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13. Die Laterne für die mittlere Klasse des deutschen Volks. Erste Nummer

Verbannt aus meinem Vaterlande, gezwungen, den Boden zu verlassen, der mir das Leben gab, abgerissen von allen dem, was mir teuer war durch widerrechtliche Verfolgung, von einem Priester, der den Altar, dem er dient, schändet und der Witwen und Waisen plündert, um seine strafbare Eitelkeit zu befriedigen, als Verräter und Feind der Ordnung und Ruhe verleumdet, habe ich dennoch nie vergessen, daß ich ein Deutscher bin, habe willig und gern der Gelegenheit entsagt, unter dem Schutze fremder Waffen auf eine Zeitlang zurückzukehren. Ach! Hätten die Fremdlinge Freiheit gebracht, ich wäre zurückgeeilt, um mich zuerst unter die Reihen derjenigen zu stellen, die ihr Blut für Germaniens Erneuerung vergossen hätten! Aber sie kamen nur, um sich zu rächen, um sich zu bereichern, und ich hasse Raub im Namen der Republik so sehr als im Namen eines Despoten.

Wenn ich aber durch mein Betragen bewiesen habe, daß nicht Eigennutz, sondern reine Liebe zur Wahrheit mich trieb, mich gegen Despotismus und Ungerechtigkeit aufzulehnen, wenn alles, was mir mein Freimut erwarb; darin besteht, daß ich notdürftig in einem fernen Lande von den Früchten meiner Arbeit leben kann, wenn ich allen Vorteilen entsagt habe, die mir zuteil geworden sein würden, sobald ich von der Bahn dieser Wahrheitsliebe hätte abweichen, wollen, wenn alle meine Belohnungen darin bestanden, daß Habsburgs stolzer und schwacher Abkömmling, daß der unwürdige Nachfolger eines großen Königs, daß das Heer von kleinen gekrönten und geinselten Vampiren, die sich in Deutschlands Mark bisher teilten, zitterten und sich schämten, gegen mich einzelnen Mann fruchtlos alle Hilfsmittel ihrer Macht anzuwenden – so hoffe ich, daß meine Mitbürger ohne Mißtrauen und aufmerksam einige Wahrheiten anhören und bedenken werden, die ich ihnen vom Strande der Seine frei und mutig zurufen kann, und die ich nicht an die vornehmere Menschenklasse, sondern ans Volk richte und vom Volke beherzigt wünsche, welches bei ihrer Erwägung am meisten interessiert ist.

Ich spreche offen, und mein halbjähriger Aufenthalt im Lande der Freiheit hat es mir unmöglich gemacht, manche Dinge anders als bei ihrem rechten Namen zu nennen. Es wird eine Zeit kommen, wo die alten Benennungen der Sklaverei überall vergessen sein werden. Laßt euch, meine Mitbürger, gefallen, daß ich annehme, sie sei schon eingetreten.

Es sind beinahe sechs volle Jahre verflossen, seit die Tyrannen Europens den ersten Gedanken zu dem wahnsinnigen Kreuzzug gegen ein Volk faßten, das den Mut hatte, seine Fesseln abzuschütteln und frei ward, weil es frei sein wollte. Ihr werdet euch noch, erinnern, daß damals schon einzeln edle und vernünftige Männer aufstanden, welche mit Freimut und Unerschrockenheit den Häuptern der Koalition voraussagten, daß sie bei dem Streite nichts gewinnen und ihre Torheit bereuen würden. Man mietete elende, verworfne Schreier, um euch zu überreden, jene edlen Männer seien Unruhestifter und bezahlt von Frankreichs Gelde, um einen Krieg zu hintertreiben, den die Franken, wie man wähnte, auszuhalten zu schwach wären. Ihr könnt jetzt selbst einsehen, daß man euch betrogen hat, und was würden wohl die Anführer dieses Kreuzzuges darum geben, wenn sie ihn ungeschehen machen könnten!

Ich wißt, daß die kleinen Prinzen im südlichen Deutschland (wenige vernünftige Fürsten ausgenommen, denen man vorwarf, sie seien keine deutschen Patrioten) sich zu der Koalition drängten. Der Kurfürst von Mainz stahl das kleine Restchen vollends, was den Witwen und Waisen, die diesem gesalbten Bösewicht ihr Alles anvertraut hatten, noch übriggeblieben war, um die ausgewanderten Auswürflinge Frankreichs zu traktieren. Ein anderer Fürst trieb geschwind die Soldaten zusammen, die er an England noch nicht verkauft hatte, und warf seinen Hühnerkorb voll Krieger zu der Masse, die gegen Frankreich marschieren sollte. Ein Dritter schickte eiligst einen Gliedermann von Minister zum Kongreß der mächtigen Verschwornen, welche sich über diese Miniaturkabinette aufhielten, inzwischen aber doch diesem Despoten über vier Quadratmeilen Landes die Ehre anzutun beschlossen, etwas Geld von ihm anzunehmen und ein paar ihrer Soldaten zur Gesellschaft totschießen zu lassen. So kam es denn, wie ihr wißt, daß Potentaten mit in die Koalition gegen Frankreich kamen, von denen man in Frankreich nie ein Wort gehört hatte und deren Ländchen man auf den Landkarten nicht finden konnte, weil vielleicht ein kleiner Tintenfleck diese Staaten überdeckt hatte. Der Schneider, welcher mit zwei Gesellen einige Stunden im Jahre daran gewendet hatte, um die Armee eines solchen Reichsstandes zu montieren, erhielt, eine Kabinettsordre, noch einen Jungen anzunehmen und in zweimal vierundzwanzig Stunden die, Uniformen fürs Triplum des Kontingents zu liefern, welches sehr bequem im kleinsten Stockwerk eines Hotel Gorai zu Paris hätte logieren können, ohnerachtet zwei Drittel davon aus Offizieren bestehen mochten. Das war denn freilich lächerlich.

Aber jeder vernünftige Mann müßte voraussehen, daß man diese kleinen Pierrots höherer- und allerhöchsterseits nicht im Ernste mit zur projektierten Teilung zulassen, sondern bloß ihr Land aussaugen wollte, und daß die mächtigen Häuser Preußen und Österreich schon damals darauf dachten, diese kleinen Despötchen am Ende zu verschlingen und sich in ihr Ländchen zu teilen. Und das war nicht lächerlich.

Jeder kleine Prinz glaubte, daß die französischen Jakobiner in seinem Lande ein paar hundert Agenten hielten, um dadurch eine Revolution daselbst zu stiften und das Gleichgewicht von Europa zu verändern. Daher beschäftigte sich mancher Duodez-Potentat mit der Jakobinerjagd wie jener römische Kaiser mit Fliegenfangen. Der eine, in dessen Staaten nie ein anderes Buch als die, Bibel und das Gesangbuch gekommen waren, verbot Weißens »Kinderfreund« als ein Buch voll gefährlicher Grundsätze. Der andre kündigte den Schnallen, die man auf der Seite des Schuhes trug, den Krieg an. Der dritte befahl, daß sich eine Gesellschaft, die aus einigen Honoratioren des Städtleins bestand, nicht mehr Klub nennen solle. Und ein vierter wandte sogar zwei Gulden an einen »Revolutions-Almanach«, um sich an den schön gewählten Küpferchen zu weiden und von Herrn Reichard in Gotha im nächsten Jährgang als ein großer deutscher Fürst gepriesen zu werden. Das war denn wieder sehr lächerlich.

Aber jeder elende Bube, der einen Privatgroll zu befriedigen hatte, verschwärzte seinen Feind mit leichter Mühe als Jakobiner und Unruhestifter, wenn dieser etwa sich über dergleichen Albernheiten einen Spott erlaubt hätte, die wahren Freunde der Fürsten wurden von ihnen entfernt, und nichtswürdige Schmeichler nahmen ihre Stelle ein, welche den Fürsten zu Torheiten und Verbrechen, zu immer größern Usurpationen verleiteten, und das war um so weniger lächerlich, da es auch in größern Staaten geschah. Man hatte Fürsten vorgesagt, daß Vernunft und Aufklärung allein Ursache an der fränkischen Revolution seien, daß man bloß einigen Gelehrten den Sturz der Bourbons zu verdanken habe und daß ein Fürst, um von seinem Untertanen geliebt zu werden, durchaus nicht gut regieren müsse, sondern um so fester stehe, je schlechter er sich aufführe und je mehr er seine Mitbürger mißhandle, das war im Grunde auch lächerlich, aber es wurde mehr als lächerlich, es wurde abscheulich, da diese Grundsätze wirklich in Ausübung übergingen und man überall die Lasten des Volks vermehrte, überall neue Ungerechtigkeiten zu den alten hinzufügte, um das – Mißvergnügen des Volks und seine Geneigtheit zu einer Änderung der Regierungsform zu verhindern.

Alles das lag freilich am Tage, aber man durfte es doch nicht sagen. Wenige wagten es, und unter diesen war auch ich. Ich bitte meine Leser, jetzt die kleine Schrift »Wahrheiten ohne Schminke«, das erste Stück des »Neuen grauen Ungeheuers«, namentlich den Aufsatz über Polens Teilung im Bezug auf Deutschland, durchzulesen. Man war ungerecht und blind genug, um da einen Feind der Fürsten und der Ordnung oder wohl gar einen Revolutionär zu erblicken, wo der Wunsch für Erhaltung des Friedens und der Reiche, der Wunsch selbst für Befestigung der Fürsten dem Verfasser die Feder geführt hatte. Welches waren die Hauptsätze, die ich, so deutlich und so überzeugend als ich es immer vermochte, aufzustellen und zu beweisen gesucht hatte? Folgende:

  1. Österreich und Preußen haben die Absicht, Frankreich, und wenn dies nicht gelingen kann, Deutschland unter sich zu teilen.
  2. Die kleinen Fürsten Deutschlands haben großes Interesse dabei, daß der Krieg gegen Frankreich aufhöre, können aber bei dem Kriege nie gewinnen.
  3. Es gibt soviel Fehler in der deutschen Konstitution, daß notwendig die kleinern Mächte von den größern verschlungen werden müssen, wenn sie sich nicht frühzeitig dagegen verwahren.
  4. Die Regierungssysteme unsrer meisten Fürsten sind dem Geiste der Zeit so unangemessen, daß in der Folge, wenn keine freiwillige Reformation erfolgt, notwendig eine Revolution entstehen muß, welche nicht durch jakobinische Einwirkungen, sondern von innern Fehlern hervorgebracht werden wird.
  5. Friede und freiwillige Verbesserung der Verfassungsmängel sind also die einzigen Mittel, einer Revolution in Deutschland zuvorzukommen, Krieg und Vermehrung des Drucks befördern sie. Also müssen
  6. die kleinern Reichsstände Deutschlands eine bewaffnete Neutralität gegen Österreich und Preußen und eine vernünftige politische Reformation der Reichsverfassung als das einzige Mittel ergreifen, sich selbst vom Untergang und ihre Staaten von der Unterjochung jener beiden Mächte und vielleicht von einer innern Revolution zu retten.

Mit der letztern sehe ich nun wohl, daß es keine Not hat, aber mit der erstern desto mehr. Aber im Ernste! Ich hatte damals noch von der Selbständigkeit und dem Freiheitssinn der Deutschen zu gute Begriffe, als daß ich hätte glauben können, sie würden sich, wie es oft geschieht, gleich einem Stücke Kuchen teilen, zerschneiden und von den großen Räubern einander zuwerfen lassen. Jetzt sehe ich wohl, daß die deutschen Völker noch weit unter den Italienern stehen. Sie zahlen heute dem Kaiser, morgen dem König von Preußen, machen heute Friede mit Frankreich und heben ihn morgen wieder auf, geben heute ihren Fürsten die Steuer, morgen dem Feind die Brandschatzung, übermorgen dem Könige Schutzgeld, einen Tag nachher dem Kaiser wieder Kontingent, lassen sich zwei Tage später von einem Dritten in Besitz nehmen und streiten noch mit Haus und Gut für die deutsche Konstitution, deren Hauptgrundsatz jetzt darin besteht »Raube, wer kann!« – doch davon weiter unten! – Ich fahre jetzt in meiner vorigen Abhandlung fort.

Ohnerachtet man schon im ersten Jahre des Krieges gegen Frankreich einsehen konnte, daß die Teilung dieses großen und schönen Landes unter die verschwornen Könige wohl nicht gelingen möchte, so muß man doch gestehen, daß die Kabinette sich nicht ohne List zeigten. Die große Frau im Norden, welche ihren Gemahl und den Prinzen Iwan erwürgt, einige hunderttausend Menschen geschlachtet, den Dolch auf ihren Sohn gezückt hatte, die Mörderin und Räuberin Katharina, welche die Augenblicke, in welchen sie sich nicht irgendeinem Sklaven preisgab, anwandte, um über neue Missetaten zu brüten, hatte den teuflischen Plan ausgedacht, die Freiheit durch sich selbst zu verderben. Eine Bande Bösewichter, angeführt von Pitts Freunde Marat, hatte sich verabredet, alle wahren Republikaner in Frankreich zu morden und die ausgezeichnetsten Bösewichter, Tollköpfe und Diebe an die Spitze der Regierung des neuen Freistaats zu setzen. Die Kunst der Höfe triumphierte auch lange genug über alle Anstrengungen der wahren Freiheitsfreunde, und die fremden Völker sahen nicht, daß Pitts Handlanger jetzt da saßen, wo anfänglich wahre Patrioten für Freiheit sprachen. Sie sahen nicht, daß Satan die Gestalt eines Engels des Lichts angenommen hatte, und die Tyrannen zeigten jetzt ihre eignen Freveltaten den staunenden Völkern und ruften: »Seht der Freiheit Früchte!« Die Deutschen, zu gutmütig, um nicht von diesem Blendwerk getäuscht zu werden, verkrochen sich und trugen gutwillig die immer sich vermehrenden Lasten des Kriegs, weil sie sich vor den Popanzen in Frankreich fürchteten.

Diese abscheuliche Politik, durch tausend innere Verrätereien anderer Art unterstützt, bewirkte bei den Verbündeten einige Vorteile. Valenciennes, Conde, Landrecy, Quesnoy, Toulon waren in ihren Händen, in der Vendée und in Lyon wütete der Bürgerkrieg, Straßburg und Landau waren bedroht. Da riefen alle Stimmen der Vernünftigen unsern Großen und den Völkern, die man zur Schlachtbank führte, zu: »Macht Friede, jeder Teil behalte seine alten Grenzen!« Aber die Volksfeinde aller Länder wollten nicht Friede, sondern Verderben und Rache! Die Völker zielten mit ihnen nach Rache, und hundert Stimmen (s. Reichards und Zimmermanns fliegende Blätter) riefen dem Publikum zu, daß nur deutsche Jakobiner jetzt Friede wollten, da die Franken bald ganz besiegt sein würden.

Plötzlich wandelte sich aber die Ansicht des politischen Zustandes von Europa. Der 9. Thermidor entfernte einen Teil der Bösewichter und Wahnsinnigen, die Frankreich den Mörderdolchen der Koalition preisgegeben hatten. Eine vernünftige Konstitution trat an die Stelle der Volks- oder vielmehr der englischen Söldlingstyrannei, Siege im Ausland waren die natürlichen Folgen dieser Siege im Innern, ein Glied der Koalition zog sich nach dem andern zurück, und nur der Kaiser, Abkömmling eines Hauses, welches, seit es den deutschen Kaiserthron besitzt, noch nicht zwanzig Jahre hat verstreichen lassen, ohne deutsche gegen deutsche oder deutsche gegen andre Völker zu führen, bleibt mit einer beispiellosen Hartnäckigkeit auf dem Kampfplatz, läßt sich von England besolden und zwingt das südliche Deutschland, mit ihm in einem Kriege zu beharren, den er ohne Rücksicht aufs Reich endigen wird, sobald er England und sein Interesse einigermaßen retten kann.

Auf der andern Seite hat sich der König von Preußen des nördlichen Teiles von Deutschland bemächtigt, zwar jetzt bloß als Schirmherr, aber sorgt nicht, arme Beschützte, denkt an Polen! Er wird sich teuer genug bezahlen lassen. Schon hat er Nürnberg, Eslingen, die Güter der Ritterschaft, in Besitz genommen, teils spekuliert er auf sie. Er ist einig mit Rußlands Kaiser, und Frankreich hat nicht Lust, sich vors erste seiner Vergrößerung zu widersetzen, Österreich kann ihm gegenwärtig nichts anhaben. – Die feemäßige Konstitution, für die soviel Blut vergossen worden ist, verliert sich, und Gewalt allein herrscht!

Aber, werden manche Deutsche vielleicht rufen: Wir spielen, zur Sklaverei gewohnt, die Rolle des Pferdes, dem es gleichviel ist, ob sein Herr in der Schlacht umkommt, weil der neue auch nichts weiter tun kann als es reiten und allenfalls peitschen: Kurzsichtige, schwache, sklavische Seelen! So hört denn, was weiter geschehen wird. Vielleicht glaubt ihr mir jetzt ebensowenig, als ihr mir vor zwei Jahren glaubtet, aber in zwei Jahren werdet ihr ebenso wohl sehn, daß ich gegenwärtig recht habe, als ihr jetzt seht, daß ich vor zwei Jahren recht hatte.

Ihr seid hoffentlich durch Erfahrung soweit mit der Politik bekannt, daß ihr wohl einsehen müßt, Österreich könne Preußens unverhältnismäßige Vergrößerung um so weniger mit günstigen Augen betrachten, da es mit jedem Tage sich mehr erschöpft. Inzwischen wird der Kaiser sich in diesem Kriege nicht leicht durch irgendeine Eroberung dafür entschädigen können. Denn Hartnäckigkeit allein schafft keine Soldaten und kein Geld, und die große Geldquelle, Pitts Bank, fängt an, sich zu verstopfen. Buonaparte wird die jetzt zusammengetriebnen Rekruten wahrlich nicht fürchten, und der Kaiser wird endlich den Verlust der Niederlande durch die Besitznehmung von Bayern zu ersetzen suchen.

Ehe aber diese Teilung erfolgt, habt ihr noch einen Übergang der Franken über den Rhein zu erwarten, zu welchem schon Befehl gegeben worden ist, indem ich dieses niederschreibe. Die Franken werden euch nicht revolutionieren – ich kann euch versichern, daß man daran nicht denkt sondern eure Länder soviel als möglich benutzen, um ihre Armeen gut zu verpflegen. Daß es bei dieser Benützung eben gar nicht schulgerecht hergeht, könnt ihr euch leicht denken, und das Diebsgesindel von Kommissarien wird euch wieder so schwer fallen als im vorigen Jahre.

Eure Fürsten werden, nachdem ihr die Kontributionen und Requisitionen des Feindes bezahlt habt, mit dem Direktorium Friede schließen, sich wieder wie im vorigen Jahre ihre Fürstenhütchen gegen starke Summen versichern lassen, welche Summen ihr ebenfalls zu bezahlen habt. Hierauf wird der Kaiser, wenn seine Truppen irgend einige Vorteile erfochten, den Frieden mit den Reichsfeinden für ungültig erklären, seinerseits brandschatzen und requirieren und euch einigen Haufen Kroaten und Ulanen auf Diskretion überlassen. Ihr werdet nicht wissen, ob ihr die Feinde oder die Freunde mehr zu fürchten habt, denn jeder wird euch aussaugen, solang es etwas zu saugen gibt. Und endlich – weil alles einmal ein Ende nehmen muß wird Friede, oder vielmehr ein Stillstand, durch die Teilung Deutschlands zwischen Preußen und Österreich erfolgen, wobei Hessen-Kassel auch nicht ganz vergessen werden möchte.

Aber euer Elend wird jetzt erst recht beginnen. Ich will euch nicht an die österreichische Mauth für geistige und körperliche Bedürfnisse, an die preußischen Religionsedikte, an den hessen-kasselischen Menschenverkauf etc. erinnern. Daran seid ihr gewohnt und man weiß schon, daß ihr ohne Murren nach Amerika geht, um euch totschlagen zu lassen, oder in die Kirche, um zu beten, wenn man auch nur dann und wann in einer Proklamation sagt, daß ihr biedere, treue Deutsche seid. Aber, weil euer Geld euch doch allen lieb ist, so bedenkt, daß ihr durch neue Auflagen folgendes zu bezahlen haben werdet:

  1. Die Pensionen eurer alten Landesväter, der säkularisierten geistlichen Fürsten, und ihr wißt, daß diese Herren eben nicht sehr wenig brauchen.
  2. Die alten, in der Eile aufgeborgten Summen, die dem Feinde und dem Kaiser bezahlt worden sind.
  3. Die Kosten der neuen Einrichtungen.
  4. Die Ausfüllungsmittel des Defizits in den kaiserlichen, königlichen und fürstlichen respektive allerhöchsten, höchsten und hohen Kassen, welche durch den Krieg geleert worden sind, und die Zinsen, welche der Kaiser Pitt schuldig ist.
  5. Die Ausgaben der respektive allerhöchsten, höchsten und hohen Hofhaltungen nebst den Hofhaltungen der Mätressen, der italienischen Flüchtlinge etc. – ein Artikel, der nicht unbedeutend ist, denn die Herrn werden sich auf so viele Mühseligkeiten zu erholen trachten.

Wenn ihr alles das endlich bezahlt, ausgefüllt und herbeigeschafft habt, so könnt ihr euch vielleicht einige Augenblicke ruhig befinden, den Umstand abgerechnet, daß sich eure bisherigen Abgaben um zwei Drittel vermehrt haben und daß ihr unter Regierungen steht, die euch durch die bekannten Mittel vor dem Jakobinismus zu bewahren suchen werden, das heißt durch den ärgsten Druck. Man wird Priestergewalt und Ansehen der Geistlichkeit soviel als möglich vermehren, um euch durch Pfaffen im Zaum zu halten. Man wird euch ins Gefängnis sperren, wenn ihr murrt, und euch den Kopf abschlagen, wenn ihr zu laut weint. Man wird euch nach Indien verkaufen, um die allzu starke Bevölkerung zu hemmen. Man wird das Wild auf euren Äckern hegen, um euch durch Nachtwachen abzumatten, und euch bei Tage zur Frone treiben. Man wird euch Staatsspione über den Kopf setzen, welche euch bei euren Mahlen, in eurem Hause und bis hinter die Gardinen des Ehebettes behorchen werden. Man wird eure Druckereien zerstören und Jesuiten zu Zensoren ernennen. Man wird Hunde abrichten, um diejenigen aufzuspüren, welche mit allen diesen Anstalten nicht zufrieden sind. Ihr, das Volk, welches einst einen Luther erzeugte, welches unter allen Völkern am meisten wahre Aufklärung besitzt, ihr, welchen Kant Philosophie und Moral lehrte, ihr, welche unter allen Völkern der Erde am meisten Neigung zu Grundsätzen der Sittenlehre und ihrer lebendigen Ausübung habt, werdet herabsinken tief unter die Spanier und Portugiesen. Noch kann diese Ruhe der Pest nicht lange währen, denn Preußen und Österreich werden, sobald es ihnen immer möglich ist, ihren alten Zwist wieder hervorsuchen. Ihr werdet wieder fechten, Brüder gegen Brüder, ein Spott der freiem Völker, verachtet von euch, vom Ausland, von euern Tyrannen selbst, die euch würgen. Wer kann euch bedauern? Niemand, denn ein Volk, das willig, bei eurer Kraft, bei euern Einsichten, am Sklavenjoch zieht, verdient nichts mehr, als Sklav zu sein. Mit Löwenmut fochten Österreichs Heere seit zehn Jahren ohne Unterlaß, schlecht geführt, immer unglücklich, für die Fehde ihrer Tyrannen. Die Hälfte dieser Kraft, dieser Beharrlichkeit für die Sache der Freiheit – und die Tyrannei würde von der Erde verschwunden sein.

Also mit allen diesen Leiden, mit allen diesen Aufopferungen werden Deutschlands Völker nichts gewonnen haben als Begründung ihrer alten Sklaverei und Erzeugung neuen Stoffs zu künftigen Kriegen. Die Frankreicher werden hingegen, ohnerachtet aller durch unglückliche Zufälle und den teuflischen Machiavellismus der Höfe hervorgebrachten, keineswegs aber aus der Natur der Revolution gekommenen Übel und Leiden groß, frei und mächtig neben ihnen dastehn. Schon jetzt, kaum den Stürmen der Revolution entgangen, sind die fränkischen Landleute wohlhabend und in manchen Gegenden sogar reich. Unsre Justiz ist so vortrefflich, daß selbst die hartnäckigsten Verteidiger der alten Ordnung der Dinge nicht umhinkönnen, Bewunderung und Beifall darüber zu bezeigen. Der Bürger Wohlstand mehrt sich mit jedem Tage, der Tagelöhner kann sich um die Hälfte dessen satt essen, was er, ohne allzu große Anstrengung, leicht verdienen kann. Die Franken kennen keine Frone, keine Jagdgerechtigkeiten, keine aus den finstern Zeiten der Leibeigenschaft herrührenden Abgaben mehr. Alles nähert sich mit jedem Tage der Vollkommenheit, und wenn sie noch laut schreien und klagen, so geschieht es bloß, weil noch nicht alles so vollkommen ist als es sein könnte. Aber schon dieses freimütige, laute Tadeln kann auch beweisen, daß sie unter keines Despoten Hand stehen. Was noch mehr wert ist: Krieg ist nicht mehr möglich, sobald sie vollends ihren Frieden erkämpft haben, der glorreich werden muß, das Treiben der Prinzen und Herren ist ihnen denn gleichgültig, und die Lust, sie anzugreifen, ist wohl euren Herren ziemlich benommen.

Wie? Und mein Vaterland allein sollte sich nie von der Erniedrigung erheben, in welche es Jahrhunderte von Sklaverei, in welche es seine unglückliche Zerstückelung, in welche es die Narrheit seiner Beherrscher und die übertriebene Geduld der Völker gestürzt haben? Ein Volk, dessen Ahnen einst die krieggewohnten Heere der Römer besiegten, sollte fernerhin noch beben vor einem Schwächling, dessen einzige elende Beschäftigung im Angeln ausgehungerter Fische besteht? Habsburgs mit Blut und Flüchen beladener Stamm, der, seit er auf dem Kaiserthrone sitzt; noch keine zwanzig Jahre hat verstreichen lassen, worin er nicht Brüder gegen Brüder waffnete, sollte ferner noch seine wahnsinnigen Verpflichtungen gegen England mit deutschem Blute abtragen? O mein Vaterland! Deine Jünglinge sollten noch fernerhin mit dem trügerischen Papier Pitts erkauft werden können, um bald in Afrikas Sandwüsten zu verschmachten, bald in Champagnens Heiden zu verwesen oder im Ardennengebirge den Vögeln des Himmels zum Raub zu werden? Ein Volk, dessen Weise sich mit den Weisen jedes andern Landes messen, dessen Krieger ihren Mut selbst für eine schlechte Sache, selbst von Knaben angeführt, nie verlieren, ein Volk, das einen Luther gebar und dem Stuhl von Rom die erste Wunde schlug, sollte fernerhin noch von Metzen geleitet, von Beichtvätern regiert, von unbärtigen Edelknaben zur Schlachtbank geführt werden? Der Italiener, der amphibienartige Holländer selbst sollten unsrer künftig spotten und der Name eines Deutschen im Munde aller freien Völker einen feigen Sklaven bezeichnen? Auswandern sollte jeder müssen, dem beim Worte »Vaterland und Freiheit« das Herz sich hebt, und fremde Völker um Gastrecht bitten, weil er nicht mehr unter Sklaven und Tyrannen hausen kann? Himmel und Erde! Nein! Das soll, das kann nicht sein. Lieber möge ein Erdbeben mein Vaterland vertilgen aus der Reihe der Länder und der Abgrund uns, unsre Schande und unsre Tyrannen verschlingen! –

Glaubt nicht, daß ich einer von jenen Aposteln sei, die Staatsumwälzungen predigen, um dabei zu gewinnen, oder die dem Wahn nachhängen, man könne Völker durch Missionarien zur Freiheit bekehren! Ein Volk frei machen wollen ist Wahnsinn. Eine Verfassung, welche für den Franken paßt, den Deutschen aufdringen zu wollen, ist Narrheit. Das Freiwerden eines Volks mit Carreriaden und Exekutionen in Masse verwechseln oder zu glauben, daß rote Mützen und Jakobinerklubs das Wesen einer Revolution ausmachen, ist eine Albernheit. Die Freiheit pflanzt sich nicht durch die Schelle im Nationalkonvent oder, wie ein Götzendienst, durch Zeremonien fort, und wenn der Kaiser Franz heute noch sein Haupt mit einer Jakobinermütze bedeckte, so würde er doch nichts sein als ein Tyrann. Also erwartet ja etwa keine Anpreisung dieser Dinge! Was ich euch zu empfehlen gedenke, ist eine Umwandlung andrer Art.

Bei dieser Umwandlung rechne ich auf keine Propaganda, auf keine fränkischen Freiheitsprediger, überhaupt nicht im geringsten auf den Beistand der Franken. Alles, was ihr im höchsten Falle von der fränkischen Regierung zu erwarten das Recht habt (und auch das wird noch Mühe kosten), ist, daß sie euch nicht hindert. Ihr seid blind genug gewesen, um euren feilen Schriftstellern bisher aufs Wort zu glauben, daß die Franken große Freude darüber haben würden, wenn an den Grenzen des Rheins eine Republik entstünde. Ihr habt euch getäuscht, und diejenigen unter euch, welche die Geschichte des Feldzugs vom Jahr 1796 näher kennen, werden euch mehr über diese Täuschung sagen können. Es gibt noch immer in Frankreich Leute von Einfluß, deren kleinliche Politik es lieber sieht, wenn sie kleine fürstliche Insekten und ausgemergelte Völker zu Nachbarn hat, als wenn sich nahe bei ihr eine mächtige Republik bildet. Aber, wenn ihr nur ernstlich wollt, wenn ihr nur zur Hälfte für eure Verbesserung den Mut und die Beharrlichkeit anwendet, welche ihr zeiget, indem ihr gegen die Franken und gegen euch selbst fochtet, so muß diese kleinliche Politik eurer Kraft weichen. Ihr sollt keinen fremden Beistand haben, ihr selbst müßt eure Freiheit erkämpfen, oder ihr verdient das Schicksal, das sonst eurer wartet.

Eben damals, als gedungene Denunzianten mich als einen Revolutionär verleumdeten, war niemand mehr gegen jede Art von Revolution in Deutschland als ich. Ich war gutmütig genug zu wähnen, daß die eisernen Ruten, mit welchen der Kaiser und der König von Preußen die Fürsten hauptsächlich des südlichen Deutschlands geißelten, diese endlich dahin bringen würden, einzusehen, daß sie nur die Wahl zwischen einer vernünftigen Föderation gegen diese beiden Mächte oder zwischen der Aussicht hätten, Vasallen von Österreich und von Preußen oder ganz und gar von ihnen verschlungen zu werden. Eine bewaffnete Neutralität, eine zweckmäßige Änderung der alten, unbrauchbaren Konstitution, vernünftige Regierungsgrundsätze, Zusammenberufung der Landstände und Herstellung derselben, wo sie unterdrückt sind, die Wahl eines nicht ganz unmächtigen Prinzen zum Oberhaupte des südlichen Deutsehlands, Säkularisation der geistlichen Stifter – das hätte damals den Süden Deutschlands retten und eine glückliche Reformation in unsere Konstitution begründen können. Meine Hoffnung war unbegründet. Das Übel ist erfolgt, Flicken hilft nichts mehr, es muß entweder ein ernsthafter Streich gewagt werden, oder Deutschlands Völker müssen sich mit Resignation das Schicksal gefallen lassen, welches ihrer wartet. Es muß im südlichen Deutschland eine Revolution ausbrechen.

Bei dem Worte Revolution möchtet ihr mir etwa an Laternenpfähle, an Ersäufung und Verjagung der Priester, an Zerstörung der Kirchen, an Guillotinieren und der Himmel weiß an was alles denken, und das wäre mir nicht lieb. Alle diese Dinge haben mit dem Begriffe einer Revolution nichts gemein, sowenig als ein Autodafé mit einer Messe, weil man ehemals Messen las, wenn man die Ketzer verbrannte. Bei der Revolution, welche sich von dem reifern Geiste der Deutschen erwarten läßt, könnt ihr (wenn ihr nicht etwa bei den Hinrichtungen eurer Missetäter die Guillotine deswegen wählen wollt, weil sie sicherer trifft als das Schwert des Henkers) alle Ausgaben für diese Maschine ersparen. Eure Regierungskollegien können bleiben, die schlechten Räte ausgenommen, die ihr selbst abschaffen wollt. Ihr könnt Messen hören, wenn ihr Lust habt, wie bisher. Eure Edelleute können ihr liebes »von« ferner vor ihre Namen setzen, wenn sie es nicht freiwillig weglassen wollen, nur müssen sie sich gefallen lassen, auf ihre Stifter, auf ihre Majoritätsrechte und hauptsächlich auf das Recht Verzicht zu tun, mir ihren Sprößlingen alle wichtigen und einträglichen Staatsämter zu besetzen. Sie werden sich in reiche Güterbesitzer verwandeln und mit ihren Mitbürgern einen Vergleich wegen der Frone etc. einzugehn sich gefallen lassen müssen. Noch mehr! Ihr könnt im Notfall statt euren Fürsten, denen übrigens kein Haar gekrümmt werden wird, wenn sie nicht Verrätereien anzetteln, einen Gliedermann aus einem großen deutschen Hause haben, den ihr Direktor, Prorektor oder, wenn ihr lieber wollt, König und ihre Majestät nennen könnt, weil ihr doch an einen solchen Gliedermann euer Herz gehängt zu haben scheint.

Diese neuen Einrichtungen werden übrigens es dahin bringen, daß ihr nicht mehr Pfälzer, Bayern, Württemberger, Badenser etc., sondern Deutsche heißt, daß der oder die, denen ihr eure Souveränität übertrugt, nichts tun kann, was nicht ein vom Volke (nicht vom Pöbel des Hofs oder der Städte) gewählter Rat nach Gesetzen beschlossen hat, daß ihr nicht mehr verkauft werdet, daß der Kaiser euch nicht mehr zum Kriege zwingen kann, daß jeder von euch das Recht erlangt, seine Meinung über Dinge bekanntzumachen, die euer Leben oder doch euren Beutel angehen, daß nicht ein hochwohlgeborner Taugenichts nur Fürst und euer klug und brav geborner Sohn höchstens des Fürsten Kammerdiener werden kann etc., kurz, daß ihr einer wahren, vernünftigen Freiheit genießt und eine deutsche Konstitution besitzt.

Denn, ohnerachtet ihr seit sechs Jahren für ein Vernunftwesen dieses Namens zur Schlachtbank getrieben worden seid, so werdet ihr mir doch erlauben, euch zu sagen, daß ihr in der vollkommensten Anarchie lebt. Selbst unter Robespierre war bei den Franken zwar mehr Tyrannei, aber weniger Anarchie als bei euch. Denn wenn der König von Preußen, Eßlingen oder Nürnberg oder ein Gut der Reichsritterschaft in Besitz nehmen will, auf das er nicht mehr Recht hat als ich, so seht ihr wohl, daß ihn die Goldne Bulle und der Konkommissarius in Regensburg nebst dem ganzen Reichshofrat nicht daran verhindert, und ebensowenig bekümmert sich der Kaiser um die Rechte der einzelnen deutschen Fürsten und ihre sogenannte Landeshoheit. Sollte es einem Von euch Privatleuten einfallen, sich gegen einen solchen Eingriff in die deutsche Verfassung zu erheben, so wirft man ihn in ein Loch, worin er weder Sonn' noch Mond sieht und damit basta! Er mag dann die deutsche Verfassung oder, wie Lafayette, das Völkerrecht anrufen, der Kerkermeister lacht seiner Deklamation, und seine Klage schallt nicht über seines Grabes tränenfeuchte Mauern.

Daß der Übergang aus einem solchen Zustand der Unterdrückung und Herabwürdigung zu einer gesetzlichen, auf einem vernünftigen Vortrag beruhenden Verfassung ein Glück sei, daß es besser sei, vom Gesetz und von Männern, deren Einsichten und guten Willen der größere Teil der Nation schätzt, nach Grundsätzen regiert zu werden, als unter der Willkür eines einzigen zu stehen, der, wie Friedrich der Große richtig bemerkt hat, der Regel nach gerade der Elendeste und Schwächste, oft auch der Hartnäckigste und Bösartigste unter allen Staatsbürgern ist, als vererbt zu werden wie eine Herde, als verkauft zu werden ans Ausland, wenn etwa eine neue Kaskade zur Unterhaltung der Mätresse des Selbstherrschers gebaut werden soll, – das ist wohl keine Frage.

Wer aber glaubt, daß dieser Übergang ohne Anstrengung erreicht wird, daß die Freiheitsbürger angeflogen kommen wie die Wachteln ins Lager der Israeliten, oder daß die Inhaber der ungesetzlichen Gewalt sich selbst in vernünftige Obrigkeiten verwandeln werden, der ist ein Tor, und wer den Tod im schönsten Freiheitskampf scheut, ein Feiger, denn:

»Wer nicht für Freiheit sterben kann,
Der ist der Kette wert,
Ihn peitsche Pfaff und Edelmann
Um seinen eignen Herd.«

Übrigens, sobald ein Volk ernstlich frei werden will, vermag keine Macht, weder im Himmel noch auf Erden, es länger in der Sklaverei zu erhalten, am allerwenigsten ein Volk, bei dem so viele Kraft und so viele Aufklärung anzutreffen ist als in Deutschland. Denkt an Amerikas Beispiel, denkt an Frankreich! Fürchtet euch nicht vor Robespierren, auf eurem kalten Boden gedeihen solche Geschöpfe sowenig als Klapperschlangen in Sibirien. Auch wäre es nur eure Schuld, wenn ihr die Fehde der Franken nicht benutzen wolltet, um ähnliche zu vermeiden. Zu einer Revolution gehören Herzen, Arme und Geld. Die ersten, hoff ich, sollen euch nicht fehlen, Geld braucht ihr nicht soviel, als ihr ohne Revolution bald nötig haben werdet, um die Lücken auszufüllen, welche dieser Krieg in den Kassen eurer Fürsten gemacht hat. Kanonen und Flinten werden euch nicht fehlen, sobald ihr sie nur wollt und deren bedürfen solltet.

Ihr seht, daß dieser Entwurf auf nichts weniger als Republikanisation geht, ihr werdet auch begriffen haben, daß sich der neue Staat nicht weiter als vom rechten Rheinufer an bis an Frankens Grenzen erstrecken wird und daß zunächst bloß Schwaben, die Pfalz, Breisgau, Bayern etc. dabei gemeint sind. Es steht nun bei euch, erst die wichtige Frage zu überlegen, ob ihr den Übergang von eurer jetzigen Anarchie zu einer gesetzmäßigen Verfassung mit aller Kraft erringen wollt. Wie ihr diesen Übergang erringen könnet, welche Verfassung euch. die angemessenste sein möchte, wo ihr alle gewaltsamen Kämpfe dieses Übergangs soviel als möglich vermeiden könnt, wie ihr es anzustellen habt, um weder von Frankreich noch von Preußen gehindert zu werden – diese Fragen kann ich freilich nur zum Teil öffentlich abhandeln, da sie mehr für geheime Negoziationen passen. Was ich inzwischen jetzt schon laut sagen kann und darf, werde ich euch in den nächsten Nummern der Laterne nach bester Einsicht mitteilen.


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