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Siebentes Kapitel. Abenteuer mit den Sänften

Der jüngere von den Schauspielern, die in la Rappinières Haus traten, war Destins Bedienter, der erzählte, dass der Rest der Truppe nun angekommen sei, ausgenommen Mademoiselle de l'Etoile, die sich drei Stunden von Mans den Fuss verstaucht hätte. Destin fragte, wer sie nach Mans berufen und ihnen gesagt hätte, dass sie da wären. »Die Pest,« antwortete der andere Komödiant, der sich Olive nannte, »so zu Alençon wütet, hat uns verhindert, dahin zu gehen; wir hielten aber zu Bonnestable an, und dort erfuhren wir von einigen Bewohnern dieser Stadt, dass Ihr hier gespielt habt, dass Ihr Euch geschlagen habt und verwundet worden seid. Mademoiselle de l'Etoile ist deshalb sehr beunruhigt und bittet, ihr eine Sänfte entgegen zu schicken.« Der Wirt der benachbarten Schenke, der auf die Nachricht von Doguins Tod herbeigelaufen war, sagte, dass eine Sänfte bei ihm stände, und dass sie gegen gute Bezahlung um Mittag bereit sein könnte und von zwei guten Pferden getragen werden sollte. Die Komödianten dangen die Sänfte um einen Taler und mieteten einige Zimmer in der Schenke für die übrige Theatertruppe. La Rappinière übernahm es, vom Polizeileutnant die Spielerlaubnis zu erwirken und gegen Mittag machten sich Destin und seine Kameraden nach Bonnestable auf den Weg. Es war sehr warm. La Rancune schlief in der Sänfte, Olive sass auf dem Hinterpferd und der Knecht des Wirtes führte das vordere; Destin ging mit seiner Flinte auf dem Rücken zu Fuss, und sein Bedienter erzählte ihm, was ihnen von dem Schloss Loire an bis an ein Dorf vor Bonnestable, wo Mademoiselle d'Etoile sich den Fuss verrenkte, begegnet war. Plötzlich tauchten zwei Reiter auf, die das Gesicht unter den Mantel versteckten und bei Destin vorbei sich der Sänfte von der Seite, wo sie offen war, nahten. Da sie aber bloss einen alten Mann schlafend darin sahen, sagte der ansehnlichste von den beiden: »Ich glaube, dass der Henker heute sein Spiel mit mir treibt und sich in lauter Sänften verwandelt, um mich ganz toll zu machen.« Hierauf jagte er wieder querfeldein, und sein Kamerad folgte ihm. Olive rief den Destin, der etwas weiter zurück war, und erzählte ihm die Begebenheit, von der er nichts begreifen konnte, sich auch nicht viel darum bekümmerte. Eine Viertelstunde später brachte der Führer, der vor Hitze eingeschlafen war, die Sänfte in einen Sumpf, wo la Rancune bald hineingefallen wäre; die Pferde zerbrachen ihr Geschirr, und man musste sie ausspannen und bei Kopf und Schwanz wieder herausziehen. Man sammelte die zerbrochenen Stücke und erreichte so gut es ging das nächste Dorf. Das Geschirr der Sänfte hatte eine Ausbesserung sehr nötig und während man daran arbeitete, gingen la Rancune, Olive und der Bediente des Destin hin, um an der Tür der Dorfschenke eins zu trinken. Hier erschien nun eine andere Sänfte, die von zwei Männern getragen wurde und gleichfalls an der Tür der Schenke still hielt; und kaum war sie angekommen, als noch eine andere etwa hundert Schritte weiter zurück, von eben der Seite, herkam. »Ich glaube, dass alle Sänften der ganzen Provinz hier eine Versammlung halten wollen, um sich wegen einer wichtigen Sache zu beratschlagen,« sagte la Rancune, »und ich wollte ihnen raten ihre Beratschlagung nun anzufangen, denn es scheint doch nicht, als wenn mehrere kommen wollten.« – »Dort«, sagte die Wirtin, »kommt noch eine, die teil daran haben will«, und wirklich erschien eine vierte Sänfte von der Seite von Mans her. Dies erregte ein allgemeines Gelächter, nur nicht bei la Rancune, der niemals lachte. Die letzte Sänfte hielt bei den andern, – niemals sind so viele Sänften beisammen gesehen worden. »Wenn jetzt die zwei Sänftensucher von vorhin hier wären,« sagte der Führer der ersten Sänfte, »so würden sie wohl finden was sie suchen.« – »Ich habe sie auch gesehen«, sagte der zweite. Der von den Komödianten sagte eben das und der letztangekommene sagte, dass er beinahe von ihnen wäre geprügelt worden. »Warum denn?« fragte ihn Destin. »Weil sie ein Frauenzimmer suchten,« sagte der, »das sich den Fuss verrenkt hatte und die wir nach Mans gebracht haben; in meinem Leben habe ich nicht so zornige Leute gesehen, sie hätten mich beinahe deswegen geprügelt, weil sie nicht fanden, was sie suchten.« Dies machte die Komödianten aufmerksam und nach ein paar Fragen an die Sänftenträger erfuhren sie, dass die Frau des Herrn im Dorfe, wo Mademoiselle de l'Etoile sich den Fuss verrenkt hatte, diese besucht habe und sie mit grosser Sorgfalt nach Mans hatte bringen lassen. Die Unterhaltung dauerte noch eine Weile zwischen den Sänftenträgern, und so erfuhren sie voneinander, dass sie alle von den nämlichen Personen waren angehalten worden, welche die Komödianten gesehen hatten. Die erste Sänfte trug den Pfarrer von Domfront, der aus den Bädern von Bellème kam und nach Mans ging, ein medizinisches Konsilium über sich halten zu lassen. Die zweite trug einen verwundeten Edelmann, der von der Armee zurück kam. Die Sänften trennten sich hierauf voneinander, diejenige der Komödianten und die des Pfarrers von Domfront kehrten zusammen nach Mans zurück, die übrigen gingen dahin, wo sie hin wollten. Der kranke Pfarrer stieg in der Schenke der Komödianten, die auch die seinige war, ab, und wir wollen ihn nun in seinem Zimmer ruhen lassen und im folgenden Kapitel sehen, was in dem der Komödianten vorging.

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