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17. Die Laterne. Vierte Nummer.

Exklamationen beim Frieden

Der Friede zwischen Frankreich und Österreich ist geschlossen, und Venedig nebst Istrien und Dalmatien sind das Opfer. Der Friede mit dem Reiche, oder was einerlei ist, Deutschlands Teilung, wird in wenigen Wochen zu Rastatt unterzeichnet werden.

Einen einzigen Monat noch Krieg, und Augereau, der brave, tapfre, treue Augereau wäre Deutschlands Buonaparte geworden, das Breisgau, statt jetzt zur Abfindung eines italienischen Herzogs hingegeben zu werden, hätte die Fahne der Freiheit aufgesteckt, und die transrhenanische Republik würde der Welt einen Beweis gegeben haben, was ein kraftvolles, unverdorbenes Volk durch eine vernünftige Form auszurichten vermag.

Jetzt teilen sich Frankreich, Österreich und Preußen in die Trümmer Germaniens. Deutschlands Paradies, die schönen Berge Hochheims, werden zu Provinzen, die Einwohner zu Heloten eines von seinen ersten Grundsätzen abgewichenen Freistaats, und die Giganten, welche zu Frankreichs Herrschern durch Grundsätze erhoben wurden, die sie selbst verleugnen, konnten ohne Schamröte den 14. Artikel dieses scheußlichen Friedens unterschreiben.

Die Minister Custinens, die elenden Schreier Böhmer, Stamm, Dorsch etc. kriechen um die neuen Herrscher, um Prokonsulate zu erschnappen. Deine Eichen, o Germanien, deine Felder sind schon von gierigen Pariser Papierhändlern taxiert, um mit nichtswerten Schuldscheinen erhandelt zu werden. Dein Name, altes Deutschland, wird aus den Reihen der Länder Europens verschwinden, und der Mann, der nicht unwürdig ist, Huttens und Luthers Landsmann zu sein, eilt, ein fremdes Bürgerrecht zu erwerben, weil er sich des Namens »Deutscher« forthin schämen muß.

Die Kanone des 18. Fructidors hat die Herrscher geschreckt. Die Wegräumung des schleichenden Barthélémys und des nichtswürdigen Carnots hat ihnen die Furcht eingejagt, den vorjährigen Handel nicht noch einmal schließen zu können. Sie weichen, und Germanien zerfällt. Der himmlische Traum, Batavien, Cisrhenanien, Helvetien, die cisalpinische, die ligurische Republik vereinigt zu sehen, verschwindet, und Schlangen töten den Herkules in seiner Wiege, der an der rechten Seite des Rheins dem Despotismus schrecklicher geworden wäre als der alte Halbgott den Ungeheuern seines Jahrhunderts.

Was hilft es der Menschheit, daß die Urheber dieses schändlichen Krieges die gerechte Strafe ihrer Frevel erhalten. Was hilft es ihr, daß der Kurfürst von Mainz und von Trier bald mit dem Rest ihrer gestohlnen Kassen, mit den letzten Überbleibseln des Raubs, den sie an Witwen und Waisen begingen, umherirren und einen Winkel suchen werden, um ihren Grimm und ihre Scham zu verbergen? Was hilft es ihr, daß die Prophezeiungen derer eintreffen, die Kassandrens Schicksal erfuhren, als sie vor drei Jahren schon diesen Ausgang des Kriegs vorhersagten? Deutschland ist geteilt, der Mittelpunkt, von dem Europens Freiheit ausgegangen sein würde, ist vernichtet.

Hätten die wenigen guten deutschen Fürsten statt ihrer unnützen Deklamationen bei der lächerlichen Harlekinade, die man Reichstag nannte, sich an die Spitze einer Koalition gestellt, die nicht anderer Länder Teilung, sondern die Verhinderung der Teilung Deutschlands zur Absicht gehabt haben müßte, hätten die Völker Deutschlands sich früher und lauter gegen diesen unsinnigen Krieg erklärt, hätten die kleinen Fürsten Deutschlands nicht den nichtswürdigen Schmeichlern Reichard, Grollmann, Göchhausen etc. geglaubt, welche vom Einmarsch nach Paris radotierten und uns zur wütenden Fortsetzung eines Kampfes aufforderten, der, während er angeblich für die Erhaltung der deutschen Reichsverfassung geführt wurde, ihre gewisse Auflösung zur Folge haben mußte, Bayern käme nicht in Österreichs, Mainz nicht in Frankreichs Hände, und der preußische Adler schlüge seine Klauen nicht in die besten Stücke des nördlichen Deutschlands. Zerrissen, geschwächt, verachtet erfahren die Deutschen jetzt das Schicksal der unglücklichen Polen, während Italiens Völkerschaften eine neue Existenz beginnen.

So lebt denn wohl, süße Hoffnungen! So fahre denn hin, mühevolle Arbeit mehrerer Jahre! So verfalle denn Germanien, aber nicht auf ewig! Neue Kämpfe beginnen einst, und du wirst glorreicher aus deiner Vernichtung hervortreten, mein teures Vaterland! Dein Volk wird die schimpflichen Artikel vernichten, welche zu Udine unterzeichnet wurden.

Alles, was jetzt die Freunde der Freiheit in Deutschland tun können, besteht darin, daß sie sich aneinanderschießen und im Notfall selbst zu dem in jedem andern Falle gefährlichen Mittel der geheimen Gesellschaften ihre Zuflucht nehmen, damit der Funke nicht ganz verlösche. Aber keinen unnützen Versuch, keine Aufopferungen ohne Frucht! Keinen Kampf, der zu nichts dient, als die Schlingen der Fesseln fester zuzuziehen! Keine Rechnungen auf fremde Hilfe! Wem das Joch zu unerträglich, die nötige Verstellung zu schwer wird, der schüttle lieber den Staub von seinen Füßen und flüchte sich in ein fremdes Land, das wahrscheinlich mit der Epoche des Friedens auch eine neue Epoche in seiner Innern Lage beginnt.

Alle Versuche, der cisrhenanischen Republik einige Selbständigkeit zu verschaffen, sind verunglückt und scheiterten teils an der Starrköpfigkeit der patriotischen Franken, die durchaus ihre Grenzen bis an den Rhein ausdehnen wollten, teils an der Niederträchtigkeit der unwürdigen Deutschen, die in Paris vor dem Hofe im Luxembourg kriechen wie ehemals vor ihren Höfchen in Deutschland, teils an der Erschlaffung und Mutlosigkeit der durch den Krieg nur allzusehr ausgemergelten Einwohner jener unglücklichen Gegenden. Möge die fränkische Republik diese ihre neuaufgenommenen Mitbürger nur nicht als Stiefkinder behandeln! Mögen sie ihren deutschen Sinn nicht ganz durch die Vereinigung mit ihren Nachbarn verlieren! Dies ist der einzige Wunsch, der noch für sie übrigbleibt!

Aber wir Bewohner des rechten Rheinufers, zerquetscht und verkauft wie Lasttiere, jetzt viel zu schwach, um mit Gewalt die Palme zu erringen, welches wird unser Los sein? Hier wird ein Herzog von Modena sich auf unsre Kosten mästen, dort werden wir gezwungen sein, einen abscheulichen Pfaffen, der an dem Kriege schuld war, zum Dank dafür auf lebenslang zu versorgen. Unsre Auflagen, verdoppelt durch die Ausgaben des Krieges, unsre Mißhandlungen, vermehrt durch die Bangigkeit der jetzt entlarvten Verteidiger des Despotismus – das erwartet uns, weil wir zu feig waren, früher aufzutreten.

Arme Bayern! In weniger als zwei Monaten werdet ihr Österreich zur Entschädigung hingegeben werden. Und ihr armen Hannoveraner, euch verschlingt der preußische Adler! Die Freiheit hat bei diesem Frieden wenig gewonnen, die Ruhe Europens, wie man behauptet, mehr. Ich glaube es nicht, ich halte keinen Frieden in Europa für möglich, ehe Englands Ministerium fällt und mit ihm alle despotischen Regierungen gestürzt sind.

Darum, braver Buonaparte, nach England. Vollende den großen Entwurf, bei dessen Ausführung du jetzt auf halbem Wege stehenbleiben mußtest. Möge die Armee gegen England so viele Wunder tun als die italienische. Die Freiheit läßt sich nicht aufhalten, zwischen Wahrheit und Lüge kann kein Waffenstillstand, kein Friede stattfinden. Wir schreiten vorwärts.


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