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Achtes Kapitel.

Nils Olof Stjerne war ganz gewiß im allgemeinen recht langsam und durch die Herrschsucht seiner Mutter etwas abgestumpft, besonders wenn es galt, einen Entschluß zu fassen und auszuführen. In dieser Sache aber war er eigensinnig und trotzig, als echter Bewohner der Landschaft Schonen, denn er war wirklich recht verliebt in Agnete und betrachtete sie, auf das Versprechen der Eltern pochend, als seine verlobte Braut. Er hatte auch nicht gerade Angst vor Joachim als Freier, denn das Gesetz verbot eigentlich die Heirat unter Geschwisterkindern, und die Erlaubnis konnte nur durch ein besonderes Bittgesuch an den König erlangt werden, aber er war doch vorher schon ein wenig eifersüchtig auf den jungen Mann gewesen, dem der Ruf großer Erfolge beim schönen Geschlecht vorausging, und jetzt hatte ihn dessen übermütiges und rücksichtsloses Vorgehen noch mehr aufgebracht. Ohne Zeit zu verlieren, ließ deshalb der Herr von Marieholm am nächsten Morgen seinen Wagen anspannen, und ohne diesmal Figge Wallqvist um seine Begleitung zu bitten, fuhr er geradeswegs nach Munkeboda.

Joachim hatte noch keine Gelegenheit gehabt, mit Agnetes Eltern zu sprechen. Als er von Marieholm zurückkam, war die ganze Familie schon beim Abendbrot versammelt, und erst als er am Abend mit den Cousinen die Treppe hinaufging, wie immer von Tante Charlotte mit dem Talglicht in der Hand bewacht, war es ihm möglich, Agnete noch ein paar Worte über den Ausgang seines Besuchs zuzuflüstern.

Heute war nun der erste Mai, und nach einem alten Herkommen auf Munkeboda wurde heute das Vieh zum erstenmal auf die Weide geführt. Weil es aber mit dem Gras um diese Zeit noch sehr spärlich aussah, war es auch mit der Weide nicht viel; die Tiere kamen eigentlich nur aus dem Stall heraus, und die ganze Festlichkeit bestand für sie darin, daß sie ein paar Stunden frische Lust schöpfen durften. So standen auch heute die Kühe schwerfällig und ruhig vor der Stallthüre und brummten leise in die frische Luft hinein, indem sie den Hals reckten und mit ihren großen, melancholischen Augen gerade vor sich hinstarrten. Die Kälber dagegen waren von dem Sonnenschein ganz lebenslustig geworden; sie hüpften schwerfällig um die Alten herum und machten wilde, unbändige Sprünge, wenn sie gejagt wurden. Die ganze Festlichkeit, denn als solche wurde die öffentliche Anerkennung des Frühlingseinzugs am ersten Mai angesehen, wurde von dem Herrn Major in höchsteigener Person beaufsichtigt. Er und Joachim hatten selbst geholfen, das Vieh loszubinden, und jetzt stand er, die lange Pfeife in dem einen Mundwinkel und die Mütze tief im Nacken, auf der Wiese und erfreute sich an den munteren Tieren. Auf der Küchenstaffel saßen die Mädchen, einen Shawl um die Schultern geschlungen, aber ohne Kopfbedeckung und ließen sich von der lieben Frühlingssonne, die heute auch ganz besonders warm war, bescheinen.

Da fuhr der Wagen von Marieholm langsam zwischen den Hecken daher. Die Stallgebäude waren von dem Hauptgebäude und dessen kiesbestreutem Hof nur durch die schmale Landstraße getrennt, aber der Baron nahm, als erfahrener Kutscher und Landwirt, natürlich die gebührende Rücksicht auf die losgelassenen Tiere.

»Ha! Guten Tag, Stjerne!« rief ihm der Major wohlgelaunt entgegen, während die Mädchen alle drei wie auf einen Schlag von der Staffel verschwanden. Joachim dagegen, der in diesem Augenblick das verletzte Hinterbein eines Kälbchens untersuchte, sah den Gast nicht sogleich.

Der Baron stieg langsam aus dem Wagen, klopfte seinem vor den Kühen etwas scheu gewordenen Wallachen beruhigend auf den Hals und fragte dann ungewöhnlich steif und förmlich, ob er mit seinem verehrten Freund ein paar Worte unter vier Augen sprechen könne.

Drin im Comptoir, ehe er noch die Frau Majorin begrüßt hatte, die wie gewöhnlich, wenn Gäste kamen, sich sofort umkleidete, brachte er sein Anliegen augenblicklich vor. Er bat um die Erlaubnis, heute noch selbst mit Fräulein Agnete zu sprechen, denn, sagte er, er habe seine sehr triftigen Gründe, warum er die Verlobung so bald als möglich veröffentlicht haben möchte. Das letztere fügte er mit einem so vielsagenden Blick hinzu, daß dem alten Niklas Skytte ganz beklommen dabei zu Mute wurde.

Ohne weitere Fragen zu stellen, ja beinahe erschreckt, schickte der Major sogleich nach Agnete und auch nach der gnädigen Frau. »Sage vor allem der gnädigen Frau, sie möge auch kommen!« rief er hinter Bengta her, denn er war ordentlich aufgeregt bei dem Gedanken, während der bevorstehenden Unterredung allein mit dem Baron zu sein.

Als Joachim endlich den Kutscher von Marieholm entdeckte, ließ er das Kalb Kalb sein, eilte quer über den Hof und die Küchenstaffel hinauf, wo die Mädchen vorhin noch gesessen, ihm zugenickt und mit ihm geplaudert hatten. Er nahm an, sie seien hinauf in ihr Zimmer gegangen, aber auf dem Wege durch den Küchenflur wurde er von Beate aufgehalten. Sie streckte vorsichtig den Kopf durch die halbgeöffnete Thür der im Augenblick leeren Gesindestube und bedeutete ihm, hereinzukommen.

Auf einer der langen Bänke vor dem weißgescheuerten Eßtisch saß Karin Maria, während Agnete, den Shawl über den Kopf gezogen, vor ihr auf den Knieen lag, das Gesicht in deren Schoß vergraben.

»Aber um Gottes willen, Kinder!« rief Joachim entsetzt, als er hereintrat. »Was ist denn los?«

Agnete erhob den Kopf und blickte ihn mit einem bleichen, ängstlichen Gesicht an. Joachim ging gerade auf sie zu.

»Aber Agnete …« er hob sie auf und drückte sie zärtlich an sich, ohne sich im geringsten um Karin Maria und Beate, die plötzlich zu weinen anfing, zu kümmern. »Ist es darum, weil Stjerne da ist? … Und du hast mir doch versprochen, keine Angst zu haben, Agnete!«

»Ich habe auch keine Angst,« murmelte sie und drückte ihr Gesicht an seine Schulter, »wenigstens nicht vor ihm. Aber Mama … Ich bin ja so gewohnt, Mama zu gehorchen.«

Da erhob sich Karin Maria plötzlich, und sich neben die Schwester stellend, sagte sie feierlich: »In diesem Falle gehorchst du nur deinem eigenen Herzen, hörst du, Agnete!«

Joachim blickte auf und reichte Karin Maria die Hand.

»Karin Maria,« rief er erstaunt und dankbar zugleich, »du hältst zu uns …?«

Karin Maria legte die Hand in die seinige und nickte still. Sie wollte noch etwas sagen, aber in diesem Augenblick kam Bengta atemlos hereingestürzt. Beate hatte eigentlich die Thür bewachen sollen, aber sie hatte es natürlich vergessen und stand mit dem Taschentuch vor den Augen da und schluchzte vor lauter Rührung.

»Fräulein Agnete …« Bengta blieb mit offenem Munde stehen und riß die Augen weit auf. Da stand wahrhaftig der Herr Lieutenant mit Fräulein Agnete im Arm, und doch wußte ja jedermann in der ganzen Umgegend, daß sie den Baron von Marieholm bekommen sollte!

Agnete machte sich hastig los; sie war totenblaß.

»Möchtest du, daß ich mitgehe?« fragte Joachim sanft. Sie hatten natürlich alle gleich erraten, um was es sich handelte.

Sie blickte ihn einen Augenblick unschlüssig an, aber Karin Maria sagte bestimmt und entschieden: »Das geht durchaus nicht an. Agnete ist es, die gefragt wird, und Agnete allein muß antworten … Uebrigens würde es Mama nur erbittern,« fügte sie leiser hinzu, »sowie ihn natürlich auch.«

Agnete drückte beide Hände auf ihre Brust – unter der Thür drehte sie sich noch einmal um und sah Joachim mit ihren schönen, thränenerfüllten Augen an. Er ging ihr unwillkürlich einen Schritt nach.

»Laß sie jetzt nur gehen!« flüsterte Karin Maria leise, und laut fügte sie dann hinzu, als Agnete mit Bengta das Zimmer verlassen hatte, »du kannst ganz ruhig sein, Vetter, Agnete zwingt keiner, ebensowenig wie uns andre.«

Die gnädige Frau, die es bei allen feierlichen Gelegenheiten für durchaus notwendig erachtete, »im Staat« zu sein, hatte sich noch nicht eingefunden, als Agnete, dem Befehl ohne jegliche Vorbereitung gehorchend, ins Comptoir trat.

Sie war noch immer sehr bleich und zitterte so heftig, daß sie sich am nächsten Stuhl festhalten mußte, als sie sich, mit niedergeschlagenen Augen und jenem entschlossenen Zug um den Mund, der sie manchmal der Mutter ähnlich machte, vor dem Freier verneigte.

»Agnete, mein liebes Mädchen …« begann der Vater und räusperte sich in unheilverkündender, feierlicher Weise. Er blickte unruhig von seiner Tochter auf den Baron, aber keins von den beiden schien ihn ansehen oder ihm die geringste Aufmunterung geben zu wollen. Das brachte den guten Major vollständig aus der Fassung; er wandte ihnen plötzlich den Rücken zu, stellte sich mit den Händen in den Hosentaschen an das am weitesten entfernt liegende Fenster und murmelte hastig: »Sprich du selbst mit ihr, Stjerne – dich geht es eigentlich mehr an als mich.«

Nils Olof Stjerne sah Agnete an: da stand sie, zart und schlank, die weißen Arme fest auf die Lehne des vor ihr stehenden Stuhls aufgestützt, den Kopf auf die Brust geneigt, die sich unruhig hob und senkte. Er näherte sich ihr langsam.

»Fräulein Agnete!« sagte er leise, mit stockender Stimme, »Ihr Vater hat mir erlaubt, Sie zu fragen, ob … Sie … ob Sie, Fräulein Agnete …« Weiter kam er nicht; er schwieg ein paar Sekunden und ergriff dann leidenschaftlich ihre Hand. »Agnete,« flüsterte er flehend und mit tiefem Ernst, »ich schwöre Ihnen, meine Gattin soll es nie bereuen, mir ihr Jawort gegeben zu haben!«

Agnete blickte scheu auf. »Herr Baron,« begann sie mit schwacher Stimme, »es thut mit leid …«

Er hielt noch immer ihre Hand fest und drückte sie leidenschaftlich.

»Sagen Sie nichts weiter! O, Sie werden es bereuen! Ueberlegen Sie es sich zuerst, überlegen Sie es in Ruhe!« Er sprach schnell und aufgeregt. »Lassen Sie sich nicht durch diesen jungen Menschen mit seinen schönen Redensarten verführen, ein früher gegebenes Wort zu brechen!«

»Ich habe mein Wort nicht gegeben!« rief Agnete entrüstet.

In diesem Augenblick wurde die Thür von außen rasch geöffnet, und die Majorin stand auf der Schwelle. Beim Eintreten hatte sie Agnetes letzte Worte noch gehört und verstand sogleich, durch das Stubenmädchen ohnedies schon vorbereitet, um was es sich handelte.

»Aber deine Eltern haben es in deinem Namen gegeben!« rief sie erregt aus. Sie nahm sich nicht einmal Zeit, Stjerne zu begrüßen, sie, die doch sonst so höflich gegen ihre Gäste war. »Und du wirst so gut sein und dich danach richten, Agnete, hörst du!«

Dieser herrische Befehl weckte Agnetes bis jetzt noch schlummerndes Selbstgefühl. Sie entzog Stjerne hastig ihre Hand und wandte sich an die Mutter.

»Mama!« Sie sah ihr fest in die Augen. »Du kannst es ja versuchen, mich zu zwingen, wenn du willst, aber niemals in meinem ganzen Leben gebe ich Baron Stjerne mein Jawort!«

»Sie ist verrückt!« brummte der Major drüben am Fenster. »Sie stößt ihr eigenes Glück von sich! Aber du mußt dir nichts daraus machen, Freund Stjerne – das geht vorüber. Das geht schnell vorüber, du wirst schon sehen.«

»Nein, das geht nicht vorüber!« warf Nils Olof erhitzt ein. »Das geht nicht vorüber, sage ich, solange der Kerl von Joachim auf dem Hof ist!«

»Und wenn ich auch meinen Vetter niemals gesehen hätte,« rief Agnete, jetzt zum Aeußersten gebracht, zornig dazwischen, »so hätte ich den Herrn Baron doch nicht genommen! Um keinen Preis der Welt!«

Die Majorin ergriff ihre Tochter heftig am Arm. »Steht es so?« fragte sie scharf. »Hat sich Joachim unterstanden, dir Flausen in den Kopf zu setzen? Wo habe ich nur meine Augen gehabt, daß ich es nicht gleich bemerkt habe?«

Und als Agnete trotzig und erbittert schwieg, fügte sie etwas ruhiger, Stjerne fragend ansehend, hinzu: »Aber das ist ja unmöglich …! Ich müßte es ja gemerkt haben …«

»Was er zu Agnete gesagt hat, weiß ich nicht,« rief nun der Baron ganz außer sich, »aber so viel ist sicher, daß er gestern bei mir war und auf die unverschämteste Art von der Welt sich seiner Erfolge bei meiner zukünftigen Braut gerühmt hat.«

Die Majorin dachte einen Augenblick nach. »Skytte,« sagte sie dann gebieterisch, »rufe sofort unsern Neffen herein! – Und du, ma chère,« wandte sie sich an die Tochter, »du sollst erfahren, ehe es zu spät ist, daß deine Eltern klüger sind als du. Wenn du so wenig Verstand hast und dich mir nichts dir nichts in den ersten besten Corydon vergaffst, der dir ein paar Dummheiten sagt, dann … ja, dann verdienst du nichts Besseres, als daß man mit Gewalt kommt!«

Agnete antwortete kein Wort. Während sie jetzt auf Joachim wartete, war sie von einer schrecklichen, gewaltigen Spannung ergriffen; ihr war, als müßte etwas in ihr zerspringen oder zerbrechen. Unwillkürlich richtete sie sich in ihrer ganzen Größe auf und erhob den Kopf. Jetzt in diesem Augenblick, da sie Angesicht in Angesicht mit ihren Eltern und dem Manne, den diese für sie gewählt hatten, gezwungen wurde, ihre junge Liebe und das Recht ihres Herzens zu verteidigen, wurde sie mündig.

Joachim, der seither im Salon gewartet hatte, trat jetzt mit dem Onkel ein und machte die Thür hinter sich zu. Die Majorin ließ sich schwer in einen chinesischen Rohrstuhl niederfallen; sie war so böse und aufgebracht, daß die beiden Bandschleifen unter ihrem Kinn merklich zitterten.

Joachim ging zu Agnete hin, stellte sich hinter sie und legte leicht seinen Arm um sie.

»Liebster Onkel Niklas, beste Tante Charlotte,« begann er schnell, aber sehr höflich und sich völlig beherrschend – er hatte während des Wartens darüber nachgedacht, was er sagen wollte. – »Ihr dürft es mir nicht als Trotz oder Mangel an Ehrfurcht auslegen; ich weiß sehr wohl, wie viel ich euch schuldig bin, aber – das nützt alles nichts – Agnete und ich, wir müssen einander angehören!« Er sah Onkel und Tante erwartungsvoll an, und da niemand antwortete, fügte er mit männlicher Entschlossenheit hinzu: »Nun wißt ihr es, und das schwöre ich euch, weder gutwillig noch mit Gewalt entsage ich meiner Cousine!«

Bei seinen Worten, ja schon beim Laut seiner Stimme fühlte sich Agnete unendlich erleichtert und wie befreit von der Last der Vorwürfe und des Verschweigens, die sie bis jetzt gedrückt hatte. Beinahe ohne es zu wissen, lehnte sie sich an Joachim an; er fühlte es und umschlang sie fester mit seinem Arm.

»Verschont uns wenigstens mit euren scènes d'amour!« rief die Majorin erbittert. Sie sagte später zu ihrem Manne, sie habe sich vor Stjerne, der mit steifer Haltung dastand und Agnetes Mutter für sich reden ließ, zu Tode geschämt. »Darf man vielleicht fragen, wie lange schon mein Herr Neffe aux petits soins für meine Tochter gewesen ist?« Wenn die Majorin böse war, verfiel sie gern in die Gewohnheiten vom Anfang des Jahrhunderts und sprach französisch.

»Seit den ersten Tagen unsres Zusammenseins!« antwortete der junge Skytte warm.

»Da hast du deine Zeit ebenso gut benützt, wie bei deinen andern berühmten Liebesaffairen!« konnte die Majorin in ihrer Erbitterung nicht unterlassen auszurufen.

Joachim wurde dunkelrot vor Scham und Zorn. Agnete wandte den Kopf und blickte erstaunt zu ihm auf.

»Charlotte!« rief der Major warnend und sehr scharf. Aber als er zugleich dem Blick seiner Frau begegnete, fügte er schnell etwas zahmer hinzu: »Es ist doch nicht nötig, daß Agnete etwas von der dummen Geschichte hört!«

»Doch, es ist sehr nötig, daß deine Tochter erfährt, welch einen leichtsinnigen Don Juan sie in ihrem Unverstand einem ehrenwerten Freier, der sein gutes Auskommen hat, vorzieht,« entschied die Majorin sehr bestimmt.

Einen Augenblick herrschte vollkommene Stille in dem Gemach. Agnete stand unbeweglich mit gesenktem Kopf an die Schulter ihres Vetters gelehnt.

Die Majorin fühlte plötzlich einen Widerwillen, weiter von der Sache zu sprechen, aber sie zwang sich dazu. Sie erhob sich und sagte mit großer Würde: »Joachim ist wahrhaftig deines reinen Herzens nicht wert, mein armes, liebes Kind. Wenn du nur wüßtest, wie er kürzlich in Stockholm …«

Agnete richtete sich plötzlich auf; sie öffnete ihre Augen weit und ging wie abwehrend der Mutter einen Schritt entgegen.

»Du brauchst gar nichts zu sagen, Mama – ich weiß alles!« sagte sie schnell und stolz.

»Du weißt es?« rief die Majorin verblüfft. »Wer in aller Welt hat denn die unerhörte Frechheit gehabt, dir mitzuteilen …«

»Ich weiß alles,« wiederholte Agnete tonlos, diesmal mit augenscheinlicher Anstrengung.

Sie fühlten alle plötzlich, daß sie nicht die Wahrheit sprach, daß sie gar nichts wußte; daß sie aber zartfühlend in ihrer eigenen Reinheit, edelmütig in ihrer Liebe, nichts wissen wollte, was den Mann, dem sie nun einmal ihr Herz geschenkt hatte, in ihren eigenen Augen oder in denen andrer heruntersetzen könnte.

Und ohne eine Antwort abzuwarten, ohne jemand anzusehen, ohne Joachims Blick begegnen zu wollen, – der ganz bleich vor Erregung, heftig, mit ausgestreckter Hand sich ihr nähern wollte – ging Agnete Skytte langsam aus dem Zimmer.



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