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Dreizehntes Kapitel

Droben schloß Nora sich in ihrem Ankleideraum ein, sie verband sich mit der Central-Bar. Lange antworteten ihr nur Jazzmusik und ein wüster Knäuel menschlicher Laute. Sie hörte weiter, hörte immer weiter: ›Stirb! Keine Zeit! Keine Zeit! Stirb! Mein ist der Rest des Lebens, stirb!‹ … Endlich meldete sich Mulle. Er blieb völlig unverständlich, begriff auch kaum, was sie von ihm wollte, und fragte nicht erst, wer sprach. Er äußerte die Absicht, eine Bardame an den Apparat zu rufen.

»Hüten Sie sich!« warnte Nora mit furchtbarer Eindringlichkeit. »Sie kommen hierher, ohne daß ein Mensch davon erfährt, oder Sie sind verloren.«

»Wa – was?« machte er mit erwachendem Verständnis. »Sie wollen meckern? Wanze!«

Aber nichts konnte sie abstoßen.

»Sie gehen sofort in das Haus des Generaldirektors Schattich. Sie finden es offen, im Lift werden Sie erwartet.«

»Was bekomme ich dafür?«

»Tausend Mark«, sagte sie.

»Her mit der Marie!« rief er.

Sie glaubte, er spräche von ihrer Zofe.

»Im Augenblick ist sie nicht da.«

»Nicht zu machen!« brüllte Mulle und hängte ein. Sie sagte sich, daß er sogleich selbst wieder anrufen werden – und zwar bei ihrem Mann. Sie verband sich nochmals, dieselbe Stimme forderte:

»Tausend in bar!«

»Gut, kommen Sie!«

Nora hatte sich noch nie in ihrem ganzen Leben heimlich über einen Treppenflur geschlichen. Sie tat es kaltblütig und mit Umsicht; sie erreichte den Fahrstuhl. Die Haustür war, wie sie vorausgesehen hatte, nicht verschlossen; heute abend sollte man unbemerkt aus- und eingehen können. ›Jetzt bekomme auch ich meinen versteckten Gast‹, dachte Nora, indes sie sich überzeugte, daß Schneider Landsegen und Frau wohl in ihrem Hinterzimmer noch Licht brannten, selbst aber unsichtbar blieben. Nur der Schatten der Frau fiel umfangreich auf eine Wand. Nora verschwand wieder im Fahrstuhl.

Hier wurde ihr heiß und kalt, denn im ersten Stock versuchte jemand, den Fahrstuhl aufsteigen zu lassen. Endlich benutzte er die Treppe; inzwischen fuhr Nora zurück in den dritten Stock. Sie horchte, die Haustür schloß sich drunten langsam. Es schlug ein Uhr … Sie kehrte um. Als sie den Fahrstuhl öffnete, sprang eine Gestalt zu ihr hinein. Das mußte er sein; sie drückte auf den Knopf.

Über den Flur und durch die Zimmer folgte der Mensch ihr so lange lautlos, bis er unvermittelt ein furchtbares Gepolter anstellte. Sie sah sich um: er war trotz hellster Beleuchtung über ein Möbel gefallen.

»Passiert mir heute zum erstenmal«, sagte er gekränkt.

Sie führte ihn bis in ihren verschwiegenen Ankleideraum und drehte den Schlüssel um.

»Wo bleibt die Marie?« fragte er nachdrücklich. Da er die entsprechende Bewegung machte, verstand sie ihn diesmal. Einer Schieblade entnahm sie das Geld.

»Geht in Ordnung«, sagte er und wollte schon wieder fort. »Sie haben ja zugeschlossen. Sie, das verbitte ich mir. Was wollen Sie überhaupt?«

Der Mensch nahm Kampfstellung ein. Gleichzeitig mußte er aufschlucken. Ihr wurde klar, daß sein ganz flaches Gesicht naß und bleich war. Die Haare klebten darin, die Augen wurden mit Anstrengung aufgerissen. ›Er ist betrunken‹, dachte sie. ›Um so besser. Er wird nicht wissen, was er tut.‹

»Kennen Sie Generaldirektor Schattich?«

»Nu na nee.«

»Hassen Sie ihn?«

»Bewahre. Er hat mir doch bloß mein Erbteil geklaut.«

»Ihnen auch. Das interessiert mich, wie machte er das?«

»Fast ganz schmerzlos. Ich kam ins Waisenhaus und meine Mama ins Irrenhaus.«

»Hatte sie denn Geld?«

»Aber er. Und wenn er sie geheiratet hätte, wär ich nicht arbeitslos.«

»Sie sehen nicht aus, als ob Sie gern arbeiten«, sagte sie ungeduldig.

»Sie auch nicht«, ergänzte er. »Meine Mama, die war doch noch Waschfrau.«

»Sie dachten, eine Waschfrau würde er heiraten?«

»Was denn! Er hat doch ihre Schwester geheiratet.«

Hier sah sie, daß der Mensch nicht nur betrunken war. Er hatte Wahnvorstellungen.

»Können Sie mich erkennen?« fragte sie. »Wie sehe ich aus?«

»Knorke.«

»Glauben Sie, daß Ihre Tante so aussieht?«

»Wenn ich besoffen bin. Heute saufe ich seit gestern. Wen stellen Sie überhaupt vor? Was bilden Sie sich ein, wollen Sie mich veräppeln?«

Er stürzte vorwärts; schnell brachte sie zwischen sich und ihn den beweglichen Türflügel eines Garderobenschrankes, und er stieß auf sein eigenes Spiegelbild.

»Auch nicht wahr!« fauchte er wütend und begann im Zimmer nach ihr zu suchen. »Sie war gar nicht da. Dafür mache ich sie kalt, wenn sie doch wieder vorkommt!« versprach er laut.

Zuletzt stieg er in den Schrank; mit Schrecken sah sie ihn unter ihren Kleidern hausen. Indes fand er drinnen nicht Platz genug, um zu schlafen, er wählte dafür das zierliche Sofa mit der hohen Lehne aus vergoldetem Rohr. Er schnarchte – fuhr aber in den Sitz und rieb sich die Augen. Sie stand hinter der hohen Lehne und richtete auf ihn einen kleinen Revolver.

»Nehmen Sie das Ding weg!« rief er, die Hände erhoben.

»Ich zeige es Ihnen nur, damit Sie ruhiger werden.«

Er war auf einmal viel nüchterner.

»Wie komme ich überhaupt hierher?« fragte er. Sie antwortete geistesgegenwärtig: »Wahrscheinlich habe ich Sie bei einem Einbruch überrascht. Darauf haben Sie die Ausrede gebraucht, daß Sie hier Ihre Tante suchen.«

»Quatsch!« sagte der Mensch, stand auf und grub die Hände in die Hosentaschen. »Tante ist nicht hier, er hat sie eingesperrt.«

»Erst geheiratet, dann eingesperrt?«

»Den kennen Sie nicht!«

Sie kannte ihn. Aber sie fragte: »Wer hat es Ihnen erzählt?«

»Jemand … Mama«, sagte er nicht sicher genug.

»Die sitzt doch selbst im Irrenhaus?«

»Eben darum. Wenn er mich fängt, läßt er auch mich verschwinden. Aber mich kriegt er nicht. Ich gebe mich ihm nicht zu erkennen als seinen leiblichen Erben. Ich arbeite im geheimen und unterirdisch an seinem Untergang. Plötzlich springe ich aus meiner gedeckten Stellung und erledige ihn.«

»Wie kommen Sie dazu?«

Er wuchs vor Entrüstung.

»Ich soll nicht für mein Erbteil kämpfen? Mein Eigentum ist mir heilig, verstehste. Der Sozialismus kann mich von hinten besehen. Wo es sich um mein rechtmäßiges Erbe handelt, da kenn ich keine Schwachheit, da geh ich bis zur Gewalt.«

Sie hatte längst die Waffe gesenkt, so sehr staunte sie. Hier lernte sie eine neue Art von Feinden Schattichs kennen – jene, die sich mit ihrer Einbildung an ihn und seine Erfolge hängten. Der Haß und die Begierde eines solchen Menschen brachten ihn endlich dahin, sich für den natürlichen Sohn des Reichen zu halten, und was jetzt in seinem dumpfen Geist sich ausbreitete und den Menschen zu allem fähig machte, war die allen eingewurzelte Liebe zum Erbe … Dabei hörte sie in ihrem eigenen Kopf noch immer dies ›Stirb! Keine Zeit! Stirb!‹ Sie betrachtete den Menschen verständnisvoll und aufmerksam, wie vorher nie. Er mißverstand sie, er versuchte eine zärtliche Annäherung! Sofort hob sie wieder die Waffe.

»Na, na«, machte er. »Wir gehen doch einig. Zeigen Sie mir mal, wo er schläft! Ich erledige ihn, hole mir seine Marie, und wir machen Kippe.«

»Wenn Sie sich an ihm vergreifen, ich habe Sie gewarnt!« sagte sie eindringlich, ja, fast echt – aus Freude, weil sie abraten konnte, wo sie doch hatte anstiften gewollt. Sie bekräftigte und wies in irgendeine Richtung, wo Schattich nicht war.

»Einen Schritt weiter, und ich rufe um Hilfe.«

»Mach ich gleich auch dich kalt« – er knirschte. »Jüngster Doppelmörder! Rekord!«

Das leichte Sofa schnellte von ihr weg unter seinem Fußtritt, sie stand ohne Deckung; schon war er über ihr, der Revolver schlug auf den Teppich, sie selbst wälzte sich am Boden und mit ihr der Mensch. Sie fühlte: ›So mußte es kommen.‹ Entfernt hörte sie auch jetzt noch: ›Stirb! Keine Zeit! Rest des Lebens! Stirb!‹ Aber es wurde übertönt von dem Gefühl: ›So mußte es kommen. Das Ende einer wirklichen Dame.‹

Sie hörte ihn die Tür zuwerfen und blieb liegen mit geschlossenen Augen. Sie hatte nicht die Absicht, sie jemals wieder zu öffnen. Ein Gedanke ließ sie den Kopf heben, horchen, auffahren. War dies tatsächlich der bewußte Mulle gewesen? Jemand sprang damals zu ihr in den Fahrstuhl, lag keine Verwechslung vor? Ein Traum war über Nora hingestürmt … ›Stirb! Keine Zeit!‹ hörte sie. Der schreckliche Traum ging weiter.

Mulle seinerseits polterte schon längst die Treppen hinunter. Es war dunkel, er suchte auch keinen Lichtschalter. Ihm war es einzig darum zu tun, sich von einem Gedanken zu befreien. Während er die Frau in seinen Armen gehalten hatte, war ihm jäh aufgegangen, wer sie sein mußte: die Frau Schattichs – und daher seine Tante! Er polterte durch das Dunkel, erfüllt von dem einzigen, mit jedem Atemzug anschwellenden Drang, es hinauszuschreien – und schon schrie er es auch hinaus »Ich habe meine Tante vergewaltigt!«

Die letzten Stufen gelangte er kopfüber hinunter, aber kaum daß er auf festen Boden stieß, und Mulle schrie schon wieder. Eine Lampe leuchtete auf, als er die Haustür suchte. Landsegen und seine Frau ließen sich aus Vorsicht nicht blicken, dennoch wollten sie feststellen, wer derartiges hier schrie. Sie erkannten ihren Freund und waren bestürzt: dadurch ging Zeit verloren. Der Schneider äußerte: »Er schreit so, ich will ihn lieber reinholen.« Mit einem bösen Blick auf die Frau: »Wegen seiner Tante!«

Als Landsegen aber, zur Not bekleidet, die Haustür erreicht hatte, war Mulle längst draußen. Das übermächtige Bedürfnis, sich mitzuteilen, trieb ihn um den nächtlich vereinsamten Heumarkt, bis er an der Ecke das Auto entdeckte. Zwei Männer bestiegen es grade.

»Ich habe meine Tante vergewaltigt!« rief Mulle in vollem Lauf.

Sie ließen ihn herankommen.

»Dauernd beschickert, Mulle?« fragten Emanuel Rapp und Ehmann.

»Was heißt hier beschickert. Das Schlimmste, was bei mir vorkommen konnte, hab ich getätigt.«

»Du hast wirklich deine Tante –? Woher kommst du eigentlich?«

»Von Generaldirektor Schattich«, erklärte Mulle mit einer Regung von Stolz.

»Was kann es gegeben haben?« fragten die beiden Reisenden einander. »Pack mal schnell aus, Mulle! Wir müssen losfahren, keine Zeit.«

»Sie hatte einen Rücken – riesengroß, nahm gar kein Ende; dafür aber keine Nase, oder nicht der Rede wert. Was ich mir von die Beine bekiekt habe –«

Ehmann machte seit kurzem sein spitzes, ruheloses Gesicht, und die Augen begannen hervorzuquellen.

»Das ist immerhin wissenswert«, sagte er.

»So 'n Dollbrägen?« fragte Emanuel.

Hier mischte Schneider Landsegen sich ein.

»Meine Herren, Finger von weg!« Er erhob den dicken Zeigefinger. »Da könnte allerhand auffliegen. Wenn nun der Junge ein unehelicher Sohn eines großen Führers wäre! Eine Sache, wie Sie zugeben müssen.«

»Ach Sie? Sie haben ihm das eingeredet«, bemerkte Emanuel.

Landsegen widersprach – mit falschen Tönen.

»Ich weiß nur, daß seine Mutter in der Irrenanstalt Buch sitzt und daß jemand was zuzahlt. Warum er das tut? Ja, meine Herren, jeder hat seine dunkle Vergangenheit, erst recht ein Generaldirektor.«

»Sie!« Ehmann äußerte sich, er war jetzt im Bilde. »Sie haben eine ganz dunkle Zukunft. Dafür kann ich sogar sorgen. Soll ich Ihnen auf den Kopf zusagen, was Sie gedreht haben? Sie haben sich diesen Idioten gelangt.«

»Wanze!« brüllte Mulle. Am anderen Ende des Heumarktes tauchte ein Schupo auf.

»Dann haben Sie ihm das mit dem unehelichen Sohn eingeredet.«

»Kann aber stimmen«, meinte Emanuel. Ehmann sprach weiter.

»Soll es stimmen. Und die Tante haben Sie ihm aus Dummheit noch dazu aufgebunden.«

»Sie sind reichlich so dümmer«, entgegnete Landsegen. Er war erbleicht; zum Glück hing in der Nähe keine Bogenlampe, niemand sah es. Der Schupo war in der Mitte bei dem Brunnen angelangt.

»Alles zu dem Zweck«, entschied Ehmann, »daß Mulle mal soll eine gründliche Erpressung vornehmen an dem Herrn, der hier in Frage kommt. Dann verlangen Sie Beteiligung, so haben Sie sich das ausgedacht.«

»Sie werden sich wieder was anderes ausdenken«, sagte Landsegen gedämpft und versöhnlich, denn er wußte den Grünen schon in Hörweite. Wirklich bestieg Ehmann ohne längeren Zeitverlust den offenen Wagen, Emanuel nahm den Führersitz ein. Der Schupo sah ihnen schweigend zu. Für ihn war bestimmt, was Ehmann noch äußerte.

»Wenn wir bis Geschäftsbeginn zurück sein wollen, müssen wir machen.«

Sie dachten nicht daran, so bald wiederzukommen. Sie fuhren nach Berlin, um nicht später dort einzutreffen als Schattich, der hinflog. Ehmann hatte es für unumgänglich erklärt, damit sie die Pläne Schattichs durchkreuzten und die Erfindung retteten für den, der sie gemacht hatte. Emanuel glaubte ihm dies, obwohl er ihm nicht mehr alles glaubte.

Das Auto verschwand um die Ecke, die Uhr von Sankt Stefan schlug drei. Ihr folgten noch mehrere Uhren, entfernter und nah. Der Schupo stand im Mondschein wie eine Säule. Nichts rührte sich, denn Landsegen hatte Mulle nach Hause geführt.

Die Frau wartete, alle drei gingen in das Hinterzimmer. Frau Landsegen stellte ihren aufgespannten Regenschirm vor das Licht, keiner der Schatten fiel hinaus. Der Schneider sagte: »Nun gehen wir verschütt, er hat alles ausgequatscht.«

»Ist nicht wahr«, beteuerte Mulle. »Dir haben sie es aus der Nase gezogen.«

Die Frau wollte wissen: »Warum hast du geschrien, daß du deine Tante – und so weiter?«

»Deswegen war ich nicht bei ihr oben«, erklärte Mulle. »Sie wollte mir im Wege sein, da ist es passiert.«

»Im Wege – wobei?«

»Daß ich Schattich kaltmache.«

»Untersteh dich!« Landsegen erzürnte sich ernstlich. »Darum geh ich unter die geistigen Arbeiter und denke mir Tag und Nacht ein Ding aus –«

»Das jeder gleich riecht«, sagte seine Frau schlicht. »Dich hab ich wegen deiner Dummheit genommen.«

»Weiß ich« – es klang drohend. Das Ehepaar musterte einander.

Mulle inzwischen blieb bei seinem Vorsatz, Schattich kaltzumachen. Er bekannte sich nochmals in längerer Rede zu der Leidenschaft für sein Erbe und für die Gewalt. Eine zweite Person hätte er, wenn Schattich fortmußte, gern mitgenommen, es war noch nicht heraus, welche. Er prahlte: »Ich werde mit Garantie der jüngste Doppelmörder, ich schlage den Rekord um vier Monate.«

Melanie rüttelte ihn.

»Dann nimm man gefälligst das Frauenzimmer mit, das du vorhin besucht hast. Wie komm ich dazu, daß ich so 'ne Gemeinheit soll einstecken?« In ihrer Aufregung hatte sie vergessen, daß ihr Mann dabeistand.

»Achtung vor meinem weißen Bart!« verlangte ihr Mann. Seine großen und wulstigen Wangen trugen nur dünnes Haar; es war nicht nötig, darauf hinzuweisen – aber dieser Blick! Die eifersüchtige Frau erschrak, sie ließ den jungen Mulle los.

»Was willst du?« fragte sie den Mann. Er lachte, daß in dem wollenen Hemd sein Bauch kullerte; es war Bosheit, wie sie wohl merkte. Er schob sie von Mulle fort. Sie sagte geängstigt: »Wenn du mir was tust, schrei ich.«

»Nicht nötig«, erklärte er mit unheilvoller Liebenswürdigkeit. »Wir wollen uns nur aussprechen. Der Junge ist das Kind von einer Verrückten. Es wird dich freuen, Puppe, daß die Verrückte deine Schwester ist.«

Obwohl er ihr nichts getan hatte, schrie sie auf. Er drückte ihr seine ungeheure Hand vor den Mund.

»Das ist gelogen«, konnte sie vorbringen, »meine Schwester war Klassefrau am Kurfürstendamm.«

»Bis Schattich es ihr besorgte, daß sie nach Buch hinaus mußte. Den Jungen Erich hab ich immer im Auge behalten. Wie oft hab ich mir in meinem schweren Leben den Trost vorgebetet: Solange du den Jungen hast, schuldet Schattich dir viel Geld! Wenn der Mensch die Hoffnung nicht hätte! Darum habe ich den Jungen auch nichts von dir gesagt, wer du bist, und dir nichts von ihm, wer er ist. Wozu? Damit du mir hineinfunkst? Lieber hab ich ihm beigebracht, daß Schattich auch noch seine Tante verschleppt hat.«

»Das ist dir gelungen. Jetzt hat er seine sogenannte Tante – und so weiter.«

»Was schadet es.« Landsegen nickte und drückte die Augen zu. »Wenn er doch seine wirkliche Tante schon längst – und so weiter.«

Die Frau sah, daß die Gefahr vorüberzog; sie schloß: »So viel Klamauk. Ich koche jetzt man Kaffee.«


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