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Zwanzigstes Kapitel. Auf welche Weise Ragotins Schlaf unterbrochen wurde

So endigte die liebliche Inezilla ihre Geschichte, und jedermann bedauerte, dass sie nicht länger war. Während sie vorlas, hatte Ragotin, statt zuzuhören, sich mit ihrem Mann von der Magie unterhalten, schliesslich aber schlief er auf seinem Stuhl ein, worin ihm der Chirurgus Gesellschaft leistete. Sein Schlaf war zwar nicht ganz freiwillig, denn wenn es ihm nur die Vapeurs von dem vielen Essen, das er geleistet, erlaubt hätten, so würde er schon aus Höflichkeit auf die Vorlesung der Inezilla aufmerksam gewesen sein. Er schlief also nicht sehr fest, liess öfters seinen Kopf auf die Knie herunterfallen, richtete sich wieder halb schlafend in die Höhe und fuhr öfters aus dem Schlaf auf, so wie es einem meist in der Kirche zu gehen pflegt. In der Schenke war ein Bock, dem die Leute, die in dem Hause aus- und eingingen, immer den Kopf mit vorgehaltenen Händen entgegen hielten, gegen die nachher der Bock anrannte. Dieses Tier ging in der Schenke frei herum, ja sogar in die Zimmer, wo man ihm öfters zu fressen gab. Er war eben in dem Zimmer des Feldscherers, als Inezilla ihre Geschichte vorlas, und erblickte Ragotin, dem der Hut vom Kopfe gefallen war, der, wie ich schon gesagt habe, immer auf- und abschwankte. Er glaubte daher, es wäre jemand der mit ihm kämpfen wollte, ging also vier bis fünf Schritte zurück, lief mit der grössten Heftigkeit vor und stiess mit seinem gehörnten Kopf gegen Ragotin seinen, der oben ganz kahl war. Er hätte ihm den Schädel gewiss entzwei gestossen, doch zu Ragotins Glück traf er ihn als er eben in die Höhe ging, und ritzte ihm so nur das Gesicht. Der Bock der gewohnt war mehr als einmal zu stossen, wurde nicht gehindert, zum zweitenmal anzulaufen, und stiess Ragotin in die Knie zu ebender Zeit, als er noch ganz erschrocken über den ersten Stoss, sein geschundenes und blutiges Gesicht mit den Händen zuhielt, um seine Augen zu bedecken, die von den Hörnern des Bocks waren getroffen worden. Dieser zweite Stoss machte ihn die Augen öffnen, und kaum hatte er den Stifter dieses Unglücks erkannt, so schlug er in der grössten Wut mit der Faust auf den Schädel des Bockes und tat sich an den Händen sehr weh. Er wurde dadurch und durch das Lachen der Gesellschaft noch wütender, schimpfte auf alle und ging rasend zur Türe hinaus. Er wollte gleich auf und davon gehen, aber der Wirt sagte ihm, er müsste vorher bezahlen; und dies war ihm vielleicht noch unangenehmer als die Stösse des Bockes. – – –

Ende des zweiten Teils

An den Leser!

Hier endigt Scarrons eigene Arbeit an diesem Roman, den er gewiss würde vollendet haben, hätte der Tod ihn nicht daran verhindert. Der Beifall, den die beiden ersten Teile fanden, bewog einen andern, nicht minder geschickten Schriftsteller, dieses Buch fortzusetzen und die Geschichte des Destin, der Caverne und anderer zu Ende zu erzählen. Wie weit es ihm gelungen ist, Scarrons Ton zu treffen, wird man aus den folgenden Kapiteln ersehen.

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