Matthäus Merian
Matthäus Merian

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Stuttgart

Stutengarten

Diß ist die HauptStatt im Würtemberg, welches Hertzogthumbs Gräntzen seyn: von Morgen Eiwangen und Giengen, vom Abend das Margrafthumb Baden, der Schwartzwald und das Elsaß, von Mittag die Thonau und das Ulmer Ländlein, von Mitternacht Wimpffen, Unterpfaltz und Franckenland. Hat gar viel Stätt und Stättlein, auch vorhin bey die 40 Vogteyen gehabt, item ansehnliche reiche Klöster, als Hirschau, Lorch, Maulbronn, Bebenhausen, Blaubeuren, HerrnAlb, Pfullingen und andere mehr.

Obgedachte deß Lands Haupt- und Fürstliche Residentz-Statt Stutgart ligt schier mitten im Land, nicht weit vom Necker und ein halbe oder gar kleine Meil von Canstatt. Marggraf Rudolff von Baden solle sie im Jahre 1119 zu bauen und zu befestigen angefangen haben. Ist vorher nur ein Meyerhof allda gewesen, da man die Stuten gleichsam in einem Garten aufferzogen, daher sie ihren Namen bekommen und noch eine Stuten oder Mutterpferd zum Wappen führet. Ist folgends durch Heurath an daß Hauß Würtemberg umbs Jahr 1141 kommen.

Sie ist (ausser den zwo grossen Vorstätten) an ihr selbsten nit sonderlich groß. Ligt im Grund und hat etliche tausendt Jauchart Weinberg und schöne Gärten herumb. Item 5 Thor: das Dätzlinger, Eßlinger, Oberthor, Kleinthörlein und das Thor zum Neuen Gang. S. Leonhards Vorstatt hat auch zwey Thor, das äusser Eßlinger und das Hauptstätter Thor. Die andere oder Thurnierackers-Vorstatt hat fünff Thor.

In der Statt seyn 3 Kirchen, als der Stifft, so vorhin zu Beutelspach gewesen, von dannen die Canonici hieher gesetzt worden seyn. Und wird solche Collegiat- oder Stiffts-Kirchen derzeit von den Römisch- und Evangelisch-Catholischen gebraucht. Es seyn darinn die Gräflich Würtembergischen Begräbnussen biß auff Eberharden mit dem Bart, item die Fürstliche von Hertzog Friederichen an zu rechnen. Die übrige Fürstliche Personen, von besagtem Eberhardo Barbato an biß auff gemelten Fridericum und seinen H. Sohn Hertzog Johann Friderichen ligen zu Tübingen. Und ist diese Stutgartische Haupt-Kirche auß einer Hültzernen zu einer Steinern An. 1460 zu erbauen angefangen worden. Die andere Kirch in der Statt ist in dem Bebenhauser Hof und die dritt im alten Spital. In dem Schloß ist auch eine Capell.

Anno 1435 hat Graff Ulrich von Würtemberg, der Geliebte zugenant, das Rathhauß allhie auf dem Marckt erbauet, daran sein hültzern Bildnuß mit deß H. Röm. Reichs Banner und andere der alten Grafen zu Würtemberg Bilder und Wappen, so Anno 1580 renoviert worden. Man hat folgende in demselben Hochzeiten, Täntz, Comoedien ec. gehalten, auch die Hochzeitsgast einlosiert und bewirtet. Es seyn in der Statt auch 2 Fürstlich Marställ. Item Roßzeugkammern und der neue Bau zur Fürstlichen Rüst- und Kunstkammer. Die Burgerhäuser seyn nicht sonderlich wol angelegt.

Es seyn in dieser Statt der 26 Thurnier gehalten worden. Und hat sie An. 1282 Kayser Rudolphus I. belägert, und sein Läger auf der Eßlinger Staig gehabt, daher noch daselbst die Weingärten auff der Wagenburg genant werden. Es hielten sich damals die Stutgarter mannlich, aber endlich wurde die Statt durch Graf Eberharden dem Kayser übergeben und die Sach vertragen.

Was das Fürstliche Schloß allhie anbelangt, so kompt man in dasselbe auß der Stadt über eine Brücken, so über den Schloßgraben gemacht ist. Davor heraussen zur lincken Hand, wann man hinein will, die Fürstlich Cantzley ist, in welche man über einen Gang auß dem Schloß gelangen kann. Es hat in diesem Schloß 3 Schnecken, eine zur Lincken im Hineingehen, neben der Küchen, die andere zur Rechten, wo die Capellen und darüber die Uhr ist. Und die dritte zwischen den andern beyden, die so breyt, daß zwey miteinander hinauff biß zur Ritterstuben reiten können. Zu unterst, wo dise letzte Schneckenstiegen, ist ein gar lange weite hohe Stuben wie eine Kirche, die man die Tyrnitz nennet, dieweil man etwan im Winter oder bey Regenwetter darinn turniert hat.

In den Graben umb das Schloß hat es zum theil Fisch, Schwanen und allerley Wasservögel, zum theil Kranich, Bären, so auffrecht gangen, als denen die vordere Füß gebunden waren, und andere Thier, vor disem gehabt, dieweil der Theil des Schloßgrabens gegen den Garten ohne Wasser ist, in welchen Garten man über eine andere Brücken auß dem Schloß kommen kann. In dem und bey demselben, vor dem jetzigen Krieg der Nördlinger Schlacht und darauff erfolgter Kayserlicher Occupierung diser Statt und des Schlosses, zu sehen waren : lustige Sommerhäuser, frische Brunnen, allerley wunderbarlich seltzam und frembde Gewächs, Baumgärten, Ballenhauß, das alte Lusthauß und gleich daran die alte Rennbahn, das Schieß- und Armbrusthauß, der Irrgarten mit einem lustigen Sommerhauß und Brunnenwerck, und andere gewaltige künstlich, herrlich und köstliche Sachen gehabt, welche folgends zum theil verwüstet worden, hinweg kommen und vergangen, zum theil noch stehet.

Anno 1508 ist ein so grosses Wetter allhie gewesen und hat von starcken Platz-Regen das Wasser die Statt so angefüllt, daß man vermeint gehabt, es würde dieselbe undergehen. Etliche Menschen und Viehe seyn ertruncken, auch ist die Stattmauer an etlichen Orthen eingefallen und seyn die Keller mit Wasser angefüllet worden. An. 1648 im Eingang des Monats Augusti hat es auff drey Meilen umb Stutgart ein unerhörtes Wetter gehabt, in welchem es stachlichte Steine zu 4 in 5 Pfunden schwer geworffen, das Getraid, viel Vieh und Menschen im Feld erschlagen, auch einen guten Theil Häuser beschädigte, von der Wassers-Noth allhie des Jahres 1652 ist in dem Schwäbischen Zeitbüchlein etwas einkommen. So hat auch diese Statt im nächsten Krieg nach der An. 1634 beschehenen Einnehmung wol etwas erlitten. Anno 1638 hat solche der weymarische General Tupadel occupirt und sich deßwegen die Kayserliche Regierung wider von hinnen weg begeben. Aber als hernach sie ihrem Erbfürsten Herren Eberharden wieder eingeantwortet worden, so erholet sie sich allgemach wider. So ist auch die Stiffts Kirchen allhie nunmehr völlig wieder in der Evangelischen Händen; wie dann vermög des General-Friedens hochernannt Ihro Fürstl. Gnaden alle andere Stiffter, Clöster und Oerter und also das gantze Hertzogthumb wieder restituirt worden.


 << zurück weiter >>