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Der Strizzi

Foto: Emil Mayer

Beim Mann vor der Kraftmaschine. Ein Bursche hat bei der Maschine »a paarmal hing'haut,« und wollte ihm dann nicht zahlen. Seine Frau zerrt ihn zurück, und er geht wieder hinter den kleinen Zaun. Aber der Bursch' folgt ihm. »Sö! Sö ham mi an Fallot'n g'hassen, Sö, woll'n Sö murn? Wer is Ihna Fallot? Sag'n 's dös no amol?« Der Mann ergreift die Holzkeule, erwidert nichts, – der Bursch sagt noch ein paarmal: »Sö haun nöt her, Sö haun net her!« Leute sind stehen geblieben, der Bursch' schaut sich um, dann geht er plötzlich auf ein Mädel los, das in der Ferne steht, und gibt ihr eine mächtige Ohrfeige. Man springt dazu, will ihn fassen, aber das Mädel schreit: »Laßts'n aus, dös is mei Alter.« – Man läßt ihn los, und er geht ruhig mit ihr weiter. Nach ein paar Schritten brüllt er einen Soldaten an: »Na, was schaust' denn?« – »Wer red't denn mit Ihne,« sagt dieser ein wenig paff. »Putz'ns Ihna,« schreit der Strizzi, drohend, verächtlich und überlegen zugleich: »Putz'ns Ihna, Sö Bem, Sö g'scheerter.« Jetzt wird der Soldat wütend: »Sie – e! Sie dirfens mi kane Bem sag'n – i dien bei Milidär.« »Na, und i wer' diena.« höhnt der andere. Aber der Soldat wird von einem Paroxysmus befallen: »Sie dirfens mi kane Bem sag'n!« Klatsch, klatsch – die beiden ohrfeigen, stoßen, schlagen sich, wirbeln ein paarmal umher und liegen am Boden. »Da schaun's, was ma tan ham,« sagte der Strizzi einfach und steht auf – »und Sie mir vielleicht nit?« antwortet der Soldat. Er ist ebenfalls ruhig geworden. »Was raffen denn Sie mit mir?« erkundigt sich der Strizzi sehr harmlos. – »I hab nit ang'fangt, Sie ham mi Bem g'heißen, und i vertrag all's, aber wenn mi ane Bem sagt ...« – »Geh', bist a fader Kerl!« – »Bist aa fade Kedl,« – Der Strizzi geht mit dem Mädel weiter, das alles still mit angesehen hat.

Foto: Emil Mayer

Spät nachts komme ich zu den Volkssängern, die tief unten im Wurstelprater in einem kleinen Gasthaus singen. Das Mädel sitzt da, aber ein anderer ist mit ihr. Ein junger Mensch, ganz nett angezogen, der ihr galante Dinge sagt. Sie ist gerade mit dem Essen fertig und späht nach der Tür. Er merkt natürlich nichts. Auf einmal kommt der Strizzi herein. Nun erwarte ich, daß er sich sofort auf seine Geliebte und auf seinen Nebenbuhler stürze; aber er setzt sich manierlich an einen benachbarten Tisch, nur einen Blick tauscht er mit ihr aus, sonst tut er, als ob er sie nicht kennen würde. Ein paar Minuten vergehen. Auf einmal nimmt das Mädel ein Bierglas und gießt es über ihren neuen Freund aus. Wütend springt dieser empor: »Du dumme Gans, du blödes Ding – kannst nicht achtgeben – du – du –!« Aber der Strizzi springt auf: »Hörst, – dees Madel schimpf' net!« – »Muß i ma dös g'fall'n lassen?« schreit der andere, von dessen Kleidern das Bier tropft. – Das Mädel geht sofort weg. Aber die zwei geraten immer mehr in Streit, bis der Kellner kommt und sie trennt. Nach einer Weile zahlt der Begossene. »Raubasbua!« ruft er noch, dann verläßt er das Lokal. Der Strizzi ihm nach. Ich folge sogleich, aber noch habe ich die Tür nicht hinter mir geschlossen, da liegt der unglückliche Liebhaber auf der Erde, der Strizzi liegt auf ihm und ohrfeigt ihn nach Noten. So führt er seine Geliebte »Nachtmahlen.«

Foto: Emil Mayer

Die Buden schließen schon, die Laternen verlöschen. Da, ein wüstes Geschrei. Der Strizzi lärmt vor der »Daphne«. »Oes Schwindler, Oes Gauner, Oes stehlt's der Welt das Geld aus'n Sack – i schmeiß den ganzen Krempel um ...!« Der müde Ausrufer weist ihn fort, aber er beschimpft ihn, sein Mädel will ihn beruhigen, er stößt mit den Füßen nach ihr. Eine tolle Wut hat sich seiner bemächtigt; man sieht, wie er sich wichtig vorkommt, wie er sich großartig erscheint in seinem Zorn, und er weicht richtig nicht von der Stelle bis die Rauferei fertig ist. Ein Wachmann eilt herzu und wirft sich dazwischen. Aber der Strizzi läßt nicht nach: »Ich muaß hinhaun!« brüllt er. »Nur net geg'n mi aufreib'n!« warnt der Wachmann. – »Naa, ab'r Sö wissen, mir fircht'n uns vor kane Schläg net, mir net – Sakrament!« heult er plötzlich und schmettert seinen Hut zu Boden. – »Wann i a mal in'n Prater geh', wer' i mi do no untaholt'n derf'n.«

Foto: Emil Mayer

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