Gerhard Rohlfs
Quer durch Afrika
Gerhard Rohlfs

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Siebzehntes Kapitel

Im Reich Bautschi

Der Fluß Gombe bildet die Grenze zwischen den Reichen Kalam und Bautschi oder Jacoba. Wir setzten um zwölf Uhr auf das rechte Ufer desselben über und erreichten bald die in weitem Umfang von Mauern umgebene Bautschi-Stadt Burriburri, die indes, da neben den Hütten große Felder und Gärten sich ausbreiten, wohl nicht mehr als fünftausend Einwohner zählt. Letztere sind sämtlich Kanuri; sie reden die Sprache ihrer Stammesgenossen in Bornu, wissen jedoch nichts von der Gastfreundschaft, wie sie dort gegen Fremde geübt wird; ich sah mich sogar genötigt, zum Schutz gegen Diebe des Nachts Wachen vor unserem Lager aufzustellen. Der Ortsname Burriburri oder Berriberri kommt in diesen Teilen Afrikas nicht selten vor, und man kann mit ziemlicher Gewißheit annehmen, daß alle so benannte Ortschaften von Kanuri gegründet und bewohnt sind. Sporadisch sind die Kanuri bis zum Niger und Benue hin verbreitet.

Anderentags, am 10. Januar, kamen wir wegen der Schwierigkeit des Weges nur zwei Stunden in südwestlicher Richtung vorwärts. Mehrmals warf das Kamel die Ladung ab, die Stricke zerrissen, die Säcke platzten, und vieles von meinen Sachen wurde beschädigt. Indes gewährte die reizende Umgebung von Burriburri vollen Ersatz für diese Widerwärtigkeiten. Das Bild, daß sich mir hier in der Morgenfrühe darbot – alles mit dem blauen Dunst des Waldrauchs umschleiert –, konnte mich an die Porta Westphalica des heimatlichen Weserstroms versetzen, wenn anders der Blick auf die fremde Vegetation, die Form der Hütten, die fetten Buckelrinder, die mit Bogen und Pfeil bewaffneten Neger eine Täuschung der Art hätte aufkommen lassen. Wir näherten uns, während das Terrain immer hügeliger wurde, dem Gabi-Fluß, der aus Südwesten vom Djaranda-Gebirge herabfließt und in den Gombe-Fluß mündet. Als wir ihn erreicht und überschritten hatten, blieben wir, um die Schäden der Ladung auszubessern, in einem der an seinen Ufern liegenden Dörfer, die alle Gabi genannt werden. Es bestand aus äußerst ärmlichen, schmutzigen Hütten und war von Bolo-Heiden bewohnt. Die Bolo reden eine eigene Sprache und haben stark aufgeworfene Lippen, doch weniger dunkle Hautfarbe als die Bagirmi. Die Männer, groß und kräftig von Gestalt, scheren sich den Kopf nicht kahl wie die Kanuri, Bagirmi, Haussa und andere Negerstämme, sondern tragen ihr volles Haar. Die Frauen sind klein und korpulent und binden das Kopfhaar von hinten nach vorn in einem hochgetürmten Wulst zusammen. Man räumte uns freundlich eine von den schmutzigen Hütten ein, bekümmerte sich aber sonst nicht viel um die Gäste. Abends ging ich an den Fluß. Der Gabi hält das ganze Jahr hindurch Wasser, um diese Zeit freilich nur einen schmalen Streifen; ich fand es klar und süß. In dem groben Kiessand des Grundes führt er viele Plättchen Marienglas mit sich, die in der Sonne wie Gold schimmern. Herden von Pavianen und Meerkatzen beleben die immergrünen Ufer.

Am folgenden Tag wurden wieder kaum vier Wegstunden zurückgelegt. Nachdem wir die erste Stunde südwestlich einen volkreichen Landstrich, hierauf südlich einen Wald gleichfalls an vielen bewohnten Dörfern vorbei durchzogen hatten, galt es, ein äußerst zerklüftetes und unwegsames Gebirge mit unserem Kamel zu übersteigen. Oft mußten wir dem Tier seine Ladung abnehmen und alles einzeln auf unseren Köpfen tragen, damit es die steilen Pässe erklimmen konnte, und es war selbst zu verwundern, wie es unbelastet die Mühen und Hindernisse des Weges überwand. Je nach der Beschaffenheit des Terrains bogen wir im Zickzack bald rechts, bald links von der geraden Richtung ab, hielten uns jedoch im allgemeinen südwestlich. Unter der reichen Baumvegetation herrschten die Mimosen vor, und zum erstenmal begegnete mir hier der Kandelaber-Baum, ein riesiger Kaktus mit ganz eigentümlichen Formen. Durch Vogelstimmen aller Art und das heisere Geschrei der Affen war die Waldeinsamkeit belebt. Gegen Abend kehrten wir in dem Bergdorf Djaro ein. Obwohl uns mehrere seit dem Frühjahr leerstehende Hütten zur Verfügung gestellt wurden, lagerten wir, aus Furcht vor Skorpionen und anderem Ungeziefer, im Freien unter einem breitästigen Runo-Baum. Es sollen viele Panther und Leoparden in der Gegend hausen; wir unterhielten deshalb in der Nacht große Feuer. Ich wurde jedoch durch nichts als dann und wann durch das Geheul hungriger Hyänen im Schlaf gestört.

Am 12. Januar vollbrachten wir einen sechsstündigen Marsch in wilder Gebirgsgegend. Zwischen und auf den Felsen fanden wir auch hier noch zahlreiche Dörfer. Ihre Bewohner, Bolo-Neger von schwarzer, nur bei einigen, wohl infolge der Vermischung mit den Fulan, etwas hellerer Hautfarbe, gingen nackt. Die Männer, robuste und gedrungene Gestalten, hatten wenigstens kleine Schurzfelle von ausgefranstem Leder vorgebunden. Die Weiber aber, alte wie junge, waren ohne alle Bekleidung, während sehr breite Ringe von Silber, Eisen oder Kupfer die Oberarme und Beine umschlossen; ausnahmsweise legen sie einen handbreiten Ledergürtel um die Hüften, an dem vorn und hinten ein oder mehrere Blätter befestigt sind. Die Haare werden entweder wie ein Helmbusch oder in Form eines hohen korbähnlichen Kranzes zusammengerafft. Von Statur klein und rund, haben die Weiber in der Jugend sanfte Gesichtszüge, im Alter dagegen sind sie von abscheulicher Häßlichkeit. Wollte ich sagen, sie sehen aus wie des Teufels Großmutter, so wäre dies ein falsches Bild, denn die Neger malen den Teufel nicht deshalb weiß, um ihn recht häßlich, sondern um ihn möglichst furchtbar darzustellen. Überhaupt darf man nicht glauben, daß die Neger, weil ihre Gesichtsbildung von der unsrigen so entschieden abweicht, wesentlich andere Begriffe von Frauenschönheit haben als wir. Ein nach unserem Geschmack mehr oder weniger schönes Gesicht steht bei ihnen in gleicher Geltung, und wenn sie auch bisweilen spottweise unsere feinen Lippen mit denen der Meerkatzen und unsere langgestreckte Nase mit dem Schnabel des Pfeffervogels vergleichen, so wissen sie doch die Schönheit einer Fellata-Frau mit kaukasischen Gesichtszügen recht wohl zu schätzen. Ein Neger, der eine schwarze Madonna zu malen hätte, würde sicher nicht eine Musgu- oder Tuburi-Negerin, sondern eine wohlgebildete Bornuerin oder Uandala zum Modell nehmen.

Wir gelangten nachmittags zu dem großen, ausschließlich von Fellata bewohnten Ort Tjungoa, dem Ziel unseres Tagesmarsches. Zu meiner Verwunderung ward uns seitens der Bewohner gastfreundliche Aufnahme und Bewirtung zuteil; selbst unsere Pferde bekamen wieder sattsam Korn zu fressen. Die Sache klärte sich folgendermaßen auf. Seit Jahren war ein Mann hier ansässig, der sich einen Scherif der Schingeti nannte, d. h. der Schellah-Berber, die nordwestlich von Timbuktu bis zum Ozean die Wüste durchstreifen und, obwohl sie nichts weniger als Abkömmlinge Mohammeds sind, den zum Islam bekehrten Negern sich als Schürfa darstellen, um sie auf schamlose Weise auszubeuten. Der Fulfulde-Sprache vollkommen mächtig, predigte er den Fellata beständig vor, um in das Paradies zu kommen, gebe es kein sichereres Mittel, als daß sie seine geheiligte Person nach Gebühr verehrten, ihm dienstbar seien und seine Ländereien unentgeltlich bearbeiten. Er hatte eine Frau ihres Stammes geheiratet und war mit ihr im Jahre 1866 nach Mekka gepilgert, was den Ruf seiner Heiligkeit noch bedeutend vermehrte. In Bornu verstand man es besser, wie er wohl wußte, die echten Schürfa von den falschen zu unterscheiden; daher war er auf die Kanuri sehr schlecht zu sprechen, und damit wir den Ortsbewohnern seine wahre Herkunft nicht verraten möchten, empfahl er ihnen angelegentlich, uns aufs beste zu verpflegen.

Als wir am folgenden Tag aufbrachen, hatte sich eine Menge Volks um uns versammelt. Da kam auch der Pseudo-Scherif auf einem kleinen verkrüppelten Pferd herbeigeritten, um mir eine Strecke weit das Geleit zu geben. Zum Abschied beschenkte er meinen Diener Hammed, welcher sich ebenfalls für einen Scherif auszugeben pflegte, als Kollegen mit hundert Muscheln, indem er den seine Freigebigkeit anstaunenden Negern zurief: »Seht, so muß man Schürfa bewirten, das ist der sicherste Weg zur Tür (des Paradieses).« Jedenfalls war er seinerseits sicher, daß seine gläubigen Verehrer ihm die hundert Muscheln bald wieder ersetzen würden.

Wir legten an diesem Tag abermals nur einen Weg von sechs Stunden zurück. Die uns umgebenden Berge bildeten jetzt gewaltige Granitmassen in relativer Höhe von fünfzehnhundert bis zweitausend Fuß, alle gut bewachsen und von mannigfachster, oft wunderlichster Formation. Hier sollen viele Panther im Hinterhalt lauern, um von Viehherden, die hindurchgetrieben werden, sich ein Beutestück zu holen. Nach Überschreitung eines Passes sahen wir rings am Horizont Berge von größeren Dimensionen und bis zu sechstausend Fuß relativer Höhe vor unseren Blicken auftauchen. Es war Nachmittag, als wir den Ort Sungoro erreichten, der teils von Pullo-, teils von Haussa-Negern bewohnt ist. Ein heftiger Fieberanfall nötigte mich leider, gleich bei der Ankunft mein Lager aufzusuchen.

Die Dörfer der Pullo sind meist weitläufiger angelegt als die der Kanuri, und auch ihre Wohnungen weichen in der Bauart von denen der letzteren erheblich ab. Während die Hütten einer Kanuri-Wohnung, eines sogenannten fato, einzeln und ohne Ordnung in einem viereckigen Gehege stehen, bilden die drei bis vier Hütten der Pullo-Wohnung einen Kreis, dessen Zwischenräume durch tönerne Vorratstürme von gleicher Höhe wie die Hütten selbst ausgefüllt sind. Aus einer Hütte führt eine Tür, durch die man aufrecht hindurchschreiten kann, nach dem inneren Hofraum; es ist dies ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal auch von allen anderen Negerwohnungen. Die übrigen Hütten haben nur nach dem äußeren Hof eine runde Öffnung von eineinhalb Fuß im Durchmesser. In der Mitte des Kreises stehen meist noch einer oder mehrere solcher Vorratstürme, und oft ist das Ganze mit Matten überdacht. So bildet die Pullo-Wohnung ein geschlossenes Haus, wogegen die der Kanuri und anderer Negerstämme nur aus einer oder mehreren einzelnen Hütten besteht. Was indes die Kanuri vor den Pullo voraus haben, ist die größere Reinlichkeit.

Ich war am anderen Morgen noch sehr angegriffen, stieg aber doch zu Pferd, um die nur mehr drei Stunden entfernte Hauptstadt von Bautschi zu erreichen. Südwestliche Richtung haltend, passierten wir die Orte Joli, am Berg gleichen Namens gelegen, und Kiruin, ebenfalls von hohen Felsen umgeben. Jetzt sahen wir die rötlich schwarzen, nur von wenigen Toren durchbrochenen Tonmauern der Hauptstadt Garo-n-Bautschi – dies ist ihr eigentlicher Name, während sie von den Arabern und nach ihnen auch von den östlich wohnenden Negern nach dem Namen ihres Gründers, Jacoba, Jacobo, Jacobari genannt wird – in endloser Einförmigkeit sich hinstrecken. So herrlich die Natur dieses weite Alpental geschmückt hat, einen so öden Eindruck macht von außen gesehen die Stadt, da die Bäume im Inneren nicht hoch genug sind, als daß sie mit ihren Kronen die hohe, kahle Mauer überragen könnten.

Wir ritten in die Stadt ein. Unterwegs hatte ich schon gehört, daß der Lamedo (das Pullo-Wort für Sultan, König) nicht in Garo-n-Bautschi anwesend sei, sondern seit zwei Monaten mit seinem Kriegsheer in der befestigten Stadt Rauta verweile. Zum Glück war ich außer an den Lamedo auch an einen Kaufmann aus Rhadames namens Hadj Ssudduk empfohlen. Ich ließ mich nach dessen Haus führen und erfuhr hier zwar, auch er habe bereits seit längerer Zeit die Stadt verlassen; das Haus war aber von einem Verwandten von ihm namens Ali-ben-Abidin bewohnt, der mir, nachdem er mein Empfehlungsschreiben in Empfang genommen hatte, freundlichst seine Dienste anbot. Er geleitete mich sofort zur Residenz des Lamedo und stellte mich dort dem Obersten der Sklaven, dem Intendanten über den königlichen Hofhalt, als Gast seines Gebieters vor. Es wurde zwischen den beiden ausgemacht, daß der Kaufmann für mein Quartier, der Intendant für die Beköstigung zu sorgen haben sollte. Demgemäß ward mir ein ebenfalls dem Rhadameser gehöriges Haus zur Wohnung eingeräumt, und bald brachten mehrere königliche Diener zwei kleine Säcke mit Korn, ein Huhn und ein Töpfchen Honig. Als Trinkgeld gab ich den Überbringern eine Anzahl Muscheln, welche den Wert der Sendung reichlich aufwog; dennoch waren sie nicht zufrieden damit, sondern unverschämt genug, noch tausend Muscheln zu verlangen. Ali-ben-Abidin wollte sich ins Mittel legen, allein meinem als durchaus notwendig erkannten Grundsatz getreu, jeden Erpressungsversuch der Art sogleich energisch zurückzuweisen, ließ ich mich auf keine Unterhandlungen ein, machte vielmehr kurzen Prozeß und jagte die Kerle mitsamt den überbrachten Lebensmitteln zum Haus hinaus.

Abends schickte uns dann die erste Frau des Lamedo, der man inzwischen meine Ankunft gemeldet hatte, ein gutes und splendides Mahl.

Den folgenden Tag widmete ich der Ruhe und Erholung von den Strapazen der Reise. Am 16. Januar aber brach ich nach Keffi-n-Rauta auf, um den Lamedo zu begrüßen und ihm meine Geschenke zu überreichen. Ich nahm die beiden Kanuri aus Gombe mit, auch mein Kamel und mein Zelt, in der Hoffnung, der Lamedo werde mir beides abkaufen, denn ich hatte mich überzeugt, daß es unmöglich war, mit dem Kamel weiterzukommen; ohne dasselbe aber konnte mein schweres Zelt nicht transportiert werden, welches mir übrigens für die fernere Reise auch allenfalls entbehrlich schien. Es war acht Uhr morgens, als ich die Stadt in nordwestlicher Richtung verließ, und um drei Uhr nachmittags, nach einem scharfen Ritt von sieben Stunden, befand ich mich vor den Mauern von Keffi-n-Rauta. Ich ritt durch ein geöffnetes Tor und direkt bis zur Wohnung des Lamedo. Auf meine Frage, wo derselbe augenblicklich verweile, wies man auf ein der Wohnung gegenüberliegendes verandenartiges Gebäude, ohne hinzuzufügen, daß es seine Moschee sei. Erst als ich eingetreten war, bemerkte ich den Verstoß, dessen ich mich als Ungläubiger mit dem Betreten eines Bethauses schuldig gemacht, und zog mich auf der Stelle wieder zurück. Nun wurde ich in mein Quartier, eine recht gut eingerichtete Hütte, geführt.

Nach einer Stunde ließ mich der Lamedo zu sich entbieten. Er lag im vordersten Hof seines Hauses auf einer Ochsenhaut, umgeben von den Großen des Reiches, die fast alle, während sonst an Negerhöfen niemand bewaffnet vor dem Herrscher erscheinen darf, lange Schwerter trugen. Beinahe hätte ich einen zweiten Verstoß begangen und einen anderen statt des Monarchen begrüßt, da ihn äußerlich nichts von den Versammelten unterschied; seine ursprünglich weiß gewesene Kleidung war infolge langen Gebrauchs ebenfalls schmutzig grau geworden, und ein Litham verhüllte wie bei den übrigen sein Gesicht, so daß nur die Augen frei blieben. Als die Begrüßungsformeln ausgetauscht waren, übergab ich ihm meine Briefe. Den des Sultans von Bornu entfaltete und las er sofort, worauf er – ich hatte meinen Kanuri-Burschen als Dolmetscher zur Seite – zu mir sagte: »Es scheint, du bist sehr befreundet mit dem Sultan, der wohl überhaupt die Christen liebt?« »Sultan Omar«, erwiderte ich, »hat mir in der Tat viel Freundschaft erwiesen, wie er auch andere christliche Reisende vor mir aufs großmütigste behandelt hat.« Dann eröffnete ich ihm, ich hätte einen Revolver für ihn mitgebracht, und da er denselben gleich zu sehen wünschte, ließ ich das Kästchen durch den Kanuri aus meiner Wohnung herbeiholen. Inzwischen zeigte ich ihm meinen türkischen Firman. Er wandte das Pergamentblatt hin und her, beguckte es von oben und unten und fragte dann spöttisch, wozu es mir nütze. »Dieses vom Beherrscher aller Gläubigen ausgestellte Schreiben«, antwortete ich, »wird überall, wo Mohammedaner wohnen, respektiert und gewährt mir Schutz auf meinen Reisen.« »Das mag im türkischen Reich sein«, sagte er; »wir aber verstehen kein Türkisch, und unser Beherrscher der Moslemin ist nicht der Sultan in der Türkei, sondern der Sultan in Sokoto.« Danach erhob er sich und ging allein mit mir in einen der inneren Höfe. Hier gab ich ihm den Revolver. Nachdem er sich dessen Konstruktion und einzelne Bestandteile genau hatte erklären lassen, fragte er nach dem Preis; denn es ist bei den Lamedos der Fellata nicht so selbstverständlich wie bei anderen Negerfürsten, daß jeder Fremde ihnen Geschenke überreichen muß. Natürlich ersuchte ich ihn, die Waffe als Geschenk zu behalten; ich nahm aber die Gelegenheit wahr, ihm mein Kamel und mein Zelt zum Kauf anzubieten. Scheinbar auf die Offerte eingehend, bestimmte er, daß folgenden Tages die Besichtigung der Gegenstände und der Handel darüber stattfinden sollte. Wir unterhielten uns sodann über meine Weiterreise. Er riet mir, zunächst nach Lafia-Bere-Bere zu gehen, bis wohin er mir einen Führer mitgeben wolle; von da werde ich leicht nach Egge und weiter nach Nupe kommen.

Am Vormittag des nächsten Tages wohnte ich einer öffentlichen Audienz beim Lamedo bei, zu der seine Großen wieder vollzählig um ihn versammelt waren. Der von mir geschenkte Revolver wurde unter ihnen herumgereicht und fand allgemeine Bewunderung. Bei diesen öffentlichen Audienzen hat jeder aus dem Volk freien Zutritt und darf seine Anliegen und Beschwerden dem Lamedo selbst vortragen, welcher persönlich, ohne Zuziehung der Räte, alles auf der Stelle entscheidet. Leider verstand ich wegen Unkunde der Sprache nichts von den Verhandlungen, ich war deshalb froh, als die vierstündige Sitzung endlich geschlossen ward. Jetzt kam der Handel um mein Kamel und Zelt an die Reihe. Nach Negersitte stellt der Verkäufer keine Forderung, sondern wartet ab, was man ihm für seine Ware bietet, und der Kaufinteressent steigert sein Gebot so lange, bis es vom Verkäufer annehmbar befunden wird. Die Beauftragten des Lamedo gingen aber mit ihrem Gebot nicht über dreißigtausend Muscheln für das Kamel und zehntausend für das Zelt hinaus; und da ich mich zur Annahme eines im Verhältnis zum Wert der Gegenstände so äußerst niedrigen Preises nicht entschließen konnte, blieb der Handel ohne Resultat.

Abends wurde in der Nähe meiner Wohnung eine Hochzeit gefeiert. Ein Haufen Männer und Weiber, gefolgt von einer lärmenden Kinderschar, zogen durch die Straßen und schleppte in seiner Mitte die junge, fast nackte Braut, die wie unsinnig zappelte und schrie, an Armen und Beinen zur Hütte des ihrer harrenden Bräutigams. Mag nun das Sträuben natürlich oder erheuchelt sein, der gute Ton in Bautschi verlangt, daß die Ehekandidatin auf dem Transport zum Hause ihres Zukünftigen aus Leibeskräften strampelt und schreit, überhaupt möglichst starken Widerstand an den Tag legt,

Keffi-n-Rauta, oder kurzweg Rauta, liegt etwas niedriger als Garo-n-Bautschi, doch auf demselben Plateau, das im Westen und Nordwesten in einer Entfernung von acht bis zehn Stunden durch anscheinend drei- bis viertausend Fuß hohe Berge begrenzt ist. Der Ort ist eigentlich weniger eine Stadt als ein mit Tonmauern umwalltes Lager, in dessen Mitte der Lamedo eine weitläufige, ebenfalls aus Ton erbaute Wohnung hat. In den sie umgebenden Hütten waren zehntausend Mann Truppen einquartiert. Die ständigen Bewohner, nur etwa tausend an Zahl, sind sämtlich Haussa-Neger und Sklaven des Lamedo. Sonntags wird vor den Toren ein kleiner, unbedeutender Wochenmarkt abgehalten.

Ich wollte am 18. Januar frühmorgens die Rückreise nach der Hauptstadt antreten, mußte aber bis Mittag warten, ehe mich der Lamedo zur Abschiedsaudienz empfing. Bei derselben stellte er mir den Mann vor, der mich nach Lafia-Bere-Bere geleiten sollte, und versprach, ihn demnächst mit Empfehlungsschreiben für mich nach Garo-n-Bautschi zu senden. Nun stieg ich zu Pferd, und nach einem siebenstündigen scharfen Trab traf ich abends wieder in der Hauptstadt ein.

Bautschi ist kein unabhängiger Staat, es steht gleich den noch größeren Staaten Adamaua und Segseg unter der Oberhoheit des Sultans von Sokoto, dem es nicht nur tributpflichtig ist, sondern der auch nicht selten in die inneren Angelegenheiten eingreift. Der regelmäßige jährliche Tribut besteht aus Sklaven, Muscheln, Antimon und Salz; aber auch außer der Zeit läßt sich der Sultan, wenn er gerade Geld braucht, von seinen Vasallen beliebige Summen auszahlen. Diese Macht des Sultans von Sokoto beruht lediglich auf seinem geistlichen Ansehen als Beherrscher der Gläubigen, denn an materieller Macht wird die Provinz Sokoto von den Provinzen Adamaua, Segseg und Bautschi weit übertroffen. Hierin liegt aber, da die mohammedanischen Pullo überall in der Minderheit und die heidnischen Untertanen stets zur Empörung gegen deren Herrschaft geneigt sind, ein gefährlicher Keim für den Zerfall des Pullo-Reiches. Abgesehen von der durch die inneren Zerrüttungen drohenden Gefahr würde übrigens das Sokoto-Reich auch einem kräftigen Angriff von Bornu, dessen Heer mit einer großen Anzahl guter Gewehre bewaffnet ist, während die Pullo nur wenige Luntenflinten besitzen, wohl nicht zu widerstehen imstande sein.

Etwa ein Jahr vor meiner Ankunft brach ein sehr ernstlicher Aufstand aus. Im Rhamadan 1865 war ein mohammedanischer Mallem aus Kano, namens Ssala, zu den heidnischen Gebirgsbewohnern gekommen, der sie gegen die Herrschaft der Pullo aufwiegelte, ihnen Schießgewehre verschaffte und, nachdem er sie militärisch organisiert hatte, an ihrer Spitze die Bewohner der Ebene überfiel. Die Männer, welche sie gefangen nahmen, wurden getötet, Frauen und Kinder in die Sklaverei geschleppt. Keinen Widerstand findend, drangen die Rebellen immer weiter vor und bedrohten mit ihren Streitereien sogar die Hauptstadt. Nun endlich begab sich der Lamedo, um gegen sie ins Feld zu ziehen, nach Keffi-n-Rauta zum Heer; allein so lange ich im Land verweilte, hatten die militärischen Operationen noch nicht begonnen, während die Zahl des Feindes durch Zuzüge aus allen Teilen des Sokoto-Reiches von Tag zu Tag wuchs.

Am Hof von Bautschi wird vorwiegend die Haussa-Sprache gesprochen, auch fast alle Titel der Beamten und Würdenträger sind in diesem Idiom benannt. In betreff der Rechtspflege verdient rühmend hervorgehoben zu werden, daß im Gegensatz zu den meisten mohammedanischen Negerhöfen, wo es dem Volk nie gestattet ist, sich dem Herrscher zu nahen, wo selbst seine Vertrauten nur mit abgewandtem Gesicht, als vermöchten sie den Strahl aus dem Auge der Majestät nicht zu ertragen, vor ihm erscheinen dürfen, in allen Pullo-Staaten dem Niedrigsten aus dem Volk das Recht zusteht, bei den öffentlichen Audienzen frei vor den Sultan zu treten und ihm selbst seine Klage zu Gehör zu bringen.

Die Stadt Garo-n-Bautschi liegt nach meinen Messungen 2480 Fuß über dem Meer auf einer Hochebene. In einem unregelmäßigen Viereck gebaut, wird die Stadt nebst Feldern und Gärten, unbebauten steinigen Hügeln und zahlreichen Wasserlöchern, welche durch Ausgraben der Tonerde zum Häuserbau entstehen, im Umfang von dreieinhalb Stunden durch hohe Mauern eingeschlossen. Sie hat ziemlich breite, aber krumme und winkelige Straßen. Alle Häuser sind aus Ton errichtet; die der Vornehmen, wozu meist große Höfe und Gärten gehören, haben flache Dächer, die Hütten des Volks spitze Strohbedachung.

Die Bevölkerung, der Mehrzahl nach Haussa-Neger, mag sich auf hundertfünfzigtausend Seelen belaufen, doch war die frühere Lebhaftigkeit des Ortes, seitdem die aufrührerischen Heiden das Land unsicher machten, von den Straßen und Plätzen verschwunden. Der Handelsverkehr mit Adamaua und Nupe stockte gänzlich, die Kaufleute aus Saria, Kano und anderen fremden Städten hatten daher Bautschi verlassen, kaum drei oder vier Rhadameser blieben noch zurück, und mit dem Lamedo waren auch alle Großen ins Lager nach Rauta gegangen.

Auf dem täglichen Markt fand ich fast nur inländische Erzeugnisse aus der nächsten Umgegend. Sklaven wurden hier um die Hälfte des Preises feilgeboten, den man in Kuka dafür bezahlt; allerdings ist die Auswahl geringer, da im Sokoto-Reich kein Pullo als Sklave verkauft werden darf.

Die Pferde, sei es, daß Klima und Futter ihnen nicht zusagen, oder infolge der schlechten Behandlung, sind elende Klepper und meist nicht größer als Esel; was hier für ein schönes Reitpferd gilt, würden die Bornuer »kidar«, d. h. Schindmähre, nennen. Schafe und Ziegen sehen ebenfalls höchst erbärmlich aus, obgleich sie doch bei der hohen Lage und der gebirgigen Natur des Landes hier gerade besonders gut gedeihen sollten. Rinder scheinen etwas besser gepflegt zu sein, können jedoch an Größe und Wohlgenährtheit mit denen in Kanem oder Bornu keinen Vergleich aushalten. Steht somit die Viehzucht im allgemeinen bei den Haussa auf sehr niedriger Stufe, so macht die Zucht der Hühner, auf welche sie große Sorgfalt verwenden, eine bemerkenswerte Ausnahme. Vielleicht liegt der Grund hiervon in der unter den Landbewohnern herrschenden Sitte, wonach der Bräutigam die Eltern der Braut mit einem Dutzend Hühner beschenkt. In den Städten ist das Heiraten etwas kostspieliger; dort hat der junge Mann seiner Braut oder deren Eltern eine Summe von zwanzig- bis fünfundzwanzigtausend Muscheln (sechs bis acht Taler) zu schenken, welche der Frau, auch im Falle, daß er sich wieder von ihr trennen sollte, als Eigentum verbleibt.

Neben den Produkten des Landes bot der Markt auch eine Auswahl der gängigsten heimischen Industrieartikel. Man liefert in Bautschi Kattun von anerkannter Güte und versteht sogar Lumpen wieder zu neuem Stoff zu verarbeiten, ihre Einsammlung wird daher als eigener Erwerbszweig betrieben; berühmt sind die hier gefertigten weißen Toben mit kunstvoller Stickerei. Aus den Fasern der Karess-Rinde dreht man Stricke und Taue, die an Haltbarkeit denen von Manilahanf wenig nachstehen. Irdenes Geschirr, wie Schüsseln, Töpfe und Krüge, wozu sich das Material im nahen Djaranda-Gebirge findet, wird mit einer feinen Bronzeglasur überzogen. Ebenso zeichnen sich die Strohgeflechte, Matten, Tellerchen, Körbchen usw. durch zierliche Arbeit aus. Für bemerkenswert halte ich, daß Seife aus Natron und Öl oder Butter im Land selbst bereitet wird und allgemein in Gebrauch ist.

Auf dem Markt wird durch den Sserki-n-kurmi (Marktaufseher) und seine Gehilfen strenge Polizei geübt; man untersucht die Milch, ob sie nicht mit Wasser verfälscht ist, und hält darauf, daß aus dem feilgebotenen Fleisch die Knochen entfernt werden. Überhaupt herrscht mehr Redlichkeit im Handel und Wandel als jenseits des Gongola-Flußes. Als Zahlmittel dienen ausschließlich Muscheln, hier Uuri genannt, die sich von Kano aus immer weiter in die Pullo- und Kanuri-Reiche verbreiten.

Die Kleidung der männlichen Stadtbewohner besteht bei den Wohlhabenden aus weißen oder blaukarierten sehr weiten Hosen, einem weißen Hemd mit langen Ärmeln, beides aus schmalen Kattunstreifen zusammengenäht, und einer langen Tobe; vor dem Gesicht tragen sie einen schwarzen oder weißen Litham und an der Seite ein gerades Schwert (Spieße wie bei den Teda, Kanuri und östlichen Negervölkern sieht man wenig, allgemeine Waffe ist der Pfeilbogen); die Ärmeren begnügen sich mit Hemd und Hose oder auch bloß mit letzterem. Haupt und Barthaar werden sorgfältig abrasiert. Auf dem Land gehen die Männer nackt, nur die Schamteile mit einem Lederschurz, einem Baumwollfetzen oder einem grünen Blatt bedeckend; wenn sie zur Stadt kommen, winden indes die meisten ein Tuch um die Hüfte. Die Haussa-Neger lassen ihr krauses Haar frei wachsen; die heidnischen Pullo türmen es nach Art der Uandala-Weiber zu einem hohen Wulst auf, was den jungen Burschen, die sich überdies mit Perlen, Korallen und sonstigem Schmuck zu behängen pflegen, ein weibisches Aussehen gibt. Die Frauentracht in Garo-n-Bautschi weicht dadurch von der in anderen großen Negerstädten ab, daß sie die Brüste völlig entblößt läßt. Bei den Mädchen wird der Kopf in einer Weise geschoren, wonach nur in der Mitte ein firstartiger Streif und ringsum ein schmaler Kranz von Haaren stehenbleibt; bei den verheirateten Frauen werden die vollen, stark eingebutterten Haare auf dem Wirbel zusammengebunden. Die Landbewohnerinnen sind wie die Männer unbekleidet.

Schon öfter habe ich erwähnt, daß die Pullo-Mädchen durch regelmäßige Gesichtszüge, schöne Körperformen und goldbronzene Hautfarbe sich auffallend von den häßlichen, grobknochigen Haussa- und anderen Negerinnen unterscheiden. Freilich währt ihre Schönheit nicht lang, schon im Alter von fünfundzwanzig Jahren sind sie alt und ihre Reize dahingewelkt. Auch sollen sie minder fruchtbar sein als die Negerinnen, und wirklich gehören Pullo-Familien mit mehr als drei bis vier Kindern zu den seltenen Ausnahmen, wogegen in Negerfamilien häufig sechs bis acht, in manchen zehn bis zwölf Kinder von einer Mutter geboren werden.

An den Arbeiten und gewerblichen Hantierungen nehmen Männer und Frauen gleichen Anteil. Letztere stampfen und reiben die Getreidekörner zu Mehl, kneten den Teig und bereiten aus den harzigen Blättern der Adansonie die Brühe dazu, die in Ermangelung des teuren Salzes stark mit Pfeffer und Ingwer gewürzt wird; sie spinnen die Baumwolle, drehen Stricke, beschäftigen sich auch vorzugsweise mit der Töpferei. Die Männer weben das gesponnene Garn, gewöhnlich zu viert oder fünft an einem freien Platz oder mitten in einer breiten Straße ihren Webstuhl aufschlagend; andere geben durch anhaltendes Klopfen, das man den ganzen Tag über hört, dem rohen Gewebe Glanz und Appretur; wieder andere nähen die schmalen Streifen in breitere Stücke zusammen. Desgleichen wird das Matten- und Korbflechten, die Lederbereitung, das Schuhmacher- und andere Handwerke von den Männern betrieben. Die hier wachsende Baumwolle, von vorzüglicher Qualität, gibt einen ebenso feinen wie haltbaren Faden, und da ein Teil der Abgaben in Kattunstreifen entrichtet werden muß, hat jeder, auch der kleinste Ort, seine Weberei.

Das Klima der Hochebene von Bautschi hat Ähnlichkeit mit dem in den südlichen Gegenden Europas. Die intensive Hitze der Monate Mai und Juni wird durch die hohe Lage des Landes, durchschnittlich dreitausend Fuß über dem Meer, bedeutend ermäßigt, von Ende Juni bis Ende September kühlen Regen und Gewitter die Luft, und während der ganzen übrigen Zeit des Jahres, von Oktober bis April, herrscht eine milde Frühlingswärme, indem das Thermometer in der Nacht nicht unter +10 Grad sinkt, in den Mittagsstunden nicht über +30 Grad im Schatten steigt. Zitronen-, Dattel- und Granatbäume gedeihen hier fast ohne Pflege, und ebenso ließen sich viele andere Erzeugnisse der südlichen gemäßigten neben denen der heißen Zone heimisch machen.

Verlockt durch die angenehme Frühlingstemperatur und die herrliche Umgegend, machte ich, so oft mein geschwächter Gesundheitszustand es erlaubte, kleine Exkursionen zu Pferd in die bewaldeten Vorberge des Tela-Gebirges, die im Südosten, Süden und Südwesten dicht an Garo-n-Bautschi herantreten und mit ihren immergrünen Bäumen, ihren kristallklaren Bächen, auf deren Grund Plättchen von Marienglas wie Goldsand glitzern, mir eine wahrhafte Erquickung gewährten. Allzuweit von der Stadt durfte ich mich indes nicht entfernen, auch nicht versäumen, von Zeit zu Zeit meine Büchse knallen zu lassen, denn einzelne aufrührerische Heiden streiften im Gebirge umher und lauerten mit Bogen und Pfeil ihren Feinden, den Mohammedanern, auf, die ihre Väter und Brüder, Weiber und Kinder wegfangen und als Sklaven verkaufen.

Für mein Kamel und mein Zelt war in Garo-n-Bautschi noch weniger als in Rauta ein angemessenes Gebot zu erzielen. Ich mußte endlich ersteres halb verschenken und letzteres, um wenigstens etwas daraus zu lösen, in die schmalen Streifen zerschneiden, aus denen es zusammengenäht war. An Stelle des Kamels kaufte ich zum Transport meiner Bagage ein drittes Pferd, nachdem ich den geringen Rest der mir verbliebenen Waren gegen Muscheln verhandelt hatte. Dabei lernte ich den Inhaber eines Hanut (Verkaufsbude) kennen, der mich in seine Familie einführte. Er war ein Schellah-Berber aus Tuat und mit einer bronzefarbigen Pullo verheiratet. Aus dieser Ehe gingen ein Mädchen und zwei Knaben hervor, damals zwölf, elf und neun Jahre alt, von tadelloser Schönheit, mit vollendeten Körperformen und reizenden, intelligenten Gesichtszügen: Eine neue tatsächliche Widerlegung derjenigen, welche die Ansicht vertreten, durch Kreuzung verschiedener Menschenrassen könne nur ein körperlich und geistig verwahrlostes Geschlecht erzeugt werden. Ich meinesteils bekenne mich aufgrund vielfältiger Beobachtungen zur entgegengesetzten Ansicht; jedenfalls, meine ich, darf man die Untersuchungen und Erfahrungen auf diesem Gebiet noch lange nicht als abgeschlossen betrachten.

Der Lamido Brahima hatte sich, seit ich ihm in Rauta meine Aufwartung gemacht, in keiner Weise mehr um mich bekümmert und auch seine Zusage, mir einen Geleitsmann bis Lafia-Bere-Bere nebst Empfehlungsschreiben zu senden, unerfüllt gelassen. Ihn an das gegebene Versprechen zu erinnern, schien mir nicht ratsam; ich mietete gegen Bezahlung einen Führer zunächst bis Saranda und war nun zur Weiterreise fertig.


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