Matthäus Merian
Matthäus Merian

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Magdeburg

Maydeburg

Die Statt Magdeburg ist sehr alt, und wird dafür gehalten, daß diese weitberühmte Ertzbischoffliche und Hansee-Statt anfangs vom Druso erbauet worden, an dem Ort, da hernach S. Marien Magdalenen-Closter, in der Rinckmauren der Alten Statt, an S. Peters Kirchhofe neben der Elbe gestanden. Und soll der alte rothe Thurn, der aus gebranten Ziegelsteinen gemacht ist, noch von derselben alten Römischen Burg übrig seyn.

Der Nahm ist aus zwey Wörtern zusammen gesetzt, als Mägde und Burg. Nun ist der Römer Brauch gewesen, ihrer Götter und Göttinnen Tempel in oder neben ihre Burgen zu setzen und dieselben nach den Abgöttern zu nennen. Weyl denn bey der alten Römischen Burg allhie auch die Abgöttin Venus, welche auch Magada, wie Brotuff schreibet, geheissen, sampt den Gratiis, ihren Mägden gestanden und ihr auch sonsten Mägde zu Priesterinnen und Dienerinnen zugeordnet gewesen, ist kein Zweiffel, daß der Nahme Maydeburg oder Magdeburg von der Venere und ihren Mägden und der dabey ligenden Burg gekommen und der Statt biß daher geblieben sey.

Und diese Venus ist von den alten Einwohnern dieser Lande im Heydenthum, sonderlich allhie im Holtzkreis zwischen der Elbe, Bode, Saale, Aler und Ortha für eine Göttin geehret und angebetet worden, die Braunschweigische Chronick beschreibet obvermeldtes Venusbild also: Es stund auff einem gulden Wagen ein nackend Weib, mit klaren lieblichen Augen und gelben langen Haaren, so fein voneinander gekemmet waren und ihr biß in die Knie hieng. Auff ihrem Haupt trug Sie einen Krantz von Mirrhen mit roten Rosen umgeflochten, und auff ihrem Hertzen ein brennende Fackel und helle Strahlen. In ihrem lachenden Munde hielt sie eine beschlossene Rose, in ihrer rechten Hand die gantze Welt, in Himmel, Erden und Meer getheilet, und in der lincken Hand drey gulden Aepffel. Bey ihr auff dem gulden Wagen stunden ihre drey Töchter oder Mägde, die Charites oder Gratiae, die waren nackend und hatten einander lieblich in die Arme gefasset, und hielten einander mit abgewendeten Angesichten (welches bedeut, daß die Liebe blind ist) Gaben zu, nemlich drey gulden Aepffel. Für den gülden Wagen, darauff sie stunden, giengen zween weisse Schwanen und zwo weisse Tauben.

Und soll diese Venus in einem besonderen Tempel etwas weiter von der Burgk nach der Elbe abwärts gestanden haben, biß zur Zeit Caroli Magni, welcher diesen Tempel sampt der Venere zerstört und das Geld und Schatz zur Erbauung S. Stephans Kirche, die er dahin gelegt, wiederum angewendet hat. Welche Kirch aber sampt Magdeburg Anno 782 von den Wenden, Hunen und Böhmen in grund zerstöret und verbrannt worden. Darnach hat sich die Elb ergossen und was dem Feuer am Mauerwerck und sonsten entkommen war, vollends eingewaschen und niedergeworfen.

Folgende hat Kayser Otten deß Ersten Gemahlin Editta aus Engelland Magdeburg, deren Morgengab es war, mit Vergünstigung deß Kaysers Anno 940 zu einer Statt zu erbauen, und der Kayser Otto selbsten auch die Mauren um die Statt zu ziehen angefangen; aber dieselben bey seinem Leben nicht gäntzlich vollendet, sondern einen großen Schatz zur Vollführung deß angefangenen Wercks hinter ihm gelassen. Darum nachmahls Bischoff Gero, als deß Kaysers Testamentarius, sie folgende von solchem verlassenen Schatze vollenzogen hat.

Ums Jahr 936 hat gedachter Kayser allhie ein herrliches Closter S. Benedicti gestifftet, an der Stätte, da jetzund die hohe Stifftkirche oder der Dom lieget. Die jetzige Stifftkirchen aber oder der Dom zu S. Moritzen und S. Catharinen ist erst nach dem grossen Brande, der allhie Anno 1208 (al. 1210) gewesen, da die Stifft- und Pfarrkirchen abgebrandt seyn, erbauet worden. Anno 1211 ist das Fundament, vom Bischoff Alberto, gelegt worden. Von den 4 Thürnen, so er hat bekommen sollen, seyn die zween gegen Abend gelegen herrlich auffgeführet, die andere beyde aber gegen Morgen, hinter dem Chor, sind kaum auff die Helffte gebracht, wie zu sehen.

Die Kirche ist aus eitel Werckstücken, einer grossen Höhe und Weite und in zierlicher Proportion gebauet. Denn so hoch das Mittelgewölbe ist, so breit ist die Kirche an ihr selber, und so lang sie ist, so hoch sind auch die auffgeführte Thürme gegen Abend. Und haben diese Thürme ihre drey schichte Umgänge, von welchen man, im Papsttumb, das Heiligthum dem Volcke, so sich auff dem großen Platze für den Thume versammlet, mit grossem Gepränge am Tag S. Mauritii im Anfang der Heermesse gezeiget hat.

Und wird noch heutig Tags auff demselbigen Plan der grosse Magdeburgische Jahrmarkt oder die Heermesse gehalten, von welchem Jahrmarckt auch der Nahme deß Neuen Marckts gekommen, weil man sonst die andern Jahrmärckte und Wochenmärckt allein auff dem alten Stattmarckt hält. Und diese Heer- oder Herrenmesse, so jährlich von Mauritii an biß auf Michaelis gehalten wird, ist der Magdeburger bester Jahrmarckt.

In dem Dom seynd unweit von dem Chor zwey Gewölbe oder Keller beyeinander, der eine ist gantz finster und kan kein Licht darinn brennen, da man doch da keine Lufft spüret, so solches ausbläst; in dem andern ist es zwar liecht und brennt auch Liecht darinn, so mans anzündet, man fühlet aber einen stätigen Wind und Brausen darinnen, wie eines grossen Wassers, man kan aber gantz nichts sehen oder vernehmen, wo solches herkomme. Ferners seyn in dieser Kirchen, in einer sonderlichen Capellen zu sehen, die zehen Jungfrauen sehr köstlich und artig in Steine gehauen, also, daß die fünff Thörichten mit unterwärts gekehrten Lampen und weinenden Augen sehr kläglich anzusehen, hingegen die Klugen mit auffwärts brennenden Lampen und lachenden Gesichtern so artig gemacht seynd, daß wer es ansiehet, des Mitlachens sich nicht enthalten kann.

Magdeburg ist unter die fürnehmste Stätte in ganz Sachsen gezehlet worden, wie auch Johann Angelius Werdenhagen schreibet; Magdeburg seye in Sachsen eine ›Metropolis‹, mit herrlichen Privilegia vor andern Stätten. So seye dort auch ein Scabinatius oder Schöppen-Stuel, von dem nicht allein von den Sachsen, sondern auch den Böhmen, Pohlen, Lausnitzern, Schlesiern ec. in schweren Fällen vielmahls guter Rath und Bescheid abgeholet worden. Weßwegen auch des Rulands Bilde hieher kommen, als ein Weichbild, das ist eine solche Statua, dardurch angedeutet wird, daß an solchem Ort seye ein Mallstätt, da man frey Kayserlich Gericht hält.

Anno 1631 ist Magdeburg mit ganzem Ernst von dem Kayserlich- und Chur-Bayrischen Generaln, Herrn Johann Tscherclaes, Graffen von Tilly belagert und den 10., 20. May mit Sturm erobert worden. Es haben die Kayserischen, den Bürgern zum Schrecken, das Feuer an unterschiedlichen Stellen eingelegt und seyn dardurch sechs schöne grosse Pfarrkirchen beneben allen Stifften und Closter-Kirchen wie auch die Statt selbsten gantz in die Aschen gelegt worden, biß auf 139 Häuser, die mehrertheils am Fischer-Ufer gelegen und kleine Hüttlein waren, ohn etliche wenige an dem Dom und Lieben Frauen, welche beede Kirchen noch vom Feuer unversehrt geblieben. Sihe von solcher Belagerung und wie schröcklich in der Statt von den Soldaten gehauset worden, die davon vorhandenen Relationen. Tilly hat es die Magdeburger Hochzeit genannt.

Anno 1632 besetzte der Schwedische Feld-Marschall Johann Banner die Statt mit schwedischen Volck und seyn die überbliebene Bürger nach und nach wieder hierher kommen, denen die Benachbarte alle Hülff gethan haben. Wie dann die schöne Gelegenheit hierum, die Fruchtbarkeit und der Elbstrom den Inwohnern bald um etwas wieder hat auffhelfen können.


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