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Achtes Kapitel

Späteres Mittelalter

Idee des Kaisertums

Den Kaiser betrachtete man vor allem als den obersten Lehnsherrn, der dem Besitztum die Weihe der höchsten Bestätigung verleihe: als den obersten Gerichtsherrn, von dem, wie man sich ausdrückte, alle Gerichtszwänge entsprießen. Es ist sehr eigen, zu beobachten, wie Friedrich III., keineswegs dem mächtigsten Fürsten des Reiches, die Wahl kundgetan wird, die auf ihn gefallen ist, und wie darauf sogleich das Verhältnis sich umkehrt, und »Seine Königliche Großmächtigkeit« denen, die ihn erhoben, die Bestätigung in ihre Rechte und Würden zusagt [1440]. Alles eilt, seine Privilegien und Besitztümer von ihm anerkennen zu lassen; die Städte huldigen ihm nicht, ehe das geschehen ist. Auf seiner höchsten Gewährleistung beruht das Gefühl des gesetzlichen sicheren Bestehens, dessen der Mensch, vor allem der Deutsche, nun einmal bedarf. »Nimm uns die Rechte des Kaisers,« heißt es in einem Gesetzbuch jener Zeit: »und wer kann noch sagen: dieses Haus ist mein, dieses Dorf gehört mir an!« Wahr und tiefsinnig! Eben darum aber darf der Kaiser Rechte, als deren Quelle er betrachtet wird, nun nicht etwa mit freier Willkür verwalten. Er mag sie vergeben: selbst ausüben darf er sie nur innerhalb der von dem Herkommen und der Übermacht seiner Untertanen gezogenen engen Schranken. Obwohl alle weltliche Jurisdiktion auf ihn zurückgeführt wurde, so fand doch kein Gericht zweifelhafteren Gehorsam als eben das seine.

Man hatte es beinahe in Vergessenheit geraten lassen, daß es eine königliche Gewalt in Deutschland gebe; auch dieser Titel war abgekommen; schon Heinrich VII. [1308 bis 1313] hielt es für eine Beleidigung, wenn man ihn König von Deutschland nannte, und nicht, wie er vor aller Krönung genannt zu werden das Recht hatte, König der Römer. Man betrachtete auch in dem fünfzehnten Jahrhundert den Kaiser vor allen Dingen als den Nachfolger der altrömischen Cäsaren, deren Würde und Recht erst an die Griechen, dann in Karl und Otto den Großen auf die Deutschen übergegangen, als das eigentliche weltliche Oberhaupt der Christenheit. Kaiser Siegmund befahl, seine Leiche einige Tage zu zeigen, damit jedermann sehen möge, daß »all der Welt Herr tot und gestorben sei«. »Wir haben«, schreiben die Kurfürsten 1440 an Friedrich III., »Ew. Kön. Gnade zu einem Haupt, Schützer und Vogt der ganzen Christenheit erwählt«: sie sprechen die Hoffnung aus, daß das der römischen Kirche, der ganzen Christenheit, dem heiligen Reiche und gemeinen Christenleuten nützlich sein solle. Selbst ein fremder König, Wladislaw von Polen, preist den Erwählten glücklich, daß er das Diadem der Monarchie der Welt empfangen werde. In Deutschland war man unbedenklich der Meinung, daß auch die übrigen christlichen Könige, namentlich von England, Spanien und von Frankreich, dem Kaisertum von Rechts wegen unterworfen seien, und nur darüber im Streit, ob ihr Ungehorsam entschuldigt werden könne oder als sündlich betrachtet werden müsse. Die Engländer suchten nachzuweisen, daß sie seit Einführung des Christentums nicht unter dem Reich gestanden. Die Deutschen dagegen taten nicht allein, was auch die anderen zu tun schuldig gewesen wären, und erkannten das heilige Reich an; sondern sie hatten die Befugnis an sich gebracht, demselben sein Oberhaupt zu geben, und man hegte die sonderbare Meinung, die Kurfürsten seien in die Rechte des römischen Senates und Volkes getreten. So drückten sie sich in dem dreizehnten Jahrhundert selbst einmal aus. »Wir,« sagen sie, »die wir des römischen Senates Stelle einnehmen, die wir als die Väter und die Leuchten des Reiches gelten.« In dem fünfzehnten Jahrhundert wiederholte man diese Meinung. »Die Deutschen,« heißt es in einem Entwurf zur Abstellung der Beschwerden des Reiches, »welche die Würde des römischen Reiches und deshalb die Obrigkeit aller Lande an sich gebracht haben«. Wenn die Kurfürsten zur Wahl schritten, so schwuren sie, »nach bester Vernunft küren zu wollen das weltlich Haupt christlichem Volk; d. i. einen römischen König und künftigen Kaiser«. Dazu salbte und krönte den Erwählten der Kurfürst zu Köln, dem dieses Recht diesseit der Alpen zustand. Selbst auf dem Stuhl zu Rense leistete der König dem römischen Reiche den Eid.

Es leuchtet ein, wie in einem so durchaus anderen Verhältnis die Deutschen zu dem Kaiser standen, der aus ihrer Mitte durch ihre Wahl zu dieser hohen Würde emporstieg, als auch die mächtigsten Großen in anderen Reichen zu ihrem natürlichen, erblichen Herrn und Gebieter. Die kaiserliche Würde, aller unmittelbar eingreifenden Macht entkleidet, hat eigentlich nur für die Ideen Bedeutung. Sie gibt dem Rechte seine lebendige Gewähr, dem Gerichte seine höchste Berechtigung, dem deutschen Fürstentum seine Stellung in der Welt. Sie hat etwas für diese Zeit Unentbehrliches, Heiliges. Offenbar ist sie dem Papsttum gleichartig und hat mit demselben den innigsten Zusammenhang.

Die Reichsfürsten.

Einen überaus großartigen Einfluß haben die deutschen Fürsten von jeher ausgeübt.

Zuerst war das Kaisertum aus ihrer Mitte mit ihrer Hilfe zu seiner Gewalt aufgestiegen; dann hatten sie die Emanzipation des Papsttums, die zugleich ihre eigene war, unterstützt; jetzt standen sie beiden gegenüber. So sehr sie auch noch an der Idee von Kaisertum und Papsttum festhielten, davon durchdrungen waren, so war doch dabei ihr Sinn, die Eingriffe so gut des einen wie des anderen abzuwehren; ihre Macht war bereits so selbständig, daß sich Kaiser und Papst gegen sie zu verbinden für nötig hielten.

Fragen wir, wer sie waren, diese Großen, worauf ihre Macht beruhte, so zeigt sich, daß, nach langem Keimen und Wachsen, in dem fünfzehnten Jahrhundert das weltliche Erbfürstentum mächtig emporkam und, wenn wir so sagen dürfen, nachdem es seine Wurzeln lange in die Tiefe gesenkt, jetzt seine Wipfel über alle niedrigeren Gewächse frei in die Lüfte zu erheben begann.

Alle die mächtigen Häuser, die seitdem die Gewalt gehabt, nahmen damals ihre Stellung ein.

In dem östlichen Norddeutschland traten die Hohenzollern auf: in einem ganz zerrütteten Lande, aber mit einer so besonnenen Kraft und entschlossenen Umsicht, daß es ihnen in kurzem gelang, die Nachbarn in ihre alten Grenzen zurückzuweisen, die Marken zu beruhigen und wiederzuvereinigen, die dort sehr eigentümlichen Grundlagen der fürstlichen Macht wiederzugewinnen und zu beleben.

Neben ihnen erhob sich das Haus Wettin durch die Erwerbung der sächsischen Kurlande in den höchsten Rang der Reichsfürsten und in den Zenit seiner Macht. Es besaß wohl das zugleich ausgebreitetste und blühendste deutsche Fürstentum, solange die Brüder Ernst und Albrecht zu Dresden einträchtig Hof hielten und gemeinschaftlich regierten: auch als sie teilten, blieben beide Linien noch ansehnlich genug, um in den Angelegenheiten von Deutschland, ja von Europa, eine Rolle zu spielen.

In der Pfalz erschien Friedrich der Siegreiche. Man muß das lange Verzeichnis der Schlösser, Gebiete und Güter lesen, die er bald durch Eroberung, bald durch Kauf und Vertrag, denen aber seine Überlegenheit in den Waffen erst rechten Nachdruck gab, allen seinen Nachbarn abgewann, um zu sehen, was ein deutscher Fürst damals ausrichten, wie er sich Raum machen konnte.

Friedlichere Erwerbungen machte Hessen. Durch den Anfall von Ziegenhain und Nidda, vor allem von Katzenelnbogen, einer sorgfältig gepflegten blühenden Landschaft, von welcher die alten Grafen nie ein Dorf, nie ein Gut weder durch Fehde noch durch Kauf hatten abkommen lassen, erlangte es einen Zuwachs, der seinem alten Bestande beinahe gleichkam.

Und ein ähnlicher Geist der Ausbreitung und Zusammenschmelzung war auch an vielen anderen Orten lebendig. Jülich und Berg vereinigten sich. Bayern-Landshut ward durch seine Verbindung mit Ingolstadt mächtig: in Bayern-München behauptete Albrecht der Weise nicht ohne Gewaltsamkeit, die aber diesmal wenigstens in ihren Folgen wohltätig ward, die Einheit des Landes unter den schwierigsten Umständen. Auch in Württemberg verschmolz die Menge der getrennten Besitztümer allmählich in eine Landschaft, in die Gestalt eines deutschen Fürstentumes.

Noch bildeten sich neue Territorialgewalten aus. In Ostfriesland erschien endlich ein Häuptling, vor welchem alle übrigen sich beugten, Junker Ulrich Cirksena, mächtig durch seines Bruders, seines Vaters und seine eigenen Erwerbungen. Auch die Anhänger des alten Fokko Uken, die ihm noch entgegen waren, gewann er, indem er sich mit dessen Enkelin Theta vermählte. Hierauf ward er im Jahre 1463 zu Emden feierlich zum Grafen ausgerufen. Hauptsächlich war es Theta, die dann in 28jähriger Alleinregierung die Herrschaft zu befestigen wußte: eine schöne Frau, blaß von Gesicht, mit rabenschwarzem Haar und feurigen Augen, wie ihr Bildnis sie zeigt; vor allem aber von einem zur Herrschaft geeigneten großen Verstande, wie ihr Tun und Lassen bewiesen hat.

Schon erhoben sich deutsche Fürsten auf auswärtige Throne. Im Jahre 1448 unterzeichnete Christian I. Graf von Oldenburg die Handfeste, die ihn zum König von Dänemark machte; 1450 ward er zu Drontheim mit S. Olafs Krone gekrönt; 1457 unterwarfen sich ihm die Schweden; 1460 huldigte ihm Holstein, das dann für ihn zu einem deutschen Herzogtum erhoben wurde. Wohl waren diese Erwerbungen nicht von so fester und zuverlässiger Natur, wie es anfangs scheinen mochte, auf jeden Fall aber gaben sie einem deutschen Fürstenhaus eine ganz neue Stellung zu Deutschland und Europa.

Es war, wie man sieht, nicht allein der stille Gang der Dinge, die geräuschlose Fortentwicklung staatsrechtlicher Verhältnisse, wodurch das Fürstentum emporkam: es war hauptsächlich geschickte Politik, glücklicher Krieg, die Macht gewaltiger Persönlichkeiten. Noch besaß jedoch das weltliche Fürstentum keineswegs die volle Herrschaft; noch war es in unaufhörlichem Wettstreit mit den anderen Reichsgewalten begriffen.

Da waren zuerst die geistlichen Fürstentümer – von ähnlicher Berechtigung und innerer Ausbildung, in der Hierarchie des Reiches sogar im Besitze des höheren Ranges –, in welchen die Herren von hohem oder auch von niederem Adel die Kapitel einnahmen und die oberen Stellen besetzten. In dem fünfzehnten Jahrhundert fing man zwar allenthalben an, die bischöflichen Würden auf die jüngeren Söhne aus den fürstlichen Häusern zu übertragen; der römische Hof selbst begünstigte dies, indem er der Meinung war, daß nur die Autorität der Macht imstande sei, die Kapitel in Ordnung zu halten; allein weder war dies allgemein geworden noch gab das geistliche Fürstentum darum sein eigenes Prinzip auf.

Es blühte ferner ein zahlreicher Herrenstand, der seine Lehen mit der Fahne empfing wie die Fürsten, mit ihnen zu Gericht sitzen konnte; ja, es gab noch Geschlechter, die sich alle die Zeiten daher außerhalb des allgemeinen Lehenverbandes gehalten, welcher die Grundlage des Staates war, die ihre Güter von Gott und dem heiligen Element der Sonne zu Lehen nahmen. Sie waren von dem Fürstentum verdunkelt, aber genossen noch ihre volle Selbständigkeit.

Reichsritter.

An diese schloß sich eine mächtige Reichsritterschaft an, die überall am Rhein, in Schwaben und Franken ihre Burgen hatte, in stolzer Einsamkeit, mitten in den Wildnissen der Natur, in einer unbezwinglichen Umgürtung von tiefen Gräben und bei vierundzwanzig Schuh dicken Mauern, wo sie jeder Gewalt trotzen konnte: eben tat sie sich in festere Genossenschaften zusammen. Ein anderer Teil des Adels, namentlich in den östlichen, den kolonisierten Fürstentümern, in Pommern und Mecklenburg, Meißen und den Marken, war dagegen zu unzweifelhafter Untertänigkeit gebracht; obgleich auch dies, wie man aus dem Beispiel der Priegnitz sieht, nicht ohne Mühe und Kampf geschehen war. Und noch eine dritte Klasse gab es, die sich der Landsässigkeit fortwährend erwehrte, Craichgauer und Mortenauer wollten die pfälzische, die Bökler und Löwenritter die bayerische Oberherrlichkeit nicht anerkennen; es findet sich wohl, daß die Kurfürsten von Mainz und von Trier bei einer Austrägalbestimmung gleich im voraus fürchten, ihr Adel werde sich weigern, derselben zu folgen, und für diesen Fall nichts anderes zu beschließen wissen, als daß auch sie der Widerspenstigen sich entschlagen und ihnen ihren Schirm entziehen wollen. Es scheint hier und da, als sei die Untertänigkeit nur noch ein Bundesverhältnis.

Städte.

Und noch unabhängiger erhielten sich diesem gesamten Herrenstande, der für sie nur ein einziger war, gegenüber, die auf einem ganz anderen Prinzip beruhenden und unter unaufhörlicher Anfeindung emporgekommenen Städte. Es ist ein sonderbarer Anblick, diese alte Feindseligkeit noch immer alle deutschen Provinzen umfassen, aber sich in jeder auf eine andere Weise gestalten zu sehen. In Preußen bildete sich aus der Opposition der Städte der große Bund des Landes gegen die Herrschaft, welche hier der Orden in Händen hatte. An den wendischen Küsten war dann der Mittelpunkt der Hanse, von der die Macht der skandinavischen Könige, wieviel mehr der umwohnenden deutschen Fürsten in Schatten trat und niedergehalten wurde. Aber der Herzog von Pommern selbst erschrak, als er einst Heinrich dem Älteren von Braunschweig zu Hilfe kam und hier inne wurde, von wie mächtigen enge vereinten Städten sein Freund allenthalben umgeben, gefesselt war. An dem Rhein finden wir ein unaufhörliches Ringen um die munizipale Unabhängigkeit, welche die Hauptstädte in den Stiftern in Anspruch nehmen und die Kurfürsten ihnen nicht gestatten wollen. In Franken setzte sich Nürnberg der emporsteigenden Macht von Brandenburg nicht minder gewaltig um sich greifend entgegen. Dann folgt in Schwaben und an der oberen Donau der eigentliche Schauplatz reichsstädtischer Kämpfe und Bündnisse, wider Ritter, Herren, Prälaten und Fürsten, die einander hier noch am nächsten standen. In den oberen Landen hatte sich die wider Österreich gestiftete Eidgenossenschaft bereits zu einer festen Landesverfassung und dem Genusse einer beinahe vollständigen Unabhängigkeit erweitert. Überall finden wir andere Verhältnisse, andere Ansprüche und Streitigkeiten, andere Mittel des Kampfes; aber überall hält man sich mit einer jeden Augenblick in Flammen zu setzenden Feindseligkeit gleichsam umfaßt, umspannt, zum Kampfe fertig. Noch immer konnte die Meinung auftauchen, als werde in diesen Gegensätzen das städtische Prinzip am Ende vielleicht doch noch die Oberhand erlangen, und dem Herrenstand ebenso verderblich werden wie dieser dem Kaisertum.

Fehde.

Bei diesem Gegeneinanderlaufen aller lebendigen Bestrebungen und Kräfte, bei der Entfernung und Machtlosigkeit des Oberhauptes, und da sich auch unter den Zusammengehörenden, Natürlich-Verbündeten Entzweiungen nicht vermeiden ließen, mußte ein Zustand eintreten, dessen Anblick etwas Chaotisches hat: es waren die Zeiten der allgemeinen Fehde. Die Fehde ist ein Mittelding zwischen Duell und Krieg. Jede Beleidigung und Verletzung führt nach einigen Formalitäten zu der Erklärung an den Gegner, daß man sein, seiner Helfer und Helfershelfer Feind sein wolle. Die Reichsgewalten fühlen sich so wenig vermögend, dem zu steuern, daß sie nur Beschränkungen festzusetzen suchen und in ihren bedingten Verboten doch zugleich wieder die Erlaubnis aussprechen. Das Recht, das sich sonst nur die oberherrlichen, unabhängigen Mächte vorbehalten, zu den Waffen zu greifen, wenn es kein Mittel des Vergleiches mehr gibt, war in Deutschland auch in die unteren Kreise vorgedrungen und ward hier von Herren und Städten gegeneinander, von Untertanen gegen ihre Herrschaften, ja von einzelnen Privatleuten, so weit ihre Verbindungen und Kräfte reichten, in Anspruch genommen ...

Handel und städtische Kultur.

Der Großhandel bedingte für die, welche ihn betrieben, eine eigentümliche Stellung, die sich vornehmlich dadurch dokumentierte, daß sie auswärts eine besondere Repräsentation besaßen. Im Orient und in Italien bildeten sich landsmannschaftliche Genossenschaften der fremden Kaufleute aus in geschlossenen Räumen unter ihren Konsuln. Einen anderen Charakter bekamen die niederdeutschen Niederlassungen im Norden. In London erscheint eine Handelsgesellschaft zuerst unter dem Namen der Hansa bereits im 12. Jahrhundert: die Kaufleute aus Köln, heißt es, haben ihre Hansa. Die übrigen schlossen sich dann an die Kölner an. Schon 1260 erscheint ein Aldermann der deutschen Kaufleute in London; ihr Haus wird als deutscher Hof – später Stahlhof – bezeichnet, der jedoch nur einen Teil der Gesamtniederlassung bildete. Dem deutschen Aldermann stand ein englischer zur Seite, der für das Schuldenwesen zu sorgen hatte. Ein anderer Hauptplatz des Handelsverkehrs und der Niederlassung war Brügge in Flandern. Neben den flandrischen hatten in Spanien auch die Kaufleute des römischen Reichs ihre Ansiedlung; so auch in Paris. In Wisby auf Gotland bildeten die Deutschen eine eigene Kommunität. Eine andere Ansiedlung, mit den übrigen in enger Verbindung, war zu Bergen in Norwegen. In Oberdeutschland unterscheidet man die Kaufleute, die auf den Straßen und auf dem Wasser fahren, also Import und Export treiben, von den übrigen. Sie sind nicht überall Vollbürger, aber ihre Institute hatten doch den größten Einfluß.

Der eigentliche Bund der Hansa ging hauptsächlich von Lübeck aus. Lübeck, vom Grafen Adolf I. von Holstein gegründet [1143], erweckte früh die Eifersucht Heinrichs des Löwen, der den Handel anfangs nach Bardewiek zu ziehen suchte, später aber die Stadt sich abtreten ließ und ihr eine Verfassung gab, wie sie Soest hatte. Selbständig bildete Lübeck aber das Privatrecht aus, welches unter dem Namen des lübischen so berühmt geworden ist. Die Stadt hatte unter der Anführung ihres Bürgermeisters Alexander von Soltwedel bei Bornhöved mitgestritten und setzte diese Fehde auch seitdem noch fort. 1234 haben die Lübecker bereits die Dänen zur See geschlagen; sie führten ein erbeutetes Schiff als Siegeszeichen mit sich fort. In kurzem haben sie das Übergewicht, und gar bald plündern sie Kopenhagen. Hierdurch ward Lübeck in der Ostsee außerordentlich mächtig. Es wird eben dadurch ein Mittelpunkt mannigfaltiger und immer wachsender Bedürfnisse. Der erste Vertrag, den man urkundlich kennt, ist der bereits erwähnte zwischen Lübeck und Hamburg von 1241, hauptsächlich darauf berechnet, den Weg zwischen beiden Städten, auch das Meer von der Mündung der Trave bis zur Mündung der Elbe und die Fahrt diesen Strom hinauf auf gemeinschaftliche Kosten in Sicherheit zu halten; denn in dieser Herrschaft über die See liegt gerade die vornehmste Schwierigkeit. Von demselben Jahre findet sich auch ein Freundschaftsbündnis zwischen Lübeck und Soest. 1256 ist diese Art der Verbindung schon sehr weit gediehen. Wir finden einen Vertrag erwähnt, dessen Urkunde indes leider nicht zu finden ist, nach welchem eine Verbindung zwischen den westfälischen Städten und den niedersächsischen Bremen und Stade, ferner Hamburg und Lübeck zu gemeinschaftlicher Hilfsleistung besteht. Die Kolonisation des Ostens entwickelte dann hier eine städtische Verbindung, die bis nach der Düna geht.

Nun hatte sich, wie wir sahen, am Rhein auch Köln zu einem gewissen Seehandel erhoben. Die Kölner fuhren stromab in die Waal und benutzten besonders den Dordrechter Hafen. Wir finden sie auch tätig in dem vortrefflichen Becken von Antwerpen mit seinem zu Handelsgeschäften sehr geeigneten Hafen. Von dem großen Markt zu Brügge hat sich dann ihr Handel nach London ausgebreitet, wo sie eine Niederlage hatten in der Oberthemsestraße, unmittelbar am Fluß. Von 1267 ist eine Urkunde vorhanden, worin die kölnischen Kaufleute in ihren alten Rechten bestätigt werden. Viele andere deutsche Städte schlossen sich ihnen an. Darauf geschah, daß auch die baltischen Städte in Verkehr mit England traten. Ihre westdeutschen Landsleute suchten sie zu verdrängen trotz eines Privilegs, das sie von Friedrich II. erworben hatten. Allmählich aber setzten sich die Lübecker durch und erhoben sich zu einer eigenen Hansa, die sodann, da sie nicht mehr zu verdrängen war, mit der kölnischen verschmolz. Hansa war der Name für bevorrechtete Handelsgesellschaften; schon die Kölner führten diesen Namen. Nach der Vereinigung entstand die Hansa der Deutschen 1282. In verschiedenen Städten findet man einen Hansegrafen. Was die Handelsgesellschaft vereinigte, waren gemeinschaftliche Privilegien, welche sie sich erwarben, besonders Freiheit der Einfuhr und Ausfuhr nach geringen Zollsätzen und eigene Gerichtsbarkeit, ferner kriegerisches Geleit zu sicherer Warenbeförderung zu Wasser und zu Lande.

Noch im Jahre 1303 wendet sich die deutsche Kaufmannsgilde zu London an einzelne Städte, um irgendeine Maßregel von ihnen auszuwirken. Vom Anfang des 14. Jahrhunderts, unglücklicherweise unbestimmt von welchem Jahre, existiert ein Einladungsschreiben von Lübeck an Osnabrück zu einer Zusammenkunft, um über gewisse Beschwerden, die von Brügge eingelaufen sind, zu entscheiden. Im Jahre 1330 finden wir zuerst in einer Urkunde den Namen Hansestädte, welcher eigentlich die Verbindung jener beiden Richtungen in sich begreift. Erst im Jahre 1358 haben wir einen förmlichen Beschluß mehrerer der vereinigten Städte, in welchem von dem Unrecht die Rede ist, das dem gemeinen Kaufmann von Alemannien zugefügt worden sei und in welchem es ausdrücklich heißt: Städte von der deutschen Hansa.

Diese Städte hatten nun ihre besonderen Gegner an den dänischen Königen. Unter diesen machte besonders Waldemar IV. den Versuch, das dänische Reich herzustellen. Er entledigte sich der fernen Besitzungen, die nahen suchte er zu behaupten oder zu erneuern. So gelang es ihm 1361 Wisby zu erobern. Da aber vereinigten sich die wendischen und pommerschen Städte mit den Königen von Norwegen und Schweden, mit den Herzögen von Mecklenburg und Pommern, indirekt selbst mit den preußischen Städten. Unter der Anführung des Grafen von Holstein und des lübischen Bürgermeisters Wittenberg entrissen sie dem dänischen König Öland und Gotland, sie nahmen den Zoll zu Helsingör ein. Da ihr Freund Albrecht von Mecklenburg 1363 den schwedischen Thron bestieg, so sah sich Waldemar genötigt, ihnen große Handelsfreiheiten zuzugestehen. Diese Kämpfe haben dadurch eine gewisse Ähnlichkeit mit den oberländischen, daß auch Dänemark auf eine Reichssteuer Anspruch machte. Waldemar forderte Karl IV. auf, ihm dazu zu verhelfen, aber die Acht, die der Kaiser endlich wirklich über die Städte aussprach, verhallte wirkungslos. Auch der Papst Urban war für den König, aber ebenso vergeblich. Gerade die Gefahr machte die Städte aufmerksam, wie notwendig ihnen eine nähere Verbindung sei. Alle Städte von Livland, Ost- und Nordsee entlang bis nach Seeland vereinigten sich. In Köln schlossen sie 1367 ihren Bund.

Sie waren sehr mächtig und hielten gewaltig zusammen. Schon 1369 sah sich König Hakon von Norwegen genötigt, mit Schweden, jenem König Albrecht, den er angegriffen, Frieden zu machen. Nicht minder glücklich ging es ihnen in Dänemark. 1367 eroberten sie außer vielen anderen Plätzen selbst Kopenhagen unter dem lübischen Bürgermeister Warendorp. In Abwesenheit des Königs schlossen die Reichsräte einen Frieden, kraft dessen die Städte mehrere Landstrecken und zwei Drittel der davon herrührenden königlichen Renten empfingen. In der Tat haben sie bis zum Tode Olafs (1385) die ihnen verpfändeten Schlösser in Besitz behalten. Ein hohes Übergewicht behielten sie auch während der Regierung Margarethas selbst zu Zeiten der skandinavischen Union. Jene kölnische Konföderation, die 1367 geschlossen ward, war die Grundlage der späteren hanseatischen Einrichtungen.

Das Handelsgebiet der Hansa erstreckte sich jetzt von Nowgorod bis nach Lissabon. Sie tauschte die nordischen Erzeugnisse gegen die westlichen aus. Jene waren besonders Holz zum Schiffbau oder auch zum Betäfeln der Wände; die Produkte der Waldungen überhaupt, Pottasche, Pech und Harz, ferner Pelzwerk; dann aber auch von der Niederung Leinsaat, Getreide, geräuchertes Fleisch usw. In Bergen in Norwegen bildeten die Scharen der Kaufleute und Handwerker eine Art Staat im Staate, eine große Macht. In Nowgorod nahmen sie die entfernteste Verbindung bis zu dem wilden Sibirien hin wahr. Auch von Riga aus gelangte man nach Smolensk und zu Schlitten in das innere Rußland. Dagegen brachten sie nun aus Frankreich den Wein von Bordeaux und Rochelle. Wir finden Schiffe aus Wisby in französischen und englischen Häfen. Der deutsche Orden, der das Recht hatte, Schiffsreederei zu treiben, ward durch den Austausch der westlichen und nördlichen Erzeugnisse reich. Von Danzig führte ein Handelsweg über Thorn, Gnesen und Posen nach Breslau, der hier mit dem anderen System in Verbindung geriet. An der Oder hatten Frankfurt und Landsberg einige sehr unbequeme Vorrechte, die sie dazu benutzten, sich mit jenen Städten auszugleichen. Ähnlich war das Verhältnis zwischen Magdeburg und Hamburg an der Elbe, welche die Gebiete des Harzes umfaßten. Es war eine unermeßlich ausgebreitete Genossenschaft. Der Mittelpunkt des hanseatischen Handels war im 15. Jahrhundert mehr in Schonen als in Lübeck, wohin von der einen Seite die Nowgorodfahrer, von der anderen die Biskayafahrer kamen. Die Hanseaten besorgten Umladung und Austausch. Durch das Schiffsgeld in Schonen machte man zugleich den Sundzoll ab.

Einigen Einfluß auf die Entwicklung der Hansa hatte es freilich, daß die nordischen Kronen sich auf einem Haupte vereinigten. Auch dadurch wirkte das ein, daß es zunächst ein deutscher Fürst, Erich von Pommern, war, der die Krone trug. Bei verschiedenen Feindseligkeiten versagten dann wohl die germanischen Städte ihre Mitwirkung. Ihrerseits widersetzten sich die Städte dann wieder der Herstellung der vollen Einheit. Eben um Heinrich von Holstein und Schleswig vor Erich zu retten, begannen die Städte 1427 eine große Fehde gegen den König, die aber nur zu Verwüstungen führte und sogar verhängnisvoll für sie wurde. Sie hätten ohne Zweifel sich selbst in den Besitz des Sundes setzen müssen. So lange derselbe in den Händen des dänischen Königs war, hatte dieser immer Gelegenheit, ihnen beizukommen. Durch diese Rücksicht wurden sie nicht selten gehemmt; zuletzt aber behielten sie doch die Oberhand. 1431 eroberten sie mit den Holsteinern Flensburg. Und da sich Schweden empörte, bequemte sich Erich zu einem Frieden, in welchem er den Städten Zollfreiheit in den nordischen Reichen, sowie in Holstein zugestand. Das verderblichste Ereignis für die Hansen war, daß sich die Niederländer von ihnen trennten (1427). Es kam zum Kriege, der jedoch nur zu Stillständen führte, welche die Beschwerden nicht hoben. Namentlich gewährten die Könige aus dem Hause Oldenburg den Niederländern Vorteile, in bezug auf den Sundzoll, die den wendischen Städten sehr beschwerlich wurden.

Während sich nun dieser Handel im Osten, Westen und Norden von Europa ausbreitete, hatte nach dem Süden hin Oberdeutschland den Vorzug. Einer der größten natürlichen Handelsplätze der Welt ist Konstantinopel. Nach meinem Dafürhalten wird Deutschland niemals wieder seine richtige Stellung erlangen, wenn nicht diese Gebiete seinem Fleiße wiedereröffnet, Konstantinopel in die Gemeinschaft der europäischen Nationen hereingezogen wird. Im 12. Jahrhundert war es der Sitz des indischen Handels: Pfeffer, Ingwer, Seiden- und Purpurgewänder kamen daher. Andere Waren kamen nach Venedig oder nach Genua. Eine der wichtigsten Stellungen für diesen Verkehr hatte in allen Zeiten Regensburg, besser als Wien, da es dem Rheine näher liegt, wie wir denn die Waren von dort bei Koblenz vorbeiziehen sehen. Das Stapelrecht von Wien nützte nicht viel, da die Regensburger Häuser sich in Wien ansiedelten. Seitdem waren Wien und Regensburg enge vereinigt. Es gab noch eine große Handelsstraße durch Oberschlesien und den Jablunkapaß nach Ungarn und Italien; eine andere aus Krakau, eine dritte aus Kiew nach der Donau. Nach Italien führte eine Straße von Wien, die auf Aquileja ging, und die Landstraße über Füssen und Bozen, die noch von den Römern herrührt. Es leuchtet ein, daß dieser Verkehr von dem nach Osten und Norden gerichteten noch zu entfernt war. Um den Anschluß zu erleichtern, bildeten sich Prag und Wien aus. Der Gedanke Karls IV. war, Donau und Moldau durch einen Kanal zu verbinden, was nun freilich die größte Erleichterung für den Handel gewesen sein würde. Fragt man aber, was Süddeutschland in die Wagschale zu werfen hatte, so waren es zum Teil Metalle, zum Teil aber die Produkte des Augsburger und Nürnberger Kunstfleißes. Theophilus Presbyter kann im 13. Jahrhundert die Geschicklichkeit der Deutschen in Gold- und Silberarbeit nicht genug rühmen. Nürnberg wird weltberühmt. Hüllmann verzeichnet acht Handelsstraßen der Nürnberger und Augsburger, von denen die wichtigsten folgende sind: nach Süden nach Aquileja und Venedig, nach Westen nach Metz und Verdun, nach Norden über Frankfurt nach den Niederlanden und England, von wo noch immer Zinn geholt wird, nach Osten und Nordosten über Erfurt nach Lübeck und über Görlitz, Glogau, Posen nach Danzig. Frankfurt kam hauptsächlich durch die gute Lage empor, wodurch es den östlichen und westlichen Verkehr vermittelte.

Man könnte vielleicht meinen, daß das Städtewesen trotz alledem nichts dauerhaft Großes bewirkt habe, da von allen diesen mächtigen Unabhängigkeiten jetzt nichts mehr übrig ist. Allein die Wirkung der Städte war eine universale; sie beschränkte sich nicht auf sie selber allein. Hier ward die Kriegführung durch Fußvölker zuerst wieder in Rang gebracht. Im 15. und 16. Jahrhundert waren die Schweizer die beste Miliz der Welt, der sich alsdann die Schwaben als Landsknechte entgegensetzten, um dann ebenfalls eine vorzügliche Infanterie zu bilden. Von den Bürgern ward das Schießgewehr zuerst ernstlich benutzt. In Deutschland finden wir es zuerst in einer Ausgaberechnung der Stadt Nürnberg von 1356; 1378 hatte Augsburg drei große metallene Stücke, deren größtes eine Kugel von 127 Pfund schoß. Schon 1360 finden wir das Schießpulver in Lübeck, 1365 in Einbeck, 1372 in Braunschweig, 1378 in Gent. Pulvermühlen wurden angelegt, z. B. 1435 in Nürnberg, Gleichzeitig finden wir das Pulver auch außerhalb Deutschlands angewandt in den großen Konflikten, welche die Welt trennten: zwischen Spaniern und Mauren bei Algeciras 1342, zwischen Engländern und Franzosen bei Creci 1346, zwischen Venezianern und Genuesen bei Chioggia 1379. Anfangs zur Verteidigung, dient es bald auch zum Angriff, dem es dann ein Übergewicht über die Abwehr verleiht. Eine unermeßliche Naturkraft stellte sich mehr und mehr der Politik zur Verfügung. Es war nicht bloß eine ultima ratio regum, wie man es später bezeichnet hat: die allgemeinen Interessen und Gedanken überhaupt empfingen ein äußeres Werkzeug von ungeahnter Stärke, dessen sich dann eben auch besonders die Städte zur Behauptung ihrer Tendenzen zu bedienen wußten.

Auch für die friedliche Kultur aber gewannen die deutschen Städte die höchste Bedeutung. Neben der Baukunst gedieh jetzt in ihnen als die vorzugsweise moderne Kunst die Malerei. Die erste Schule wahrer Kunst findet sich gegen Ende des 14. Jahrhunderts in Köln. Von dem dortigen Meister Wilhelm wird 1390 gerühmt, daß er der beste Maler in deutschen Landen gewesen sei und die Menschen in voller Lebendigkeit abgebildet habe. Kirchlicher Sinn, großartige strenge Einfalt, Tiefe des Sinnes zeigt sich in seiner Schule vereint mit einem unverkennbaren Talent der Individualisierung und Naturgemäßheit. Nicht selten ferner bieten die Städte aus eigenem Antrieb Stätten dar für die Stiftung von Universitäten, wie wir an Basel, Erfurt, Köln sehen. In ganz Niederdeutschland gründen sie, oft im Kampfe mit der Geistlichkeit, Stadtschulen. Meistergesang, Volksdichtung und Fastnachtsspiele verdanken den Städten Ursprung und Pflege. Eine der merkwürdigsten Produktionen endlich, die im Schoß deutscher Städte entstand, ist die Erfindung der Buchdruckerkunst, in der sich das Handwerk mit den höchsten geistigen Bestrebungen unmittelbar in Verbindung setzte; wer wüßte nicht, welche Förderung die Sache der Reformation dadurch erfahren hat? Nehmen wir hinzu, daß in den Städten schon ohnehin eine lebendige Antipathie gegen das Papsttum war, so zeigt sich, wieviel das zu bedeuten hatte. Sie gaben die Grundlage zur Entwicklung eines großen nationalen Gemeingefühls und Sinnes.

Aber selbst abgesehen von allen Einzelheiten, Verkehr, Gewerbe, Kriegführung, Buchdruckerkunst usf., kann man in dem Emporkommen der Städte nichts anderes erblicken, als eines der größten Elemente des modernen staatlichen Lebens. Denn sie sind offenbar die Träger dessen, was man den dritten Stand nennt und was zu allen späteren Bewegungen den Antrieb gegeben hat. Hier wurzeln alle liberalen Ideen, was war der Sturm des Jahres 1848 anders als ein Versuch, mit der Idee des dritten Standes die Idee von Land und Lehen umzustürzen? Worauf ist das ganze revolutionäre Bestreben anders gerichtet als auf einen inneren Umsturz zugunsten dieses dritten Standes? Das städtische Element will Staat sein wie im Altertum. Der moderne Staat enthält jedoch noch jene anderen selbständigen und nicht zu beseitigenden Elemente. Immerhin hat sich in diesem Gegensatz das moderne Leben entwickelt, wie früher mehr in dem zwischen Staat und Kirche. Die konstitutionellen Verfassungen sind im Grunde nur ein Versuch, den Frieden zwischen diesen beiden Elementen zu erhalten, wie die alten Landfrieden, sie gegeneinander auszugleichen.


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