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Höfische Memoiren

Alle Dinge sind relativ. Selbst die Worte verlieren oft, wenn man ihrer Bedeutung nachgeht, ihren landläufigen Sinn. Das Wort »königlich« z. B. scheint doch zumindest alles auszuschließen, was in der Sphäre der Armut und ihrer Begleiterscheinungen des Hungers, des Schmerzes und der gemeinen Not liegt. Eine hungernde Königin? Eine frierende? Ein Schloß, in dem man vor Unrat umkommt? Ein Prinz, der kein reines Hemde auf dem Leibe ha? Unmöglich! Darum liegt dem Dichter auch nichts näher, als seine Heldinnen mit Königinnen oder Prinzessinnen zu vergleichen, wenn er im Leser sofort einen vollkommenen Begriff von ihrem Glück und Reichtum erwecken, wenn er die Vorstellung von Glanz und Pracht, von Überfülle und von fast unwirklicher Schönheit auslösen will.

Aber alle Dinge sind relativ.

Wenn man etwa die » Memoiren der Markgräfin von Bayreuth« liest, begegnet man oft Stoßseufzern wie diesen: »Die Leiden des Fegefeuers konnten den unseren nicht gleichkommen. Wir waren gezwungen, früh neun Uhr in seinem Zimmer (Friedrich Wilhelms I.) zu erscheinen; wir speisten dort und durften es unter keinem Vorwand verlassen. Den ganzen Tag überhäufte er meinen Bruder und mich mit Schmähungen. Der König nannte mich nur noch die englische Kanaille, und mein Bruder hieß der Schuft von einem Fritz. Er zwang uns, Dinge zu essen und zu trinken, die uns widerstanden oder die unserer Konstitution zuwider waren, was uns manchmal nötigte, in seiner Gegenwart alles von uns zu geben, was wir im Magen hatten … Wir wurden spindeldürr, so wenig hatten wir zu essen … Er fragte meine Schwester, wie sie ihren Hausstand einzurichten gedenke. Meine Schwester hatte sich mit ihm auf den Fuß gestellt, daß sie ihm alles frei heraussagte, sogar Wahrheiten, ohne daß es ihn erzürnte. Sie gab ihm also mit ihrer üblichen Offenheit zur Antwort, daß sie einen guten und reichlich bestellten Tisch führen würde, ›der‹, wie sie hinzufügte, ›besser als der Ihre sein wird; und wenn ich Kinder bekomme, so werde ich sie nicht malträtieren, wie Sie, noch sie zwingen, Dinge zu essen, die ihnen widerstehen‹. ›Was meinen Sie damit,‹ fragte der König, ›was ist es, das auf meinem Tische fehlt?‹ ›Es fehlt daran,‹ sagte sie, ›daß man nicht satt wird und daß das Wenige nur aus schweren Gemüsen besteht, die wir nicht vertragen können.‹ Der König war schon über die erste Antwort aufgebracht, über diese letztere geriet er außer Rand und Band, aber sein ganzer Zorn fiel auf meinen Bruder und mich. Er warf erst einen Teller an den Kopf meines Bruders, der dem Wurfe auswich; dann ließ er einen in meine Richtung fliegen, und ich vermied ihn ebenso.« (I, 104/105.)

Als Wilhelmine bereits Markgräfin von Bayreuth war, empfing der König sie eines Tages mit folgenden Worten: »Ha, ha, da sind Sie ja; ich freue mich Sie zu sehen« – und er hielt ein Licht in die Höhe, um mich zu betrachten. »Sie haben sich recht verändert. Sie tun mir recht leid. Sie haben nichts zu nagen und zu beißen, und ohne mich dürften Sie betteln gehen. Ich bin auch ein armer Mann und kann Ihnen nicht viel geben; ich will tun, was ich kann; ich werde Ihnen zehn oder zwölf Gulden geben, so oft es mir möglich ist; es wird Ihr Elend immerhin erleichtern, und Sie«, sagte er, indem er sich zur Königin wendete, »müssen ihr manchmal ein Kleid schenken, denn das arme Kind hat gar nichts anzuziehen.« (II, 30.)

Ein andermal heißt es: »Das traurige Leben, das wir dort (in Potsdam) führten, war dem Geist wie dem Körper gleich unzuträglich. Das Essen war schlecht und so karg, daß man nicht satt davon wurde.« (II, 37.) »Von allen Seiten ging man schlecht mit mir um; ich hatte keinen Pfennig und litt fortwährend.« (II, 38.) »Man speiste um acht Uhr sehr frugal zur Nacht, ohne sich den Magen zu beschweren, und zog sich um neun Uhr zurück.«

Aber es scheint bei anderen Regenten ähnlich zugegangen zu sein. » Die Memoiren des Chevalier von Gramont« bringen sehr viel verwandte Episoden. Der König von England, den seine Hofbeamten bei Tische kniend bedienten, machte eines Tages Herrn von Gramont auf diese ehrfurchtsvolle Haltung aufmerksam. »Ich dachte, sie bäten Eure Majestät um Verzeihung für das schlechte Essen,« sagte der Chevalier.

Aber auch in bezug auf die Heizung scheint es zuweilen in den Königsschlössern gehapert zu haben. Im selben Werke liest man: »Fünf oder sechs Tage, ehe der König Paris verließ, machte ich der Königin von England einen Besuch und fand sie im Zimmer ihrer Frau Tochter, die seither Frau von Orleans geworden. Sie sagte mir sogleich: ›Sie sehen, ich leiste Henrietten Gesellschaft, das arme Kind hat heute nicht aufstehen können, weil wir kein Feuer haben.‹ Die Wahrheit ist, daß der Kardinal Mazarin der Königin ihre Pension seit sechs Monaten nicht hatte auszahlen lassen, daß die Kaufleute ihr nichts mehr liefern wollten und nicht ein Stück Holz in ihrem Hause war.«

Ein anderes Werk: » Maria Ludovica von Österreich und Maria Paulowna« von Hermann Freiherrn von Egloffstein erzählt z. B.: »Auch sie (die Kaiserin Maria Ludovica) litt unter dem Geldmangel, der damals hoch und niedrig fast ohne Ausnahme bedrückte. Im Sommer 1813 mußte sie, wie sie ihrem Gatten eingesteht, darauf verzichten, der kleinen Prinzessin Augusta von Weimar, ihrem Patenkinde, ein größeres Geschenk zu machen, weshalb sie sich für eine Puppe samt Ausstaffierung entschied. Als verschämte Arme bekennt sie sich auch in jenen Zeilen an Maria Paulowna, die geradezu erheiternd auf den Leser wirken: »… Nicht wahr, meine liebe Freundin, Sie werden mir nicht böse sein, wenn ich offen mit Ihnen rede. Ich hatte die Absicht, mit Ihnen in die Oper und ins Ballett zu gehen, und ich freute mich sehr darauf, aber … da ich nicht die Mittel habe, mein Geld an diese schönen Damen zu verschwenden, bitte ich Sie, mich für heute abend zu dispensieren.«

Was die Sauberkeit betrifft, so weiß die Markgräfin Wilhelmine in ihren Memoiren zu erzählen: »Vor den Fenstern meines Zimmers lief eine ungedeckte hölzerne Galerie, welche die beiden Flügel des Schlosses verband. Diese Galerie war stets mit Unrat angefüllt, was in meinen Gemächern einen unerträglichen Gestank hervorrief.« Noch schlimmer war es in Paris, wo noch 1780 unter Protest der Bewohner von der Polizei die Ausleerung von Nachttöpfen usw. aus den Fenstern verboten wurde. In Gramonts Memoiren wird vom Prinzen von Condé gesagt: »Seine Unsauberkeit war berühmt. Mademoiselle erzählt in ihren Memoiren, wie, als sie nach der Einnahme von Orleans bei ihm speiste, aller Welt auffiel, daß der Prinz ein reines Hemd trug und sich rasiert hatte.«

Was es mit der » Moral an Königshöfen« auf sich hatte, erfährt man in recht drastischer Weise sowohl durch die beiden schon mehrfach genannten Memoirenwerke, wie durch die » Briefe Elisabeth Charlottens (Liselotte)«, die Memoirenwerke Casanovas, des Grafen Tilly, des Herzogs von Lauzun u. a. Liest man diese Memoiren, so begreift man das Wort Talleyrands: »Wer nicht vor 1789 gelebt hat, der kennt die Freude zu leben nicht.« Lauzun ist der typische Don Juan; er ist diesem womöglich noch überlegen, was Grazie und Keckheit, Selbstlosigkeit und Empfindung und endlich Internationalität der Liebschaften betrifft.

Krieg und Liebe sind die eigentlichen Pole, um die sich sein Leben dreht. Erst 1786 beginnt sein Stern, der so lange schirmend über ihm stand, zu verlöschen. Lauzun, der Herzog, wird Bürgergeneral und hat nunmehr seine Handlungen vor einer Instanz zu verfechten, die ihm von vornherein mißtrauisch begegnet und ihn endlich, nachdem man ihm die bittersten Scherereien gemacht hat, ins Gefängnis wirft. Eine neue, ernste Zeit war heraufgedämmert. Man stellte strenge Forderungen auf und drängte den Menschen, die unter den Lebensanschauungen Ludwigs XVI. großgeworden waren, einen anderen Lebensinhalt auf. Was sich nicht fügte, wurde vernichtet; wer an das Lotterregime Ludwigs erinnerte, wurde kurzerhand enthauptet. So endete auch der Herzog Lauzun, einer der tapfersten, liebenswürdigsten und allerdings auch leichtlebigsten Männer des 18. Jahrhunderts, auf dem Schaffot. Ruhig, mit der ihm eigenen Anmut, ohne Furcht und ohne Prahlerei legte er sein Haupt, das so viele hohe und höchste Frauen geliebt und geküßt hatten, das im Schoße zahlreicher fürstlicher und herzoglicher Geliebten geruht hatte, auf die Guillotine.

Von der Markgräfin-Witwe Georg Wilhelm wird uns von Wilhelmine folgendes berichtet: »Ich wollte mich in Erlangen aufhalten, um die Stadt anzusehen und bei der verwitweten Markgräfin Georg Wilhelm zu speisen. Sie hatte durch ihre Schönheit und ihr sittenloses Leben viel Aufsehen erregt und war eine richtige Messalina, die mehrere ihrer Kinder dadurch umgebracht, daß sie eine Fehlgeburt veranlaßt hatte, damit ihre schöne Figur nicht Schaden litte.«

Eines Tages sollte die Tochter der Markgräfin Albertine mit dem Prinzen von Bernburg verheiratet werden. »Die Hochzeit der Prinzessin war für den folgenden Tag festgesetzt. Die Prinzessin war höchst zufrieden und lachte, sowie man ihr von ihrem Verlobten sprach. Sie hatte zwei Damen, die ihr Echo abgaben; der Prinz gab das Zeichen, indem er das Gelächter anstimmte, die beiden Damen lachten pflichtschuldigst mit, und wir fanden das so komisch, daß auch wir lachten, so daß die Lachsalven nicht aufhörten. Der König, der die Braut zu necken liebte, sagte ihr nichts wie Unanständigkeiten, worauf sie stets lachend Antwort gab und sich und uns allen sehr derbe Scherze zuzog.«

Brantôme berichtet in seinem »Vie des Dames galantes« (Discours V) folgende Anekdote: »Ces dames ne ressembloient pas à une dame espagnole dont la vie est escrite dans l'Histoire d'Espagne, laquelle, un jour que le grand Alphonse, roy d'Arragon, faisoit son entrée dans Saragosse, se vint jetter à genoux devant luy et luy demander justice. Le roy ainsi qu'il la voulois ouyr, elle demanda de luy parler à part, ce qu'il luy octroya: et, s'estant plainte de son mary, qui couchoit avec elle trentedeux fois tant de jour que de nuict, qu'il ne luy donnoit patience, ny cesse, ny repos; le Roy ayant envoyé querir le mary et sceu qu'il estois vray, ne pensant point faillir puis qu'elle estoit sa femme; le conseil de Sa Majesté arresté sur se fait; le Roy ordonna qu'il ne la toucherois que six fois …«

Gramonts Memoiren bringen fast auf jeder Seite Episoden wie die folgende:

»Der Graf von Arran, der als erster redete, erklärte, eines Tages hätte seine Schwägerin, die Gräfin von Ossory, in der Galerie von Hons-Laerdyk mit Jermyn Kegel gespielt und Fräulein von Hyde, die gleichfalls anwesend war, hätte getan, als ob sie ohnmächtig würde, und sich in ein Zimmer am Ende der Galerie zurückgezogen, er selbst wäre ihr gefolgt, hätte ihr die Schnürbrust aufgeschnitten, um das Übelsein wahrscheinlicher zu machen, und hätte dann das seinige getan, ihr beizustehen oder ihr … die Langeweile zu vertreiben.«

Am Hof herrschte Spiel und Freude. Der Fürst lebte ausschließlich seinen Liebesneigungen, die er fast so häufig wechselte wie den Rock. Die koketten Damen wollten die Männer bezaubern, und die Männer waren mehr als willig, sich von den Circen in die Zaubergärten führen zu lassen, in denen sie verwandelt wurden. Jeder suchte durch seine besonderen Gaben aufzufallen und das Interesse der galanten Schönen zu erwecken; der eine durch den Tanz, der andere durch seine prächtigen Kostüme, viele durch leidenschaftliche Liebesglut, keiner durch Treue. Dichterisch vielfach dargestellt ist folgender Racheakt, der durchaus nicht selten verübt wurde.

Den Herzog von York knüpften zarte Bande an die Gemahlin seines Freundes Southek, die jedoch – wie gewöhnlich – nach kurzer Zeit rissen. »Dieser Vorfall machte einem Liebesverhältnis ein Ende, das der Herzog von York nicht sehr bedauerte. Und seine Gleichgültigkeit war ihm zum Heile, denn der verräterische Southek ersann eine Rache, durch die er ohne Eisen noch Gift es seinen Beleidigern gründlich hätte heimzahlen können, wenn der Handel nur noch lange gedauert hätte.

Er suchte an den schändlichsten Orten Londons die schändlichste Krankheit, die diese Orte geben konnten, und fand sie auch; dennoch gelang ihm seine Rache nur halb, denn nachdem er die äußersten Kuren durchgemacht, um sich wieder davon zu befreien, gab ihm seine Frau Gemahlin sein Geschenk nur zurück, da sie mit dem, für den er es so mühsam vorbereitet hatte, keinen Verkehr mehr pflog.«

Eine andere Stelle der Gramontschen Memoiren macht uns zum Zeugen einer höchst pikanten Szene, deren Mittelpunkt ebenfalls der Herzog von York ist:

»Ihre Frau Cousine saß, wie ich Ihnen bereits mitgeteilt, beim Spiel. Der Herzog von York saß neben ihr. Ich weiß nicht, wo seine Hand geblieben war; aber ich weiß, daß man seinen Arm nur bis zum Ellenbogen sehen konnte. Ich stand hinter ihnen auf der Stelle, welche die Denham soeben verlassen hatte. Er erblickte mich, als er sich umdrehte, und geriet darüber in solche Verwirrung, daß er Frau von Chesterfield beinahe entkleidet hätte: so rasch zog er seine Hand zurück. Ich weiß nicht, ob die beiden wissen, daß sie auch von anderen entdeckt wurden, aber ich weiß, daß Frau von Denham dafür sorgen wird, daß die Sache nicht geheim bleibt.«

»Aber die Denham, die Midleton, die Ehrenfräulein der Königin, die der Herzogin und hundert andere,« erzählt Gramont, »gewähren ihre Gunst nach rechts und links, ohne daß ein Hahn danach krähen würde. Was gar Frau von Shrewsbury anlangt, das geht mit vollen Segeln! Ich wette, die ließe jeden Tag einen Mann umbringen und trüge den Kopf nur noch höher darum. Man sollte glauben, sie hat einen Generalablaß für ihren Lebenswandel! Es sind ihrer mindestens drei oder vier, die eine Elle von ihren Haaren als Armring tragen, ohne daß jemand etwas daran fände.«

Daß es im Berliner Schloß zuweilen spukte, ist ja allgemein bekannt. Die Markgräfin erzählt uns darüber eine recht gruselige Geschichte: »Eines Nachts, da alles im tiefen Schlaf lag, erhob sich im Schloß ein fürchterlicher Lärm. Alles glaubte, es sei Feuer ausgebrochen, und war nicht wenig überrascht, als es hieß, ein Gespenst habe den ganzen Lärm verursacht. Die Wachen, die vor meiner und meines Bruders Türe Posten standen, waren halbtot vor Schreck und sagten aus, sie hätten gesehen, wie dieses Gespenst die Galerie entlang glitt, welche zu den Gemächern der Hofdamen der Königin führte. Der diensthabende Gardeoffizier verstärkte erst die Posten vor unseren Türen und durchsuchte dann das ganze Schloß, ohne etwas zu finden. Sobald er sich jedoch wieder zurückgezogen hatte, erschien das Gespenst von neuem und erschreckte die Wachen so sehr, daß man sie ohnmächtig fand. Sie sagten, es sei der große Teufel, den die Zauberer aus Schweden sendeten, um den Kronprinzen umzubringen. Am nächsten Tage war die ganze Stadt in Aufregung; man befürchtete irgendeine Nachstellung der Schweden, die mit Hilfe jenes Gespenstes wohl das Schloß in Brand stecken und meinen Bruder und mich entführen könnten … Erst in der dritten Nacht fing man diesen angeblichen Teufel.«

Es war ein Küchenjunge, den der Minister Grumbkow für aufgeweckt genug hielt, um die ihm zugedachte Rolle zu spielen. Durch ihn erfuhr Grumbkow, daß die intrigante Frau v. Wagnitz, eine der Hofdamen, »die sich mit einem Schein von Frömmigkeit zu umhüllen wußte und dabei ein ganz skandalöses Leben führte«, mit Herrn Kreutz, einem Günstling des Königs, nächtliche Zusammenkünfte hatte. »Zudem teilte ihm die Kammerfrau dieser Dame, durch Geldgeschenke bestochen, mit, daß ihre Herrin bereits eine Fehlgeburt überstanden habe und gegenwärtig guter Hoffnung sei.«

Andere Damen gaben sich derselben Hoffnung hin.

Aber alle Dinge sind relativ. Nur der gemeine Mann hat sich in unseren Tagen darüber gewundert, daß auch Könige in den Staub sinken können und daß auch das Leben der gekrönten Häupter den allgemein menschlichen Gesetzen unterliegt. Die Plebs bespeit morgen, was sie heute anbetet. Wen kann das überraschen? Und wer kann sich darüber wundern, daß ein König sich als ein höheres Wesen betrachtet, das unter dem unmittelbaren Schutz der göttlichen Gnade steht? »Wenn vor Euch, lieber Freund, und wenn vor mir täglich Kotau gemacht würde – heißt es in Thackerays ›Snobsbuch‹ – und wenn, wo wir uns auch blicken lassen, das Volk in sklavischer Anbetung vor uns auf den Knien läge, so kämen wir uns natürlich wie höhere Wesen vor und würden die Erhabenheit annehmen, die das Volk uns andichtet.«

Es ist fade, eine so handgreifliche Moral an die selbstverständlichsten Dinge zu knüpfen; das ist das einzige, was man gegen Wedekinds »König Nicolo« zu sagen hat, dessen Titel ursprünglich lautete: So ist das Leben!


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