Matthäus Merian
Matthäus Merian

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Augsburg

Augspurg/Augusta Vindelicorum

Es ligt diese Statt auff einem lustigen Bühel, hat gegen Orient über den Lech das Bayrische Stättlein Friedberg, gegen Mittag die Algäuische Alpen und das Stättlein Landsperg, gegen Mitternacht die Thonau und gegen der Sonnen Nidergang stößt sie an die Marggraffschaft Burgau, und endet sich zu Augspurg das Schwabenland, darinn sie noch ligen thut. Hat eine freye heilsame Lufft und ist der Boden herumb gar eben und fruchtbar an allerhand Früchten, jedoch ohne Weinwachs. Hat umb und umb eine weitschweifige Weyd, ein feyst letticht Erdreich, lustige Felder, zum Gevögel und anderem Wildpret bequem, mit den schönesten Forsten umbgeben. Es wird diese Gegend ringsumb mit lustigen fliessenden Bächen von lauteren und klaren Brunnenwassern begossen, mit den schönesten Gärten und Lußthäusern darinnen gezieret.

Diese der Licatier Vindelicier Haupt-Statt, so Licatiorum Damasia vor Zeiten geheissen, haben die Römer eyngenommen und hieher ein Coloniam (oder Römisch erbauende Menge) 12 Jahr, zween Monate und siebenundzwantzig Tag vor Christi Geburt geführet. Und bekame sie vom Kayser Augusto den Namen Augustae.

Was den Teutschen Nahmen anbetrifft, so ist auß dem Augusta und Burg mit der Zeit Augspurg worden, so soviel als Augusti Statt heisset. Und ist denckwürdig, daß auß unzählbaren Stätten, welche deß Kaysers Augusti Nahmen hin und wieder in der Welt bekommen und für andern berühmbt gewesen, fast allein diese einige Statt noch übrig ist, so ihren Namen in so viel hundert Iahren nicht verändert hat.

Es führet die Statt zum Wappen ein Pine, Trauben oder Apfel, und ist zu vermuthen, weiln diese Landsart spitzige Nußbäume als Dannen, Fiechten, Fohren und Lerchenbäum hat, dessen zu gedencken eine dergleichen Frucht in das Statt-Wappen kommen seye.

Sie ist, von der oben gemelten Colonia an zu rechnen, ungefehr fünfhundert und fünffzig Jahr in der Römer und Gothen Gewalt gewesen, von denen sie unter der Francken Beherrschung kommen, biß daß das Römische Reich auff die deutschen Kayser gelanget, unter denen folgends diese Statt unter denen von ihnen gesetzten und belehneten Hertzogen in Schwaben gewesen ist, biß sie sich von dem letzten Conradino mit vilem Gelt frey gemacht und von den Kaysern hernach herrliche Privilegien erlanget hat.

Anno 1272 hat der Bischoff die Jurisdiction und zwey Jahr darnach noch viel andere Gerechtigkeiten mehr dem Rath umb eine benandte Summe Gelts und auff eine bestimpte Zeit verliehen und versetzt. Anno 1426 hat ein Rath allhie beym Kayser Sigismundo erlangt, daß die Vogtey der Statt Augspurg von keinen Kayser nimmermehr verkaufft oder verpfändet werden möchte. Anno 1551 gab Kayser Carolus V. der Statt das Privilegium, daß sie Zollfrey seyn sollte mit allen ihren Sachen, was sie dahin führeten und wie sie es gleich herbrächten.

Was aber sonsten das Regiment dieser weitberühmbten Reichs Statt betrifft, so ist solches vor Zeiten bey den Patritiis oder Geschlechtern gewesen, und wurden die beide Stattpfleger alle Jahr neu erwählet. Aber Anno 1368, als Graf Ulrich von Helffenstein Landvogt allhier waren, entstund ein Aufflauff von der Bürgerschaft und wurde darauff den Geschlechtern ihre Gewalt beschnitten und geordnet, daß die Geschlechter nicht allein deß Statt-Regiments wie bißhero fähig seyn, sondern hinfort in hundert Jahren und einem Tag (mit welcher Zeit der deutsche gemeinlich dasjenige, so ewig wären sollte, bestimpt) zween Burgermeister, einer auß dem Herren Geschlecht, der andere auß den Zünfften jahrlich erwöhlet würden, welche auch gleichen Gewalt hätten. Und solches Regiment währete biß auffs Jahr 1548, in welchem Kayser Carolus V. dasselbe wider änderte, hernach die Zünffte auffgehoben und die Zunfftmeister abgeschafft hat.

Von weltlichen Gebäuen ist sonderlich das gewaltige Rathhauß zu besichtigen, so man Anno 1616 zu bauen angefangen, dessen Säl und Zimmer auffs Stattlichst und über die massen zier- und köstlich erbauet und zugerichtet seyn. Und stehet bey diesem Rathhauß der künstliche Perlachthurn, so sonderliche Anzeig gewisser Jahreszeiten gibt, bey dreihundert Staffeln hoch ist, und man die Statt davon wol besichtigen kann. Und von diesem Thurn wird der Platz, darauff das Rathhauß stehet, der Perlach und insgemein Perle genant, von dessen Worts Ursprung theils meynen, er werde darumb der Berlach genant, dieweiln vorzeiten Bären allda auffzogen worden, wie noch etliche alte Gemälde außweisen.

Sonsten seyn noch zween stattliche Brunnen allhie, auf dem Weinmarckt und vor dem Korn- und Weberhauß, welches auch wol erbauet, weil die Weberzunfft die grösste allhie seyn solle. Als in welcher zu Kaysers Maximiliani deß Andern Zeiten 1600 Meister und darüber gezehlet worden, welche alle viel Knecht und ein groß Gesind zu halten pflegen, so allerley des hüpschten und besten Barchet und Pommesin bereyten und machen. Die Metzig ist ein Kayserlich Beneficium und wird den Bürgern dises Handwerck durch die Herren Truchsessen von Waldpurg verliehen.

Vor dem Jacober Thor und in selbiger Vorstatt ist die Fuggerey, daher den Nahmen, weiln Ulrich, Georg und Jacob die Fugger Gebrüder umbs Jahr 1519 etliche viel Gärten, Höf und Häuser erkaufft und hundertundzehn Gemach allda erbauet, darinnen allein haußarme Leut, so das Almosen nit nehmen, jährlich einer umb ein Gülden unterhalten werden. Zu Anfang des 1642. Jahres waren zweyundfünffzig Häuser, deren jedes hat zwey Gemach, das untere ein Höfflein oder Gärtlein, das obere aber darfür einen Boden. Gibt ein Gemach deß Jahres ein Gülden Zinß. Und wann ein Genoß von dem andern stirbt, so bleiben Wittiber und Wittib ohnvertrieben. Wann aber ein solche Person wieder verheiratet, so muß sie alsbald herauß.

Es haben sich in dieser Statt je und allezeit viel denckwürdige Sachen zugetragen, deren wir allein Kürze halber etliche weniger gedencken. Als daß man will, daß diese Statt Anno Christi 451 vom Attila übel verwüstet worden seyn solle. Zun Zeyten Kaysers Ottonis des Grossen ist sie von seines Sohns Luitolphi und Tochtermanns Cunradi rebellischen Anhängern eyngenommen und mit Schwerdt und Feuer übel zugerichtet worden. Besagter Kayser hat Anno 955 bey dieser Statt auf dem Lechfeld die Ungarn gäntzlich erlegt. Und weiln die Weberzunfft eines Ungarischen Obersten, so in der Schlacht geblieben, Schild und Waffen unter andern Beuten erobert, als führet sie dieselbige noch heutigs Tags in ihrem Wappen, und seyn der Schild und Helm mit roth und gelben Querstrichen abgetheilet.

Anno 1084 ist die Statt von Marggraf Leopold auß Oesterreich und Hertzog Hermann auß Schwaben zerrissen und zum guten Theil verbrant worden. Und kaum nach 4 Jahren hat Herzog Welph auß Bayern das übrige zerschleisst, verbrant, die Mauren eyngeworffen und dem Boden eben gemacht.

Anno 1415 seyn die Gassen und Strassen erstlich zu Augspurg gepflastert worden. Anno 1418 war es allhie gar wolfeyl, daß ein Pfund Rindfleisch 3 Heller, ein Pfundt Schmaltz umb 4 Pfenning, ein zweypfündig Maß Neckerwein umb 3 Pfenning, ein Karren voll Scheidtholtz umb 10 Groschen und 3 Hennen-Eyer umb einen Heller verkaufft wurden. An. 1420 sturben allhie an der Pest 16 000 Personen, item An. 1642 in die eylfftausend Personen, welche Kranckheit auch das folgend Jahr beynahend den vierdten Theil der Menschen hinweg genommen. Anno 1473 gab man ein Maß Wein umb 3 Pfenning und seyn selbiger Zeit 120 Wirth oder Weinschencken allda gewesen. Drauff Anno 74 die Schenckmaß kleiner gemacht worden.

Von Ostern Anno 1559 biß Ostern 1560 und also in einem Jahr wurden allhie dreyzehentausend Ochsen geschlachtet. Es war gleichwol auch in besagtem 59. Jahr ein Reichstag allda. Anno 1565 war die erste Leichpredigt bey der Begräbnuß Thomae Stahls allhie gehalten. Anno 1632 ist diese Statt im Aprilen vom König Adolpho auß Schweden belägert und eyngenommen, folgends aber von den Kayserischen Anno 1634 und 35

also blocquirt gehalten worden, daß sie sich wegen grosser Hungersnoth hat ergeben müssen.


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