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Die Weisheit des Ruhetages

Glückliche Völker, die, um ihre Nahrung zu erlangen, das Brot nur von den Bäumen zu schlagen brauchen und denen der heiße Strahlenmantel der Sonne alle Kleidung aus zugeschnittenen Geweben entbehrlich macht. Aber in diesem an Nässe und Wetterstürzen reichen, kühlen Klima, das uns zuweilen den Frost des Weltraumes so fühlbar macht, daß wir wie frierende Fuhrleute die Arme gegen die Brust schlagen, folgen alle bis zum blinden Korbflechter hinab dem Drange zur Arbeit als einer Notwendigkeit, sich zu wärmen. Es gibt noch ferne braune Völker, die bauen an ihren Häusern nur an den wenigen Feiertagen des Jahres und verbringen die übrigen Tage in einem armseligen, doch ritterlichen Nichtstun.

Und in der Hochflut der Anreize zu unausgesetzter Tätigkeit und Sorge hat dieselbe göttliche Gesetzgebung ein anderes Bollwerk gesetzt, an dem die Arbeit sich bricht mit der schönen erregenden Brandung der Sonnabendabende; die Weisheit des siebenten Tages. An ihm darf der Strom der Arbeit niedrig rinnen, das Behagen ein wenig tiefer und breiter; das muß genügen. Hier besinnen wir uns auf die heilige ergreifende Härte unseres Schicksals, in dem es vor der Arbeit keinen Ausweg gibt, so daß selbst Verbrecher und Toren ihr dienen müssen.

Keinen Ausweg vor der Arbeit, die uns erhält und uns in der Vollkraft des Gelingens noch zum Schutz der Schwachen, der Elenden und der Kinder obendrein verpflichtet. Keinen Ausweg vor der Arbeit, die Helden und Feiglinge aneinander bindet und unserer ewigen Seele das Gefühl gibt, als ob die Erde sich an ihr rächen wolle. Aber sie kann sie schlimmstenfalls betäuben, wenn es ihr auch zuweilen gelingt, den Leib zu töten.


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