Matthäus Merian
Matthäus Merian

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Regensburg

Ingramsheim / Reginbirg / Ratispona

Woher diese alte und berühmbte, deß Heil. Röm. Reichs freye und in dem Bayrischen Crayß einige Statt, ihren Nahmen führe, seynd die Skribenten nicht einhälliger Meynung. Etliche sagen, man finde, daß im 14. Jahr vor Christi Geburt, des Kaysers Augusti Stieff Sohn Tiberius diese Statt entweder über die Thonau gegen Mittag, wie sie jetzt stehet, versetzt, und von neuem gantz erbauet, oder aber das Dorff oder Flecken, so allbereit da gestanden seyn möchte, den Teutschen mit Gewalt abgezwungen, erweitert, »Augustam Coloniam Tiberiam« genandt, und ›Legionem quartam Italicam‹ dahin verordnet habe; wie zwei alte Schrifft, eine am äussersten Thurn der steinern Brück, die ander in eim Thurn bey Weichsant Peter Thor bezeugen; und seye dieser Orth hernach von dem gleichen Römischen Kriegsvolck bey 521 Jahren aneinander bewohnet worden.

Andere aber wiederlegen solche Meynung und sagen, daß Tacitus, zu seiner Zeit, nur ein »Coloniam« in ganz Rhaetia, nemblich Augspurg, setze. Theils wollen, sie seye vom Teutschen König Hermann, andere, vom Ingram erbauet, und daher Hermannsheim oder Ingramsheim, und von den Germanen auch Germannsheim genandt worden; aber alles ohne Grund. In den Tabulis wird sie Reginum, in der Notitia Imperij aber Vastra Regina, vom Wasser Regen, so daselbst unterhalb der Statt in die Thonau fleusset, geheissen; wiewol etliche der Meynung, als sollte sie von Herzogs Diethen in Bayern Gemahlin Regina, Reginbirg oder Reginoburgum, ein an der Regina festes wolverwahrtes Hauß oder Schloß, seyn genandt worden.

Sie wird auch von etlichen Regina, Reginopolis, von den Rhaetis Rheatobona, heutig Tags aber lateinisch Ratispona geheissen; weil sie zur Schiffahrt tauglich ist, und man die Schiff und Flöß allda wol anlegen kann.

Im übrigen ist es unleugbar, daß die Römer solche Statt lang inngehabt, bis sie etwan umbs Jahr Christi 508, wie theils wollen, der Bojer Hauptstatt und eine Wohnung der alten Bayrischen König und Fürsten worden, auch in solchem Stande, bis auf Kaiser Friederichen den Ersten verblieben ist; und noch heutigen Tags für die älteste Statt in Bayern und an der Thonau gehalten wird, allda sich etwan unterschiedliche Völker auffgehalten, von denen theils Gassen und Strassen noch heutig Tags als der Engelländer, Italianer und vieler andern mehr ihren Nahmen haben.

Und ist die Gelegenheit, ein grosse Menge Volcks allhie zu erhalten, gar gut. Denn oberhalb gegen Nidergang fallen die Laber und Nab in die Thonau, deren die erste gute Fisch und Krebs hat, die Nab aber, wie auch obgedachter Regen, schiffreych sein. Ueber gemelten Regen ist vor Zeiten eine steinerne Brücke gewesen, die aber im Jahr 1573 durch ein grosses Gewässer eingeworffen und meistentheils zu Grund gangen, und jetziger Zeit mit Holtz überlegt ist, wiewol noch etliche steinerne Joch von der steinern Brücken daselbst gesehen werden. Ueber die Thonau aber geht noch ein steinerne Brücken, von welcher unten gesagt wird.

Es hat umb die Statt gar einen geschlachten und fruchtbaren Boden, Weinwachs, gute Viehweyde und einen gewaltigen Traydboden. Die schöne Gärten aber, so es vorhin umb die Statt gehabt, seyn, neben den Bäumen und darunder den zweyen grossen Linden Bäumen vor St. Jacobs Thor – da der schöne Schießplatz gestanden, auff welchem man mit dem Stahl zu schiessen pflegte, und der mit einem lustigen Garten und schönem Hauß eingefasst war – in dem jetzigen deutschen Krieg und dieser Statt Belagerungen sampt dem Siechenhaus, der Kirchen und dem Freudhoff, zu S. Lazarus genandt, da viel vortreffliche Epitaphia gestanden, alles drauffgangen und abgebrandt worden. Und war da vorhin, gegen Nidergang, die Vorstatt an der Thonau, in welcher die Haffner, Schiffmacher, Ziegelbrenner ec. wohnten, darvon zwar der Platz noch zu sehen, das ander aber alles liegt im Staub und der Erden gleich, wiewol man hofft, daß es wider mit der Zeit in den alten Standt gerichtet werden möchte.

Was besagte steinerne Brück anbelangt, so ist solche under den drey fürnembsten in Teutschland eine, die vor die stärckste derselben gehalten wird, dergleichen über die Thonau und Rheinstrom keine zu finden. Sie ist durch Hertzog Heinrichen dem Zehenden in Bayern von den Bürgern zu Regenspurg im Jahr Christi 1135 zu bauen angefangen und 1146 vollendet worden. Hat 15 weiter und hoher Schwibbogen von lauter grossen Quaterstücken gegen der Thonau, mit dreieckichten auch mit dergleichen steinern aufgeführten Pfeilern wol verwahret, daran sich das Wasser und im Winter das Eyß zerstößt und mit schnellem Lauff und grossem Geräusch hindurch fällt. Die Wahrzeichen seyn das kleine blosse und gleichsamb auß dem kalten Bad der Thonau heraufflauffend steinern Männlein, das auf einer Schleifmühle sitzet, und in einer Hand einen Zettel hat. Ferners ist auch ein Wahrzeichen der groß und kleineste Stein ineinander, damit der Brückmeister anzeigen wollen, der grösst und kleinst außgehauen Stein an dieser Brücken habe einer die Form wie der ander. Und man vermeynt, daß wer solches Werck nicht weiß oder dessen Ursach geben könne, derselbe sey zu Regenspurg nicht gewesen.

Weilen Regenspurg vor Zeiten eine gewaltige Handels- und viellange Jahr die Hoff-Statt der Bayerischen, und die Bischoffe und andere vornehme Herrn stäts umb die Hertzoge gewesen, so haben dieselbe als der von Saltzburg, Brixen, Passau, Freysing, Augspurg, Aichstatt, Seccau und Bamberg grosse und ansehnliche Palläst, ingleichem auch andere Herren weite Häuser und Gebäu mit ihren hohen Thüren, wie noch zu sehen, erbauet. Hat einen grossen Adel und viel alte Geschlechter allhie geben. Und weiß man, daß umbs Jahr 1320 der Rath meistentheils von Adels-Personen besetzt gewesen, deren Geschlecht noch neulich etliche in der Pfaltz und Bayern gewohnet.

Es hat auch allhie ansehentliche Zeug- und Kornhäuser oder Speicher, sondernlich den Traidkasten, »Lär den Beutel« genandt, Saltzstädel, Fisch-, Korn-, Obst- und Holtzmarckt, Fleischhauß, Ballenhauß, stattliche Gasthäuser, lustige Gärten, schöne gemeine Bäder, grosse und weitere saubere Gassen und Plätz, in denen fast überall Röhrkästen mit springenden Wassern gefunden werden.

Im Rathauß ist ein schöne weite Saal zu sehen, auff welchem der Kayser sampt Churfürsten und anderen Ständen deß H. Röm. Reichs sich zu samblen pflegen, und da ein lustiger Prospekt biß auf den Platz ist, da die Wänd umb und umb mit herrlichen Tapezereyen und gestickter Arbeit umbhänget, die Stül und Bänck mit gülden, silbern und sammeten Stücken überlegt und alles auffs prächtigst pflegt gezieret zu seyn. In der Rathstuben ist unter anderm auch ein fein Kunststück und Abbildung der Tugenden, so zu einem wolbestallten Regiment gehören.

Ehe man zur Rathstuben hineingehet, stehen auff einer schwartzen Tafel folgende Reimen, mit güldenen Buchstaben geschrieben, dardurch die Herrn des Raths gleichsamb täglich ihres Ampts erinnert werden:

Ein jeder Rathsherr, der da gaht,
Von seines Ampts wegen in den Rath,
Soll seyn ohn alle böse Affect,
Dardurch sein Hertz nit werd bewegt,
Als Freundschafft, Zorn und Heuchlerey,
Neyd, Gunst, Gewalt und Tyranney,
Und seyn durchaus ein gleiche Person,
Dem armen und dem reichen Mann,
Durch Sorgen für die gantze Gemeyn
Derselben Nutz betrachten rein.
Dann, wie er richten wird auff Erden,
So wird ihn Gott auch richten werden
Am Jüngsten Tag nach seinem Rath,
Den ewig er beschlossen hat.


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