Matthäus Merian
Matthäus Merian

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Hamburg

Hammeburg / Hainburg

Woher dieser weltberühmten Statt Nahmen komme, seyndt die Skribenten unterschiedlicher Meynung. Theils führen denselben her von den Hammen oder Schuncken oder geräuchertem Schweinen Fleisch, welches die Benachbarte häuffig dahin gebracht und den Schiffleuthen, so sich allda auff die Meerfahrten proviantirt, verkaufft haben. Ein anderer wil, daß dieser Nahm eine Burg am Hammen oder Lande der Elb bedeute. Und dann, so vermeynt Dresserus, daß solcher Nahm vom Wörtlein Hain, das ist ein Luft- oder geheiligter Wald, herkomme, und Hamburg soviel als Hainburg seye.

Wie dann andere auch wollen, das dieser Statt ihr Nahmen von dem Wald Hamme, so vor Zeiten zwischen den Wassern Bille und Alster gewesen, herkommen seye, welchen die Herren von Hamm innen gehabt und bey Regierung Kaysers Carls des Grossen an diesem Orth ein Schloß erbauet, welches Hammeburg oder Hamburg genannt worden.

Theils sagen, es seye diese gewaltige Gewerb- und Hanse-Statt das Haupt in gantz Nord-Albingen, und vor Kayser Carls des Grossen Zeiten, unter dem Nord-Albingischen Hertzog Albione, so mit dem König Witekindo zu Minden getaufft worden, nur ein Dorff gewest. Aber als Anno 735 nach dem Tode dieses Albions Kayser Carl den Uchonem solcher Handschafft vorgesetzt, Hamburg von demselben Anno 788 oder 89 zu befestigen angefangen worden, damit der Heryog allda sicher wohnen möchte, dann er des Kaysers Stell vertreten und sein Amptmann da gewesen. Und als die Wenden Anno 810 die Statt gantz zerstört, habe sie im folgenden Jahr gedachter Carolus M. wieder erbauet, und sein Sohn Ludovicus Pius sie zu einer Haupt-Statt gemacht und ihr Ansgarium ums Jahr 833 zum Ersten Ertzbischoff gegeben, nachdem allbereit vorher in diesen Landen durch etliche das Evangelium gepredigt worden.

Kayser Ferdinandus II. hat des Kaysers Friedrich I. Privilegium der Statt, daß sie zu ewigen Tagen auff der Elbe von Hamburg aus biß in die offene See mit keinen Zollen belegt werden solle, gegeben, extendiert. Entgegen sollen die von Hamburg schuldig und pflichtig seyn, solchen Elbstrom von der Statt Hamburg biß in die offene See von allen Meerräubern, auch deß Kaysers und deß Reichs Feinden widerwärthigen Schiffen so viel sie vermögen, rein zu behalten, zu schützen und zu defendieren.

Vom Kayser Friderico III. ist Hamburg privilegirt, daß niemand den Elbstrom auff- oder ab, weder Weitzen, Korn, Rocken, Gersten, Mehl noch andere Getreyd, auch weder Wein noch Bier noch sonst gar keine Waaren für der Statt vorbeyführen, sondern solche Waaren allda auszulegen oder zu verkauffen und zu verhandlen schuldig seyn solle. So vermag auch Hamburg vermög zweyer Privilegien, ihr von den Kaysern Sigismundo und Friderico gegeben, neben der silbern auch güldene Müntz schlagen.

Von Geschichten und Händeln, so allhie vorgeloffen, wie nemblich die Statt anfangs etlichemal von den Heydnischen Völckern verheeret, die Lehrer der Christlichen Religion von hinnen in die benachbarte Länder und übers Meer seyn geschickt worden; wie Anno 1181 Hamburg mehr als halb ausgebronnen und viel Menschen in dem Feuer todt geblieben; wie im Jahr 1335 ein großer Aufflauff allhie wegen der Geistlichkeit, die sich wider die Weltliche Obrigkeit gesetzt, gewesen, und vielen dergleichen mehr siehe des Albertum Crantzium, des Johan Petersen und Andrae Angeli Hollsteinische Chronicken. Denn alles allhie einzubringen, diese der Statt Beschreibung zu weitläufftig machen würde, sonderlich weil noch ein mehrers von ihrer Gelegenheit und was allhie insonderheit zu sehen zu vermelden übrig ist.

Es ligt aber Hamburg 10 Meilen von Lübeck und eine gute Meil von Stillhorn, einem beschlossenen Land und Insul in der Elb. Ist eine schöne und ansehnlich Stadt, die jetzt in die alte und Neue getheilet wird, darzwischen inwendig ein Wall ist, beide aber wol befestiget seyn und wegen der hohen Thürnen fast nur eine Stadt zu seyn scheinen. Auf beiden Seiten, sonderlich auss der, daran die Elb herfließt, ist ein über die massen lustiger Prospekt hinauß. Dann da ist der breite Fluß, die Thäler und die Wälder, von Mittag, item die Stättlein, Märckt und Dörfer, so herumb liegen, mit sonderbarer Anmüthigkeit von den Wällen und hohen Orten zu sehen. Gegen Mitternacht hat sie auch nicht weniger ihre Lustbarkeit, dieweilen daselbsten die Alster in die Stadt kompt, welcher Fluß ihr viel gute Gelegenheiten, der Mühlen halber, bringet, damit ein so grosse Menge Volcks, dergleichen in keiner Stadt Teutschlands ist, mit Meel versorget werden könne.

Zu Franckfurt am Mayn gibt, wann es wol und friedlich stehet, in den Messen eine mächtige Anzahl Volcks, aber zu Hamburg ist schier täglich Meß, dieweil von unterschiedlichen Orten und Ländern viel Güter und Waaren hieher gebracht. Wer umb den Mittag oder auff den Abend in die Burs oder Börß (ein zierlich Gebäu, so theils bedeckt, theils offene Spatzier-Plätz hat) gehet, der wird sagen, daß täglich mehr als ein Leipziger Meß da seye und daß kein dergleichen Zusammenkunfft der Kauffleute geschehe, da nicht etlich Tonnen Goldes werth Waaren kaufft, verkaufft und vertauscht werden. Wie man dann von zwölff Haupt-Schreibstuben gesagt hat, in welchen allezeit zur Notturfft Gold und Silber vorhanden gewesen, und sonders Zweiffels noch einen Kauffmann, der etwan zu einem wichtigen Handels Gelts bedörfftig, damit zu helffen. So ist auch, auf dem Rathhause ein offentlicher Geltkasten, so sie nach Art der Amsterdamer, Venediger und anderer den Bancum oder Banco nennen, in welchem zu allen Zeiten auff gewisse Versicherung man den Jenigen, denen man trauen darff, grosse Summen Gelts fürstrecken thuet. Und solche Erfindung ist der Statt, dem gemeinen Mann und der Gewerbschafft sehr ersprießlich. Und kan einer, der gern sein Gelt in Sicherheit und Verwahrung hätte, es dahin bringen oder legen. So hat die Admiralität auch ihre Gelter, so die Kauffleuthe freywillig zusammen tragen, damit Munition erkaufft und die Schiffe nach Spanien wider die Seeräuber versichert und versorget werden. Und hat dannenhero, wegen der Kauffmannschaft und auch der Menge deß Volcks E. E. Rath ein großjährliches Einkommen.

Ferners hat diese Stadt auch ein feines Gebiet und in der Elb etliche Insuln, auch nutzbare Aempter oder Vogteyen am Gestade der Elb, umb die Alster, die Bilda und anderswo. Und hat sie sonderlich auff der Elb, nahend Winsen, einen Zoll mit der Ueberfahrt, so ein nicht geringes Regale ist, und welcher berühmter Ort wegen des besagten Zolls der Tollenspicker genant wird.

Der fürnehmste Theil der Alten Statt ist bey S. Peter, der ander bei S. Catharina, der dritte bey S. Niclas und der vierdte bey S. Jacob, so fast der allerweitigste Theil ist. Aber in der Neuen Statt ist zu S. Michael, da die gantze Gemein zusammen kompt, noch viel ein grössere Weite. Beide Stätte haben in ihrem Umbkreise 21 Bollwercke, so man Castellen nennet, deren 16 groß und gar sichtbar, die übrige fünff aber nicht so groß, gleichwol mit dem Wall gar fest umbgeben.

Es seynd in der Statt viel Brücken, weiln, wegen Anlauffs der Elb und der Alster Durchgang, die Statt in etliche Insuln unterschieden ist, deßwegen sie auch etlichmal in etlichen Gassen grossen Schaden von dem außfliessenden Wasser erlitten, welches meistentheils geschiehet, wann im Neumonden der Abendwind ein schweres Wetter erreget, da des Meeres Ab- und Zufluß sich gantz scheinbarlich sehen läßt, daß alle Tag in 6 Stunden und einer Viertelstund das Wasser zu und in soviel folgenden wieder abnimmt. Deren Zeit Gelegenheiten nicht allein die Schiffleute, sondern alle daran wohnende und die Fischer gar fleissig in acht zu nehmen und die Schiffahrten füglich anzustellen wissen. Der Abfluß wird von ihnen Ebbe und der Zufluß Fluet genant.

Auf dem Wall kan man die Statt in einer Stund kaum herumb gehen. Und hat sie doch nicht mehr als vier Thor, nemlich: gegen Abend in der Neustatt das Altenauer Thor, zu welchem man aus der alten Statt durch das Millerthor, wie es insgemein genent wird, kommen thuet. Das andere Thor, gegen Mitternacht, heißt Dam-Thor oder Porta valli. Das dritte liegt gegen Morgen und wird das Stein-Thor genant. Das vierdte, gegen Mittag, so Dihiane geheissen wird und neben dem Elbgestade gelegen ist.

Es seynd allhie die Gassen meistentheils krumm, die mit ansehnlichen Häusern gezieret. Die Statt-Gräben umb den Wall seynd also tieff und weit, das sie Einem, der erstlich hinabsiehet, einen Schrecken einzujagen beduncken, daher auch die Brücken bey den Thoren auf sehr grossen Bäumen und Balcken liegen, und seyn die Bollwercke am Wall wie die Berge, sonderlich auf der Seiten, da man von Altenau zur Statt reiset, anzusehen. Dieses verwunderliche Werck ist erst vor kurtzer Zeit angefangen und meistentheils innerhalb vier Jahren zu Ende gebracht worden. Darauß dann der Statt Macht und der Burger Reichthum zu ermessen. Ist alles nach der Meßschnur und Baukunst auffs genauist und fleissigst verfertigt, also, daß man dafür halt, es habe Hamburg ihresgleichen von grossen Stätten, so also fest erbauet wären, in Teutschland nicht.

Wassers hat sie genug und gehen noch darzu künstliche Laitungen unter der Erden aus Altenau biß in die Statt. Der Häuser, darinn Bier gesotten wird, ist ein grosse Menge, welches vor andern eines so lieblichen Geschmacks ist, daß es allenthalben in den benachbarten Ländern am meisten geliebet wird, sondernlich in Holstein, da man vermeynet, daß man ohne Hamburger Bier nicht leben könne. Es wird auch dasselbe zu Lübeck hochgehalten.

Sonsten findet man zu Hamburg fast alles, so man begehrt, auch gute Schnabelweid und Leckerbissen. Und haben die Inwohner, nachdem die Holländer wegen der Kauffmannschaft ihre Haußhaltung aufgemachten Vertrag mit der Obrigkeit allhie angestellt, auch angefangen, allerley Küchenspeise in den Gärten zu pflantzen; also daß an diesem Ort für anderen benachbarten Stätten am besten zu leben ist. Wie man dann auf unterschiedlichen der Statt-Plätzen oder Märckten von Morgens frühe an biß auf den Abend alles zu kauffen findet, was man in der Küchen an allerhand Früchten und unterschiedlichen Fischen bedarff. Und bringet sonderlich die Menge der Schiff aus unterschiedlichen Theilen der Welt so viel Kauffmanns-Waaren, daß dieselbe von hinnen durch gantz Deutschland verführet werden.


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