Daniel Casper von Lohenstein
Cleopatra
Daniel Casper von Lohenstein

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Daniel Casper von Lohenstein

Cleopatra

Trauerspiel

Text der Erstfassung von 1661


Tacit. l. 3. Hist. c. 66.

Moriendum victis, moriendum deditis: id solum referre, novissimum Spiritum per Ludibrium & Contumelias effundant, an per virtutem.


Kurtzer Innhalt.

Nach dem die Königin in Egypten Cleopatra und der ihr verehlichte M. Antonius von Octavio Augusto zur See bey Actium geschlagen ward / dieser auch in der Stadt Alexandrien beyde harte belägerte / und kein Vergleich- oder Friedens-Mittel unter ihnen konte getroffen werden / bereitete ihr Cleopatra eine Todten-Grufft / und stellte sich an / als ob sie sich selbst mit Giffte hinrichtete. Als dis Antonius erfuhr / stach er ihm selbst aus bestürtz- und Verzweifelung den Dolch in die Brust; ward aber noch lebende verständigt: daß Cleopatra noch lebte. Dannenher er sich zu ihr tragen ließ / und in ihrer Schoß verschiede. Hierauff ergab sich Cleopatra guttwillig dem Octavio, welchem des Antonii freigelassener Dercetaeus nebst dem bluttigen Dolche den Unfall schon eröffnet hatte. Dieser ließ auch nicht alleine durch Proculejum und Corn. Gallum sie des besten vertrösten / sondern besuchte sie selbst und erzeugte sich nebst vielem versprechen sehr freundlich gegen ihr.

Als sie aber ihrer Hoffnung nach den Keyser / welcher ihr zwar glatte Wortte gab / zu würcklicher Liebe nicht bewegen konte / sondern von Cornelio Dolobella heimlich verständigt ward: daß sie der Keyser mit Gewalt nach Rom zum Siegs-Gepränge schicken wolte / ließ sie in einem mit Blumen und Feigen gefüllten Korbe eine sehr giftige Schlange bringen / und / nach dem sie mit Zulassung des Keysers dem Antonio sein Grabmahl zubereitet / daselbst sich von ihr in den Arm stechen / welcher zwey ihres liebsten Frauen-Zimmers Charmium und Iras durch willkührlichen Todt bald nachfolgten. Ob nun wol der Keyser dessen zeitlich inne ward / er auch selbst zu lieff / und durch Psyllos ihr das Gifft wolte aussaugen / und also sie wieder zu rechte bringen lassen / war doch alles vergebens. Er ließ sie aber Königlich / und die Ihrigen ehrlich begraben. Mittlerzeit ward Antyllus des Antonii und Fulviae Sohn in einem Tempel ermordet durch Verrätherey seines eigenen Lehrers Theodori, welchen Augustus kreutzigen ließ / zugleich auch dem entflohenen Caesarion nachzustellen und ihn zu tödten / hingegen der Cleopatra Kinder wol zuverwahren / anbefohlen.


Personen des Trauer-Spiels.

                Cleopatra Königin in Egypten.
M. Antonius, der berühmte Römer.
Octavius Augustus, Römischer Keyser.
C. Sosius des Antonii Feld-Hauptmann.
Canidius der Hauptmann in Alexandria.
Caelius sein Schiff-Hauptmann.
Archibius der Cleopatra geheimster Rath.
Charmium und Iras,
    ihre geheimste aus dem Frauen-Zimmer.
Proculejus und Cornel. Gall.
    Zwey Römer des Keysers Obersten.
Ptolomaeus / Alexander und Cleopatra,
    des Antonius und der Cleopatra Kinder.
Diomedes / Dercetaeus und Eteocles,
    Des Antonii Freygelassene.
Eros, des Antonius Leibeigener.
Cyllenie, eine aus Cleopatrens Frauen-Zimmer.
Antigoni und Artabazis zweyer Könige Geister.
Arius, ein Weltweiser.
Zwey Psylli.
Etliche Hauptleuthe des Antonius und des Keysers.
Etliche Trabanten.
Artabazis und Antilli Leichen.
                Reyen der Göttin des Gelücks / des Jupiters / des Neptunus,
    und Pluto, sammt dreyen Himmel- See- und Wasser-Göttern.
Reyen des Mercurius, des Paris, der Juno, Pallas und Venus.
Reyen der drey Parcen.
Reyen der Egyptischen Schäfer und Schäferinnen.
Reyen der Tyber / des Nilus, der Dohnau und des Rheins.

Das Trauer-Spiel beginnet den Morgen / wehret den Tag und die Nacht durch bis an den andern Tag.

Der Schauplatz ist meist die Königliche Burg zu Alexandria, theils des Keysers Gezelt.

Die erste Abhandlung.

Antonius hält mit seinen Kriegs-Obersten Rath / ob er dem Octavio Augusto, welcher ihn in Alexandria belägerte / durch fernern Außfall / oder nur innere Gegenwehre begegnen solle. Cleopatra erzehlet dem Antonio die unglückseeligen Wunderzeichen. Augustus trägt durch den Proculejum seinen Gesandten dem Antonio an das dritte Theil des Römischen Reichs ihm zuzutheilen / mit dem bedinge: daß er Cleopatren fahren lassen / ihm Egypten abtreten / und den König Artabazes loß lassen solte. Hierüber hält Antonius mit den seinigen Rath; welche ihm dieses einzugehen rathen. Der Reyen stellet vor die Göttin des Gelücks / aus derer Schoos Jupiter, Neptunus, Pluto die Erbtheilung der Welt durchs Looß erörtern.

Die andere Abhandlung.

Cleopatra erzählt mit grimmigem Eifer ihrem Geheimsten dem Archibio; was Antonius mit seinen Räthen ihrer Verstossung halber gerathschlagt / und wird schlüssig: den Antonium selbst wegzuräumen. Hierauff geht sie ihn mit kläglichen und zugleich beweglichen Worten an / und bewegt ihn durch Liebreitz so weit: daß er ihr nicht alleine des Augusti Vorschläge zuverwerffen verspricht / sondern ihr auch des Königs Artabazes abgehaunen Kopff zu liefern anbefiehlet.

Nach diesem sinnet Cleopatra auf Mittel den Antonium wegzubringen / schleußt auch sich anzustellen / als ob sie sich durch Gifft hingerichtet hette. Archibius eröfnet dem Proculejo: daß Antonius des Augusti Vorschläge verwärffe / und weiset ihm zu gleich des Artabazes enthaupteten Körper. Der Reyen bildet ab das Gerichte des den Antonium abmahlenden Paris, welcher mit der Juno und Pallas Zepter und Weißheit der Venus und seiner Begierde nachsätzet.

Die dritte Abhandlung.

Cleopatra führet ihre geheimste Charmium in die zubereitete Todten-Grufft / und entdäcket ihr: daß sie sich eines falschen Sterbens anmassen wolle; rufft darauf alles Frauen-Zimmer zu sich / gesegnet sie / und nimmt unter dem Scheine Giftes einen Schlaff-Trunck zu sich. Als sie also als todt lieget / eröffnen sie solches einem Freygelassenen dem Eteocles. Des Königs Antigonus und Artabazes Geister erscheinen dem schlafenden Antonio und dreuen ihm den Untergang. Als darüber er voll schreckens erwachet / bringet ihm Etheocles die Post: Cleopatra habe sich durch Gifft hingerichtet. Worauff / nach dem sein Knecht Eros, der ihn tödten sol / sich selbst entleibet / zeucht er den Dolch ihm aus der Wunde / und stößt ihn ihm selbst in die Brust. Nach diesem zeucht Dercetaeus ihm den Dolch auch heraus / und fleucht zum Augusto. Diomedes aber komm't / und verständigt den durch Kühlung ermunterten Antonium: Cleopatra sei noch bei leben. Darauf / nach dem er sich zu ihr tragen läst / er nach zu gesprochenem Troste ihr auf der Schooß die Seele ausbläset. Der Reyen stellet unter dem Gespräche der Parcen die Flüchtigkeit des Menschlichen Lebens und die Gewißheit des Todes vor.

Die vierdte Abhandlung.

Dercetaeus entdeckt Augusto den bluttigen Dolch und Antonii Todt. Augustus rathschlagt mit Proculejo und Corn. Gallo, wie der Cleopatra angesagter Gesandte zu empfangen sey / und ob er sich der Schärffe oder Gütte gebrauchen solle. Canidius ergiebet im Nahmen Cleopatrens Alexandrien / welcher ihn aller Genade vertröstet / und hierauf für rathsam befindet Cleopatren aufs höchste zu ehren / ja sich gar verliebt gegen sie anzustellen. Proculejus und Gallus / hernach auch Augustus selbst / bemühen sich durch allerhand Schein Cleopatren nach Rom zulocken: Hingegen diese den Augustum zur Liebe zu bewegen. Als ihr aber Augustus zu kaltsinnig; dis aber: daß man sie nach Rom zu zihen so sehr nöhtigt / verdächtig vorkommt / stelt sie sich an: als ob sie endlich darein willigte / und bittet nur: daß sie Antonium begraben möge. Die Egyptischen Schäffer und Schäfferinnen tadeln nebst dem Hofe die falsche / und rühmen nebst dem Feldleben die aufrichtige Liebe.

Die fünfte Abhandlung.

Cleopatra begeht des Antonii Leichbegängnüß / eröfnet der Charmium und Iras des Keysers Falschheit / welcher sie nach Rom zum Schau-Spiel fahren wolle. Und nach dem sie Augusto einen demüttigen Brieff zugeschrieben / läst sie sich die in einem Korbe verwahrte Schlange in Arm stechen und stirbt. Durch gleichmässigen Schlangen Stich kommt auch Iras umb. Charmium aber erstößt sich mit einem Dolche. Als Augustus der Cleopatrae Brieff bekommt / kommt er eilends nebst den Seinigen / umb ihren Todt zu verhindern / zugelauffen / findet sie aber schon todt und nach dem er allerhand Erkwickungs Mittel besonders die Gifft-aussaugenden Psyllos ohne Frucht angewendet / lobt und beklagt er sie / heist sie auch nebst den Antonium Königlich / die andern zwey auch ehrlich begraben. Nach diesem bringt Archibius die Post: daß die Kriegs-Knechte den von dem Theodoro verrathenen Antillum im Tempel der Isis ermordet / da denn die todte Leiche für den Keyser bracht wird; welcher den Theodorum kreutzigen / den heimlich entflohenen Caesarion aber tödten heist. Endlich besihet und verehret Augustus die Leiche des grossen Alexanders. Im Reyen wird unter der Tyber die Hoheit des Römischen Reichs und der neu-angehenden Monarchie beschrieben / dem sich Egypten-Land unter dem Nahmen deß Nilus unterwerffen muß. Der Rhein und die Donau aber entwärffen: daß das Römische Reich künftig auf die Deutschen kommen werde.


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