wackerer Wein, in dem schon der Kaiser Augustus seinen Schmerz über die Varusschlacht niedergetrunken;Sueton, im Leben des Augustus c. 77. übrigens trank der Kaiser selbst an jenem traurigen Tag nicht mehr als einen sextarius (etwa 1 Schoppen). und allmählich versöhnte sich Herr Spazzo, trank auch auf das Wohlergehen des Bischofs von Chur, dem das Kloster diesen Wein verdankte, ohne daß er ihm sonst näher bekannt war, seinen Becher leer, und Sindolt tat wacker Bescheid.

Was sagt euer Patron zu solchem Trinken? fragte der Kämmerer.

Sankt Benedikt war ein weiser Mann, sprach Sindolt. Darum schrieb er in sein Gesetz: Wiewohl zu lesen steht, daß der Wein überhaupt kein Trunk für Mönche sei, so mag dies doch heutigentags keinem einzigen mehr mit Überzeugung eingeredet werden. Darum, und schwächlicheren Gemütes Hinfälligkeit erwägend, ordnen wir dem einzelnen eine halbe Maß für den Tag zu. Keiner aber soll trinken bis zur Sättigkeit, denn der Wein macht auch den Weisesten abtrünnig vom Pfade der Weisheit...Regula S. Benedicti c. 40: de mensura potus.

Gut! sprach Spazzo und trank seinen Becher aus.

Wißt Ihr aber auch, frug Sindolt, was den Brüdern zu tun vorgeschrieben steht, in deren Gegend wenig oder gar kein Rebensaft gedeihen mag? Die sollen Gott loben und preisen und nicht murren.

Auch gut! sprach Spazzo und trank wiederholt seinen Becher aus.

Der Abt suchte inzwischen seine fürnehme Base nach Kräften zu unterhalten. Er fing an, Herrn Burkhards trefflichen Eigenschaften einen Nachruf zu halten. Aber Frau Hadwigs Antworten waren karg und einsilbig. Da merkte der Abt, daß alles seine Zeit habe, namentlich die Liebe einer Witib zum verstorbenen Ehemann. Er wandte das Gespräch und fragte, wie ihr des Klosters Schulen gefallen.

Mich dauert das junge Völklein, sprach die Herzogin, daß es in jungen Tagen so vieles erlernen muß. Ist das nicht wie eine Last, die Ihr ihnen aufbürdet, an der sie zeitlebens keuchend schleppen müssen?

Erlaubet, edle Base, erwiderte der Abt, daß ich Euch als Freund und Blutsverwandter gemahne, weniger in den Tag hinein zu reden. Das Studium der Wissenschaft ist dem jungen Menschen kein lästiger Zwang, es ist wie Erdbeeren; je mehr er genießt, desto größer der Hunger.

Was aber hat die heidnische Kunst Logica mit der Gottesgelahrtheit zu schaffen? frug Frau Hadwig.

Die wird in rechten Händen zur Waffe, die Kirche Gottes zu schützen, sprach der Abt. Mit ihren Künsten haben der Ketzer viele die Gläubigen angefochten, jetzt fechten wir mit gleichem Rüstzeug wider sie, und glaubet mir, ein sauber Griechisch oder Latein ist eine feinere Waffe als unsere einheimische Sprach, die sich auch in des Gewandtesten Hand nur wie eine Keule schwingt.

Ei, sprach die Herzogin, müssen wir noch bei Euch lernen, was fein sei? Ich habe seither gelebt, ohne Latein zu sprechen, Herr Vetter.

»Es möcht' Euch nicht schaden, wenn Ihr's noch lerntet, sprach der Abt. Und wenn die ersten Wohlklänge der Latinität Euer Gehör erquickt haben, werdet Ihr zugeben, daß unsere Muttersprache ein junger Bär ist, der nicht stehen und gehen lernt, wenn ihn nicht klassische Zunge beleckt.Ob der Abt recht gehabt, die deutsche Sprache, so wie sie damals gesprochen ward, also anzufechten, möge dahin gestellt sein. Sie hat sich seither von Grund aus umgestaltet, die Mehrzahl der kernigen kräftigen, einem steten Verkehr mit der Natur entnommenen Worte, sowie die vollen tonreichen Formen sind verschwunden und haben einer kühleren gefirnißten und abgeschliffenen Redeweise Platz gemacht. Uns aber, wenn wir des alten Notker ungefüg großartige deutsche Schriften lesen, weht es jedesmal daraus an wie ein Hauch würziger Bergluft und echter ehrwürdiger Poesie, die von keinem Spatzengezwitscher und von keinem Rabengekrächze durchschnarrt ist. Zudem lehrt alter Römer Mund Weisheit, fraget einmal den Mann zu Eurer Linken.

Ist's wahr? wandte sich Frau Hadwig an Ekkehard, der schweigend dem Zwiesprach gelauscht hatte.

Es wäre wahr, hohe Herrin! sprach er mit Feuer, so es Euch von nöten wäre, Weisheit zu lernen.

Frau Hadwig drohte mit dem Finger: Habt Ihr selber denn Erquickung aus den alten Pergamenten geschöpft?

Erquickung und Glück! sprach Ekkehard, und seine Augen leuchteten. Glaubet mir, Herrin, es tut in allen Lebenslagen wohl, sich bei den Klassikern Rats zu erholen; lehrt uns nicht Cicero auf den verschlungenen Pfaden weltlicher Klugheit den rechten Steg wandeln? schöpfen wir nicht aus Sallust und Livius Anweisung zu Mannesmut und Stärke, aus Virgils Gesängen die Ahnung unvergänglicher Schönheit? Die Schrift ist uns Leitstern des Glaubens, die Alten aber leuchten zu uns herüber wie das Spätrot einer Sonne, die auch nach ihrem Niedergang noch mit erquickendem Widerschein in des Menschen Gemüt strahlt...

Ekkehard sprach mit Bewegung. Die Herzogin hatte seit dem Tag, als der alte Herzog Burkhard um ihre Hand anhielt, keinen Menschen mehr gesehen, der für etwas begeistert war. Sie trug einen hohen Geist in sich, der sich leicht auch Fremdartigem zuwandte. Griechisch hatte sie in jungen Tagen der byzantinischen Werbung wegen schnell gelernt. Latein flößte ihr eine Art Ehrfurcht ein, weil es ihr fremd war. Unbekanntes imponiert, Erkenntnis führt auf den wahren Wert, der meist geringer ist, als der geahnte. Mit dem Namen Virgilius war auch der Begriff des Zauberhaften verbunden... In jener Stunde stieg in Hadwigs Herz der Entschluß auf, Lateinisch zu lernen. Zeit dazu hatte sie. Wie sie ihren Nachbarn Ekkehard noch einmal angeschaut hatte, wußte sie auch, wer ihr Lehrer sein sollte...

Der stattliche Nachtisch, auf dem Pfirsiche, Melonen und trockene Feigen geprangt hatten, war verzehrt. Lebhaftes Gespräch an den andern Tischen deutete auf nicht unfleißiges Kreisen des Weinkrugs.

Auch nach der Mahlzeit – so wollte es des Ordens Regel – war zur Erbauung der Gemüter ein Abschnitt aus der Schrift oder dem Leben heiliger Väter zu verlesen.

Ekkehard hatte am Tag zuvor das Leben des heiligen Benediktus begonnen, das einst Papst Gregorius abgefaßt. Die Brüder rückten die Tische zusammen, der Weinkrug stand unbewegt, und es ward still in der Runde. Ekkehard fuhr mit dem zweiten KapitelVita S. Benedicti abbatis a Gregorio Magno romano Pontifice conscripta c. 2: de tentatione carnis superata. fort:

»Eines Tages aber, dieweil er allein war, nahte ihm der Versucher. Denn ein schwarzer kleiner Vogel, der gemeiniglich Krähe geheißen ist, begann um sein Haupt zu flattern und setzte ihm so unablässig zu, daß ihn der heilige Mann mit der Hand hätte ergreifen mögen, so er ihn fangen gewollt.

Er aber schlug das Zeichen des Kreuzes, da wich der Vogel.

Wie aber derselbe Vogel verschwunden war, folgte eine so große Versuchung des Fleisches, wie sie der heilige Mann noch niemalen erprobt. Denn vor langer Zeit hatte er eine gewisse Frau erschauet. Diese stellte ihm der böse Feind jetzo vor die Augen des Geistes und entzündete das Herz des Knechtes Gottes durch jene Gestalt mit solchem Feuer, daß eine verzehrende Liebe in ihm zu glühen begann und er, von Lust und Sehnsucht bewältigt, seinen Einsiedelstand jäh zu verlassen gedachte.

Da warf plötzlich des Himmels Gnade einen Schein auf ihn, daß er zu sich selber rückkehrte. Und er sah ihm zur Seite ein dicht Gebüsch von Brennesseln und Dörnern stehen, zog sein Gewand aus und warf sich nackt in die Stacheln des Gedörns und den Brand der Nesseln, bis daß er am ganzen Körper verwundet von dannen ging.

Also löschete er des Geistes Wunde durch die Wunden der Haut und siegte ob der Sünde...«

Frau Hadwig war von dieser Vorlesung nicht erbaut; sie ließ ihre Augen gelangweilt im Saal die Runde machen. Der Kämmerer Spazzo – deuchte auch ihm die Wahl des Kapitels unpassend, oder war ihm der Valtelliner zu Häupten gestiegen? schlug unversehens dem Vorleser das Buch zu, daß der holzbeschlagene Deckel klappte, hob ihm seinen Pokal entgegen und sprach: Soll leben der heilige Benedikt! und wie ihn Ekkehard vorwurfsvoll ansah, stimmte schon die jüngere Mannschaft der Klosterbrüder lärmend ein, sie hielten den Trinkspruch für ernst; da und dort war das Loblied auf den heiligen Mann intoniert, diesmal als fröhlicher Zechgesang, und lauter Jubel klang durch den Saal.

Dieweil aber Abt Cralo bedenklich umschaute und Herr Spazzo immer noch beschäftigt war, mit den jungen Klerikern auf das Wohl ihres Schutzpatrons zu trinken, neigte sich Frau Hadwig zu Ekkehard und frug ihn mit nicht allzulauter Stimme:

Würdet Ihr mich das Lateinische lehren, junger Verehrer des Altertums, wenn ich's lernen wollte?.. de voluntate ipsius ipsa cum eo pridie secreta condixerat. Ekkeh. IV. casus S. Galli. c. 10.

Da klang es in Ekkehards Herz wie ein Widerhall des Gelesenen: »Wirf dich in die Nesseln und Dornen und sag Nein!« er aber sprach:

Befehlet, ich gehorche!

Die Herzogin schaute den jungen Mönch noch einmal mit einem sonderbar flüchtigen Blicke an, wandte sich dann zum Abt und sprach über gleichgültige Dinge.

Die Klosterbrüder zeigten noch kein Verlangen, des Tages günstige Gelegenheit unbenutzt verstreichen zu lassen. In des Abts Augen mochte ein gnädig milder Schein leuchten, und der Kellermeister schob auch keinen Riegel für, wenn sie mit leeren Krügen die Stufen hinab stiegen. Am vierten Tisch begann der alte Tutilo gemütlich zu werden und erzählte seine unvermeidliche Geschichte mit den zwei Räubern;Tutilos Räubergeschichte siehe Ekkeh. IV. casus S. Galli c. 3 bei Pertz, Monum. II. 98. immer lauter klang seine starke Stimme durch den Saal: Der eine also zur Flucht sich gewendet – ich ihm nach mit meinem Eichpfahl – er Spieß und Schild weg zu Boden, – ich ihn am Hals gefaßt – den weggeworfenen Spieß in seine Faust gedrückt; du Schlingel von einem Räuber, zu was bist auf der Welt? Fechten sollst mit mir!...

Aber sie hatten's schon allzu oft hören müssen, wie er dann dem Kampfgenötigten den Schädel eingeschlagen, und zupften und nötigten an ihm, sie wollten ein schönes Lied anstimmen; wie er endlich mit dem Haupte nickte, stürmten etliche hinaus: bald kamen sie wieder mit Instrumenten. Der brachte eine Laute, jener ein Geiglein, worauf nur eine Saite gespannt, ein anderer eine Art Hackbrett mit eingeschlagenen Metallstiften, zu deren Anschlag ein Stimmschlüssel dienlich war, wiederum ein anderer eine kleine zehnsaitige Harfe, Psalter hießen sie das seltsam geformte Instrument und sahen in seiner dreieckigen Gestalt ein Symbol der Dreieinigkeit.Über die damaligen Musikinstrumente und den Zustand sanktgallischer Musik gibt Notker Labeos Aufsatz – siehe Hattemer Denkmale usw. III. 586 u. ff. – wichtigen Aufschluß. – Die hier gegebene Beschreibung der Instrumente ist auf die bildlichen Darstellungen in Notkers Psalmenbuch (Handschrift 21 der sanktgall. Bibliothek) gestützt. Das eine Blatt der beiden Federzeichnungen, die den Eingang des Buches schmücken, stellt den König David vor, auf dem Throne sitzend und mit einem Plectron die siebensaitige Leier spielend. In den vier Ecken stehen vier Männer mit Violine, Zither, Hackbrett und Harfe. Bei der Ängstlichkeit, mit welcher diese übrigens fein gefühlten Gestalten ausgeführt sind, ist anzunehmen, daß der Künstler nichts erfunden, sondern sich an Vorhandenes gehalten hat.

Und sie reichten ihm seinen dunkeln Taktstab von Ebenholz. Da erhob sich lächelnd der graue Künstler und gab ihnen das Zeichen zu einer Musica, die er selbst in jungen Tagen aufgesetzet; mit Freudigkeit hörten's die andern... quae autem Tutilo dictaverat, singularis et agnoscibilis melodiae sunt, quia per psalterium seu per rohtam, qua potentior ipse erat, neumata (i.e. vocum modulationes) inventa dulciora sunt. Ekkeh. IV. S. Galli c. 3. Nur Gerold, dem Schaffner, ward's mit dem Aufklingen der Melodien melancholisch zu Gemüte, er überzählte die abgetragenen Schüsseln und die geleerten Steinkrüge, und wie ein Text zur Singweise flog's ihm durch den Sinn: Wie viel hat dieser Tag verschlungen an Klostergeld und Gut?Quid vero dies illa consumpserit, Dominus solus novit. Leise schlug er mit sandalenbeschwertem Fuße den Takt, bis der letzte Ton verklang.

Zu unterst am Tische saß ein stiller Gast mit blaßgelbem Angesicht und schwarzkrausem Gelock; er war aus Welschland und hatte von des Klosters Gütern im Lombardischen die Saumtiere mit Kastanien und Öl herübergeleitet. In wehmütigern Schweigen ließ er die Flut der Töne über sich erbrausen.

Nun, Meister Johannes, sprach Folkard, der Maler, zu ihm, ist die welsche Feinfühligkeit jetzt zufrieden gestellt? Den Kaiser Julianus mutete einst unserer Vorväter Gesang an wie das Geschrei wilder Vögel, aber seitdem haben wir's gelernt. Klingt's Euch nicht lieblicher als Sang der Schwanen?Cigneo canore dulcior sonus.

Lieblicher – als Sang der Schwanen – – wiederholte der Fremde wie im Traum. Dann erhob er sich und schlich leise von dannen. Es hat's keiner im Kloster zu lesen bekommen, was er in jener Nacht noch ins Tagebuch seiner Reise eintrug:

Diese Männer diesseits der Alpen, schrieb er, wenn sie auch den Donner ihrer Stimmen hoch gegen Himmel erdröhnen lassen, können sich doch nimmer zur Süße einer gehobenen Modulation erschwingen. Wahrhaft barbarisch ist die Rauheit solch abgetrunkener Kehlen; wenn sie durch Beugung und Wiederaufrichtung des Tons einen sanften Gesang zu ermöglichen suchen, schauert die Natur und es klingt wie das Fahren eines Wagens, der in Winterszeit über gefrorenes Pflaster dahin knarrt...Alpina siquidem corpora vocum suarum tonitruis altisone perstrepentia susceptae modulationis dulcedinem proprie non resultant. Quia bibuli gutturis barbara feritas, dum inflexionibus et repercussionibus mitem nititur edere cantilenam, naturali quodam fragore quasi plaustra per gradus confuse sonantia rigidas voces iactat. Ein sanktgallischer Musikfreund, der dies italische Kunsturteil später noch zu lesen bekam, schrieb an den Rand: vide jactantiam romaniscam in teutones et gallos! d. h.: »Siehe da wieder ein Stück romanischer Unverschämtheit gegen die Deutschen und Franzosen!« Siehe Hattemer, Denkmale usw. I. 420.

Herr Spazzo gedachte, was löblich begonnen, auch löblich zu enden, er schlich sich fort über den Hof in das Gebäude, wo Praxedis und die Dienerinnen waren, und sprach: Ihr sollet zur Herzogin kommen, und zwar gleich – sie lachten erst ob seiner Kutte, folgten ihm aber zum Saal, und war keiner, der sie von der Schwelle zurückhielt. Und wie die Mägdlein an des Refektoriums Eingang sichtbar wurden, entstand ein Gemurmel und ein Kopfwenden im Saal, als sollte jetzo ein Tanzen und Springen anheben, wie es diese Wände noch nicht erschaut.

Herr Cralo, der Abt, aber wandte sich an die Herzogin und sprach: Frau Base?! – und sprach's mit so duldender Wehmut, daß sie aus ihren Gedanken auffuhr. Und sie sah auf einmal ihren Kämmerer und sich selber in der Mönchskutte mit andern Augen an denn zuvor, und schaute die Reihen trinkender Männer, dem entferntesten verdeckte der Kapuze vorstehender Rand das Antlitz, daß es aussah, als werde der Wein in leeren Gewandes Abgrund geschüttet, und die Musik klang ihr gellend in die Ohren, als würde hier ein Mummenschanz gefeiert, der schon allzulang gedauert...

Da sprach sie: Es ist Zeit schlafen zu gehen! und ging mit ihrem Gefolg nach dem Schulhaus hinüber, wo ihr Nachtlager sein sollte.

Wißt Ihr auch, was des Tanzens Lohn gewesen wär'? frug Sindolt einen der Mönche, der ob dieser Wendung der Dinge höchlich betrübt schien. Der schaute ihn starr an. Da machte ihm Sindolt eine unverkennbare Gebärde, die hieß »Geißelung«!


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