Georg Queri
Bauernerotik und Bauernfehme in Oberbayern
Georg Queri

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IV. Habererverse

Treiben zu Dietramszell, 30.zum 31.Oktober 1886

Jatz hob's no a kloani Geduid,
Den jh muaß Enk heut no oiahand song,
Und jh denk, jh wä woi damit Nieamdn
Koan Schricka eijong.
Mi san zwar heut sehiba nit z'nein,
Und that'n viel liaba a ganz dahoam bleim.
Aba wenn hoit da Kaisa Karl sogt:
Jatz machts Enk am Weg,
So müaßma glei auf und außi
Über Berg und Thoi,
Und Wassa und Steg.
A Nieada bewaffn't
Ois wiea beinara Schlacht,
Und a so müaßma durchwandan
Do finstere Nacht.
Bei da Nacht siecht ma a no nix vo koan Weg,
Und a so müaßma oft glei a dieam
Durchi mittn dur'n Treck.
Die Schadarmerie hama a no gan scheucha,
Nit a moi öffentli ko Oana geh,
Sondern mi muaßi grod schleicha.
Denn dö wa'n vosess'n aufs Fanga,
Aba vo dö gehma weit weg,
Daß jhns gwiß ko Koana daglanga.
Iß da Foi, daß Oana schieaßt,
So hotzis scho gebm,
Daß aufara Seitn
's Lebm a Oana büaßt.
Denn, a kloas weni aufanan schieaßn,
Dös wa boi woita gmua,
Und auf etligö Kugla wa'n schnehi a paar a drei
Drübm in da ewigna Ruha.

's Zuchthaus hot a koa Barmherzigkeit
Üba jhns Hobafehitreiba,
Denn dös kennt nix von an Foschttog
Und fraß jhns schö sauba zam,
Wa's Pfinsta oda Freita.

Ih glab aba nit, daß jh mi do no betrüag,
Wenn jh sog,
So wos wa mir do no oiwei viel lieaba, swia Krieag.
Däfat Oana dö Schpitukl a so oi öffentli b'schreim,
So brauchatn mi heut woi nit as Hobafehi z'treim.
Ih woaß woi,
Wä viel Bier trinkt,
Möcht a mitunta an Wei,
Und a so iß hoit an Ehschtand,
Do wa nacha boi wieda Oan lieaba an Nandan dö Sei.
Es hot aba do oiwei Oana mit a Nieada dös Oit,
Wenn glei a dieam Oana moat,
Daß jahm a Nandani viel bessa g'foit.
Es iß zwar da Ehschtand a scho voschiedn,
Denn da'r Oa thuat mit da Sein schtreitn,
Da'r Anda thuat raf'n
Und wieda a Nandana
Iß scho gar längst davo g'schied'n.

Drum wa's ma hoit a gar so viel lieab,
Wenn vo heut oh a Nieada dö Sei wieda hieat.
Denn a den Hobafehitreim
Do honi a garit viel Freu,
Und dazua däfma nacha anit sei ganz ohni Schnei.
Und boi giangö no lieaba auf's Wildern,
Ois wiea do mittn bei da Nocht
A so an Ehbrecha schildern.

Auf dös aufi macht jatz no a Niada a bißl an Lärm,
Nachdem geht's nacha glei los,
Do ko nacha no a Jed's dös Weitare hörn.

Die Übersetzung der Verse:Im Interesse der Dialektforschung wurde von »Umdichtungen« möglichst Abstand genommen.

Jetzt habt noch eine kleine Geduld,
denn ich muß Euch heut noch allerhand sagen,
und ich denke, ich werde damit wohl Niemandem
Schrecken einjagen.
Wir sind zwar heute selber nicht zu beneiden
und würden viel lieber auch ganz daheim bleiben.
Aber wenn eben der Kaiser Karl sagt:
»Jetzt macht Euch auf den Weg!« –
so müssen wir gleich auf und hinaus
über Berg und Tal
und Wasser und Steg,
ein jeder bewaffnet
wie in einer Schlacht;
und so müssen wir durchwandern
die finstere Nacht.
Nachts sieht man noch dazu nichts von einem Weg,
und so müssen wir oft gleich (manchmal)
durch mitten durch den Dreck.
Die Gendarmerie haben wir auch noch zu scheuen,
nicht einmal öffentlich kann einer gehn!
Sondern man muß sich grad schleichen!
Denn die wären versessen aufs Fangen!
Aber von denen gehn wir weit weg,
daß uns gewiß keiner kann erreichen!
Ist's der Fall, daß einer schießt,
so ist's schon vorgekommen,
daß auf einer Partei
das Leben einer einbüßt.
Denn: ein klein wenig aufeinander schießen,
das wäre bald ganz genug,
und auf etliche Kugeln wären schnell ihrer zwei, drei
drüben in der ewigen Ruh.

Das Zuchthaus hat auch keine Barmherzigkeit
über uns Haberfeldtreiber,
denn das kennt nichts von einem Fasttag
und würde uns schön sauber zusammenfressen,
ob's nun Donnerstag war' oder Freitag.

Ich glaub' aber nicht, daß ich mich doch noch betrüg',
wenn ich sag':
so was wär' mir doch noch viel lieber als der Krieg!
Dürfte einer die Skandale alle nur so öffentlich beschreiben,
so brauchten wir heute nicht ins Haberfeld zu treiben.
Ich weiß wohl:
wer viel Bier trinkt
möcht' auch mitunter einen Wein –
und so ist's halt im Ehestand auch:
da wär' dann bald wieder einem lieber dem andern die Seine!
Es hat aber doch immer einer mit einer jeden das Alte,
wenn gleich hie und da einer meint,
daß ihm eine andere viel besser gefällt.
Es sind zwar die Ehen auch schon verschieden,
denn der eine tut mit der Seinen streiten,
der andere tut raufen,
und wieder ein anderer
ist schon gar längst von ihr geschieden.

Drum wär's mir eben auch gar so viel lieb,
wenn von heut an ein jeder wieder die Seinige hätte.
Denn an dem Haberfeldtreiben,
daran hab' ich auch gar nicht viel Freude
und noch dazu darf man auch nicht sein ganz ohne Schneid.
Und beinah ging ich noch lieber zum Wildern,
als wie da mitten in der Nacht
so einen Ehebrecher zu schildern!

Auf das hinauf macht jetzt noch ein jeder ein bissel Lärm,
dann geht's gleich los,
da kann dann jeder das weitere hör'n!

Gan äschtn wätz jatz glei mitn X. prowiat,
Da hot mit sein Paradiesbam
D Y. vo B. ogfiat.
Mit dera Sach wara schaad, mit den muassi lacha,
A hot denki gmoat,
Nacha däfa bei da Y. koan Kindsvota macha.
Zweng den hot d Y. scho a d Ewikeit müaßn,
Dös muaß a aba gwieß no bein Deifö
A da Höll dina büaßn.
(Zum ersten wird's jetzt gleich mit dem X. probiert,
der hat mit seinem Paradiesbaum
die Y. von B. angeführt.
Er hat nichts davon verlauten lassen – es ist zum Lachen –
er hat, denk' ich, gemeint:
dann braucht er bei der Y. die Vaterschaft nicht zu übernehmen.
Seinetwegen hat die Y. schon in die Ewigkeit müssen;
das muß er aber gewiß noch beim Teufel
in der Höll' drinnen büßen!)
D X. an M. dös wa dö rächt,
I glab das dö dö ganz Woch,
Tog und Nocht oiwä möcht.
An manövan da iß ihr woita guat ganga,
Da iß mit seina Kanon
Den ganzn Tog für z Soidotn hi gschtana.
Mit seine Handwerksburschn
Kennt sie si a nimma aus,
Do liefan ihr dös ganz Jahr
Schtehadö Mittl as Haus.
(Die X. im M., die wär' auch die rechte,
ich glaub', daß die die ganze Woche,
Tag und Nacht, immer [koitieren] möchte,
Beim Manöver, da ist's ihr sehr gut gegangen:
da ist sie mit ihrer Kanone
den ganzen Tag für die Soldaten hingestanden.
Mit ihren Handwerksburschen
kennt sie sich auch nicht mehr aus,
die liefern ihr das ganze Jahr
stehende Mittel ins Haus.)
Da X. an R. iß a nit rächt sauba,
Da leid a oiwei din bei da Dian a sein Gschtauda.
Grod foitz ma ei,
Den hama a schon oft gschpannt,
Boi dä Dian flickt
Nacha geita ihr oiwei zäscht no
D Zwirnknöllä ei d Hand.
Sölla s wia dä wätz a ga nit viel göm,
Da möcht denki a dö ganz Woch
Auf da Dian seine Matratzn am leng.
(Der X. im R. ist auch nicht recht sauber,
der liegt auch immer drin bei der Dirn in ihren Stauden.
Gerade fällt's mir ein:
den haben wir auch schon oft gesehen;
wenn er die Dirn flickt,
dann gibt er ihr immer zuerst noch
die Zwirnknöllchen [Hoden] in die Hand.
Solche wie den wird's auch gar nicht viel geben,
der möchte, denk' ich, die ganze Woche
auf der Dirn ihrer Voze oben liegen.)
A Huanstingl iß a scho da X. Bauer vo L.,
Dä hot mit da Y. Nodarin a oiahand Gwindn.
Am Hobaschtock am hota mit da Nodarin gschmießn,
Auf oami kimt Bäurin dahä
Und do hotas net grissn.
Vo lauta Hitz packt Bäurin glei an Hobaschtock oh,
Und schreit aufi
»Du Huar du host ja mein Moh«
»Aso«, sogt Bäurin, »bleibi nimma an Haus.«
Sie machtzi glei auf
Und roast zu dö Bräuknecht auf Münga owaus.
(Ein Hurenstingl ist auch schon der X.-Bauer von L.;
der hat mit der Y.-Näherin auch allerhand Schliche.
Auf dem Haberstock oben hat er sich mit der Näherin niedergelegt,
auf einmal kommt die Bäuerin daher
und da hat er sie nicht gevögelt.
Vor lauter Hitze packt die Bäuerin gleich den Haberstock an
und schreit hinauf:
»Du Hure, du hast ja meinen Mann!«
»Wenn's so ist«, sagt die Bäuerin, »bleib' ich nimmer auf dem Haus«;
sie macht sich gleich auf
und reist zu den Bräuknechten nach München hinauf.)
Jatzt kimt da X. vo L.,
Den koma z Nacht am äschtn
Bei dö Diena a da Kamma drin findn.
Dä hot jahm auf dö Diena
A scho hübsch weit aufi traut,
Und da hamt Kniea vo dö Diena
No oiwei üban X. ausgschaut.
Seine Bettschwestern duan jahm jatz ollesammt koppn,
Drum duata jatz lieba seine Dieana ausschoppn.
(Jetzt kommt der X. von L.;
den kann man nachts am sichersten
bei den Dirnen in der Kammer finden.
Der hat sich auf die Dirnen
auch schon hübsch weit hinaufgetraut,
und da haben die Knie von den Dirnen
noch immer über den X. hinausgeschaut.
Seine Bettschwestern tun ihm jetzt alle aufmucken,
drum tut er jetzt lieber seine Dirnen ausschöpfen.)
An Ehbrecha is a scho da X. vo R.,
Da schaut a oiwei noch
bei dö Dieana zwischn dö Kniea.
Da hieat eigentli aso scho dö Seini,
Und do schleichzi Ä z Nocht
bei dö Diana durch Kammathür eini.
Mit dö Diana tuatzi A leicht,
Weia koa Höll und koan Teufi nit scheucht.
(Ein Ehebrecher ist auch schon der X. von R.,
der schaut auch immer nach
bei den Dirnen zwischen den Knien.
Der hätt eigentlich so schon die Seinige,
und doch schleicht er sich nachts
bei den Dirnen durch die Kammertür ein.
Mit den Dirnen tut er sich leicht,
weil er keine Höll und keinen Teufel fürchtet.)
An X.-Baua däfma a nit vogessn,
Dä hot seina Tachtan
vonuma a Hemat ogmessn.
»Koa Weibatz«, sogta, »hota no nia koani gschiecha«,
Und hotzi schö schtad beim Dieandl
unta Pfoad eihö gschlicha.
Dä scheitz mi hot mit seina Tachta
oiahand scho prowieat,
Und amoi haman gseha,
do hotas glei a paarmoi nochananda krischtieat.
(Den X.-Bauern dürfen wir auch nicht vergessen,
der hat seiner Tochter
von hinten ein Hemd angemessen.
»Kein Weib«, sagt er, »hat er noch nie keines gefürchtet«
und hat sich schön ruhig beim Dirndl
unter das Hemd hineingeschlichen.
Der, scheint mir, hat mit seiner Tochter
schon allerhand probiert –
und einmal haben wir ihn gesehen,
da hat er sie gleich ein paarmal hintereinander klystiert.)
Es duat mi bereits nun s Lesen vodrüassn
Und mi wän oiso für heut
Auch wegen Mangel an Zeit,
Unser Haberfeldtreiben beschlieaßn.
Es haben sich außer den anfangs erwähnten Personen noch einige Gerichtspersonen beteiligt und zwar:

Da Bürgameischta Dr. v. Erhardt aus Münga ois Vorschtand,
Und da Bezirksamtmann vo Tölz als Rath der Haberer-Companie im boarischn Hochland
Dann da Obaamtsrichta vo Woifazausn ois Companie-Commandeur,
Und da Obaamtsrichta vo Mieaschba ois Gedichtsrevisor und Postn-Controleur,
Dann da Auzinga PetaPeter Auzinger, ein Münchener Dialektdichter. vo Münga ois Gedichtsfabrikant,
Und da Schuahbräu vo Oabing ois Bierlieferant.

Do soitn für jha Müha oisam zum mitanand lebn,

Vivat hoch!

(Zum Schluß ein Hoch auf »unsern hochschätzbarsten Prinzregenten«.)


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